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Denn Jungs lesen ander(e)s!

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Academic year: 2022

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Frank Maria Reifenberg Andreas Barnieske

kicken & lesen :

Denn Jungs lesen ander(e)s!

Leseförderung mit Ball und Buch in Schule

und offener Jugendarbeit

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Autoren:

Frank Maria Reifenberg, Kinderbuchautor und Dozent der Universität zu Köln für Leseanimation von Jungen Andreas Barnieske, Grund- und Förderschullehrer, diplomierter Montessori-Pädagoge, seit vielen Jahren im Bereich Leseförderung aktiv

Herausgeber: Verantwortlich:

Baden-Württemberg Stiftung gGmbH Christoph Dahl, Geschäftsführer Baden-Württemberg Stiftung Kriegsbergstr. 42 • 70174 Stuttgart Christine Potnar, Leiterin Stabsstelle Kommunikation

Tel. +49 (0)7 11 / 2 48 47 60 info@bwstiftung.de, www.bwstiftung.de

Die Baden-Württemberg Stiftung setzt sich für ein lebendiges und lebenswertes Baden-Württemberg ein.

Sie ebnet den Weg für Spitzenforschung, vielfältige Bildungsmaßnahmen und den verantwortungsbewussten Umgang mit unseren Mitmenschen. Die Baden-Württemberg Stiftung ist eine der großen operativen Stiftun- gen in Deutschland. Sie ist die einzige, die ausschließlich und überparteilich in die Zukunft Baden-Württembergs investiert – und damit in die Zukunft seiner Bürgerinnen und Bürger.

Gedruckt auf umweltbewusst gefertigtem, chlorfrei gebleichtem und alterungsbeständigem Papier.

1. Auflage 2015

Nach den seit 2006 amtlich gültigen Regelungen der Rechtschreibung

© Auer Verlag

AAP Lehrerfachverlage GmbH, Donauwörth Alle Rechte vorbehalten

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Hinweis zu § 52 a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung eingescannt und in ein Netzwerk eingestellt werden. Dies gilt auch für Intranets von Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen.

Illustrationen: Thorsten Trantow

Satz: krauß-verlagsservice, Niederschönenfeld

Druck und Bindung: Stückle Druck und Verlag, Ettenheim ISBN 978-3-403-07746-6

www.auer-verlag.de

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INHALTSVERZEICHNIS

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort . . . . 4

1

Wie und wo Sie diese Handreichung einsetzen können . . . . 5

2

Einführung . . . . 7

2.1 Leseförderung für Jungen . . . . 7

2.2 Leseförderung mit Ball und Buch . . . . 8

3

Mit diesen Methoden der Leseförderung arbeiten wir . . . . 10

3.1 Tandem-Lesen (Lautlese-Verfahren) . . . . 10

3.2 Vorlesen . . . . 13

3.3 Stilles (eigenes) Lesen (Viellese-Verfahren) . . . . 16

4

Die Trainingseinheiten . . . . 19

4.1 Trainingseinheiten im Überblick . . . . 19

4.2 Ablauf einer vorgeschalteten Einführungs-Trainingseinheit . . . 20

4.3 Grundaufbau der Trainingseinheiten in der Hinrunde . . . . 23

4.4 Grundaufbau der Trainingseinheiten in der Rückrunde . . . . 26

5

Literaturhinweise . . . . 29

ANHANG: Materialteil

1. Lesetests . . . . 33

2. Warm-ups (sportliche Übungen) . . . . 46

3. Zeichnungen . . . . 53

4. Erklärungsposter zum Tandem-Lesen . . . . 55

5. Übungstexte Tandem-Lesen . . . . 56

6. Vorlesegeschichte . . . . 96

7. Stilles Lesen . . . . 101

8. Buchempfehlungen . . . . 103

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F. Reifenberg / A. Barnieske: kicken&lesen © Auer Verlag – AAP Lehrerfachverlage GmbH, Donauwörth

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VORWORT

VORWORT

Das Interesse am Lesen nimmt vor allem bei Jungen im Alter zwischen 9 und 13 Jahren rapide ab. Oft lie- gen sie ein ganzes Schuljahr hinter den Mädchen zu- rück. In Konkurrenz zu Fernsehen und Computerspie- len ist Lesen für Jungen „uncool“ und unmännlich. Nur selten begegnen ihnen männ liche Lese-Vorbilder und die angebotene Lektüre trifft ihre Bedürfnisse und In- teressen nicht immer. Doch Kinder und Jugendliche, die gut und gerne lesen, haben bessere Chancen im Bildungssystem.

Mit dem Ziel, bei Jungen das Interesse für Bücher zu wecken und die Freude am Lesen zu vermitteln, hat die Baden-Württemberg Stiftung im Jahr 2007 das Projekt kicken&lesen initiiert. Die innovative Bildungs- initiative wird den Ansprüchen der Jungen gerecht und holt sie im übertragenen Sinn dort ab, wo sie motiviert sind: auf dem Bolzplatz. Die Verknüpfung von Bildung und Bewegung steht für eine neue Methode und er- möglicht interdisziplinäre Ansätze, wie beispielsweise die Zusammenarbeit von Schule und Sportverein.

kicken&lesen ist in Deutschland ein wegweisendes Projekt für eine genderspezifische Leseförderung für Jungen. Es richtet sich an alle Schularten, Vereine, Bibliotheken und Träger der offenen Jugendarbeit. In

Baden-Württemberg wird es mit dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg durchgeführt. In Hessen besteht eine Kooperation mit der „hessenstiftung – familie hat zukunft“ und dem FSV Frankfurt. Seit 2013 wird das Projekt von der SK Stiftung Kultur der Sparkasse Köln und dem 1. FC Köln für Schulen in diesem Raum ange- boten.

Die vorliegende didaktische Handreichung beruht auf den zahlreichen Erfahrungen aus dem Projekt kicken&lesen. Sie ist ein erster Schritt, um Leseförde- rung für Jungen in der Verbindung mit Bewegung – in vereinfachter Form – für den Schulalltag und in der offenen Jugendarbeit anzuregen und zu unterstützen.

Die Publikation ist bewusst so konzipiert, dass sie eine Hilfestellung für Fachkräfte sowohl in der Praxis der schulischen als auch der außerschulischen Bildungsar- beit und Leseförderung bietet. Gleichzeitig können Sie Ihren jeweils individuellen Ansatz bei der Kombination von Kicken und Lesen darauf aufbauen.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre sowie viel Spaß und Erfolg bei der Leseförderung mit Ball und Buch.

Ihre Baden-Württemberg Stiftung

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F. Reifenberg / A. Barnieske: kicken&lesen © Auer Verlag – AAP Lehrerfachverlage GmbH, Donauwörth

WIE UND WO SIE DIESE HANDREICHUNG EINSETZEN KÖNNEN

1

WIE UND WO SIE DIESE HANDREICHUNG EINSETZEN KÖNNEN

Das Angebot von Leseförderung mit Ball und Buch richtet sich aus der Projekterfahrung von kicken&lesen besonders an Jungen mit einer geringen Lesekompe- tenz und geringer Lesemotivation. Vorrangig werden mit dieser Form der Leseförderung Schüler von För- der-, Haupt- und Realschulen angesprochen. Grund- sätzlich ist diese Handreichung jedoch für alle Schul- formen geeignet.

» LESELUST STATT LESEFRUST

Das Konzept berücksichtigt demgemäß auch den be- sonderen Förderbedarf von Jungen, die in einem bil- dungsfernen Umfeld oder in Familien aufwachsen, in denen noch nicht oder nur wenig deutsch gesprochen wird.

Da viele Jungen sich ungefähr zwischen dem 9. und dem 13. Lebensjahr vom Lesen verabschieden, setzen wir mit unseren Empfehlungen in dieser Altersgruppe an.

Mit der Verbindung von Kicken und Lesen erleben auch solche Jungen das Lesen als eine lustbetonte Ak- tivität, sowohl in der Schule als auch in der Freizeit. Sie lernen Lesen als eine attraktive Kultur- und Medien- Praxis kennen, die keineswegs nur etwas für Mädchen ist. Ihre Lesekompetenz wird gefördert, sodass sie in die Lage versetzt werden, Texte flüssiger zu lesen und besser zu verstehen. Im Mittelpunkt steht jedoch, die Lust aufs Lesen zu wecken.

Das Konzept ist ein Basismodul, das Sie in Ihrem Alltag in der Schule, in der Jugendarbeit, in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, Vereinen oder in Bibliotheken einsetzen können. In der Schule eignet es sich beson- ders für Förderstunden oder Arbeitsgemeinschaften.

» VIELFÄLTIG EINSETZBAR

Entsprechend offen ist das Konzept für Anpassungen an die spezifischen Gegebenheiten Ihrer Einrichtun- gen und die individuellen Voraussetzungen, die „Ihre“

Jungen mitbringen.

Es ist sinnvoll und hilfreich, die Aktivitäten auf der Basis dieses Konzepts in ein übergeordnetes Projekt einzubinden. Dies gilt ganz besonders für die offene Jugendarbeit. Wenn Sie sich z. B. als örtliche Büche- rei oder örtlicher Jugendtreff der Leseförderung mit Ball und Buch widmen wollen, bringt die Kooperation mit einem Sportverein eine eigene Qualität und für die Jungen einen hohen Motivationsfaktor in das Projekt.

Leseförderung mit Ball und Buch ist mehr als eine reine Methode zur Verbesserung der Lesekompetenz.

Im Rahmen Ihrer Möglichkeiten können Sie es zu ei- nem Erlebnisraum für die Jungen Ihrer Gruppe oder Klasse machen. Besondere Events und überraschende Ergänzungen zu der „alltäglichen Trainingsarbeit“ in der Gruppe oder Klasse motivieren die Jungen zusätz- lich: Vielleicht besuchen Sie mit der Gruppe die Sport- redaktion einer lokalen Zeitung oder initiieren die Einrichtung einer „Jungsecke“ in der Bücherei. Viel- leicht richten Sie mit den Jungs einen Blog zu Ihrem kicken&lesen-Projekt ein oder Sie organisieren ein Lese- und Fußballturnier mit den Vätern der Jungen.

» SELBSTKONZEPT ALS LESER STÄRKEN

Gerade leseschwache Jungen haben oft auch eine sehr geringe Frustrationstoleranz. Ein Buch ist für diese Jungen erst einmal eine Bedrohung und trägt die Gefahr des vorprogrammierten Scheiterns in sich.

Ein „Nun habe ich es doch wieder nicht geschafft, das Buch zu Ende zu lesen!“ wird schnell zu „Ach, Bücher sind eben nix für mich, das ist was für andere – für Mädchen“. Von diesem Weg in ein Selbstkonzept als Nicht-Leser bringen wir sie nur mit gezielter Förde- rung und viel Motivationshilfe ab.

Dazu brauchen wir auch die Elternhäuser, in denen Bücher oft keinen hohen Stellenwert haben, oft sogar gar nicht vorhanden sind. Binden Sie also die Eltern von vornherein ein und informieren Sie die Väter und Mütter über das, was in der Schule oder der Jugend- gruppe rund um das Projekt passiert.

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F. Reifenberg / A. Barnieske: kicken&lesen © Auer Verlag – AAP Lehrerfachverlage GmbH, Donauwörth

WIE UND WO SIE DIESE HANDREICHUNG EINSETZEN KÖNNEN

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1 » AUFBAU DER HANDREICHUNG

Die Handreichung bietet Ihnen ein Gerüst zur Umset- zung einer gezielten Leseförderung in der Verbindung von Lesen und Fußball. Im Einzelnen enthält die Pub- likation:

▪ einen kurzen inhaltlichen Abriss zum Thema „gen- derspezifische Leseförderung“ (mit weiterführen- den Literaturangaben zur Vertiefung)

▪ einfache Lesetests zur groben Einstufung der be- teiligten Jungen

▪ eine Einführung in die wichtigsten Methoden, die zum Einsatz kommen, insbesondere in das Tan- dem-Lesen

▪ Vorschläge zum Ablauf der Übungsstunden mit Aufwärmübungen für Kopf und Körper, Zeitplänen usw.

▪ 40 speziell für Jungen geschriebene Übungstexte für das Tandem-Lesen als Kopiervorlage und eine Vorlesegeschichte

▪ viele Tipps und Anleitungen zum Vorlesen, zur Auswahl von jungengerechter Lektüre sowie einer

„Startelf der Bücher“ als Buchempfehlungen

» FÄCHERÜBERGREIFEND ARBEITEN

In der Schule eröffnet die – auf den ersten Blick un- gewöhnliche – fächerübergreifende Arbeit zwischen Deutsch- und Sportunterricht neue Perspektiven.

Welche Umsetzungsmöglichkeiten sich anbieten, do- kumentieren die vielen Praxisbeispiele aus dem Pro- jekt. Sie finden diese auf www.kickenundlesen.de und www.kickenundlesenkoeln.de.

Ob in der Schule oder in der offenen Jugendarbeit, ei- nes muss betont werden: Leseförderung mit Ball und Buch ist ein Weg, in den Jungen Leselust zu entfachen.

Dies gelingt allerdings nur, wenn Sie mit Ausdauer und Geduld an die Sache gehen.

Es bleibt eine Maßnahme der Leseförderung und als solche braucht sie immer wieder Anschub durch die Betreuerinnen und Betreuer. Viele Jungen werden nicht müde, um mehr Kicken und weniger Lesen zu feilschen.

Denken Sie immer daran: Bei kicken&lesen sind Sie nicht mehr Lehrer oder Bibliothekar oder Sozialar- beiter, sondern Trainerin oder Trainer in einer unge- wöhnlichen Disziplin. Und die Trainer geben vor, was und wie trainiert wird. Fußballbegeisterte Jungs wis- sen das. Wir wünschen Ihnen viel Spaß in Ihrer neuen Rolle!

Frank Maria Reifenberg und Andreas Barnieske

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F. Reifenberg / A. Barnieske: kicken&lesen © Auer Verlag – AAP Lehrerfachverlage GmbH, Donauwörth

EINFÜHRUNG

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EINFÜHRUNG

2.1 LESEFÖRDERUNG FÜR JUNGEN

» JUNGEN BRAUCHEN LESEFÖRDERUNG

Zwischen der Kindheit und der Pubertät nimmt bei Heranwachsenden das Interesse am Lesen stetig und oft auch stark ab. Insbesondere Jungen greifen mit der Zeit immer seltener zum Buch (vgl. z. B. Böck 2000, Harmgarth 1997, Richter & Plath 2005). Mit 15 Jahren liest laut der PISA-Studie über die Hälfte der Jungen nicht aus eigenem Antrieb, sondern nur noch, wenn sie muss. Bei den Mädchen sind es hingegen nur ein Viertel aller Befragten (vgl. Deutsches PISA- Konsortium 2001, S. 262). Es ließe sich schlussfolgern, dass die fehlende Lesepraxis der Jungen schließlich auch in einer weniger ausgeprägten Lesekompetenz mündet. In der PISA-Studie aus dem Jahr 2009, die zuletzt einen Schwerpunkt auf die Erhebung der Le- sekompetenz gelegt hat, wird ersichtlich, dass Jun- gen in den niedrigeren Kompetenzstufen über- und in den höchsten Kompetenzstufen unterrepräsentiert sind. Im Durchschnitt erlangen sie bei der Erhebung 40 Punkte weniger als die Mädchen – das entspricht im Lesen dem Kompetenzunterschied eines ganzen Schuljahrs (vgl. OECD 2010). Statt zu lesen, stellt das Spielen an Konsolen und am PC für viele Jungen ein attraktiveres Konkurrenzangebot dar (vgl. Garbe 2008). Hinzu kommt, dass sich die Lesebedürfnisse und Lesestoffe der Jungen von denen der Mädchen unterscheiden (vgl. Philipp & Garbe 2007), diese aber im schulischen Kontext nicht hinreichend oder gar nicht Berücksichtigung erfahren. Jungen benötigen demnach eine Leseförderung, die ihre Bedürfnisse im Rahmen einer jungengerechten Atmosphäre berück- sichtigt und umsetzt.

Die vorliegende Handreichung im Rahmen einer Schul-AG oder als Projekt(wochen) in der Jugendarbeit einzusetzen, kann nur als eine von weiteren Lesefördermaßnahmen verstanden werden. Das Konzept ist ein ergänzendes Angebot einer auf allen Ebe- nen umfassenden schulischen und außer- schulischen Leseförderung. Es lässt sich aber auch gut in bestehende Maßnahmen integrieren.

» DIE JUNGEN UND DIE MÄDCHEN?

Wir präsentieren Ihnen hier ein Konzept, das speziell auf die Leseförderung (mancher) Jungen abzielt. Da dieser Ansatz zu Missverständnissen führen kann, möchten wir vorab zwei Dinge deutlich machen. Zum einen wollen wir damit nicht suggerieren, dass nicht auch Mädchen der Leseförderung bedürfen; doch ge- rade für Jungen mangelt es bis jetzt an angemessenen Konzepten. Zum anderen wollen wir nicht postulieren, dass es so etwas wie die Jungen oder die Mädchen – sozusagen als homogene Masse – überhaupt gibt.

Es gibt natürlich Mädchen, die Fußball spielen, und es gibt Jungen, die nicht nur die Konsole und den Ball im Kopf haben, sondern auch gerne ein Buch in die Hand nehmen. Letztendlich haben wir es mit jungen Men- schen zu tun, die alle auf ihre Weise individuell sind.

Für jene Individuen, denen aus welchen Gründen auch immer die Freude am Lesen verwehrt bleibt und die zugleich aber eine große Liebe zum Sport und zum Ball hegen, ist unser Konzept ein echter „Volltreffer“.1

1 Für einen differenzierten Blick auf die Geschlechterfrage aus deutsch- didaktischer Perspektive sei Ihnen abschließend bei Interesse der Auf- satz von Barnieske und Seidler (2013) empfohlen.

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F. Reifenberg / A. Barnieske: kicken&lesen © Auer Verlag – AAP Lehrerfachverlage GmbH, Donauwörth

EINFÜHRUNG

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2.2 LESEFÖRDERUNG MIT BALL UND BUCH

In erster Linie sollen Jungen erfahren, dass Lesen Spaß machen kann. Leseförderung mit Ball und Buch ist also eine klassische Maßnahme der Leseanimation.

Im Unterschied zu vielen anderen Maßnahmen dieser Art integrieren wir jedoch auch andere Elemente der Lese förderung, z . B . Übungen zur Verbesserung der Leseflüssigkeit.

Zwischen Fußball und Lesen gibt es Analogien. Beide Tätigkeiten sind uns nicht in die Wiege gelegt, aber beide können wir durch Ausdauer, Training und Team- arbeit erlernen oder verbessern. Nach und nach kön- nen die Jungen erfahren, dass man Lesen in einem ganz anderen Kontext erleben kann. Die Begeisterung vieler Jungen für Fußball wird in direkte Tuchfühlung mit der „stillen“ Beschäftigung des Lesens gebracht.

In einem Wechsel und Zusammenspiel von körper- licher Erprobung und Aktivität mit dem Ball auf der einen Seite und Konzentration und Ruhe mit dem Buch auf der anderen werden die Schüler an neue Lese- erlebnisse herangeführt und erfahren das Lesen als eine attraktive Praxis, die sich durchaus mit ihrem Selbstverständnis als Jungen vereinbaren lässt.

Sicher ist, dass das Lesen sich nur nach und nach ei- nen Platz neben der deutlich attraktiveren Sportart erkämpfen kann. Dabei müssen wir die Jungen ermu- tigen, unterstützen und anleiten. Ihr Selbstbild ist oft geprägt von vielen eher entmutigenden Erfahrungen:

Aussagen wie „Lesen ist mir zu anstrengend …“ – „Ich kann den Ansprüchen nie genügen …“ prägen oft das Bild. Dem setzen wir etwas entgegen.

» DAS KONZEPT

Das Konzept zielt auf die Förderung leseschwacher Schüler. Sie können dieses Konzept im Regelunter- richt, als Förderstunden oder in einer schulischen AG umsetzen. Darüber hinaus ist es in Projekten der au- ßerschulischen Jugendarbeit einsetzbar, z. B. als spe- zielles Angebot des jeweiligen Trägers.

Es greift verschiedene Methoden der Leseförderung auf und verbindet sie mit Inhalten und Anlehnungen an die Welt des Fußballs. Als durchgehendes Element wird auf die Förderung der Leseflüssigkeit durch die Trainingsroutine des Tandem-Lesens gebaut. Um ein lese- und buchfreundliches Klima zu etablieren, wird zudem auf das Vorlesen durch die Lehrkraft und im weiteren Verlauf auf das eigene stille Lesen gesetzt.

Leseförderung mit Ball und Buch ist keine

„Beschäftigungstherapie“, sondern ein Kon- zept zur Leseförderung, das im Projekt kicken&lesen erfolgreich erprobt wurde.

Die Gruppen benötigen dafür ausreichende Betreuung und Anleitung. Deshalb sollte die Teilnehmerzahl bei 12 bis 16 liegen, keines- falls jedoch mehr als 20 Jungen um fassen.

» UMSETZUNG ALS AG-KONZEPT IN DER SCHULE

Das AG-Konzept geht von einer wöchentlich zur Ver- fügung stehenden Doppelstunde aus – im Fußballjar- gon: eine Trainingseinheit. Für die Durchführung der Trainingseinheit ist eine Sporthalle, im Sommer ggf.

auch ein Rasenplatz, erforderlich. Die zeitliche Ausge- staltung der AG orientiert sich an den Zeiträumen der Schulferien und erstreckt sich über ein Schulhalbjahr.

Für ein Schulhalbjahr ergeben sich dementsprechend zwei Blöcke – im Fußballjargon: die Hin- und die Rückrunde. Sowohl die Hin- als auch die Rückrunde decken jeweils einen Zeitraum zwischen zwei Ferien- blöcken ab, also im ersten Schulhalbjahr Sommer- bis Herbstferien (Hinrunde) und Herbst- bis Weihnachts- ferien (Rückrunde) bzw. im zweiten Schulhalbjahr Weihnachts- bis Osterferien (Hinrunde) und Oster- bis Sommerferien (Rückrunde). Für das jeweils ggf.

verbleibende Halbjahr lassen sich Hin- und Rückrunde wiederholend als Revenge durchführen.

» UMSETZUNG IN DER AUSSER- SCHULISCHEN JUGENDARBEIT

Die Erfahrungen im baden-württembergischen und hessischen kicken&lesen-Projekt zeigen, dass Maß- nahmen der Leseanimation und Leseförderung auch im außerschulischen Kontext sehr gut möglich sind.

Hier zeigt sich, dass kicken&lesen in sehr unterschied- lichen Szenarien als lesefördernde Maßnahme möglich ist.

So stand bei einigen außerschulischen Projekten die Herstellung einer eigenen Zeitung im Mittelpunkt.

Die Jungen dort übernahmen die Vorbereitung von Interviews, das Schreiben der Artikel, das Bebildern, die Produktion und Vermarktung. Andere Projekte widmeten sich der Gestaltung eines Fußball-Blogs und der Einrichtung einer mobilen Fußballbibliothek, die regelmäßig auf dem Trainingsgelände des jewei-

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F. Reifenberg / A. Barnieske: kicken&lesen © Auer Verlag – AAP Lehrerfachverlage GmbH, Donauwörth

EINFÜHRUNG

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ligen Sportvereins Halt machte. Trägern der offe- nen Jugendarbeit bietet sich bei der Umsetzung von kicken&lesen insbesondere eine Kooperation mit loka- len Partnern, wie Schulen, Vereinen oder Bibliotheken an, von der in der Regel alle profitieren. Anregungen und Tipps erhalten Sie auf www.kickenundlesen.de.

Außerschulischen Trägern empfehlen wir bei der Um- setzung der Leseförderung mit Ball und Buch auf drei Faktoren besonders zu achten:

▪ Besonders das Tandem-Lesen (siehe S. 10 ff.) er- fordert eine gewisse Trainingsroutine, sowohl in- nerhalb einer Trainingsstunde (viermaliges Lesen des Textes) als auch im Gesamtablauf des Projekts.

Legen Sie das Projekt so an, dass Sie möglichst sieben bis zehn Trainingseinheiten durchführen können.

▪ Für alle Methoden der Leseförderung (Tandem- Lesen, Vorlesen, stilles Lesen) braucht es Räume, die auch ruhiges Arbeiten ermöglichen, beim Tan- dem-Lesen in Zweiergruppen. Im Sommer ist dies auch draußen möglich, wenn im direkten Umfeld nicht allzu viel Trubel für Ablenkung sorgt.

▪ Bei offenen Gruppen, denen die schulische Zeit- und Organisationsstruktur fehlt, müssen Sie ggf.

den Ablauf der Elemente neu ordnen. Es macht na- türlich wenig Sinn, wenn die Teilnehmer nach dem Fußball einfach gehen und sich den Leseteil sparen (siehe auch weitere Hinweise in der Beschreibung der Trainingsabläufe, S. 19 ff.). Daher ist es wichtig, die zeitlichen Abläufe vor Beginn des Projekts ge- nau festzulegen.

» SPRACHJARGON

Wir bedienen uns wo immer möglich einer Sprache, die sich an die des Fußballs bzw. des Sports anlehnt.

Wir möchten Sie ermutigen, diese Begrifflichkeiten zu verwenden.

Hin- und Rück- runde

Hiermit ist die Ausgestaltung der AG zwischen zwei Ferienblöcken gemeint. Die Hinrunde könnte sich zum Beispiel von den Sommerferien bis zu den Herbst- ferien erstrecken. Nach den Herbstferien würde dann die Rückrunde folgen.

Trainingseinheit Mit einer Trainingseinheit ist eine Unterrichtsdoppelstunde gemeint.

Warm-up Hierunter werden sowohl das sportliche Warmmachen als auch das „Warmlesen“

durch die Methode des Tandem-Lesens gefasst.

Mannschaft Im Rahmen des Tandem-Lesens bezieht sich die Formulierung auf jeweils ein Lese-Team (ein stärkerer und ein schwächerer Leser).

Das Lesen trainieren

Hiermit meinen wir die Methode des Tandem-Lesens. Denn auch das Lesen lässt sich wie die fußballerische Geschicklichkeit durch Üben verbessern.

Spieler und Trainer Im Lese-Tandem jeweils der schwächere bzw. der stärkere Leser.

Trainingscamp In der Halle verteilte Matten, auf die sich die Mannschaften im Rahmen des Tan- demlesens zurückziehen.

Lesekondition Synonym für die Ermittlung der Leseleistung im Rahmen des Lesetests.

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