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Archiv "AIDS-Forschung: Wissenschaft und Geschäft" (19.03.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

U

nter dem Mantel hoch- wissenschaftlicher Auf- sätze in hochangesehe- nen Zeitschriften kämpfen an- gesehene Virologen immer noch mit harten Bandagen. Zunächst ging der Streit darum, wer den ersten AIDS-Virus entdeckt hat:

die Gruppe Montagnier vom Pa- riser Pasteur-Institut oder die Gruppe Gallo vom US National Cancer Institute. Nun, die Fran- zosen waren die ersten. Anfäng- lich hatte es so ausgesehen, als würde der amerikanische Go- liath, wohlerfahren im interna- tionalen, amerikanisch domi- nierten Wissenschaftsbetrieb, über den eher dilettantisch agie- renden David aus Paris obsiegen.

Wie der Wettstreit lief und bis heute läuft — inzwischen wur- de ein weiterer AIDS-Virus ent- deckt — das wird in diesem Heft, einige Seiten weiter wohlabge- wogen geschildert. Anderswo waren härtere Urteile zu hören.

„Le Monde": die Pasteur-Leu- te hätten sich von den Gallo- Leuten aufs Kreuz legen lassen;

AIDS-Forschung

Wissenschaft und Geschäft

„Nature": die Amerikaner hät- ten sich die französische Ent- wicklung in einem Piratenakt angeeignet.

Forscher-Ehrgeiz, National- Prestige und geschäftliche Er- wartungen spielen hier ineinan- der. So haben es die Amerika- ner verstanden, ihren AIDS- Test in den USA durchzudrük- ken , obwohl die Franzosen das Patent für ihren Test ein halbes Jahr vorher beantragt hatten.

Inzwischen haben die Pasteur- Leute in den USA zwar gericht- lich erwirkt, daß ihr AIDS-Test auch in den USA verkauft wer- den kann. Doch die Entwick- lung ist schon darüber hinweg- gegangen. Denn in Kürze soll der AIDS-Test der zweiten Ge-

neration kommen. Soeben ein- geführt wird ein Therapeuti- kum, das die Virusvermehrung hemmen soll. Entwickelt wer- den Impfstoffe. Der eigentliche Durchbruch steht aus. Die Bör- se indes hat „AIDS" entdeckt.

Aktienanalysten klopfen die Pharmafirmen auf AIDS-trächti- ge Entwicklungen ab. Goldman Sachs, New York, etwa schätzt die Umsatzentwicklung wie folgt ein (in Millionen Dollar).

1989 1992 Diagnostika 150 200 Therapeutika 300 600

Vakzine 360

Ob das wirklich so kommt — alles ist offen. Das Spektakel aber, das Forscher und Ge- schäftsleute bieten, hatte ein Gutes: Forscher-Ehrgeiz und Gewinnerwartung haben die AIDS-Forschung rapide voran- gebracht. Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sondern auch die Phantasie von Wissen- schaftlern. Für Normalbürger bleibt dreierlei: Warten, Vor- sorge und Gelassenheit. NJ

S

eit 1981 geht die Zahl der Arzneiverordnungen der Kassenärzte zurück: da- mals 771 Millionen, 1985 nur noch 650 Millionen. Gleichwohl steigt der Umsatz von 13,8 Mil- liarden im Jahr 1981 auf 16,9 Milliarden im Jahr 1985.

Als die wesentlichen Ursa- chen der insgesamt gestiegenen Arzneimittelausgaben für die ambulante kassenärztliche Ver- sorgung gelten Preiserhöhun- gen, Zunahme der verordneten Tagesdosen und die Anwen- dung neuer Arzneimittel.

Diese Angaben wurden bei der Vorstellung des neuesten

„Arzneiverordnungs-Reports"

bekannt. Bei diesem Report werden in Zusammenarbeit von Krankenkassen, Apotheker- und Ärzteschaft die Rezeptblät- ter ausgewertet.

Die Auswertung der Re- zeptblätter deckt erhebliche Be- wegungen am Markt auf. Der Heidelberger Pharmakologe Ul- rich Schwabe faßt zusammen:

Arzneiverordnung

Tägliche Praxis und reine Lehre

zugenommen hat die Verord- nung von Antiarrhythmika, Be- tarezeptorenblockern, Calcium- Antagonisten , Sexualhormo- nen, Expektorantien und durch- blutungsfördernden Mitteln; ab- genommen hat die Verordnung vor allem von Herzmitteln, Psy- chopharmaka, Antidiabetika, blutdrucksenkenden Mitteln, Schmerzmitteln und Magen- Darm-Mitteln.

Insgesamt zeigt sich, daß die Kassenärzte nicht leichthin verordnen, sondern auch ge- sundheitspolitische Trends und Änderungen in der wissen- schaftlichen Auffassung berück- sichtigen. Um so auffallender ist es daher, daß die verordnenden

Ärzte nach wie vor eine große Vorliebe für einige Medikamen- tengruppen haben, von denen die Pharmakologen wenig hal- ten: durchblutungsfördernde Mittel, Venenmittel. Expekto- rantien, Koronardilatatoren, Lebertherapeutika.

Sind demnach die Kassen- ärzte immer noch unaufgeklärt (wie behauptet wurde) oder ver- ordnen sie, unbelehrbar von der hehren Wissenschaft, schlicht- weg Unsinn — immerhin für 3,4 Milliarden DM. Einiges spricht dafür, daß die Erfahrungen der Ärzte aus der täglichen Praxis nicht immer übereinstimmen mit der reinen wissenschaft- lichen Lehre. Schon deshalb sollten die Erkenntnisse und die Bedürfnisse der Praxis stärker in den „Arzneiverordnungs-Re- port" eingehen, sprich: nicht al- lein Pharmakologen (und Ko- stendämpfungsstrategen) son- dern auch praktizierende Kas- senärzte müßten zu Rate gezo- gen werden. NJ

Dt. Ärztebl. 84, Heft 12, 19. März 1987 (1) A-689

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