• Keine Ergebnisse gefunden

(1)IM 18

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "(1)IM 18"

Copied!
9
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

IM 18. JAHRHUNDERT

Von Ulbich Keatz

Malaiische historische Texte haben, von wenigen Ausnahmen abgesehen,

noch bis vor kurzem eine stiefmütterliche Behandlung erfahren. Sie sind seit

Jahrzehnten dmch die einschlägigen Kataloge' bekannt, und man meint,

ihren Inhalt durch die Katalogbeschreibungen, durch kurze Inhaltsangaben

in Zeitschriften sowie durch direkte und indirekte Zitate zu kennen. Erst in

jüngster Zeit hat man damit begonnen, sich des einzelnen Textes und der

einzelnen Handschrift anzunehmen, obwohl J. Bottoms bereits vor einem

knappen Jahrzehnt die Analyse des Einzeltextes forderte^. - Vergleicht man

die von Bottoms selbst aufgestellte Liste der zu behandelnden Manuskripte

mit der bisher geleisteten Arbeit - erwähnt sei neben der Sejarah Melayu die

Hikäyat Acheh und die Hikäyat Pätani^ -, so liegt hier ein weites Feld offen.

Einen besonderen Umfang, auch nach Bottoms' Liste, nimmt die Hand¬

schriftenliteratur über Johor ein, des malaiischen Staates, der durch seine

Herrscher in der direkten Nachfolge des Reiches von Malakka stand und als

solcher einen besonderen Platz in der malaiischen Geschichte besaß. Seit dem

ausgehenden 17. Jh. wird die Geschichte Johors von den Machtkämpfen

dreier Gruppen bestimmt: der Partei von Raja Kechi' aus Siak, der vorgibt,

der Sohn Sultan Mahmuds zu sein, des letzten direkten Nachkommens der

Herrscher von Malakka, der 1699 ermordet wurde; der Partei des nach der

Ermordung in die Thronfolge eintretenden Bendaharas und seines Sohnes

Die Abkürzungen folgen der Sigelliste von Kennedy, R., Bibliography of

Indonesian Peoples and Cultures, New Haven 1955.

1 Juynboll, H.H., Catalogus van den Maleisohe en Sundaneesche Handschrif¬

ten der Leidsche Universiteitsbibliotheok, Leiden 1899. Ronkel, Ph.S. van,

Catalogus der Maleische en Minangkabausche Handschriften in het Museum van

Kunsten en Wetenschappen, VBGKW 57, 1909. Ders., Supplement-Catalogus der

Maleische en Minangkabausche Handschriften in de Leidsche Universiteitsbiblio-

theek, Leiden 1921. Für einen Gesamtüberblicks. Poeebatjakaka, R.M.N, u. a..

Indonesische Handschriften, Bandimg 1950.

^ Bottoms, J.C, Malay Historical Works, in: Treggoning, K.G., Malaysian

Historical Sources, Singapore 1962. Ders., Malay Historical Sources, in: Soedjat-

moko. An Introduction to Indonesian Historiography, Ithaca 1965.

' Zur Sejarah Melayu s. Roolvink, R., The variant versions of the Malay

Annals, Bijd. 123.3, 1967; Teuku Iskandar, De Hikajat Atjeh, Den Haag 1958

(Text), Penth, H., Hikajat Atjeh, Wiesbaden 1969 (Übersetzung); Teeuw, A. &

Wyatt, D.K. (ed. and transi.), Hikayat Patani, Den Haag 1970, 2 Bde.

(2)

Malaiische Texte zur Geschichte Johors im 18. Jahrhundert 691

Sulaiman, sowie der Gruppe der Buginesen, denen es gehngt, nicht nur am

Hof von Johor Macht und Einfluß zu gewinnen.

Bisher zweimal wurden die sich rait Johor befassenden malaüschen Hand¬

schriften in einer Liste zusammengestellt : zum einen in dem bereits erwähn¬

ten Artikel von J. Bottoms und zum zweiten als Anhang zu einer 1971

erschienenen Arbeit von V. Matheson über , Struktur und Quellen des

Tuhfat al-Nafis*'. Bilden die Johor-Mss. in Bottoms' Arbeit nur einen Teil

des vorgestellten Materials, das auf den gesamten malaiischen Raum Bezug

lümmt, so enthält die zweite Liste fast ausschließlich auf Johor bezogene

Texte. Diese Manuskripte zu erarbeiten ist ein dringendes Erfordernis, da sie

z. T. bereits schon vor über 100 Jahren Historikern als Belegmaterial

dienten, ohne daß es heute möglich wäre, im einzelnen zu sagen, welche

Texte wie genutzt wurden.

Herausragend für die frühe Arbeit mit den Manuskripten möchte ich hier

lediglioh das Werk „De Nederlanders in Djohor en Siak (1602-1685)"^ des

Holländers E. Netscheb nennen. Netschee, von 1861-1870 selbst Resi¬

dent VON Riad, beschreibt in diesem 1870 erschienenen Buch nicht so sehr

die Geschichte der Holländer, wie man auf Grund des Titels und in Anbe¬

tracht des Erscheinungsdatums annehmen könnte, sondern er versucht

vielmehr, die eingeborenen Staaten und Herrschaftshäuscr mit ihrer eigenen

Geschichte und in ihren Beziehungen zu den Holländern darzustellen. Hierzu

verwendet er einheimische Quellen und die in Batavia gelagerten Archiv¬

materialien. Auf Netschers unschätzbare Arbeit stützen sich viele der spä¬

teren Autoren auch dieses Jahrhunderts.

Im folgenden soll nach einem kurzen Überblick über die bisher bearbeite¬

ten und/oder in gedruckter Form zugänglichen Texte und Manuskripte der

Versuch imternommen werden, das Wesen dieser Handschriften zu beschrei¬

ben und sie, soweit dies heute möglich ist, in ihren wechselseitigen Beziehun¬

gen darzustellen.

Die Stichworte Johor und Riau verbinden sich zunächst mit dem nach der

Sejarah Melayu (SM) bekanntesten Werk malaiischer Geschichtsschreibung,

dem Tuhfat al-Nafis (TN), dem ,Kostbaren Geschenk', als dessen Autor

Raja Ali Haji gilt. Mit Sicherheit ist Raja Ali Haji der Verfasser eines

weiteren Werkes aus diesem Themenkreis, der Silsilah Melayu dan Bugis dan

sekalian raja2-nya (SMB), der ,Genealogie der Malaien und Buginesen und

ihrer Fürsten'. Die Autorschaft von Raja Ali Haji am Tuhfat al-Nafis

wurde von A. Sweeney* auf Grund äußerer Kriterien angezweifelt. Das TN

* Matheson, V., The Tuhfat al-Nafis: structure and sourees, Bijd. 127.3, 1971 Appendix S. 391/92.

^ VBGKW 35, 1870.

« Sweeney A., Sir Richard Winstedt's Summary of the ,Tuhfat ul-Nafis',

JRASMB 40, 1967.

(3)

ebenso wie die SMB beschreiben die Geschichte Johors und der Buginesen,

doch nehmen sie, im Unterschied zu anderen historischen Texten, auch

Bezug auf weitere malaiische Staaten, sofern eine Verbindung mit den

Buginesen besteht. Während jedoch die SMB, deren Titel , Genealogie'

irreführend ist, im Jahr 1737 endet, schließt das TN mit dem Jahr 1862. - In

beiden Werken erhalten wir eine synchrone Darstellung der Ereignisse jener

Zeit.

Das TN in besonderem Maße ist als ein politischer Bericht anzusehen, der

Aufschluß gibt über das Verhältnis der beiden Völker, Malaien und Buginesen,

in ihrem Kampf um die Behauptung bzw. Ausdehung ihrer jeweihgen Macht.

Vom TN sind zwei Versionen unterschiedlicher Länge bekannt'. Dabei

scheint es sich bei dem längeren Text um eine Bearbeitung des Grundmanu¬

skriptes zu handeln. Für die im JRASMB erschienene Jawi-Ausgabe* lag Sir

R. Winstedt ein Manuskript des längeren Textes vor. Sweeney wies in dem

oben bereits erwähnten Artikel auf offensichtliche Unstimmigkeiten zwi¬

schen dem malaiischen Text und der ihn begleitenden Inhaltsangabe hin. Die

auf diesem Jawi-Text beruhende Rumi-Ausgabe* aus dem Jahr 1965 weist

eine beträchtliche Zahl von Flüchtigkeitsfehlern auf. Z. Z. gilt es abzu¬

warten, welche Resultate die Arbeit von V. Matheson zu diesem Werk

hervorbringen wird.

Im Gegensatz zu dem TN enthält die SMB zahlreiche Shairs und ist auch

innerhalb des von ihr erfaßten Zeitraums z. T. wesentlich ausführlicher. Sie

fußt offensichtlich teilweise auf anderem Quellenmaterial. Stammen beide

Werke von demselben Autor, so müssen sie innerhalb eines sehr kurzen

Zeitraums fast parallel zusammengestellt und verfaßt worden sein : Das TN

wmde im Dezember 1865 begonnen und die SMB entstand zwischen Sep¬

tember 1865 und Januar 1866.

Die SMB liegt in einer Jawi-Ausgabe" aus dem Jahr 1956 vor. H.

Overbeck gab, ebenfalls in dera JRASMB^', eine Inhaltsangabe. In seinem

Literatmüberblick in dem Werk ,, Malaiische Weisheit und Geschichte"^*

bezeichnet er die SMB gewissermaßen als Fortsetzung der SM. Erstaunlich

ist, dies sei hier bemerkt, daß er (ebensowenig wie Hooykaas'^) das TN nicht

erwähnt.

Weitere Texte zum Staate Johor bringen die auch von V. Matheson als

' S. Matheson, V., op. cit.

« JRASMB 10.2, 1932.

' Raja Ali Haji, Tuhfat al-Nafis, Singapura 1965.

'" Raja Ali Haji, Silsilah Melayu dan Bugis dan sekalian raja 2-nya, Johore Bahra 1956.

" JRASMB 4, 1926.

12 Overbeck, Hans, Malaiische Weisheit und Geschichte, Jena 1927, S. 26.

HooYKAAS, C, Over Maleise Literatuur, Leiden 1937, s. a. die Besprechung dieses Werkes von Overbeck, H. in TBG 78, 1938, S. 292-333.

(4)

Malaiische Texte zur Geschichte Johors im 18. Jahrhundert 693

Quellen zum TN erkannten Handschriften. Sie lassensich, von ihrer jeweih¬

gen Tendenz einmal ganz abgesehen, allein nach ihrem Umfang unterteilen.

D. h., ein Teil dieser Manuskripte bietet eine Fülle von Material, während

andere als reine Stichwortsammlungen zu betrachten sind. - Keine dieser

Kurzfassungen, wie z. B. die Hikayat Riau'* wurde bisher bearbeitet und

einer vergleichenden Betrachtung unterzogen.

Zu der Gruppe der umfangreicheren Manuskripte gehören auch die als

Hikayat Negeri Johor (HNJ) bekannten Handschriften. Von ihnen sind

bisher vier Parallelmanuskripte durch Ismail Hussein'^ bearbeitet worden.

(Diese Arbeit ist leider nicht veröffentlicht.) Bei Husseins Material handelt

es sich um je zwei Manuskripte aus Leiden und aus Jakarta**. Die beiden

Manuskripte aus Jakarta bilden i. ü. die Grundlage für die von R. Winstedt besorgte Jawi-Edition*' dieses Textes, die aber von Hussein als unzuverlässig charakterisiert wird. Die Inhaltsangabe hierzu weist entsprechende Fehler auf.

Ein Manuskript aus der Library of Congress'* (es gehört zu den von Teeuw

wiederentdeckten Handschriften) und ein weiteres aus der John Rylands

Library!' Manchester lagen Hussein bei Abschluß seiner Arbeit nicht vor.

Bei ihrer Prüfung konnte ich feststellen, daß diese Handschriften Husseins

Text der HNJ völlig entsprechen.

Die beiden folgenden Manuskripte, die ebenfalls aus Leiden und Jakarta

stammen, konnten Hussein nicht bekannt sein. Diese beiden Handschrif¬

ten^" sind in den bekannten Katalogen von van Ronkel als ,Een gedeelte van

de Hikajat Atjeh' bzw. als , Hikajat Atjeh'^' bezeichnet, doch befassen sich

nur die Anfangsseiten der beiden gleichlautenden Manuskripte mit Acheh,

etwa */7 berichten von Johor. Der in diesem Text behandelte Zeitraum

beginnt wie bei TN, SMB und Husseins HNJ mit dem Jahr 1672. Das diesen

wie auch die anderen Texte einleitende Ereignis ist der Sieg Jambis über

Johor. Den Acheh-Manuskripten am ehesten vergleichbar ist der Text der

HNJ, der um etwas 50 Jahre länger ist als diese mit dem Jahr 1750

schließenden Manuskripte. Zum Vergleich : SMB 1737, Kl 24A 1845, TN 1862.

" Leiden Ms. kl. 24 A.

15 Ismail bin Hussein, Hikayat Negeri Johor, Kuala Lumpur 1962 (unveröf¬

fentlichte Examensarbeit).

" Leiden Cod. Gr. 1741 (2) und Cod. Or. 3322 Jakarta, Sammlung von de

Wall 192 und 193.

1' JRASMB, 10.1, 1932.

18 Teeuw, A., Malay Manuscripts in the Library of Congress, Bijd. 123.4, 1967.

Ms. no. 5

1» Ryl. Ms. 10 (früher Ryl. 11).

2° Sie sind Gegenstand meiner Doktorarbeit ,Peringatan Sejarah Negeri Johor - Eine malaiische Quelle zur Geschichte Johors im 18. Jahrhundert', Wiesbaden

1973.

21 VAN Ronkel, op. cit. 1921, Ms. Kl. 24 B; ders., op. cit. 1909, Ms. Sammlung von de Wall 196.

(5)

Neben dem unterschiedlichen Schlußjahr sind bei HNJ und Acheh-Manu¬

skripten wesentliche Unterschiede in Schwerpunkt und Textauswahl festzu¬

stellen. Diese Unterschiede lassen sich aus der historischen Situation im

malaiischen Raum zu Anfang des 18. Jhs. zwar leicht erklären, waren aber

nach Kenntnis der bislang vorliegenden Werke und Handschriften nicht

deutlich zu bemerken, weil das TN zu seinen namentlichen Quellen lediglich

eine Siarah Selangor, mit der buginesischcn Interpretation der Ereignisse,

und eine Sirah Siak, die den Standpunkt Raja Kechi's vertritt, zählt. In der

ersten Hälfte des 18. Jhs. kämpfton aber nicht allein die Anhänger Raja

Kechi's mit den Buginesen um Macht und Vorherrschaft im Staate Johor,

sondern auch die Gruppe der dem Bendahara-Sultan Abdul Jalil und seinem

Sohn Sultan Sulaiman ergebenen Malaien versuchte ihren Anspruch auf

Thron und reale Machtausübung sowohl gegenüber Raja Kechi' von Siak als

auch gegenüber ihren Beschützern, den Buginesen, zu behaupten. Gerade

dieser letzte Punkt wird häufig vergessen und der von den Buginesen

eingesetzte Sultan Sulaiman als Marionette seines buginesischcn Vizeherr¬

schers, der Yang Dipertuan Muda betrachtet. Mit den Acheh-Manuskripten

liegt uns nun ein Text vor, der darauf abzielt, die Unabhängigkeit und das

Bemühen Sultan Sulaimäns um eine Einigung der Malaien gegenüber Raja

Kechi' und den Buginesen zu zeigen. Etwa dio Hälfte dieses Textes besitzt

einen Inhalt, der sich bisher in keiner anderen Handschrift gefunden hat,

während es doch ansonsten üblich ist, daß weite Passagen der HNJ, der SMB

und des TN wörtlich übereinstimmen. Im Unterschied zu der HNJ besitzt

dieser Text neben Briefdokumonten und dem Text eines Waffenstillstands¬

vertrages, die ebenfalls nur hier zu finden sind, ein panegyrisches Shair, das

aber entgegen allen Erwartungen nicht Sultan Sulaiman, die Hauptfigur des

sonstigen Textes zum Gegenstand seines Lobes macht, sondern seinen im

Jahr 1748 ernannten Bendahara Orang Kaya Bungsu Tun Hasan.

TN und SMB werden zusammen mit der HNJ gemeinhin als buginesisch

geprägte Texte angesehen - die HNJ ist wohl als die Siarah Selangor des TN

zu bestimmen. Die Acheh-Manuskripte dagegen sind von der Person Sultan

Sulaimäns gezeichnet, und es ist bemerkenswert, daß gerade die Passagen,

die von Sultan Sulaiman und seiner Handlungsfreiheit zeugen, sich im TN

anders darstellen; hier zeigt es sich nämlich, daß dieser Handlungsspielraum

häufig recht eingeengt war. - Von den im TN als Siarah Siak bezeichneten

Texten wurde bisher keiner bearbeitet. V. Matheson zählt eine Reihe der in

diese Gruppe gehörenden Manuskripte auf, die vorrangig aus der Sicht Raja

Kechi's von Siak geschrieben wurden, erwähnt sei hier ledighch der von R.

RooLVXNK als Hikayat Raja AkiP^ bezeichnete Text.

22 Roolvink, op. cit. 1967 Ma. Cod. Or. 6342 (offensichtlich identisch mit den Mss. von de Wall 191 und Cod. Or. 7304).

(6)

Malaiische Texte zur Geschichte Johors im 18. Jahrhundert 695

Während das Entstehungsdatum von TN und SMB bekannt ist - es wurde

oben erwähnt -, weiß man von den Manuskripten der HNJ nur den

Zeitpunkt, zu dem sie kopiert wmden ; er muß nach Hussein um 1848 liegen.

Das Manuskript aus der Library of Congress stammt aus dem Jahr 1838 und

Ryl. 10 aus dem Jahr 1850. Ein weiteres wohl diesem Text entsprechendes

Manuskript, das uns z.Z. nur durch Newbold's*^ Beschreibung bekannt ist,

muß vor 1831 kopiert worden sein. Lassen sich also über den Zeitpunkt der

Erstfassung dieser Manuskripte keine Angaben machen, ist es nach meiner

Ansicht möglich, auf Grund bestimmter innerer Kriterien den Zeitpunkt zu

bestimmen, zu dem die Urfassung des vorliegenden Textes der Acheh-

Manuskripte erfolgte. Das panegyrische Gedicht wie auch der plötzliche,

unvermittelte Schluß scheinen darauf hinzudeuten, daß dieser Text um 1750

entstanden ist. Dieses Datum erlaubt die Feststellung, daß die Ereignisse der

ersten Hälfte des 18. Jhs. unmittelbar aufgezeichnet worden sein müssen

und daß bereits damals ein formulierter Text zur Verfügung stand. - Die

Acheh-Manuskripte wurden zwischen 1863 und 1875 kopiert.

Die Verfasser dieser Texte sind ebenso wie die Schreiber der vorliegenden

Kopien anonym. Dabei sei angemerkt, daß nach Klinkerts Bericht** auch

Frauen als Kopisten in Frage kommen. Die Kopien entstanden - z. T. auf

europäische Bestellung, und auch darin liegt ein Grund für die Vielzahl der

heute vorliegenden Manuskripte - im Raum von Riau.

Die auf den Handschriften zu findenden Titel sind meist nachträgliche

Zusätze, und ihre Korrektheit ist angesichts der im TN gebrauchten Bezeich¬

nungen fraglich. Mir scheint der Titel , Hikayat Negeri Johor' dem tatsäch¬

lichen Inhalt der Manuskripte nicht gerecht zu werden, da er zu allgemein

gehalten ist und auf die besondere Thematik des Einzeltextes nicht eingeht ;

die Darstellung der Beziehungen einer Gruppe von Malaien und der Bugine¬

sen mittels einseitiger Berichterstattung oder einfacher Auslassung. Wir

finden in den Manuskripten in Auswahl den historischen Standpunkt einer

Partei, nicht aber die Geschichte des Staates Johor. Angesichts der teilweise

ausgesprochenen Dürftigkeit der für sich betrachteten Handschritt habe ich

den Text der beiden Acheh-Manuskripte als , peringatan', definiert nach

Poerwadarminta*^ als ,tjatatan, notulen, notes', als Notizen bezeichnet. Von

wenigen Ausnahmen abgesehen, geben diese Manuskripte im Einzelfall nur

notizartige Anmerkungen oder Erwähnungen, dem Leser bleibt es überlas¬

sen, sich mittels anderer Texte ein genaueres Bild zu verschaffen. Dabei tritt

nicht selten der Fall ein, daß in den sog. buginesischen Werken TN und SMB

mehr über ein bestimmtes Ereignis nachzulesen ist, als in den Handschriften 2' NEWBOI.D, T.J., Notes on Malayan MSS. The Madras Journal of Literature and Science 7, 1838.

2* Brief an die Bataviaasch Genootschap vom 23. 7.1866 in: NBGKW 4, 1867.

25 Porwadarminta, Kamus Umum, Djakarta 1954.

(7)

der Parteien Raja Kechi's und Sultan Sulaimäns. Hier möchte ich darauf

verweisen, daß der größere Teil der HNJ Bestandteil des TN geworden ist.

Ein exakter Detail vergleich zwischen TN, SMB, HNJ und Peringatan

Sejarah Negeri Johor (PSNJ - den Acheh-Manuskripten) wird aber noch

wesenthche Unterschiede zeigen. Formal unterscheiden sich TN und SMB

auf der einen und HNJ, PSNJ und die weiteren Manuskripte auf der anderen

Seite nach Aufbau und Qualität. Es braucht nicht besonders betont zu

werden, daß TN und SMB literarischen Wert besitzen. Dies kann von den

Manuskripten kaum behauptet werden. Alle Johor-Manuskripte sind als

annalistische Werke anzusehen. Ihre anonymen Verfasser berichten in chro¬

nologischer Anordnung historisch relevante Fakten, die jedoeh einem be¬

stimmten Auswahlprinzip unterworfen wmden. TN und SMB dagegen haben

als darstellende Werke zu gelten. Auch sie besitzen eine bestimmte Tendenz,

doch sind sie inhalthch umfangreicher, da hier neben den obigen Manuskrip¬

ten, die ja bereits Auswahlsammlungen sind, noch weiteres Quellenmaterial

herangezogen wurde.

Akzeptiert man das Vorhandensein von Hoftagebüchern - de Josselin

DE Jong** setzt sie für die SM voraus, J.C. Nooedüyn*' bezeichnet sie als

spezifisch buginesisch (und allein von Süd-Sulawesi sind Tagebücher über¬

liefert) -, so erwecken diese annalistischen Texte nach Gestalt und Sprache

den Eindruck, als sei ihr Material Tagebüchern direkt entnommen. Jedoch

kann dieses Problem hier nm angedeutet werden, da von malaiischer wie

von buginesischer Seite bisher zu wenig Material vorliegt.

Dieses Problem steht auch in Zusammenhang mit der Frage nach der

Wechselbeziehung von malaiischer und buginesischer Literatur. Es ist be¬

kannt, daß die Buginesen eine ausgeprägte eigene literarische Tradition

besitzen und viele der auf die buginesischen Werke und Tagebücher zutref¬

fenden Merkmale lassen sich auf die malaiischen Texte übertragen. Es

bestehen aber auch ganz bestimmte Unterschiede, wie z. B. bei der Zeit¬

angabe : In den mir bekannten malaiischen historischen Texten findet sich

kein einziges Datum unserer Zeitrechnung, während die Buginesen christ¬

liche und islamische Zeitrechnung häufig nebeneinander gebrauchten. - Aus

Westindonesien liegt bemerkenswerterweise kein buginesisch geschriebener

Text vor, der sich mit der Geschichte dieses Raumes befaßt, und solange kein

gegenteiliger Beweis möglich ist, muß angenommen werden, daß die Johor-

Texte und mit ihnen die Werke der malaio-buginesischen Autoren in malai¬

ischer literarischer Tradition entstanden sind, auch wenn die exakte, tage-

2« DE Josselin de Jong, P.E., The character of the Malay Annals, in: Bastin, J. u. Roolvink, R., Malayan and Indonesian Studies, Essays presented to Sir R.

Winstedt on his eighty-fifth Birthday, Oxford 1964.

" Noorduyn, J.C, Origins of South Celebes Historical Writing, in: Soedjat-

moko op. cit. 1965, S. 243 Fußnote 2.

(8)

Malaiische Texte zur Geschichte Johors im 18. Jahrhundert 697

buchartige Geschichtsschreibung, nach dem heute vorliegenden Material,

etwa mit dem Kommen der Buginesen einsetzt.

Es ist leider nicht möglich, hier auf die angeschnittenen Probleme wie

Urfassung der annalistischen Texte, Frage nach den Primärquellen, Verhält¬

nis annahstischer xmd darstellender Werke, Autoren und Auftrageber, die

Beziehung buginesischer und malaiischer historischer Literatm im einzelnen

einzugehen; auch ist es noch zu früh, um mit Hilfe des Vergleichs nicht nm

die Prinzipien zu ermitteln, die der Kompilation obiger Texte zugrunde

liegen, sondern auch einzelne malaiische Text- und Quellengattungen in

ihren Kategorien zu erkennen.

Unter Ausklammerung formaler, stilistischer und sprachlicher Kriterien

lassen sich HNJ und PSNJ als eine direkte Fortsetzung der ,Langen

Version'** der SM und damit als die Fortsetzung der Geschichte der Herr¬

scher von Malakka und ihrer Nachfolger betrachten. Diese Texte sind,

alleine gesehen, nicht als in sich geschlossen, sondern als eine Aneinander¬

reihung von Dokumenten und Berichten zu werten, die einen unterschied¬

lichen Grad von Bearbeitung erfahren haben. Ein Gegengewicht zu dieser

auf die Johor-Malaien konzentrierten Literatur bilden die Werke der Malaio-

Bugmesen, wie SMB und TN, die - aus naheliegenden Gründen - den

Charakter der sog. Lokalchronik sprengen. Bevor jedoch diese Probleme

weiter untersucht werden können, müssen zunächst noch andere Handschrif¬

ten in einer angemessenen Form zugänglich gemacht werden.

28 Roolvink, op. cit. 1967, Fußnote 22.

(9)

EINZELNER ELEMENTE VON WAJANG PURWA-PUPPEN

Von Peteb Pink, Hamburg

Sieht man von einigen Gestalten ab - vor allem den Dienern -, dann fällt

auf, daß es eine im Vergleich zur Vielfalt der Puppen verhältnismäßig eng

begrenzte Zahl von stereotypen Formen ist, aus denen sich die Puppen des

wajang kulit^ zusammensetzen und durch deren unterschiedliche Kombina¬

tionen die einzelnen Gestalten charakterisiert werden. Diese stereotypen

Formen sollen im folgenden kurz Elemente genannt werden. Solche Ele¬

mente sind z. B. die verschiedenen stereotypen Formen für bestimmte

Körperteile wie Augen, Nase, Mund und Oberkörper, für die Haltung der

Finger, die Stellung der Beine und für die unterschiedlichen Typen für

Frism, Kopfbedeckung, Schmuck und Kleidung. Sie können jedoch nicht

wülkürhch miteinander verbunden werden, sondern ihre Kombinations-

möghchkciten sind eingeschränkt. So lassen sich z. B. bestimmte Formen des

Auges nur mit bestimmten Formen der Nase, oder die verschiedenen Typen

des bokongan, eines Kleidungsstückes von Prinzen und Köiügen*, nur mit der

1 Da die Terminologie im Bereich des wajang nicht einheitlich ist, muß kurz

dargelegt werden, wie die Termini im folgenden gebraucht werden: Unter

wajang kulit soll jede Art von Puppenspiel mit flachen, polychromen Leder¬

puppen verstanden werden. Seine verschiedenen Arten stellen verschiedene

Epochen der javanischen Geschichte dar, und zwar das wajang purwa das

Altertum, begirmend mit den Ereignissen im Reiche des Königs Srimahapung-

gung und dem Begirm der Reiskultur sowie den Taten von Ardj una Sasrabahu,

denen die Zeiten Rama's und der Pandawa folgen. Das wajang gedog stellt vor

allem die Geschichte des Prinzen Pandji von Kediri dar und das wajang madya

die Ereignisse, die zwischen diesen beiden Epochen liegen. Das wajang wong ist

eine Art javanischer Tanzoper, die ihre Stoffe aus dem Rama- und Pandawa-

Zyklus nimmt. Unter wajang toping versteht man einen Maskentanz.

Die Eigennamen erscheinen in ihrer javanischen Form in der auf Java üblichen

Transkription. Sie entspricht der der zitierten niederländischen Publikationen

bis auf das u, das in letzteren durch oe wiedergegeben wird; e ohne Akzent

bezeichnet den farblosen 9-Laut (jav. Pepet). Sind die Gestalten der indischen Epen gemeint, erscheint ihr Name in der Sanskritform, wobei die Transkription

der Grammatik von F. Kjelhobn (Grammatik der Sanskritsprache. Wiesbaden

1965, S. 1) folgt.

2 Könige und Personen von königlicher Abstammung tragen statt eines kains

(Stoff von einer bestimmten Größe, der um die Hüften geschlungen wird) einen

dodot, der viermal so groß ist wie ein kain und kunstvoll um die Hüften drapiert wird. Wird er so aufgefaltet, daß nach hinten eine Art Höcker entsteht, nennt man ihn bokongan (vgl. Judistira, Ardjuna oder Kresna!).

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

b) Man kann die große Bedeutung der Olympischen Spiele für die Griechen z. daran erkennen, dass während der Spiele kein Krieg stattfinden durfte und dass die Sieger in

Georg Philipp Rugendas inv. Rugendase j.). Rugendase j.). Rugendase j.). Rugendas pinx: et del... Rugendase j.). Plaadil par.: Christiano Rugendas sculp. Rugendase

Druck von Christoph Reisser’s Söhne, Wien V.. Delay von Hark Gasser

Reinking mich anrief und berichtete, dass er unsere Aktion süwagintern für eine Förderung vorgeschlagen hat und die Mitar- beiter sich dann unter anderen Projekten auch für

Damit sparte das Publikum in der Schlosskirche nicht und wurde mit zwei Zugaben belohnt: „Verratene Liebe“ und „Du bist wie eine Blume“, wobei sich Christian Elsner und Lars

Für den Versuch stehen polierte ( ε =0.05) und schwarz eloxierte ( ε =0.95) Aluminiumkörper zur Verfügung. Warten Sie jeweils die Einstellung des thermischen Gleichgewichts ab

Der bei der Abbildung auftretende Chromatische Fehler soll nachgewiesen werden: Bilden Sie dazu das Dia mit der Linse C scharf auf die Mattscheibe ab

„Der Grund-Zweck aller Thiere giebt also schon diesen Unterschied: Alle Kunst-Triebe aller Thiere zielen 1) entweder auf das Wohl und die Erhaltung eines jeden Thieres nach