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Neuseeland: Nase vorn in der Obstzüchtung

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Academic year: 2022

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 15/05

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MARKUSKELLERHALS, AGROSCOPEFAW WÄDENSWIL markus.kellerhals@faw.admin.ch

H

ort Research (www.hortresearch.co.nz), das Hor- ticulture and Food Research Institute of New Zea- land Ltd., beschäftigt rund 500 Mitarbeitende an ver- schiedenen Stationen in Neuseeland. Das Institut be- steht in dieser Form seit 1992 und gehört dem neu- seeländischen Staat. Knapp die Hälfte des Budgets stammt aus privaten Quellen, die restlichen Mittel kommen von staatlicher Seite.

Den grössten Teil meines Aufenthalts verbrachte ich im Apfel- und Birnenzüchtungsprogramm in Ha- velock North in der Hawkes Bay im Osten der Nord- insel. Dort arbeiten rund fünfzig Personen mit den Themen Obstzüchtung, -anbau und Pflanzenschutz.

Seit vier Jahren stehen neue, grosszügige und funk- tionelle Gebäude mit Büro- und Laborarbeitsplätzen

und umfangreiche Versuchsflächen zur Verfügung.

Daneben besuchte ich die HortResearch Stationen in Palmerston North, in Motueka bei Nelson und in Auckland (Abb. 1). In Auckland befindet sich der Hauptsitz von HortResearch.

Apfelzüchtung

Der Apfel spielt in der neuseeländischen Obstproduk- tion eine wichtige Rolle, doch steht er seit Ende der 90er- Jahre wirtschaftlich gesehen hinter den Kiwis.

In der Apfelzüchtung wird rund die Hälfte der Kreu- zungen auf Resistenz gegen Krankheiten und Schäd- linge ausgerichtet. Faszinierend ist, dass Aspekte wie spezielle ernährungsphysiologisch wichtige Inhalts- stoffe oder die Rotfleischigkeit einbezogen werden.

Es stehen Mittel zur Entwicklung rotfleischiger Zucht- linien und entsprechender molekularer Marker zur Verfügung. Vergleichbar mit der FAW erfolgt die Se- lektion bei der Apfelzüchtung in drei Stufen:

Stufe 1: Sämlingsbeurteilung auf eigener Wurzel, in Zukunft voraussichtlich auf M9 oder M27.

Stufe 2: Prüfung auf der Unterlage MM106, zwei bis zehn Bäume, aufgeteilt in Hawkes Bay und Nelson.

Stufe 3: Prüfung auf M9: zwanzig Bäume, drei Standorte. Diese Stufe wird von den Nachernte- und Physiologie-Spezialisten betreut.

Zusätzlich gibt es kommerzielle Versuche, die früher durch die Exportfirma Enza (www.enza.co.nz) und jetzt durch die neue Marketingfirma Prevar orga- nisiert werden. In Zukunft sollen vermehrt Obstarten und –sorten für spezifische Bedürfnisse und Märkte entwickelt werden. Detailuntersuchungen zum opti- malen Erntezeitpunkt und zum Nachernteverhalten werden erst bei Neuheiten gemacht, die kommerziell lanciert werden wie JazzTM(Abb. 2).

OBSTBAU

Neuseeland: Nase vorn in der Obstzüchtung

Neuseeland spielt in der Züchtung und Markteinführung von Obstneuheiten eine wichtige Rolle.

Als Exportland muss dieses ferne Land der Südhemisphäre immer versuchen, die Nase vorn zu haben. Erfolgreich positioniert wurden Kiwi und Apfelsorten wie Gala, Braeburn und neuerdings

«Jazz

TM

». Neuseeland ist in der Obstzüchtung und im Marketing ein Global Player. Während ei- nes Studienaufenthalts im Februar 2005 bei HortResearch konnte der Autor die neuseeländi- sche Obstzüchtung hautnah miterleben. Agroscope FAW Wädenswil pflegt schon seit zwanzig Jahren Kontakte mit den neuseeländischen Züchtern.

Auckland, Mt Albert

Motueka, Nelson Region

Palmerston North Havelock North, Hawkes Bay

Abb. 1: Ausgewählte Standorte des Insti- tuts «HortResearch»

in Neuseeland.

Fakten zur Apfelwirtschaft in Neuseeland

Im Jahr 2004 wurden Tafeläpfel im Wert von 485 Mio. NZ-$

(1 NZ-$ = 0.90 Fr.) in 60 Länder exportiert (zum Vergleich: Kiwi:

659 Mio. NZ-$).

67% der Exporte gingen in die EU, 20% nach Nordamerika und 11% nach Asien.

Der durchschnittliche Apfelertrag betrug 2004 42.4 t/ha auf einer Fläche von 12 150 ha (1994: 15 300 ha).

Die Zahl der Obstproduzenten beträgt 917 (1994: 1600).

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 15/05 9 Im Bereich der Schorf- und Mehltauresistenz wer-

den umfassende und auch grundlegende Arbeiten durchgeführt. So wird momentan vor allem die Gene- tik der Vr-Schorfresistenz untersucht, die auf den Russian Seedling R 12740-7A zurückgeht. Die Vr-Resis- tenz wird in verschiedenen Züchtungsprogrammen, so auch in Wädenswil und Dresden, gerne als Alterna- tive und Ergänzung zur Vf-Resistenz verwendet. Das Ziel besteht darin, neue Sorten zu züchten, die mehre- re Resistenzen kombiniert gegen die gleiche Pilzkrank- heit aufweisen, wie zum Beispiel Vf und Vr-Resistenz gegen Schorf. Als Russian Seedling R 12740-7A wurde ein Apfelsämling in den USA benannt, der aus Saatgut von Leningrad im Jahr 1937 herangezogen wurde. Der Ursprung dieses russischen Sämlings dürfte im nördli- chen Kaukasus liegen. Nun hat sich gezeigt, dass der Russian Seedling selbst mehrere verschiedene Resis- tenzgene enthalten dürfte.

Der Feuerbrand ist auch in Neuseeland ein wichti- ges Thema. Probleme bietet er einerseits in der Pro- duktion, aber auch im Export von Früchten. Gewisse Länder oder Regionen wie Australien und Kalifornien verbieten den Apfelimport aus Neuseeland aus phyto- sanitarischen Gründen wegen des Feuerbrands. Zum Auffinden feuerbrandresistenter Sämlinge werden in der Apfelzüchtung die jungen Pflanzen spezieller Kreuzungen im Gewächshaus mit Feuerbrand infi- ziert. Jährlich werden zusätzlich rund zwanzig bis dreissig fortgeschrittene Zuchtnummern auf Feuer- brandanfälligkeit geprüft. Auch die natürliche Selekti- on im Feld ist möglich.

In Neuseeland wird schon seit längerer Zeit an der Verbreiterung der genetischen Basis in der Apfelzüch- tung gearbeitet. 520 Nachkommenschaften aus den USA, Europa, Australien, Asien und Südafrika sind vor rund 15 Jahren gesammelt worden, um die genetische Basis im neuseeländischen Zuchtprogramm zu vergrös- sern. Man spricht von rekurrenter, also wiederkehren- der Selektion. Im ersten Selektionszyklus war das Ziel die Verbesserung des Populationsmittels. Die Verer- bung bestimmter Eigenschaften wird ebenfalls unter- sucht. Die Selektion erfolgt anhand von Fruchtqualität, Baumeigenschaften sowie Krankheits- und Schädlings-

befall. Interessantes Zuchtmaterial fliesst dann in den kommerziellen Züchtungsteil ein. Man darf also ge- spannt sein auf den exotischen Geschmacksmix künfti- ger neuseeländischer Sortenneuheiten.

Molekulare Züchtung

In Palmerston North arbeitet das Team von Sue Gar- diner bei Hort Research in der molekularen Züch- tung eng zusammen mit den Züchtern von Havelock North. Eindrücklich ist ein neuartiges, sehr leis- tungsfähiges Gerät zur DNA-Extraktion. Das Gerät kann vollautomatisch über Nacht laufen gelassen werden und in zwölf Stunden über 1000 Proben ex- trahieren. Neben den bekannten Resistenzgenen ge- gen Schorf und Mehltau beim Apfel werden auch Gene kartiert, die mit der Wuchsstärke, roten Fleischfarbe, Stippe oder den Geschmackskompo- nenten korrelieren.

Sortenmarketing

Neuseeland ist bekannt für erfolgreiches Obstsorten- Marketing. Letztes Jahr wurde ein Joint Venture zur weltweiten Markteinführung der neuseeländischen Apfel- und Birnenzüchtungen gestartet. Die Gesell- schaft «Prevar» verkauft entsprechende Lizenzen. Ein wichtiger Partner ist die AIGN (Associated Internatio- nal Group of Nurseries, www.aign.org), ein interna- tionaler Zusammenschluss bedeutender Obstbaum- schulen. Die neuseeländische und australische Pro- duktion darf durch die Gesellschaft nicht geschädigt werden. Beim Joint Venture Partner «Pipfruit New Zealand» sind die neuseeländischen Produzenten und der Handel vertreten. Auch die australische Produzen- tenorganisation APAL ist bei Prevar beteiligt. Das Joint Venture bedingt eine streng eingegrenzte clubartige Sortenlancierung, damit die erwarteten finanziellen Mittel eingespielt werden können.

Die Finanzierung der Kernobstzüchtung von Hort Research erfolgt zur Hälfte privat und dabei künftig massgeblich durch Prevar und zur anderen Hälfte durch den Staat. Dieser berappt vor allem die Grund- lagenforschung. HortResearch arbeitet zusammen mit Programmen in verschiedenen Klima- und An- baugebieten der Erde, so zum Beispiel mit den USA und Spanien.

OBSTBAU

Abb. 2: Die Früchte von JazzTM, einer Kreuzung von Gala ҂Brae- burn sind sehr knackig und aromatisch. JazzTMwird nach stren- gem Clubkonzept weltweit lanciert.

Abb. 3: Die Birnen- züchter von HortRe- search begutachten die Qualität fortge- schrittener Zucht- nummern.

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Neuartige Birnen entwickeln

Bei der Birnenzüchtung werden in Neuseeland neuarti- ge Fruchttypen mit frühem Ertragseintritt gesucht.

Beachtenswert sind die interspezifischen Kreuzungen zwischen europäischen und asiatischen beziehungs- weise chinesischen Birnen. Das Ziel besteht darin, neue Birnen zu züchten, die eine knackig-saftige Fleischbe- schaffenheit möglichst lange behalten, also nicht nachgereift werden müssen wie europäische Birnen (Abb. 3). Und natürlich sollen sie besser schmecken als die eher faden Nashi. Die zweite Generation mit chine- sischen Typen scheint ebenfalls interessant, sie weist pfirsich-melonenartigen Geschmack auf.

Baumschulen

Die Baumschulen in Neuseeland sind gezwungener- massen auf das Inseldasein Neuseelands ausgerichtet.

Es gibt kaum Exportmöglichkeiten für Bäume, aber auch keinen Importdruck. Die Grenzkontrollen für Pflanzen und Tiere sind extrem scharf. Die neuseelän- dischen Baumschulen müssen deshalb am Puls der Ent- wicklung bleiben und gute internationale Kontakte pflegen. Waimea ist die grösste Baumschule in Neusee- land und liegt ausserhalb von Nelson im Norden der Südinsel. Sie ist im Netzwerk INN integriert (www.

nurserynet.com), mit dem auch die FAW über die Ver- marktungsfirma VariCom (www.varicom.org) Verbin- dungen unterhält. Diese Baumschule arbeitet vor allem mit für den neuseeländischen Anbau schwachen Un- terlagen, bei M9 etwa 50% Pajam 2, Pajam 1 und T337 sowie zu 50% mit M9 aus Neuseeland (DSIR). In der Pra- xis sind noch sehr viele Anlagen auf der starken Unter- lage MM106 vorhanden. Die fortschrittlichen Baum- schulen sind deshalb gefordert, Überzeugungsarbeit zu

leisten, um den Wechsel auf schwächere Unterlagen voranzubringen. In der Obstanlage stehen sehr schöne JazzTMund Tentation®auf M9.

Kiwi-Züchtung

Die Kiwi-Frucht hat in Neuseeland eine grosse wirt- schaftliche Bedeutung, die diejenige des Apfels inzwi- schen sogar übersteigt (Abb. 4). Beträchtliche Lizenz- einnahmen stehen deshalb auch für die Kiwi-Züchtung bei HortResearch zur Verfügung. In der Kiwi-Züchtung von HortResearch in Auckland sind total zwanzig Per- sonen tätig, davon acht bis neun Wissenschafter. Sie arbeiten mit verschiedenen Kiwi-Arten. Es gibt total fünfzig bis siebzig Kiwi-Arten. HortResearch hat etwa zwanzig davon in der Sammlung aus China, Indien, und anderen Regionen. Die Zuchtnummer Hort 16A ist die gelbfleischige und erfolgreiche «Kiwi Gold».

Bei kleinfruchtigen Arten werden Colchizinbe- handlungen gemacht, um den Chromosomensatz zu verdoppeln; das ergibt tetraploide Formen mit grös- seren Früchten. Das Phänomen kennen wir von den triploiden Apfelsorten wie Boskoop, Jonagold und Gravensteiner, die oft auch grössere Früchte und stär- keren Wuchs aufweisen als die diploiden Sorten wie Golden Delicious oder Gala.

Folgende Zuchtziele werden bei den Kiwi angepeilt:

verbesserte grüne Sorten mit mehr Zucker (Ersatz für Hayward, die dann lizenziert werden könnte)

neue gelbe Sorte ohne «Krönchen»

gelbe Sorte mit rotem Kernteil

unbehaarte und neuartige Sorten

Kiwi Gold hat dem neuseeländischen Kiwi-Anbau wieder Auftrieb gegeben. Sie bringt gute Erträge und hat einen frühen Ertragseintritt. Die Vermarktung er- folgt über die Firma Zespri, an der die Produzenten als Aktionäre beteiligt sind.

Schlussfolgerungen

Die Obstzüchtungsprogramme von HortResearch in Neuseeland haben weltweite Ausstrahlung und sind stark vernetzt. Die personellen und finanziellen Res- sourcen in den Züchtungsprogrammen sind be- trächtlich. Die Freude und das Interesse an der Viel- falt von Formen, Farben und Geschmackstypen ist be- eindruckend. Die Strukturen in der Forschung, im Anbau und im Handel sind von globalem Denken und Innovationsgeist geprägt.

OBSTBAU

Nouvelle-Zélande: une longueur d’avance dans la sélection de fruits

La Nouvelle-Zélande joue un rôle très actif dans la sélection de nouvelles variétés de fruits et leur com- mercialisation à l’échelle mondiale. Les leaders, en termes d’importance économique, sont le kiwi et la pomme. Pour toutes les espèces de fruits, on joue sur tous les registres de la diversité génétique, puisant à cet effet dans les ressources génétiques de tous les continents. Les efforts de la recherche visent à créer des nouvelles formes, des nouvelles colorations de la chair, des qualités gustatives inédites ou encore, des variétés présentant une utilité supplémentaire dans le domaine de la physio- logie alimentaire ou sanitaire. Pour les pommes, on cherche en outre à obtenir une meilleure résis- tance contre la tavelure, l’oïdium, le feu bactérien et les ravageurs. Pour le lancement sur le marché de nouvelles variétés de fruits, la Nouvelle-Zélande fait appel à des réseaux globaux.

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ÉSUMÉ

Abb. 4: Innovative Produkte spielen für den Exporterfolg von Neuseeland eine wichtige Rolle. Die Palette der Kiwis in verschiedenen Far- ben und Präsentatio- nen ist eine Heraus- forderung.

Referenzen

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