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Archiv "Ironie oder Schicksal" (17.08.2001)

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Allgemeinärzte

Ja zur Hausarzt- Philosophie

Für den BDA bleibt der

Allgemeinmediziner der wahre Hausarzt. Im Streit mit den Internisten ist kein Ende in Sicht.

D

ie Fronten sind verhärtet. Zu groß ist der Zorn des Berufsverbandes der Allgemeinärzte Deutschlands (BDA) über den Vorstoß des Berufs- verbandes Deutscher Internisten, mit dem dieser die gesetzlich vorgesehene Trennung in eine hausärztliche und eine fachärztliche Versorgung infrage stell- te. Der BDA-Vorsitzende, Prof. Dr.

med. Klaus-Dieter Kossow, nutzte ein Pressegespräch am 31. Juli in Berlin, um erneut zu betonen: „Es gibt kein Ende der Hausarztphilosophie.“ Zum einen seien Allgemeinärzte fachlich nicht weniger qualifiziert als Speziali- sten. „Das können wir empirisch nach- weisen“, so Kossow. Zum anderen ver- langten die knappen Mittel im Gesund- heitswesen, dass die Patienten jeweils auf der Ebene behandelt würden, die am kostengünstigsten sei. Am Hausarzt als „Lotsen“ durch das System führt deshalb nach Ansicht des BDA-Vor- sitzenden kein Weg vorbei. Am Ende der Überlegungen steht dabei ein zwei- stufiges Versorgungsmodell, in dem nur noch Hausärzte und Subspeziali- sten Platz finden. Das funktioniere bei der Patientenführung reibungsloser als das derzeitige dreistufige Modell mit Hausärzten, allgemeinen Internisten und Subspezialisten.

Nachwuchsmangel

Den Beleg für die Praktikabilität seiner

„Hausarztphilosophie“ findet Kossow bei den europäischen Nachbarn. Pri- märarztmodelle seien in vielen EU-Staa- ten ein grundlegendes Element der Ge- sundheitssysteme. Dort lägen die Kosten wesentlich niedriger als in Deutschland, gleichzeitig wiesen sie eine günstigere P O L I T I K

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A2074 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 33½½½½17. August 2001

2.30 Uhr auf der Intensivstation.

Der 93-jährige Herr C. ist gerade ge- storben. Ich quäle mich mit der Kausal- kette für seinen Leichenschauschein, die bei „natürlichem Tod“ aufzuschrei- ben ist. Was war noch mal?

Vor drei Wochen kam er mit Luft- not und kardialer Dekompensation bei bekannten Kammervitien ins Kran- kenhaus. Dem Verlegungsbericht ist zu entnehmen, dass er schwierig zu bessern war. Zusätzlich wurde noch eine rektale Blutung entdeckt, die sich als Sigmakarzinom entpuppte.

Kurz darauf wurde der Darm rese- ziert. Der Patient

konnte doch allen Skeptikern zum Trotz von der In- tensivstation auf die Normalstation verlegt werden.

Vor drei Tagen musste er mit ähn- licher Symptoma- tik erneut aufge- nommen werden.

Diesmal war er allerdings beat- mungspflichtig. Da er seit gestern sta- bil war, wieder eine gute Lungenfunk- tion hatte und das Lungenödem aus-

geschwemmt war, hätte er morgen ex- tubiert werden sollen. Dann wäre auch die 96-Stunden-Frist der Beatmung ab- gelaufen, und das bringt mehr Geld.

Aber plötzlich wurde er bradykard, entwickelte eine Asystolie und war tot.

Warum nur?

Was schreibe ich in der Kausalket- te? – Früher gab es die Diagnose „Al- tersschwäche“. Das habe ich schon lan- ge nicht mehr gehört. Die gibt es wohl heute nicht mehr. Aber er kann doch nicht einfach so wegsterben, im Kran- kenhaus, und noch dazu auf der Inten- sivstation! Ziemlich kachektisch war er schon. Aber es ging ihm doch schon besser. Er ist vor dem Krankenhaus- aufenthalt noch aufgestanden, und man konnte sich mit ihm unterhalten.

Irgendwo in mir kommt aber auch ein beruhigender Gedanke auf. Wir sind nicht immer Herrscher über Le- ben und Tod. Es gibt auch andere

Einflüsse, denen wir uns nicht be- mächtigen können. Er ist gestorben, weil sein Leben vorbei war. Aber was ist in den letzten drei Wochen ge- schehen? Krankenhaus, Intensivstati- on, Operation, Intensivstation. Herr C.

hat unser Team ganz schön auf Trab gehalten.

Aber das ist gerade der Diskussions- punkt. Die Kranken sichern seit jeher unseren Arbeitsplatz. Im PJ war ich von einem Assistenzarzt begeistert, der so gut therapiert hatte, dass er acht Patienten vor dem Wochenende ent- lassen konnte. Mir ist die Standpauke

seines Chefs wegen acht

leerer Betten am Wochenende aber auch noch gut in Erinnerung geblie- ben.

Wenn wir das Prinzip weiterverfol- gen, dass die Krankheit unsere Da- seinsberechtigung ist, verstehen wir auch das Prinzip der Diagnosis Related Groups: viel krank, viel Leistung, viel Geld. Dies bedeutet: Wir müssen Pati- enten noch gründlicher untersuchen.

Bei verschiedenen Erkrankungen dürf- te es kein Problem sein, mehrere Ne- bendiagnosen zu finden. Weiterhin hel- fen uns auch die Normwerte in der Me- dizin. Setzen wir den Referenzbereich des Blutdrucks um fünf bis zehn mmHg oder den des Blutzuckers um einige mg Prozent herunter, eröffnet sich ein riesi- ges Patientenkollektiv mit Millionen- umsätzen. So wird es zumindest pro- phezeit. Dr. med. Irene Knoechel-Schiffer

GLOSSE

Zeichnung: Ralf Brunner

Wieso???

Ironie oder

Schicksal

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Lebenserwartung und bessere Morbi- ditätsparameter auf.

Tatsächlich bedroht derzeit jedoch der Mangel an Nachwuchs das gesetz- lich verankerte Ziel, ab 2006 frei wer- dende Hausarztpraxen nur noch mit Allgemeinärzten zu besetzen – und das trotz kräftiger Finanzspritzen der Kran- kenkassen und Kassenärztlichen Verei- nigungen im Rahmen des Initiativpro- gramms zur Förderung der Allgemein- medizin. Kossow gibt die Schuld an der Misere den Krankenhäusern. Diese sei- en nur daran interessiert, den eigenen internistischen Nachwuchs weiterzubil- den. Dieses Problem sähe er gerne im Rahmen der Novelle zur (Muster-)Wei- terbildungsordnung gelöst. „Im statio- nären Sektor brauchen wir eine gemein- same Basisweiterbildung.“

„Gate-Keeper-System“

Positiv bewertet der BDA die Disease- Management-Programme, die im Rah- men der Reform des Risikostrukturaus- gleichs aufgelegt werden sollen. „Alle Vertragsformen sind möglich. In allen Fällen sind Hausärzte dabei“, erklärte Kossow. „Wenn die Programme im Gate- Keeper-System funktionieren, kann das zu einer guten Versorgung führen.“ Di- sease-Management als ein Schritt auf dem Weg zum „Primärarzt-System“?

Die Skepsis der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung teilen die Hausärzte je- denfalls nicht. Diese hatte dagegen pro- testiert, dass allein die Krankenkassen für die Qualität der Programme verant- wortlich sind. „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Programme unter Kassenre- gie funktionieren, ist sehr hoch“, sagte Kossow. Die Kassen trügen allein die finanzielle Verantwortung und müssten daher auch allein mit den Folgen zu- recht kommen.

Ohnehin zeigte sich der BDA im Großen und Ganzen zufrieden mit der Politik von Bundesgesundheitsministe- rin Ulla Schmidt. Zu deren Überlegun- gen, einen Hausarzttarif in der Ge- setzlichen Krankenversicherung einzu- führen, sagte Kossow: „Sie hat bisher alle Zusagen uns gegenüber erfüllt.“

Zumindest in diesem Punkt dürfte der Verband zurzeit eine Außenseiterposi- tion vertreten. Heike Korzilius

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 33½½½½17. August 2001 AA2075

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ie Inhalte des Qualitätsbegriffs im Gesundheitswesen haben sich in den letzten Jahren stark geändert.

Von einer lieb gewordenen Selbstzufrie- denheit heißt es Abschied zu nehmen.

Nicht zuletzt durch die gesetzlichen Vor- gaben, die bei jeder Novellierung des Sozialgesetzbuches V seit 1987 verschärft worden sind, hat die Ärzteschaft seit 1993 alles daran gesetzt, das Qualitäts- management aktiv zu gestalten.

Es gab auch Rückschläge. So ist es unverständlich, dass die Qualitätssiche- rung im Gesundheitsreformgesetz 2000 von der Selbstverwaltung auf monströse Bundesausschüsse übertragen wird, die den Krankenkassen und damit der Po- litik eine Macht zugestehen, die dem Qualitätsgedanken abträglich ist. Es ist mehr als fraglich, ob die erforderliche Neutralität ge-

wahrt bleibt.

Die Ärzte- schaft kann das Problem zum Nutzen der Pa- tienten selbst lösen. Dies be-

weist die IGES-Studie (Institut für Ge- sundheits- und Sozialforschung GmbH, Berlin), die die Kassenärztliche Ver- einigung Berlin in Auftrag gegeben hatte.

Sie bezeugt eindeutig diesen Nutzen, übrigens von den Krankenkassen in Ber- lin begleitet und unwidersprochen ak- zeptiert. Es wird eine qualifizierte, nach- prüfbare ärztliche Tätigkeit im vertrags- ärztlichen Sektor nachgewiesen. Diese wird als Auswirkung der Arbeit ärztli- cher Qualitätszirkel eindeutig belegt.

Welche brisante, und von Kritikern nicht gern gehörte Auswirkungen die IGES-Studie ferner hat, belegt die Aus- sage von Gerhard Brenner, Geschäfts- führer des Zentralinstituts für die kas- senärztliche Versorgung, das Hamster- rad führe nicht in dem Maße zu der oft- mals in der veröffentlichen Meinung dargestellten Kostensteigerung.

Zur Bezahlung dieser Leistungs- und Qualitätsverbesserung erklärte der ZI- Experte: „Wir können den Kranken- kassen nachweisen, dass sie 1,6 Milliar- den DM zu wenig an die Ärzte gezahlt haben.“

Die Studie belegt, dass eine Verbes- serung der gesundheitlichen Versor-

gung der Bevölkerung möglich ist und dass die Rechnung bisher die Ver- tragsärzteschaft bezahlt hat. Sie be- schreibt ferner, dass der Erfolg den Qualitätszirkeln und ihrer ergebnisori- entierten Arbeit zuzurechnen ist.

Gerade zum richtigen Zeitpunkt ha- ben sich die Qualitätsnormen weiterent- wickelt und wurden den Erfordernissen besonders auch im Dienstleistungssek- tor angepasst. Seit Anfang 2001 gibt es eine aktualisierte Version der interna- tionalen Normen, nämlich die DIN EN ISO 9001:2000. Ihr Vorteil ist es, dass sie die bisherigen Zertifizierungsnor- men zusammenfasst und dem Betriebs- ablauf angepasst hat, was die Anpassung an kleinere Betriebe erleichtert.

Ihr prozessorientierter Aufbau im- pliziert die Einbindung aller Mitar- beiter und will sie motivieren, einen kontinu- ierlichen Ver- besserungs- prozess zu er- möglichen. In der Umsetzung wird die tägliche Arbeit transparent, den Mitarbeitern verständlicher, da sie verantwortlich einbezogen werden; sie bringt eine Abkehr von der Alltags- routine, die zum Einschleichen von Fehlern verführt.

Ein modernes Qualitätsmanagement- system macht die Arbeit nachvollzieh- bar und ermöglicht einen leichteren Vergleich mit Mitbewerbern (Bench- marking). Die Frage „Wo stehe ich im Bezug zu meinen Kollegen?“ gewinnt in der Marketingstrategie ständig an Bedeutung.

Ein Managementsystem, das diese Norm und letztlich eine Zertifizie- rung durch einen neutralen Zertifizie- rer zum Ziel hat, ist eine der wichtigen Konsequenzen aus der IGES-Studie.

Die Ärzteschaft muss sich bewusst sein, dass täglich gelieferte medizinische Qualitätsleistung, trotz aller Erfolge, im- mer wieder verbesserungsfähig ist. Das fordert die Politik, das fordern die Kas- sen, und das fordert nicht zuletzt und ganz zu Recht der Patient. Die Ärzte brauchen ihr Licht nicht unter den Schef- fel zu stellen. Die Ärzteschaft muss nur dokumentieren, dass sie dazu jederzeit in der Lage ist. Dr. med. Frank-E. Skrotzki

Rezepte für mehr Qualität?

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