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P H Y S I K I M A L LTA G

58 Physik Journal 16 (2017) Nr. 10 © 2017 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

S

chlecht geerdete Stromnetze und ungenügend abgeschirmte Kabel waren noch in den 1980er- Jahren der Grund, wenn es im Telefonhörer knisterte und knackte, sobald der Nachbar die Bohrma- schine anschaltete. Zwar treten solche Effekte seit Einführung der Digitaltechnik seltener auf. Aber in einer zunehmend elektrifizierten Welt mit drahtloser Kommuni- kation wird elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) erneut zum Problem. Darunter versteht man die Eigenschaft eines technischen Geräts, andere Geräte nicht durch ungewollte elektrische oder elektro- magnetische Effekte zu stören oder selbst durch andere Geräte gestört zu werden. Während Störungen beim Telefonieren oder eine redu- zierte Bild- und Tonqualität beim Heimkino vor allem ärgerlich sind, haben Probleme mit elektromagne- tischer Verträglichkeit in Betrieben auch wirtschaftliche Folgen. Dort explodiert die Datenkommunika- tion infolge von „Industrie 4.0“.

Gleichzeitig produzieren immer mehr elektrische Verbraucher wie Roboter oder Schweißanlagen hohe Stromim pulse. Damit die Kommuni kations- und Leistungs- kabel elektromagnetisch verträglich bleiben, gilt es, diese sorgfältig ab- zuschirmen und zu erden.

Die Abschirmung eines Kabels wirkt wie ein Faradayscher Käfig – allerdings nur für statische und nie-

derfrequente elektrische Felder. Für entsprechende Magnetfelder bedarf es eines ferromagnetischen Metalls hoher Permeabilität und geringer Remanenz. Solche Materialien sind sehr teuer und kommen nur in Spe- zialanwendungen zum Einsatz.

Für hohe Frequenzen jenseits von 30 Kilohertz wirkt ein Kabel als Antenne, die elektromagnetische Felder als Signale empfangen oder aussenden kann. Dann ist eine möglichst dichte Abschirmung notwendig, die zudem mit dem Erdpotential verbunden wird. Ihre Wirkung beruht auf dem „Skin- effekt“: Ein elektromagnetisches Wechselfeld dringt nur bis zu einer gewissen Tiefe ein, die von der Frequenz abhängt. Im Kilohertz- Bereich reichen dünne Bleche oder metallische Folien aus.

In der Regel besteht die Ab- schirmung aus einer Kombination mehrerer Elemente, um eine mög- lichst breitbandige Wirkung zu erzielen. Die Flechtschirmung ist aus feinen Drähten aufgebaut, die gegenläufig um die strom- oder signalleitenden Adern zu einem Zopfmuster verflochten sind. Die- ses Geflecht ist für Frequenzen von einigen hundert Kilohertz dicht, ab einigen Mega hertz aber quasi durchlässig. Daher kommt eine Folienschirmung hinzu, bei der ein langer Streifen Aluminium folie um den Leiter gewunden wird. So genannte Triaxialkabel gleichen die Schwächen dieser Kombination bei sehr niedrigen Frequenzen durch eine weitere Flechtschirmung mit einem anderen Flechtwinkel aus, d. h. der Winkel zwischen den Ab- schirmdrähten und der Längsachse des Kabels variiert.

Das Aufbringen einer Flecht- schirmung ist eine jahrzehntelang bewährte Technik. Solange ein Ka- bel unbeweglich geradeaus verläuft, funktioniert die Abschirmung bes- tens. Wird das Kabel aber gebogen, zieht sich auf der Außenseite das Geflecht auseinander. Ein äuße res elektromagnetisches Feld erzeugt dann auf der Oberfläche der Flecht- schirmung einen Strom, der um die entstehenden Öffnungen herum- fließt. Die Kanten wirken als Di- pole, von denen sich ein elektroma- gnetisches Feld ablösen und in das

n Bitte nicht stören

Auch im Digitalzeitalter ist es wichtig, Kabel gegen elektromagnetische Störungen abzuschirmen.

In immer mehr Betrieben verlaufen Datenleitungen und Antriebskabel auf engstem Raum. Das funktioniert nur bei sehr guter elektromagnetischer Verträglichkeit.

Fotolia / industrieblick

Abb. 1 Um eine möglichst gute elektromagnetische Verträglichkeit zu erreichen, ist es notwendig, die Kabelabschirmung mit dem Steckergehäuse zu verbinden.

Leiter

Folienschirmung

Kabelmantel

Flechtschirmung Isolation

Stecker

U. I. Lapp GmbH

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© 2017 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 16 (2017) Nr. 10 59 Leiterinnere strahlen kann. Daher

ist für eine dichte Abschirmung ein Bedeckungsgrad des Geflechts zwi- schen 75 und 90 Prozent erforder- lich. Unterhalb von 60 Prozent ist die Abschirmung wirkungslos. Bei eng gebogenen Leitungen empfiehlt sich ein besonders enges Umflech- ten mit einem möglichst großen Flechtwinkel. Dadurch werden die Drähte dichter gepackt und klaffen nicht auseinander.

Erst eine korrekte Erdung er- möglicht es, Störsignale vollständig abzuschirmen. Für Leitungen bis etwa zehn Meter Länge reicht eine einseitige Erdung aus. Bei größeren Längen sollte die Erdung mindes- tens zweiseitig aufliegen: Dann kann ein Ausgleichsstrom fließen, der ein Feld erzeugt, das dem ein- fallenden Signal entgegenwirkt.

Eine perfekte Abschirmung bedarf eines noch größeren Aufwands – je nach Frequenz und Wellenlänge des Signals. Als Faustregel gilt, dass verstärkt EMV-Probleme auftre- ten, sobald das Kabel länger als ein Zehntel der Wellenlänge des Stör-

signals ist. Bei einer Frequenz von einem Megahertz entspricht das etwa 20 Metern, weil sich Signale in einem Kupferleiter mit etwa zwei Drittel der Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. In diesem Abstand sollte dann jeweils ein Erdungs- punkt sitzen.

In Fabrikhallen entsteht ein enges Netz von Erdungspunkten durch „vermaschte“ Erdung. Die Leitungen kreuzen und berühren sich möglichst häufig. An diesen Stellen werden die Abschirmungen miteinander und mit der Erdung verbunden. Dabei gilt es, Schleifen im Erdungsseil zu vermeiden, die es selbst zur Antenne machen – am besten durch kurze Wege, die ent- lang einer Metallwand verlaufen.

Wichtig ist auch der Übergang zwischen der Abschirmung und dem Stecker – der Eintritt in das Steckergehäuse ist Ein- und Aus- fallstor für elektromagnetische Stö- rungen. Verlaufen Datenleitungen in der Nähe von Motorantriebska- beln, die hohe Ströme transportie- ren, sollte diese Lücke geschlossen

sein. Daher wird im Steckergehäuse das Geflecht der Abschirmung in einem automatisierten Prozess aufgedröselt und über einen me- tallenen Ring mit dem Gehäuse verbunden (Abb. 1). Dieser Auf- wand vermeidet unerklärliche und schlecht reproduzierbare Ausfälle der Anlagen. Schon ein um wenige Milliohm erhöhter elektrischer Widerstand, hervorgerufen durch einzelne gebrochene Drähte der Abschirmung, senkt die elektroma- gnetische Verträglichkeit deutlich.

Auch wenn digitale Signale unempfindlicher gegen Störungen sind als analoge, sollte man selbst im Haushalt bei komplexeren Ver- kabelungen an Abschirmung und gemeinsame Erdung denken. Das ist zum Beispiel bei Sound-Anlagen aus mehreren Komponenten der Fall, die für das Heimkino mit einem TV-Gerät verbunden sind.

Bei knisternden Lautsprechern und verrauschten Bildern fühlt man sich sonst schnell ins vergangene Jahr- hundert zurückversetzt.#)

Bernd Müller

#) Ich danke Werner Körner, Leiter Technik und Entwicklung der U. I. Lapp GmbH, für wertvolle Informationen.

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