A 518 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 12|
21. März 2014KARL LAGERFELD
Ein Gesamtkunstwerk
Eine Essener Ausstellung lässt den Besucher an den literarischen und kunstgeschichtlichen Leidenschaften des Modezaren teilhaben.
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eder kennt ihn als deutschen Modezar, der in Paris Weltkar- riere gemacht hat, als gerngesehe- nen, eloquenten Gast in Talkshows, neuerdings sogar als Steiff-Figur zum Knuddeln. Zudem sucht er die Präsenz im Internet, wo er viel von sich preisgibt, doch letztlich umgibt ihn eine Zone der Distanz. Er selbst hat in einem Interview einmal ge- sagt: „Zwischen mir und dem Rest der Welt steht eine Glaswand.“ Die- ser Ausspruch erinnert an die Klage des großen Schweizer Malers Felix Vallotton: „Lebenslang bin ich der gewesen, der hinter einer Glas- scheibe steht und zuschaut, wie draußen gelebt wird und nicht mit dabei ist.“ Doch Karl Lagerfeld hat offensichtlich zeitlebens bewusst diese Aura der geheimnisumwitter- ten Distanz gesucht, wenn nicht gar inszeniert. Entsprechend groß war das Medieninteresse bei der Presse- konferenz zur Ausstellung „Karl Lagerfeld. Parallele Gegensätze.Fotografie – Buchkunst – Mode“
im Museum Folkwang Essen, viel- leicht, weil mancher gehofft hatte, einen Blick hinter die Fassade des Meisters zu erhaschen.
Einen Überblick über die schier unglaubliche Bandbreite der Inter - essen und Fähigkeiten Karl Lager- felds erhielt man allerdings am ehesten beim Rundgang durch die eindrucksvolle Ausstellung und nicht beim Besuch der Pressekonfe- renz, auf der KL routiniert, und durchaus uneitel, seine Statements abgab und die üblichen belanglosen Fragen beantwortete. Die Ausstel- lung hingegen ist nach den Plänen von KL wie ein Gesamtkunstwerk konzipiert und lässt den Besucher teilhaben an seinen literarischen und kunstgeschichtlichen Leiden- schaften und seinem allgemeinen Interesse am Gegenüber. Nicht von ungefähr ist die Fotografie als ers- tes neben Buchkunst und Mode im Ausstellungstitel aufgeführt, und die kongenialen fotografischen Adapta- tionen zum Werk von Anselm Feu- erbach, Edward Hopper und Lyonel Feininger bestätigen seinen Rang auf diesem Gebiet. Ein weiteres Meisterwerk ist der Fotozyklus nach Oscar Wildes „A Portrait of Dorian Gray“. Wer denkt dabei nicht an den scheinbar niemals al- ternden Meister selbst?
Die Zeichenkunst spielte von Anfang an eine herausragende Rol- le im Schaffen von KL. Als Jugend- licher gewann er 1954 mit dem Ent- wurf eines Wollmantels einen inter- nationalen Wettbewerb und begann danach als Assistent von Pierre Bal- main, Paris, in der Modebranche zu arbeiten. Seitdem sind Zeichnungen bis zum heutigen Tage Vorausset- zung für Karl Lagerfelds Entwürfe, und sieben aktuelle Modezeichnun- gen für die Haute-Couture-Kollek- tion von Chanel FW 2013/14 sind eines der Highlights der Ausstellung, ebenso wie die Nachstellung der aufwendigen Modepräsentationen im Grand Palais in Paris, mal in ei- ner extra gebauten Theaterruine, mal als Catwalk zwischen rotieren- den Windrädern.
Ein unbedingtes Muss ist der in bekannt opulenter Weise vom Steidl Verlag, Göttingen, herausge- gebene Katalog zur Ausstellung, (320 Seiten, 18 Euro), in dem man vieles nachlesen kann, was einem in der überwältigenden Fülle der Ausstellung entgangen ist. Die Aus- stellung läuft bis zum 11. Mai.
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Dr. med. Helmut Jaeschke Karl Lagerfeld in
seinem Pariser Arbeitszimmer, das für die Ausstellung im Mu seum Folk- wang nachgebaut
wurde
Foto: Helmut Jaeschke