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OPUS 4 | BRANDaktuell Jg.2012, Heft 03

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Arbeitsmarktpolitischer Service der LASA Brandenburg GmbH

Fachkräfte für unser aller Zukunft

Berufsausbildung – die Situation in Brandenburg

ÜBERARBEITEN

Ausbildung: System, Konsens, Zukunft Seiten 4 – 11

ÜBERTRAGEN

Verbundausbildung in Europa

Seiten 14 – 15

ÜBERBRINGEN

Brandenburger ESF-Jahrestagung Seite 16

ÜBERLEGEN

Neue Wege für lebens- langes Lernen

Seite 23

ÜBERPRÜFEN

Aufgabe der Schwerbe- hindertenvertretung Seite 25

Nr. 3/2012

Foto: © Boehringer Ingelheim

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Inhalt

4 Zukunft ausbilden in Brandenburg 6 Mehr Ausbildung, weniger System

7 Brandenburg: neuer Konsens für Ausbildung 8 Wenn das Übergangssystem zum Konkurrenten wird 9 Brandenburger Zukunftstag 2012

10 Inklusion von der Kita bis zur Ausbildung 11 Mit Popart für Ausbildung

11 Junge Wirtschaft macht mit

Foto: AuGala – Zentralverband Gartenbau e. V. Foto: Uta Jacobs (LASA)

NEuE AuSBIL duNG IN BR A NdENBuRG

Foto: Elena Knaack (iq consult)

EuRoPA

Fachkräfte

12 Berufliche Bildung – Ziele in Europa Fachkräfte

14 Verbundausbildung über Grenzen ESF

16 ESF-Jahrestagung 2012 Jugend

17 Die Zukunft der Jugendpolitik in Europa Arbeitslose

18 Das EU-Beschäftigungspaket Transfergesellschaften

19 EU-Vergleich Beschäftigtentransfers

T hEmEN

Sozialunternehmertum 20 Europaweiter Transfer sozialer Innovationen

Arbeitnehmer

22 Betriebliche Mitbestimmung Weiterbildung

23 Neue Wege und Chancen Justizvollzugsanstalten 24 Freiheit in Grenzen

unternehmen

25 Mehr als nur eine Vertrauensperson schlechthin

Impressum

Herausgeber:

Arbeitsmarktpolitischer Service der Landesagentur für Struktur und Arbeit Brandenburg GmbH, ISSN 1863 – 5849

Wetzlarer Straße 54, 14482 Potsdam Telefon: 0331 6002-328

Fax: 0331 6002-400

Internet: www.lasa-brandenburg.de/

brandaktuell

E-Mail: brandaktuell@lasa-brandenburg.de V.i.S.d.P.: Dr. Veit-Stephan Zweynert Projektleitung: Erika Nilsson

Redaktion: Uta Jacobs (jac), Sylvia Krell (kr), Elke Mocker (em)

Gestaltung: Uta Jacobs, Sylvia Krell, Elke Mocker, Petra Werner Grafisches Konzept: SCHWEIGER DESIGN, Potsdam;

Oliver-Sven Reblin, Berlin Druck: Brandenburgische Universitäts-

druckerei GmbH, Karl-Liebknecht-Str. 24/25, 14476 Potsdam-Golm Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung des Autors wieder, nicht unbedingt die des Herausgebers oder der Redaktion.

Nachdruck – auch auszugsweise – nur zulässig mit Quellenangabe und Zusendung von zwei Beleg exemplaren.

Redaktionsschluss für Nr. 4/2012: 29. Juni 2012 Kostenlose Bestellungen:

Druckexemplare, BRANDaktuell-Newsletter und die PDF-Ausgabe von BRANDaktuell können Sie auf unseren Internetseiten unter www.lasa-brandenburg.de/

brandaktuell/Bestellungen.6.0.html bestellen.

BRANDaktuell wird durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Brandenburg gefördert.

Europäischer Sozialfonds – Investition in Ihre Zukunft

Für alle Fragen zum ‚Arbeitspolitischen Programm Bran- denburg – In Menschen investieren – Regionen stärken‘

steht Ihnen unter dieser Telefonnummer das Call-Center zur Verfügung:

Call-Center der LASA Tel.: (03 31) 60 02 – 2 00

Wissen, was in Brandenburg mit dem ESF passiert!

Wichtige ESF- und andere EU-Termine werden regelmäßig im Internetportal des ESF in Brandenburg veröffentlicht. Internet: www.esf.brandenburg.de

3|2012

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Inhalt / EdItorIal

F öRdER SER v IcE

Mit der Integrationsbegleitung zu mehr

Nachhaltigkeit S. 26

Langzeitarbeitslose

26 Neue Förderrichtlinie zur Integrations- begleitung

Existenzgründer

26 Existenzgründungen aus der Wissen- schaft

Ausbildung 26 ‚Kleine Projekte‘

unternehmen

27 Die neue Weiterbildungsrichtlinie kommt

Förderratgeber

27 Programm KULTUR 2007-2013 Förderratgeber

27 Unternehmensnachfolge finanzieren Förderratgeber

27 Europäische Förderprogramme für europäische KMU

IN KÜR ZE

In Deutschland darf das Thema ‚Prävention‘

nicht aus dem Blickfeld geraten. S. 28

Arbeitsschutz

28 ‚Partnerschaft für Prävention‘

Weiterbildung 28 Neuer Förderleitfaden

Familie

28 Brandenburger Familienpreis 2012 unternehmen

29 ‚Alte Hasen erwünscht‘

Zeitarbeit

29 Flexibilität – auf wessen Kosten?

Kreativwirtschaft 29 Kreativ gründen

Projektträger

30 AZAV: Träger- und Maßnahmezulassung unternehmen

30 Brandenburger Netzwerke ausgezeichnet Ausbildung

30 Tarifliche Regelungen

T ERmINE & A K T IoNEN

Kultur, Sport, Natur und Freizeit im ganzen

Land Brandenburg S. 31

31 Familienpass Brandenburg 2012/2013 31 Wanderausstellung gestartet 31 Bundesweite Veranstaltungshinweise

Foto: Sylvia Krell (LASA)

Foto: Elke Mocker (LASA)Foto: Sylvia Krell (LASA)

Bildungsmessen, wie hier zum Weiterbildungs- tag 2011 in Potsdam, verschaffen einen guten Überblick über Angebote und Förderung. S. 27

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

mit dieser Ausgabe präsentieren wir Ihnen unsere BRANDaktuell im neuen Outfit: Neu strukturiert – und zwar in einen ‚blauen‘ Teil mit ausführlichen Beiträgen und Hinter- grundartikeln und in einen ‚roten‘ Informa- tionsteil mit einem Mix aus Nachrichten und Berichten. Wir sind gespannt, wie Ihnen diese luftigere Aufmachung gefällt.

Doch nun zu unseren Inhalten:

Jahrzehntelang galt folgendes Ritual – Viele Jugendliche fanden im Sommer keinen Ausbildungsplatz und die Politik musste erheblich nachsteuern, um sie mit einem Ausbildungsplatz zu versorgen. Doch das Blatt hat sich gewendet: Nun werden Aus- zubildende gesucht. In unserem Titelthema

‚Neue Ausbildung in Brandenburg‘ stellen wir Ihnen auf den Seiten 4 bis 11 Akzente und Initiativen der Landespolitik vor und berichten über Projekte und Aktionen anderer Akteure.

Und können die Qualifikations- und Bildungsunterschiede innerhalb der EU be- seitigt werden? Welche Erfahrungen gibt es mit der europäischen Verbundausbildung?

Welche Akzente setzte die ESF-Jahresta- gung? Diese Fragen beantworten wir in der blauen Rubrik ‚Europa‘ ab Seite 12.

Transnationale Projekte erweitern den Horizont für alle Beteiligten, Ideen werden entwickelt, auf Übertragbarkeit abgeklopft.

Hierzu berichten wir auf den Seiten 20-21 in der blauen Rubrik ‚Themen‘. Erfahrungen aus einem INNOPUNKT-Projekt zeigen auf Seite 23, wie neue Zugänge zum Studium eröffnet werden können.

Kommen wir zu den ‚roten‘ Rubriken

‚Förderservice‘, ‚In Kürze‘ und ‚Termine

& Aktionen‘, mit denen wir Ihnen eine kompakte Informationspalette anbieten wollen. Hier informieren wir u. a. zu den neuen Richtlinien zur Weiterbildung und zur Integrationsbegleitung (S. 26-27), zur Arbeitsschutz-Kampagne ‚Partnerschaft für Prävention‘ (S. 28), zu Existenzgründungen in der Kultur- und Kreativwirtschaft (S. 29) sowie zum Familienpass Brandenburg (S. 31).

Last but not least hoffen wir, dass Ihnen das Lesen der neu konzipierten BRANDaktuell ebenso viel Freude bereitet wie uns das Erarbeiten.

die Redaktion

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Für Schulabgängerinnen und -abgänger brechen in Brandenburg rosige Zeiten an, viele wissen es nur noch nicht. Weniger rosig sieht es für Betriebe aus, einige reagieren aber noch nicht. Das Land hingegen passt seine Politik der Entwicklung an.

in Brandenburg

Zukunft ausbilden

Foto: Uta Jacobs (LASA)

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nEuE ausbIldung In brandEnburg

D

amit die Gruppe der beruflich Ausgebildeten in Brandenburg nicht zur Mangelware wird, unterstützt das Land die Unternehmen weiterhin dabei, auszubilden. Ohne eine solide Basis an Aus- bildungsstellen, ein gutes Bewerberpotenzial und eine entsprechende Ausbildungsqualität kann die notwendige Fachkräfteentwicklung nicht funktionieren. Die Bedeutung des dualen Ausbildungssystems für die Brandenburger Wirtschaft ist ungebrochen hoch.

Mit der dualen Berufsausbildung wird normalerweise der Weg des Übergangs von der Schule in die betriebliche Ausbildung und dann anschließend in eine Facharbeitertä- tigkeit eingeschlagen. In der Vergangenheit war dieser Weg für viele junge Menschen in Brandenburg schwierig und langwierig, für manche blieb er sogar verschlossen. Doch die Situation hat sich deutlich geändert, am Ausbildungsmarkt gibt es derzeit einen Gezei- tenwechsel.

Mehr Ausbildungsplätze, weniger Ausbildungsbewerber

Der Bundesagentur für Arbeit wurden 2011 mehr betriebliche Ausbildungsplätze in Bran- denburg gemeldet als noch ein Jahr zuvor.

Gleichzeitig sank die Zahl der Ausbildungssu- chenden. Dennoch reichten auch im vergange- nen Jahr die betrieblichen Ausbildungsstellen nicht aus, um alle Jugendlichen zu versorgen.

Zusätzliche Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit (BA) haben auch im Jahr 2011 dazu beigetragen, dass der Übergang von der Schule in Ausbildung für jeden Jugendlichen in Brandenburg gelingt (s. Kasten). Insgesamt nimmt die Zahl der Jugendlichen in diesen zusätzlichen Maßnahmen gegenüber den Vorjahren jedoch ab.

Deutlich mehr Jugendliche als bisher wählen ein Studium

Hinzu kommt, dass die Präferenz vieler Jugendlichen für Gymnasien und Hochschulen sprunghaft gestiegen ist. Das führt zusammen mit der rückläufigen Zahl der Schulabgänge-

rinnen und Schulabgänger zu einer schwäche- ren Nachfrage nach Ausbildungsplätzen.

Duales System stärken

Damit ist das duale System aber keineswegs ein Auslaufmodell, dieser Gefährdung kann bewusst gegengesteuert werden. Etwa durch einen nachdrücklichen Attraktivitätsgewinn, indem die Betriebe bessere Ausbildungsplätze anbieten und indem Karrierewege der Absol- venten des dualen Systems in Richtung Hoch- schule gefördert werden. Gleichzeitig muss das Bewerberpotenzial besser ausgeschöpft werden. Gefordert sind das Land, die Bundes- agentur und vor allem die Unternehmen. Alle Ausbildungsbewerber müssen mit geeigneten Angeboten versorgt werden, auch diejenigen, die keinen Schulabschluss vorweisen bzw. als Altbewerber registriert sind. So hatten 2011 rund 16 Prozent der unversorgten Bewerbe- rinnen und Bewerber keinen Schulabschluss.

Der Anteil der unversorgten Bewerber aus früheren Schulentlassungsjahren liegt bei 70 Prozent.

Auch die Ausbildungsverantwortlichen in den Unternehmen müssen ihre Kriterien für die Auswahl von Auszubildenden an das veränderte Angebot anpassen. Prognosen bis 2030 weisen darauf hin, dass bei Fachkräften der mittleren Qualifikationsebene von beacht- lichen Engpässen auszugehen ist. Demzufolge nimmt die Notwendigkeit der Unternehmen deutlich zu, ihre Fachkräfte rechtzeitig selbst auszubilden.

Neuauflage der Ausbildungsricht- linie erleichtert Inanspruchnahme

Das Arbeitsministerium hat 2011 seine För- derung entsprechend den Anforderungen des Ausbildungsmarktes neu organisiert. Mit dem neuen ESF-geförderten ‚Programm zur qualifi- zierten Ausbildung im Verbundsystem‘ soll die Leistungsfähigkeit des dualen Ausbildungssys- tems verbessert werden. Deshalb fördert das Ministerium mit der Richtlinie unter anderem eine stabile und qualitative Ausbildungsbasis (vgl. dazu BRANDaktuell 5/2011).

Gezeitenwechsel

Mehr Ausbildungsplätze und weniger Ausbildungssuchende, der Branden- burger Ausbildungsmarkt könnte von einem Ungleichgewicht in ein anderes kippen. Damit es nicht soweit kommt, unterstützt das Land die Ausbildung.

Ausbildungsmarkt Brandenburg

Ausbildungswege 2011

Hauptsächlich mündeten die Ausbil- dungsplatzbewerberinnen und -bewerber in eine betriebliche Ausbildung:

• rund 8.880 Jugendliche begannen eine betriebliche Ausbildung;

• rund 2.770 gingen in eine vollzeitschu- lische Ausbildung;

• rund 1.480 Ausbildungsanfänger lern- ten einen Fachberuf des Gesundheits- wesens, inklusive Altenpflege.

Betriebl. Ausbildung 2010 und 2011

• 2011 wurden der Bundesagentur für Arbeit 1.200 mehr betriebliche Aus- bildungsplätze gemeldet als noch ein Jahr zuvor.

• Gleichzeitig sank die Zahl der Ausbil- dungssuchenden von 2010 auf 2011 um 1.383 Personen.

• Die Bewerber-Stellen-Relation hat sich für die Ausbildungssuchenden verbessert: Im September 2011 betrug das Verhältnis Bewerber je betriebli- che Ausbildungsstelle 1,27, im Vorjahr kamen noch 1,6 Bewerberinnen und Bewerber auf eine Ausbildungsstelle.

• Gleichzeitig kamen 1,24 unbesetzte Ausbildungsstellen auf jeden unver- sorgten Bewerber. Im Jahr 2010 waren es nur 0,67 Stellen.

• Das heißt, im September 2011 betrug das Verhältnis betriebliche Ausbil- dungsstelle je Bewerber 0,79, im Jahr 2010 standen rechnerisch für jeden Bewerber nur 0,64 Ausbildungsstellen zur Verfügung.

maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit

2010 begannen 5.045 Jugendliche eine Ausbildungs- oder Orientierungsmaßnah- me der Bundesagentur für Arbeit. 2011 waren es noch 4.084 Jugendliche:

• eine Einstiegsqualifizierung (§ 235b SGB III) begannen 702 Jugendliche,

• an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (§ 61 SGB III) nahmen 1.961 Jugendliche teil,

• im Rahmen der außerbetrieblichen Ausbildung (§ 242 SGB III) konnte für 1.421 Jugendliche ein Angebot bereit- gestellt werden.

(6)

nEuE ausbIldung In brandEnburg

Für den Sommer 2012 ist eine Neuauflage des Programms mit einigen Änderungen der Fördermodalitäten geplant. Die Änderungen werden es den Ausbildungsbetrieben und ihren Verbundpartnern erleichtern, die Förde- rung verstärkter in Anspruch zu nehmen.

Ausbildung im Verbund stabilisiert die Ausbildungsbasis

Die Richtlinie unterstützt kleine und mittlere Unternehmen dabei, selbst auszubilden. Damit stabilisiert die Richtlinie die betriebliche Aus- bildungsbasis. Die Förderpunkte ‚allgemeine Verbundausbildung‘ sowie ‚überbetriebliche Lehrlingsunterweisung im Handwerk und in der Landwirtschaft‘ zielen in bewährter Form darauf ab, dass Ausbildungsbetriebe mit Ver- bundpartnern gemeinsam alle Ausbildungsin- halte in guter Qualität vermitteln.

Für mehr betriebliche Ausbildungsplätze sorgt das externe Ausbildungsmanagement (EXAM) bei den Kammern, das ebenfalls über die Richtlinie gefördert wird. Das externe Aus- bildungsmanagement schließt unter anderem zusätzliche Ausbildungsstellen in Unterneh- men auf. Die Ausbildungsmanager helfen auch dabei, frühzeitig Ausbildungsinteressenten zu regionalen, betrieblichen Ausbildungsangebo- ten zu beraten. Insgesamt gibt es in Branden- burg mehr als 250 Ausbildungsberufe. Doch nach wie vor konzentrieren sich die Wünsche der Ausbildungssuchenden nur auf wenige Be- rufe. Junge Frauen favorisieren vor allem die Berufe Kauffrau für Einzelhandel, Verkäuferin und Bürokauffrau. Die jungen Männer wün- schen sich vorzugsweise eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker, Kaufmann im Einzelhandel oder Koch.

Spezifische Verbundausbildung

Damit ausbildungssuchende Jugendliche und betriebliche Angebote zueinander passen, hilft die spezifische Verbundausbildung. Der Förderansatz hilft, unbesetzte Stellen mit unversorgten Bewerbern passgenau zu beset- zen. Jugendliche mit schlechten Startchancen können im 1. Ausbildungsjahr unterstützt werden, damit sie ihre Ausbildungsfähigkeit verbessern. Damit eröffnet die spezifische Verbundausbildung diesen Jugendlichen Chancen in Brandenburger Betrieben.

Die verschiedenen Förderungen in dem noch jungen ‚Programm zur qualifizierten Ausbildung im Verbundsystem‘ haben das gemeinsame Ziel, durch gute Ausbildung den brandenburgischen Fachkräftenachwuchs zu sichern. Damit dies gelingt, arbeitet das Land eng mit der Regionaldirektion Berlin-Branden- burg der Bundesagentur für Arbeit, mit den Kammern und den Sozialpartnern zusammen.

Dr. Alexandra Bläsche, MASF INFoS

Das ‚Programm zur qualifizierten Ausbildung im Verbundsystem im Land Brandenburg‘ finden Sie im Internet unter www.lasa-brandenburg.de/Schule- Bildung-Ausbildung.196.0.html

Das Programm wird aus Mitteln des ESF und des Landes gefördert.

mehr Ausbildung, weniger System

Die Zahl derjenigen, die in das Über- gangssystem einmünden, hat abge- nommen. Hoch ist sie noch immer.

Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, haben im vergangenen Jahr deutschlandweit 742.100 Personen eine duale oder vollzeit- schulische Berufsausbildung an beruflichen Schulen begonnen. Nach ersten vorläufigen Ergebnissen des Bundesamtes waren das 1,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Während sich die Zahl der Ausbildungsanfängerinnen und -anfänger im dualen System um 2,9 Prozent erhöhte, nahm sie in Berufen des Gesund- heits-, Erziehungs- und Sozialwesens mit +0,3 Prozent nur leicht zu. In der übrigen vollzeitschulischen Berufsausbildung ging die Zahl der Anfängerinnen und Anfänger um 4,8 Prozent zurück.

Im Jahr 2011 begannen 294.300 Mädchen und Jungen im entsprechenden Alter eine Maßnahme im Übergangsbereich, um ihren Haupt- oder Realschulabschluss nachzu- holen oder um berufliche Grundkenntnisse zu erwerben. Verglichen mit dem Jahr 2010 mündeten 8,0 Prozent junge Leute weniger in das Übergangssystem ein.

Die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger nahm 2011 gegenüber dem Vorjahr um 15,8 Prozent auf 519.300 zu. Eine Ursache für diesen Anstieg waren die doppelten Abiturientenjahrgänge, die 2011 in Bayern und Niedersachsen infolge der Einführung der achtjährigen Gymnasialzeit die Schulen verließen.

Unter 25-Jährige – Arbeitslosen- quoten im europäischen Vergleich

Laut der Europäischen Kommission hat- te Deutschland im Dezember 2011 mit 7,8 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote bei den unter 25-Jährigen. Verglichen hatte die Kommission die Quoten der 27 europäischen Mitgliedstaaten. An zweiter und dritter Stelle waren Österreich (8,2 Prozent) und die Niederlande (8,6 Prozent). Die höchsten Arbeitslosenquoten in der Altersgruppe hatten Spanien (48,7 Prozent), Griechenland (47,2 Prozent, Oktober 2011) und die Slowakei (35,6 Prozent).

(jac) Immer mehr junge Leute entscheiden sich für

ein Studium. Aber auch hier wird die Berufswahl durch das Geschlecht mitbestimmt. Andreas Röblitz (Foto) ist einer der wenigen Männer, die sich dafür entschieden haben, Grundschullehrer zu werden. Beim Brandenburger Zukunftstag wird Mädchen und Jungen der Blick auf ein breiteres Berufsspektrum geöffnet (s. S. 9).

Foto: Volker Döring (BILDART)

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nEuE ausbIldung In brandEnburg

Brandenburg: neuer Konsens für Ausbildung

Der Ausbildungsmarkt hat sich geändert, die Herausforderungen an Politik und Wirtschaft sind aber genauso groß wie 2003, als die Partner den ersten Konsens unterschrieben haben, nur es sind ganz andere.

2003 hatten es auch durchschnittlich gut qualifizierte Schulabgängerinnen und Schul- abgänger nicht leicht, einen Ausbildungsplatz zu finden. „Am liebsten mit Abitur“, hieß es in vielen Branchen. Damals verließen mehr als 37.000 Schulabgängerinnen und Schulabgän- ger die Schulen. 2012 wird es nach Prognosen nicht mal mehr 21.000 Schulabgänger in Brandenburg geben. Besonders stark einbre- chen wird die Zahl der Realschulabsolventen.

In der neuen Erklärung zum ESF-geförder- ten ‚Brandenburgischen Ausbildungskonsens‘

geht es deshalb vor allem darum, wie die Betriebe genügend Auszubildende gewinnen können, um später ausreichend Fachkräfte zu haben. Etwa dadurch, dass sie tarifliche Standards einhalten und Auszubildende nach Abschluss in gut bezahlte Arbeitsplätze über- nehmen. Vor allem sollen die Betriebe auch Jugendlichen mit Startschwierigkeiten den Einstieg in betriebliche Ausbildung ermögli-

chen. (jac)

Brandenburgischer Ausbildungskonsens

Im April 2012 haben die Partner des Bran- denburgischen Ausbildungskonsenses eine neue Erklärung unterzeichnet. Die Erklärung hat sechs Punkte:

• Nachwuchs sicherstellen;

• Umdenken und auf neue Situation am Ausbildungsmarkt einstellen;

• Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze mindestens auf dem jetzigen Niveau erhalten – die Landesregierung sichert die hohe Qualität der Ausbildung in der Berufsschule;

• Einhaltung tariflicher Standards, Über- nahme auf gut bezahlte Arbeitsplätze;

• Betriebe geben Jugendlichen mit Startschwierigkeiten eine Chance – das Übergangssystem soll betriebsnäher gestaltet werden;

• die Chancen für eine Ausbildung und eine Beschäftigung im Land Brandenburg müssen in der Öffentlichkeit kommuni- ziert werden.

Partner

Partner des Brandenburgischen Ausbil- dungskonsenses sind:

• das Land Brandenburg;

• der Handwerkskammertag Land Bran- denburg;

• die Arbeitsgemeinschaft der Indust- rie- und Handelskammern des Landes Brandenburg;

• der Landesverband der Freien Berufe Land Brandenburg e. V.;

• die Vereinigung der Unternehmensver- bände in Berlin und Brandenburg e. V.;

• der Deutsche Gewerkschaftsbund Bezirk Berlin-Brandenburg;

• die Bundesagentur für Arbeit, Regionaldi- rektion Berlin-Brandenburg.

INFoS

Internet: http://tinyurl.com/cscs64s

Der Brandenburgische Ausbildungskon- sens wird aus Mitteln des ESF gefördert.

„Eine Botschaft für Jugendliche und Betriebe“

Frau Tenkhof, die neue Erklärung zum Bran- denburgischen Ausbildungskonsens soll dazu beitragen, den Fachkräftebedarf im Land zu sichern. Welchen Beitrag kann sie leisten?

Die Erklärung übermittelt eine Botschaft:

Alle Beteiligten in Brandenburg ziehen an ei- nem Strang. Schülerinnen, Schülern und ihren Eltern wird gesagt, dass es in Brandenburg gute Aussichten auf qualifizierte Ausbildung gibt. Den Betrieben wird vermittelt, dass wir sie unterstützen, qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen. Die Regionen erkennen, dass wir al- les tun, um junge Menschen im Land zu halten.

Was erwarten Sie von den Betrieben?

Viele Betriebe haben erkannt, dass sie sich um ihren Fachkräftenachwuchs bemühen müssen und reagieren darauf. Sie bieten gute Ausbildung und sind offen für Jugendliche mit schlechten Startchancen. Sie ermögli-

chen qualifizierten Nachwuchskräften eine Aufstiegsfortbildung und zeigen Karrierewege im Betrieb auf. Aus unserer Sicht müssen noch mehr Unternehmen für diese Art der Standort- sicherung gewonnen werden.

Mittlerweile existiert auf dem Ausbil- dungsmarkt ein Passungsproblem. Es wer- den Plätze angeboten, auf die sich niemand bewirbt. Sei es, dass die Angebote den Neigungen und Wünschen der Jugendlichen nicht entsprechen, oder die Bewerberinnen und Bewerber sind aus Sicht der suchen- den Betriebe nicht geeignet. Heute müssen Betriebe für sich werben. Sie können es sich nicht mehr leisten, Defizite bei den Jugend- lichen zu identifizieren ohne auf die Stärken zu achten. Betriebe gewinnen Jugendliche durch tarifvertragliche oder branchenübliche Bezahlung, gute Ausbildung und Übernahme in Arbeit. Gute Ausbildungsbedingungen sind ein Werbefaktor für Ausbildung made in Branden- burg und ein Haltefaktor gegen Abwanderung.

Die gut ausgebildeten jungen Brandenburger und Brandenburgerinnen werden von süd- und westdeutschen Betrieben gern übernommen.

Unser Ziel sollte es sein, nicht nur gute Ausbil- dung anzubieten, sondern mit guter Beschäfti- gung die Nachwuchskräfte im Land zu halten.

(jac)

Foto: Uta Jacobs (LASA)

Ute Tenkhof leitet im Brandenburger Arbeits- ministerium das Referat ‚Berufliche Bildung‘.

(8)

nEuE ausbIldung In brandEnburg

Bedarf nur aus Brandenburger Jugendlichen zu decken.

Wolfgang Spieß kennt Unternehmen, die sich inzwischen erst die Jugendlichen und dann die Zeugnisse ansehen. „Der Geschäfts-

führer eines großen Restaurants in Potsdam bat mich, vorbeizuschicken, wen ich habe“, erzählt Spieß. Diese Herangehensweise beschränkt sich nicht nur auf die Hotel- und Gaststättenbranche. „Heidelberger Druck lädt jeden Interessenten zu einem Vorstellungs- gespräch ein.“ Doch trotz aller Knappheit, vorzeigbar sollten die Zeugnisse sein, so Spieß.

Fatal findet er das Übergangssystem, in dem jährlich bundesweit fast 300.000 Jugendliche unterkämen (s. S. 6). „Es muss etwas dafür getan werden, dass diese Jugend- lichen die Schule so verlassen, dass sie reif für eine betriebliche Ausbildung sind“, fordert er. Auszubildenden, die schulischer Nachhilfe bedürfen, finanziert die IHK Potsdam seit Mai 2009 Nachhilfe – wenn die Ausbildungsbe- triebe diese beantragen. Doch daran hapert es. Derzeit gibt es gerade mal rund 100 Fälle

Wenn das Übergangssystem zum Konkurrenten wird

Mit Speed-Dating und Fernsehspots wirbt die IHK Potsdam um Auszubil- dende. Denn Eltern und Jugendliche wissen von den neuen Ausbildungs- chancen im Land Brandenburg häufig noch nichts.

André Papst (li) lernt Chemikant, Anne Beick lernt Automobilkauffrau für Beratung und Verkauf. Beide posieren für die IHK-Kampagne

‚Mach-es-in-Brandenburg‘.

Sieben Minuten Zeit hatten Ausbildungsplatz- interessenten und Arbeitgeber für ein erstes Kennenlernen. Dann ertönte die Glocke und eine andere Interessierte oder ein anderer Interessierter nahm den Platz ein. 28 Betriebe aus der Hotel- und Gastronomiebranche such- ten auf diese Weise beim ersten Speed-Dating der IHK Potsdam Ende April nach Auszubil- denden.

500 Plätze nicht besetzt

Sie hatten rund 160 Dates mit ausbildungs- interessierten Jugendlichen, 36 Vorstellungs- gespräche sind daraus hervorgegangen. Für Wolfgang Spieß von der IHK Potsdam ist das ein guter Erfolg. Diese Branche macht ihm Sorgen, es fehlen ausreichend Nachwuchs- kräfte. Im vergangenen Jahr konnten die Unternehmen der Branche im Kammerbezirk rund 500 Ausbildungsplätze nicht besetzen, 2011 gab es rund ein Fünftel weniger neue Ausbildungsverträge als noch im Jahr 2010.

Anders die Metallbranche, hier ist die Zahl neuer Ausbildungsverträge von 2010 auf 2011 gestiegen. Doch für beide Branchen gilt: Sie brauchen Jugendliche, die in Brandenburg eine Ausbildung machen wollen. Darauf zielt eine Kampagne der IHK Potsdam ab. In Fernseh- spots, in Regionalzeitungen, mit Postkarten, auf YouTube und Twitter wirbt die Kammer mit dem Slogan ‚Mach es in Brandenburg‘. Die Chancen für eine Ausbildung und einen Job sind gut im Land, so die Botschaft. Dass die Zeiten sich geändert haben, sei bei vielen Ju- gendlichen und vor allem bei ihren Eltern noch nicht angekommen, sagt Spieß. „80 Prozent der Ausbildungsentscheidungen werden von den Eltern getroffen.“ Und gerade in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit kämen diese zu dem Schluss, dass eine Ausbildung in Brandenburg nicht möglich sei oder sich nicht lohne.

Doch das Blatt am Ausbildungsmarkt hat sich gewendet. „Jetzt haben auch Jugendliche mit schlechten Startchancen in Brandenburg eine Chance“, sagt Wolfgang Spieß. Er denkt dabei auch an junge Leute aus Berlin, denn die Schulabgängerzahlen in Brandenburg seien so zurückgegangen, dass es schwer werde, den

„Schick vorbei, wen Du hast.“

im Kammerbezirk, 1.000 wären möglich. „Da- bei ist der Antrag unbürokratisch zu stellen“, sagt Spieß. Und in diesen Zeiten müsste die Zahl der Anträge eigentlich steigen. (jac)

Nachhilfe für Auszubildende

Die IHK Potsdam unterstützt Mitglieds- betriebe, die Auszubildende einstellen, bei denen beim Übergang von der Schule zur Berufsausbildung Schwierigkeiten in der Fachtheorie zu erwarten sind.

500 Euro

Pro Auszubildenden werden bis zu 500 Euro für Nachhilfe zur Verfügung gestellt, der Fahrgeldzuschuss beträgt maximal 30 Euro pro Teilnehmer.

INFoS

IHK Potsdam, Udo Sobota, E-Mail: udo.sobota@potsdam.ihk.de

Fotos: IHK Potsdam

(9)

nEuE ausbIldung In brandEnburg

Dana Schulz ist in einem Beruf tätig, der nicht als typisch weiblich gilt: Sie arbeitet als Flug- gerätmechanikerin. „In einem Gespräch mit einem ehemaligen Klassenkameraden habe ich erstmalig von diesem Beruf gehört und wurde sofort neugierig“, erzählt sie. Unent- schlossenen rät sie: „All denjenigen, die noch keine klaren Vorstellungen haben, empfehle ich, Veranstaltungen zu besuchen, auf denen Unternehmen sich vorstellen.“

Mehr als 5.000 Schülerinnen und Schüler beim Zukunftstag

Zu solchen Veranstaltungen zählt der Zu- kunftstag. Jedes Jahr finden sich Jugendliche in verschiedenen Unternehmen ein, um ihren angestrebten Beruf näher kennenzulernen.

5.108 Schülerinnen und Schüler haben den Zukunftstag in diesem Jahr genutzt, etwas mehr als die Hälfte von ihnen waren Mäd- chen. Das Motto des Tages, ‚einBlick in Deine Zukunft‘, ist Programm. Der Blick in den Be- trieb soll eine Entscheidung leichter machen, denn Schülerinnen und Schüler erleben beim

Zukunftstag, was die Arbeitswelt von ihnen erwartet. So können sie besser einschätzen, ob der Traumberuf wirklich ein Traum für sie ist oder ihre Vorstellung zu weit von der Realität entfernt ist.

Hilfreich kann auch der Blick in einen noch fremden Beruf sein. Er kann Interesse wecken und zu einer Karriere wie bei Dana Schulz führen. Umgekehrt können auch Jungen Spaß an typisch weiblichen Berufen finden, wie Andreas Röblitz. Er ist Referendar an einer Grundschule: „Als Mann ist es schon etwas Besonderes, wenn man Grundschulleh- rer werden will. In unserer Seminargruppe gibt es bei 25 Studierenden nur fünf Männer“, sagt er. Der Zukunftstag soll Vorurteile abbauen und Mädchen und Jungen die Augen öffnen für Berufsmöglichkeiten über Geschlechter- grenzen hinweg.

Agentur BELLOT INFoS

Auf den Internetseiten unter www.zukunftstagbran- denburg.de beantworten Dana Schulz und Andreas Röblitz Fragen über ihren Werdegang.

Zukunft entdecken

Bei der Berufswahl bleiben die Geschlechter häufig unter sich. Der Zu- kunftstag soll Schülerinnen und Schüler für eine Ausbildung in Brandenburg gewinnen und den Blick über Geschlechtergrenzen hinweg öffnen.

Dana Schulz ist Fluggerätmechanikerin bei MTU Aero Engines, im Internet beantwortet sie Fragen, wie sie zu ihrem Beruf gekommen ist und was sie dort macht (siehe Infos).

Andreas Röblitz im Unterricht, er ist Referendar an einer Grundschule in Hohen Neuendorf.

Zukunftstag 2012

Am 26. April veranstaltete das Branden- burger Arbeitsministerium zum 10. Mal den Zukunftstag. Die Zahl der Plätze ist von Jahr zu Jahr gestiegen. Dieses Jahr boten Betriebe und Institutionen 8.469 Plätze an, 4.348 Plätze waren für Mäd- chen und 4.121 für Jungen bereitgestellt.

Investition in die Zukunft

Der Zukunftstag ermöglicht Jugendlichen einen Einblick in Branchen in ihrer Region und regt einen Perspektivwechsel an.

Mädchen sollen sich für technische Beru- fe, Jungen für soziale Berufe interessie- ren. Für Unternehmen ist der Zukunftstag eine Investition in die Zukunft, weil sie Auszubildende gewinnen können.

INFoS

Der Zukunftstag wird aus Mitteln des ESF und des Landes gefördert.

Foto: Volker Döring (BILDART) Foto: Volker Döring (BILDART)

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nEuE ausbIldung In brandEnburg

Die UN-Behindertenrechtskonvention hat einen Paradigmenwechsel in Deutschland eingeleitet. Inklusion wird jetzt im Sinne des gemeinsamen Lernens und der Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen im Bildungssys- tem definiert, von der Kita bis zur tertiären Bildung. Die Konvention eröffnet damit ein Recht auf gemeinsame Bildung. Nicht mehr die Eltern müssen begründen, warum ihr Kind für eine Regelinstitution geeignet ist, sondern Kita, Schulen oder Berufsschulen müssen erklären, warum das nicht gehen soll. Alle Bundesländer müssen die Vorgaben in Gesetze überführen und Aktionspläne ausarbeiten.

In Brandenburg verlassen jährlich rund 1.500 Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf die Schulen. Ca. 50 Prozent von ihnen waren vorher auf einer Schule mit dem

sonderpädagogischen Förderschwerpunkt

‚Lernen‘, den sogenannten Lernbehinder- tenschulen. Gezielte berufsorientierende Aktivitäten und strukturelle Veränderungen sollen frühzeitig den Automatismus ‚einmal Sonderstruktur – immer Sonderstruktur‘

im Lebensverlauf aufbrechen. Ein zentrales Handlungsfeld im Behindertenpolitischen Maßnahmenpaket (s. Kasten) des Landes Brandenburg ist deshalb die frühzeitige Berufsorientierung. Denn bisher werden die meisten Schulabgänger mit dem sonderpäda- gogischen Förderbedarf ‚geistige Entwicklung‘

in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt, nicht einmal 0,3 Prozent finden von dort den Weg in die Betriebe.

Das soll sich ändern. Potenziale für be- triebliche Ausbildung auch für diese Jugendli-

chen hat Brandenburg durch seine klein- und kleinstbetriebliche Struktur und die damit vielerorts verbundene persönliche Ansprache.

Eine Betriebsstruktur, die sich oft als hinder- lich für wirtschaftliche Großprojekte zeigte, hat in diesem Fall Vorteile.

ESF-gefördertes Modellprojekt

Derzeit transferiert das Modellprojekt

‚ZEBRA-plus‘ ein erprobtes schulisches Berufsorientierungsverfahren an ausge- wählte Schulen im Land (s. Kasten). Mit dem Brandenburger Bildungsministerium und der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit werden Gespräche geführt, um zukünftig für alle Schulen mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt

‚Lernen‘ ein berufliches Orientierungsverfah- ren anbieten zu können.

Inklusiv von Anfang an

Seit der Ratifizierung der UN-Behinderten- rechtskonvention 2009, deren Umsetzung für die Bundesländer Gesetzescharakter hat, erhalten die Belange behinderter Kinder und Jugendlicher in Deutschland immer mehr öffentliche Aufmerksamkeit. In der Praxis beginnt jedoch eine inklusive Bildung nicht erst mit der Berufsorientierung, sondern im Bedarfsfall, also ggf. mit der am Gedanken der Inklusion orientierten Frühförderung, niedrig- schwelligen und barrierenfreien Angeboten und unabhängiger Beratung für die Eltern.

Die Beispiele zur Berufsorientierung ver- deutlichen exemplarisch, dass Inklusion mög- lich ist, wenn Verantwortliche Wege für ein selbstverständliches Miteinander von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung finden. Gleichzeitig zeigen sie aber auch, dass noch ein langer Weg vor uns liegt.

Dr. Sandra Wagner, MASF INFoS

Den ungekürzten Artikel finden Sie auf den BRAND- aktuell-Internetseiten: http://tinyurl.com/crekrd5

ZEBRA-plus wird aus Mitteln des ESF und des Landes gefördert.

Von 2005 bis 2007 brachte die ESF-geförderte EQUAL-Partnerschaft Jugendliche mit Lern- schwierigkeiten, wie Julia R. (s. Foto), in betrieb- liche Ausbildung. Der Ansatz war richtungswei- send. Nach einem ersten Modellprojekt ‚ZEBRA‘

gibt es inzwischen das zweite Modellprojekt

‚ZEBRA-plus‘.

Inklusion von der Kita bis zur Ausbildung

Einmal Sonderstruktur – immer Sonderstruktur. Mit diesem Automatismus will Brandenburg brechen. Mit Berufsorientierung will das Land Jugendlichen helfen, die mit sonderpädagogischem Förderbedarf die Schulen verlassen.

Maßnahmenpaket

Drei Maßnahmen zur Berufsorientierung stehen im Behindertenpolitischen Maß- nahmenpaket des Landes Brandenburg im Mittelpunkt:

• Umsetzung der Bund-Länder-Initiative Inklusion, Handlungsfeld Berufsorien- tierung (2011-2013).

• Modellprojekt ‚Übergang Schule- Beruf‘ (2009-2014). Ziel ist es, den Aufbau eines Übergangsmanagements Schule-Beruf sowie Alternativen zur Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen zu schaffen.

• ‚ZEBRA-plus‘ transferiert ein erprobtes schulisches Berufsorientierungsverfah- rens inklusive einer Übergangsbeglei- tung in eine betriebliche Berufsvorbe- reitungsmaßnahme (BvB) und eventuell in eine nachfolgende betriebliche Berufsausbildung. Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwer- punkt ‚Lernen‘. Einbezogen sind die Schulämter Wünsdorf, Perleberg und Frankfurt (Oder) (s. BRANDaktuell Nr.

6/2011, die Red.).

Foto: Uta Jacobs (LASA)

(11)

nEuE ausbIldung In brandEnburg

Janette Fichtelmann (re) hat den Entwurf gestaltet, ihr Teamkollege hilft, das Infomobil zu bekleben.

mit Popart für Ausbildung

Die Botschaft steht im Namen: Berufliche Bildung ist praktisch unschlagbar.

Im Mai startete die gleichnamige Informationsoffensive des Bundes. Auszu- bildende haben die Infomobile gestaltet, ein Entwurf kam aus Herzberg.

In der Werkhalle der TÜV Akademie in Berlin Johannisthal stehen drei gelb lackierte Piaggio Ape, das sind dreirädrige Lieferwa- gen aus Italien. Janette Fichtelmann beklebt einen davon mit Folie, die Konturen zeigen ein Gesicht. Später kommt eine Sprechblase hinzu, im Stil der Popart. „Berufliche Bildung ist unschlagbar“ steht darin. Sie ist eine von drei Gewinnern des Wettbewerbs ‚Praktisch unschlagbar‘. Auszubildende waren aufge- rufen, Vorschläge für die Gestaltung der Infomobile einzureichen. Janette Fichtelmann lernt Gestalterin für visuelles Marketing bei

Möbel Höffner und besucht in Herzberg die Berufsschule. „Popart ist frisch, zeitlos und auffällig.“ Die 24-Jährige ist im ersten Lehr- jahr. Zuvor hatte sie gestaltungstechnische Assistentin gelernt. Eine Woche lang dekoriert sie die Lieferwagen. Ihr Arbeitgeber hat sie dafür freigestellt. „Das Unternehmen findet es gut, dass ich mich engagiere“, sagt sie. (jac)

Die Infotour

Drei Infomobile fahren bundesweit Marktplätze, Schulen, Unternehmen und Bildungsmessen an. Anliegen der Offensi- ve ist es, Schüler, Lehrer, Eltern sowie Unternehmen und Beschäftigte über die Möglichkeiten von Aus- und Weiterbil- dung zu informieren, vor allem in der Region. Deshalb wird bei den Vor-Ort- Terminen eine Beraterin oder ein Berater einer regionalen Kammer dazukommen.

‚Berufliche Bildung – praktisch unschlagbar‘ ist eine Initiative der Bundesministerien für Bildung sowie für Wirtschaft.

Termine im Land Brandenburg im Juni Die Infotour ist am

14. Juni 2012 in Frankfurt (Oder) und am 18. Juni 2012 in Cottbus.

INFoS

Die Infotour im Internet:

www.praktisch-unschlagbar.de/infotour

Foto: Uta Jacobs (LASA)

Junge Wirtschaft macht mit

Die Bundesinitiative ‚JUGEND STÄRKEN‘ hat seit Ende 2011 einen neuen Baustein und einen neuen Partner. Der Verband der Wirt- schaftsjunioren wird sich im Rahmen des Pro- gramms dafür engagieren, dass benachteiligte Jugendliche Einblicke in Unternehmen und in die Arbeitswelt bekommen. In dem Verband sind Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Führungskräfte bis 40 Jahre organisiert.

Bei der Umsetzung vor Ort arbeiten die Wirtschaftsjunioren eng mit den sozialpäda- gogischen Fachkräften aus den Einrichtungen im Netzwerk von JUGEND STÄRKEN zusam- men. Benachteiligte Jugendliche können einen jungen Unternehmer als Bildungspaten zur Seite gestellt bekommen, einen Tag lang Azubi sein oder ein Praktikum absolvieren.

JUGEND STÄRKEN - die Programme

Zu ‚JUGEND STÄRKEN‘ gehören vier Program- me.

• ‚Schulverweigerung – Die 2. Chance‘ richtet sich an Jugendliche ab 12 Jahre, die ihren Hauptschulabschluss durch aktive oder pas- sive Schulverweigerung gefährden.

• Die ‚Kompetenzagenturen‘ unterstützen be- nachteiligte Jugendliche, die von bestehen- den Angeboten nicht mehr erreicht werden, beim Übergang von der Schule in den Beruf.

• Die ‚Jugendmigrationsdienste‘ bieten Unter- stützung für 12- bis 27-jährige Menschen mit Migrationshintergrund. Sie stärken Kompetenzen und sollen die soziale und berufliche Integration ermöglichen.

Aus diesen drei Programmen werden auch im Land Brandenburg Standorte gefördert.

• Das Modellprogramm ‚Aktiv in der Region‘

erprobt ein durchgängiges Fördersystem für benachteiligte junge Menschen am Übergang von der Schule in Ausbildung und Beschäftigung. ‚Aktiv in der Region‘ hat keinen Standort im Land Brandenburg. (jac) INFoS

• JUGEND STÄRKEN im Internet: www.jugend- staerken.de/programme-jugend-staerken.html

• Wirtschaftsjunioren Deutschland, Projektreferent

‚Jugend stärken‘, Martin Hyun, Tel.: (0 30) 2 03 08-15 24, E-Mail: martin.hyun@wjd.de, Internet: www.wjd.de/Jugend_staerken.WJD

Das Unternehmen findet es

gut, dass ich mich engagiere.

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Europa

D

ie Grundlage der Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung bildet der 2002 in Kopenhagen von den europäischen Bildungsministern, der EU-Kommission und den europäischen Partnern angestoßene Pro- zess. Dieser soll die Qualität, Attraktivität und Wirksamkeit der beruflichen Bildung durch eine stärkere europäische Zusammenarbeit verbessern. Grundlage der Zusammenarbeit ist die sogenannte ‚Offene Methode der Koordi-

nierung‘ (OMK). Im Abstand von zwei Jahren wurden auf Folgekonferenzen die Prioritäten für die jeweils kommenden Jahre festgelegt.

Zuletzt wurden dem Kopenhagener Pro- zess im Dezember 2010 auf einer Konferenz in Brügge neue Impulse verliehen: In dem Ab- schlusskommuniqué wurden die gemeinsamen Ziele in der Berufsbildung für die kommenden Jahre festgelegt. Insbesondere mit Blick auf die EU-Wachstumsstrategie 2020 standen die

Senkung der Schulabbrecherquote und die Erhöhung des Anteils der Hochschulabsolven- ten im Mittelpunkt. Berufliche Bildung soll demzufolge attraktiver, laufbahnbezogener, leichter zugänglich und flexibler werden und zu mehr Gerechtigkeit beim lebenslangen Lernen beitragen. Von dieser ‚globalen Vision‘

ausgehend, beinhaltet das Kommuniqué einen Aktionsplan für die künftige europäische Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung im

Fachkräfte · Qualifizierung

Berufliche Bildung – Strategien und Ziele in der europäischen Zusammenarbeit

Die Unterschiede hinsichtlich Qualifikation und Bildung zwischen den EU- Mitgliedstaaten sind noch sehr hoch. Zu deren Beseitigung steht nicht mehr unendlich viel Zeit zur Verfügung. Aktuelle Herausforderungen drängen.

K o p e n h a g e n-P r o z e s s

Brügge 2010 Kopenhagen 2002 Helsinki 2006

Maastricht 2004 Bourdeaux 2008

Der neue Formschnitt für berufliche Bildung:

Vom strategischen Rahmen zum Aktionsplan für eine koordinierte Zusammenarbeit in Europa

Foto: AuGala – Zentralverband Gartenbau e. V. – www.g-net.de

(13)

Europa

Zeitraum 2011 bis 2020. Eingebettet ist dieser Aktionsplan in den ‚Strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Ge- biet der allgemeinen und beruflichen Bildung‘

(ET 2020), der 2009 vom Rat der Europäischen Union verabschiedet wurde.

Strategischer Rahmen –

Allgemeine und berufliche Bildung

Erklärtes Hauptziel ist es, die Mitgliedstaaten bei ihren nationalen Bemühungen um die Wei- terentwicklung ihrer Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung zu unterstützen: Zum einen sollen die Bürger der Mitgliedstaaten so bei der Realisierung ihrer persönlichen, sozialen und beruflichen Entwicklungspoten- ziale unterstützt werden, zum anderen geht es darum, den wirtschaftlichen Wohlstand und die Beschäftigungsfähigkeit in Europa zu sichern.

Das Konzept des lebenslangen Lernens bildet das Grundprinzip des Rahmens, für den vier gemeinsame strategische Ziele festgelegt wurden:

• die Verwirklichung von lebenslangem Ler- nen und Mobilität;

• die Verbesserung der Qualität und Effizienz der allgemeinen und beruflichen Bildung;

• die Förderung der Gerechtigkeit, des sozialen Zusammenhalts und des aktiven Bürgersinns und

• die Förderung von Innovation und Krea- tivität (einschließlich unternehmerischen Denkens) auf allen Ebenen der allgemeinen und beruflichen Bildung.

Das Kommuniqué von Brügge

Während sich ET 2020 als strategischer Rah- men nun über die berufliche Aus- und Weiter- bildung hinaus auch auf die Vorschule, Schule und Hochschule sowie Erwachsenenbildung erstreckt, konzentriert sich das ‚Bruges-Com- muniqué‘ speziell auf die berufliche Erstaus- bildung und Weiterbildung.

Als Herausforderungen der beruflichen Bildung werden die Erholung von der Wirt- schafts- und Finanzkrise, die hohe Jugendar- beitslosigkeit sowie die hohe Zahl an gering qualifizierten Arbeitskräften und Schulab- brechern angeführt. Darüber hinaus wird der Übergang zur ‚grünen Wirtschaft‘ als ein Zukunftstrend identifiziert. Das hieße für die berufliche Bildung, entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, wie z. B. zur Energieeffizienz und Abfallverringerung. Als

weitere Herausforderungen werden der durch den demografischen Wandel gesteigerte Bedarf an Angeboten für das lebenslange Lernen sowie der Abbau noch bestehender Mobilitätshemmnisse für Lernende angeführt.

Vor dem Hintergrund dieser gesellschaftlichen Anforderungen einigten sich in Brügge die Ministerinnen und Minister der EU-Mitglied- staaten auf eine Reihe von strategischen und kurzfristigen Zielen, die bis 2020 bzw. 2014 erreicht werden sollen.

Qualität, Effizienz und Attraktivität erhöhen

Um die Attraktivität der beruflichen Erstaus- bildung zu erhöhen, müssten unter anderem die Berufsberatung verbessert und Lernan- gebote in Unternehmen gefördert werden.

Darüber hinaus müssten Schlüsselkompeten- zen, wie z. B. Informations- und Kommunika- tionstechnologien und Fremdsprachen, in den Lehrplänen für die berufliche Erstausbildung wie auch der beruflichen Weiterbildung künf- tig noch stärker berücksichtigt werden.

Des Weiteren sollen bis Ende 2015 nationale Qualitätssicherungsrahmen für alle Berufsbildungseinrichtungen eingeführt werden. Diese sollen mit dem Europäischen Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung (EQAVET) übereinstimmen und auch für berufsbegleitende Praktika gelten. Schließlich sollen die Erstausbildungs- und Weiterbil- dungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer und andere ausbildende Fachkräfte verbessert werden.

Lebenslanges Lernen und Mobilität als Realität

Bis zum Jahr 2020 soll laut Kommuniqué ein Anteil von 15 Prozent der Erwachsenen an Maßnahmen der allgemeinen und berufli- chen Bildung teilnehmen. Als kurzfristiges Ziel für den Zeitraum 2011 bis 2014 ist unter anderem vorgesehen, dass die Mitgliedsländer der Europäischen Union den Ausbau flexibler Ausbildungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel E-Learning oder Ausbildungsmaßnahmen, während der Arbeitszeit weiter unterstützen.

Die Mobilität zu Lernzwecken gilt als Schlüsselelement für lebenslanges Lernen.

Deshalb sollten zudem Fremdsprachen und interkulturelle Kompetenzen stärker in den Lehrplänen für die berufliche Bildung verankert werden. Um die Transparenz und

wechselseitige Anerkennung von Qualifikatio- nen und Kompetenzen zu vereinfachen, stellt die intensive Nutzung von Instrumenten wie dem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) oder dem Europass durch die Mitgliedsländer ein weiteres Ziel dar.

Kreativität, Innovation und Unternehmergeist fördern

Durch den Aufbau von ‚Wissenspartnerschaf- ten‘ auf nationaler Ebene mit innovativen Unternehmen, Hochschulen, Designzentren und anderen Einrichtungen sollen Berufsbil- dungseinrichtungen Informationen über neue Entwicklungen und Kompetenzanforderungen gewinnen. Durch eine engere Zusammenarbeit mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern und nationalen Wirtschaftsförderungsstellen sol- len Kreativität und unternehmerisches Denken verstärkt Einzug in die berufliche Bildung halten. Die Förderung von Unternehmensneu- gründungen und die Erhöhung der Lernmobili- tät von Jungunternehmern werden als weitere Maßnahmen genannt.

Gerechtigkeit, sozialer Zusammen- halt und aktiver Bürgersinn

Unter die strategischen Ziele Gerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt und aktiver Bürgersinn fallen Aktivitäten, die die Bildungsgerechtig- keit erhöhen, wie z. B. die Schulabbrecher- quote zu senken und die soziale Ausgrenzung von Risikogruppen, wie Geringqualifizierte oder Lernende mit Migrationshintergrund, zu verhindern. Dafür sollen niedrigschwellige Be- ratungsdienste und flexible Bildungsangebote eingerichtet werden, die den Besonderheiten dieser Zielgruppen noch individueller gerecht werden.

Darüber hinaus sollen die Übergangsmög- lichkeiten von der beruflichen Erstausbildung zur Hochschulbildung verbessert werden.

Dafür sind die Lernangebote der beruflichen Erstausbildung über die Vermittlung von spe- zifischen Kenntnissen hinaus stärker als bisher auf den Erwerb von Schlüsselkompetenzen auszurichten.

Michael Steinbach, BBJ Consult AG INFoS

Informationen zur beruflichen Aus- und Weiter- bildung auf den Internetseiten der Europäischen Kommission – Allgemeine & berufliche Bildung – unter http://tinyurl.com/c9t2zwx

(14)

Europa

D

as transnationale Projekt ‚Handwerk öffnet Türen – Lernen in Europa‘ der Handwerkskammer Potsdam wird aus Mitteln der Richtlinie ‚Transnationaler Wissens- und Erfahrungsaustausch‘ geför- dert, die aus dem ESF und mit Landesmitteln finanziert wird. Ziel ist, nicht nur eine Quali- tätserhöhung im dualen System zu erreichen, sondern auch gut qualifizierte Fachkräfte für die Handwerksunternehmen zur Verfügung zu stellen. In einem Gespräch im Zentrum für Gewerbeförderung der Handwerkskammer in Götz äußerten sich Projektleiter Manfred Scholz und Abteilungsleiter Dieter Arlt über Erfahrungen bei der Projektumsetzung.

Die HWK führt seit vielen Jahren europäi- sche Projekte durch. Warum dieses?

Manfred Scholz: Handwerk braucht eine solide Grundausbildung und es lebt von der Erfahrung. Je mehr Möglichkeiten es gibt, sie zu gewinnen, desto besser. Früher ging es im Handwerk auf die Walz, heute gehen wir zu unseren Partnern nach Italien, Frankreich und Spanien.

Dieter Arlt: Der Gedanke der Wanderschaft bekommt eine neue Bedeutung. Handwerk agiert meist regional, ist jedoch zunehmend mit europäischen Prozessen verbunden. Den- ken wir nur an die Arbeitnehmerfreizügigkeit

und die Anerkennung beruflicher Qualifikati- onen. Wenn auch bisher der Zustrom auf dem Brandenburger Arbeitsmarkt überschaubar ist, wird sich das doch ändern. Mit welcher Quali- fikation des Bewerbers kann ich rechnen, das will der Unternehmer schnell wissen und von jedem Bewerber, egal woher er kommt.

Manfred Scholz: Was die Unternehmer hier und jetzt drückt, ist die zurückgehende Zahl der Ausbildungsbewerber. Hier ist ein Erdrutsch passiert. 1997 hatten wir im Kammerbezirk noch 11.200 Auszubildende, 2011 sind es nur noch knapp 3.700. Heute sucht sich der Jugendliche das Ausbildungsunternehmen aus. Dabei bewertet er Arbeitsbedingungen, Bezahlung, Sozialleistungen und Zukunftsper- spektiven. Mit dieser demografisch bedingten Umkehrung der Situation können noch nicht alle Handwerksunternehmen umgehen. Sie müssen lernen, ihr Unternehmen für die Jugendlichen attraktiv zu machen. Schaffen sie den Wandel nicht, hat das Folgen für den wirtschaftlichen Betrieb bis hin zur Sicherung der Unternehmensnachfolge.

Dieter Arlt: Hier knüpfen wir an. Wir wissen um das große Interesse von Jugendlichen an Ausbildungszeiten in anderen Ländern. Wir organisieren seit Jahren erfolgreich solche Austausche, jedoch könnten noch mehr Ju- gendliche daran teilhaben, zumal das Berufs- bildungsgesetz internationale Ausbildungszei- ten unterstützt. Ein Hindernis für wachsende Beteiligung ist fehlendes Interesse bei Unter- nehmen. Bei manchen spielen auch Vorurteile eine Rolle, à la was kann man da schon lernen.

Und der nächste sagt, bei mir ging es ja auch ohne. Dem wollen wir nicht tatenlos zusehen.

Die vorhandenen Strukturen für den Lehrlings- austausch werden nun auch für die Unterneh- mer genutzt. Am schwersten fällt ihnen meist der erste Schritt. Deshalb lernen die Unterneh- mer erst einmal vergleichbare Handwerksbe- triebe kennen. Mit welchen Problemen müssen sie sich auseinandersetzen? Wie gewinnen sie ihren Nachwuchs und was bewährt sich in der Ausbildung? Gibt es Gemeinsamkeiten, die den Lehrlingsaustausch sinnvoll machen? Der

Fachkräfte · Qualifizierung

verbundausbildung über Grenzen – Wir brauchen auch die unternehmer

Durch eine bessere Nutzung der europäischen Verbundausbildung soll eine Qualitätserhöhung im dualen System der Berufsausbildung erreicht werden.

Stolz auf das gemeinsame Werk (Caen, Frankreich)

Meister lernen von Meistern (Caen, Frankreich)

Foto: Handwerkskammer Potsdam

Foto: Handwerkskammer Potsdam

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Europa

Wissens- und Erfahrungsaustausch schärft den Blick für das eigene Tun und liefert Ideen für die Zukunft.

Wie gestaltet sich der Projektverlauf?

Manfred Scholz: Das Angebot wird gut an- genommen. Der eine Unternehmer kommt mit, weil er über den Wandel seines Auszubildenden erstaunt ist. War dieser vor dem Austausch eher wenig engagiert und langsam, kam er nach drei Wochen motivierter und selbstbe- wusster zurück. Was hat diese Veränderung in so kurzer Zeit verursacht? Andere Unternehmer interessiert, wie der Alltagsbetrieb in einer Bäckerei in Italien, einer Autoreparaturwerk- statt in Frankreich oder bei einem Friseur in Spanien organisiert ist. Uns obliegt es, über das Kennenlernen hinaus, den transnationalen Erfahrungsaustausch zu organisieren und inhaltlich zu strukturieren. Zentrale Themen sind die duale Ausbildung, gemeinsame Ausbil- dungsinhalte, Maßnahmen der Unternehmen zur Fachkräftesicherung.

Ist der Zeitpunkt für transnationale Erfah- rungsaustausche günstig?

Dieter Arlt: Zugespitzt kann man sagen, es gibt in Europa nichts Nationaleres, als die Bildungssysteme. Und doch wird z. B. mit der gemeinsamen Arbeit am Qualifikationsrahmen ein Schritt aufeinander zu gemacht. Wie bei der Entwicklung des gemeinsamen europäi- schen Marktes, der Arbeitnehmerfreizügigkeit, haben wir es mit langfristigen Prozessen zu tun. Die stete Zusammenarbeit kann aber bereits jetzt unseren Blick für die Stärken und Schwächen der anderen Systeme im Umgang

mit Veränderungen erweitern. Fachkräfte wer- den nicht nur bei uns zum kostbaren Gut, der demografische Wandel findet in ganz Europa statt. Für uns als ausbildende Einrichtung wird dabei immer deutlicher, dass bei den Unterneh- men der Schlüssel zum Erfolg liegt. Sie müssen die Besonderheiten handwerklicher Unterneh- men neu definieren und in einem attraktiven Gesamtpaket präsentieren.

Manfred Scholz: Zu unseren Partnern gehört eine Bäckerei in Norditalien. Auszubil- dende kommen hoch motiviert zurück, obwohl man auch dort sehr früh aufstehen muss und die Arbeit schwer ist. Positiv nehmen sie den eher familiären Umgang im Unternehmen wahr. Der Meister sorgt sich um seine Ange- stellten. In diesem Fall kocht er sogar und alle essen gemeinsam. Aber das ist es nicht allein.

In Italien ist der Jugendliche nicht ‚nur’ der Lehrling, sondern von Anbeginn Mitarbeiter und wird als solcher geschätzt und entlohnt.

Das stärkt seine Position und sein Selbstbe-

wusstsein. Davon können wir lernen. Dass ein gutes soziales Klima allein nicht reicht, zeigen die Veränderungen der Nachfolgekultur in Italien. Der Generationswechsel vollzieht sich anders als vor Jahren. Strukturen verändern sich, die Wirtschaftskrise trifft alle, wenn auch unterschiedlich.

Welche Erkenntnisse nehmen Sie für die Arbeit bei der HWK mit?

Dieter Arlt: Wir müssen uns um die fachli- che und die persönliche Reife der Auszubilden- den kümmern. Das ist eine gemeinsame Aufga- be von Jugendlichen, Unternehmen, Schule und Eltern, der wir uns mit unseren Möglichkeiten stellen. Wir versuchen außerdem, die Ausbil- dung durch die transnationale Verbundausbil- dung zu bereichern. In kleinteiliger Arbeit stim- men wir mit den Partnern einzelne Module ab.

Alltagsorientiert geschieht das in Bereichen, die nicht so sprachintensiv sind. Ein Beispiel ist die Fehlersuche in Kraftfahrzeugen. Das Modul kann in der französischen und in der deutschen Autowerkstatt absolviert werden.

In dem transnationalen Projekt haben wir unterschiedliche Unternehmen erreicht, vom Baugewerbe über den Kerzenzieher bis zum Lebensmittelvermarktungsbereich. Sie sind in vielen Gremien vertreten und berichten über ihre Erfahrungen. Die meisten sind nach ihren

‚Praktika‘ im Ausland bereit, nicht nur Lehrlinge auszutauschen, sondern selbst Unternehmer aus anderen Ländern zum Austausch bei sich aufzunehmen. Damit ist aus unserer Sicht eine gute Basis für die nachhaltige Wirkung des Projektes gegeben.

Silvia Schallau, BBJ Consult AG INFoS

Das Projekt wird aus Mitteln des ESF und des Landes gefördert.

Friseurmeisterinnen fachsimpeln über ihr Handwerk (Vicenza, Italien).

Kfz-Ausbilder verstehen sich auch oft ohne Dolmetscher (Caen, Frankreich).

Foto: Handwerkskammer Potsdam

Foto: Handwerkskammer Potsdam

(16)

Europa

Den Weg, den der ESF aus europäischer Sicht voraussichtlich gehen wird, zeichnete Marzenna Guz-Vetter von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland auf.

In ihrem Vortrag betonte sie, dass die EU mit ihrer Kohäsionspolitik ab 2014 die Effizienz der Förderung stärken will. 25 Prozent der Ko- häsionsausgaben sind für den ESF vorgesehen.

ESF (Europäischer Sozialfonds), EFRE (Eu- ropäischer Fonds für regionale Entwicklung), ELER (Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums), EGFL (Europäischer Garantiefonds für die Landwirt- schaft) und EMFF (Europäischer Meeres- und Fischereifonds) werden unter dem Gemein- samen Strategischen Rahmen (GSR) zusam- mengefasst. Grundsätzlich sieht Marzenna Guz-Vetter für Brandenburg in der nächsten ESF-Förderung die Herausforderung darin,

„perspektivisch zu denken und sich an dem demografischen Wandel zu orientieren“.

Bevor sich der Blick in die Zukunft richtet, ist es ratsam, sich auch mit der Gegenwart zu beschäftigen. Dies übernahm Gerald Wagner vom Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung in Halle. Er referierte die Ergebnisse aus der Zwischenbilanz zur Umsetzung des Operationellen Programms des Landes Brandenburg für den ESF. Er verwies auf einen gut fortgeschrittenen Umsetzungs- stand und die ebenfalls gute Ausschöpfung der EU-Mittel.

Spezifisch für Brandenburg sei die Einbindung anderer Fachministerien bei der ESF-Förderung. Obwohl dies zu einer breiten Ausdifferenzierung der Förderlandschaft geführt habe, seien die strategischen Ziele des Operationellen Programms (OP) berücksichtigt.

Brandenburger ESF ab 2014

Bereits in seinem Eröffnungsreferat gab Staatssekretär Prof. Dr. Wolfgang Schroeder die Richtung vor, die der ESF in Brandenburg ab 2014 nehmen will. Er beschrieb die arbeits- politischen Handlungsfelder für Brandenburg im Kontext der Strategie Europa 2020. Auf- grund der EU-Vorgaben, wonach die Operatio-

nellen Programme 70 Prozent ihrer Mittel auf 4 von 18 Förderbereichen konzentrieren sollen, nannte Prof. Dr. Schroeder folgende Heraus- forderungen für Brandenburg:

• Aktive Eingliederung – soziale Eingliede- rung und Bekämpfung der Armut Hiermit soll vor allem die Re-Integration von dem Arbeitsmarkt besonders fernste- henden Arbeitslosen verbessert werden.

• vermeidung von Schulabbrüchen Das erhält Investitionspriorität, da auch präventives Handeln gefragt ist.

• Lebenslanges Lernen

Das behält weiterhin hohe Priorität, weil es für die Wettbewerbsfähigkeit und Fachkräf- tesicherung an Bedeutung gewinnt.

• unterstützung der Selbstständigkeit Damit weiterhin eine solide Unterstützung für die Gründer gewährleistet wird, soll die Brandenburger Erfolgsgeschichte der Grün- dungsförderung, Wege aus der Arbeitslosig- keit aufzuzeigen und weitere Arbeitsplätze zu schaffen, fortgeschrieben werden.

• unterstützung bei der Anpassung der menschen an den Wandel

Hiermit sollen Menschen unterstützt wer- den, die aufgrund der schnellen Prozesse im Wirtschaftsleben ohne ihre Einwirkung in eine existenzbedrohte Lage geraten sind.

Auftakt des Dialoges

Die Jahrestagung bildete den Auftakt des Dialogs zwischen dem Arbeitsministerium und den strategischen Partnern. Er dient der Planung des künftigen ESF-Einsatzes für

Brandenburg (s. Infokasten). Sabine Hübner, Abteilungsleiterin im Arbeitsministerium, lud die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein, sich wie auch in den früheren Förderperioden an thematischen Workshops zu beteiligen. Die Workshops sollen im Frühherbst beginnen, um die Ideen und Anregungen der Akteure und Partner zu berücksichtigen. Ziel ist es, den Entwurf zum OP Ende des Jahres fertigzu-

stellen. (em)

INFoS

• Die Beiträge der Jahrestagung demnächst auf der LASA-Website unter http://tinyurl.com/7nyt53z

• Zur ESF-Jahrestagung werden wir auch in der nächsten Ausgabe ausführlich berichten.

• Siehe auch BRANDaktuell Nr. 6/2011.

Die Tagung wurde aus Mitteln des ESF und des Landes gefördert.

ESF · Europa 2020

ESF-Jahrestagung: Ziele für die neue Förderperiode

Die Richtung, die die Brandenburger Arbeitspolitik mit dem ESF ab 2014 einschlägt, stand im Mittelpunkt der Tagung 2012. Diese fand am 4. Juni in Brandenburg a. d. H. statt und wurde von knapp 300 Teilnehmern besucht.

Dialogrunden

In den Dialogrunden wurden die fünf Umsetzungsprinzipien diskutiert:

• Einbeziehung der Sozialpartner,

• Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern,

• Förderung der Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung,

• Soziale Innovationen,

• Transnationalität.

Auf dem Podium wurden die Ergebnisse der Dialogrunden vorgestellt und diskutiert.

Foto: Göran Gnaudschun (lux fotografen)

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