DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Behandlung der Arteriosklerose
Nach Professor H. Heidrich
(Berlin) können 70 Prozent der arteriellen Verschlußkrankheiten (AVK) in der Praxis durch exakte Anamnese und klinische Untersuchung im frühen Stadium diagnostiziert werden. Der Einsatz invasiver Dia- gnostik steigere diesen Anteil auf über 90 Prozent. Die chirurgi- schen Möglichkeiten bei der Be- handlung von Gefäßleiden wur- den von Professor Dr. H.M.
Bek- ker skizziert. Es kam klar zum Ausdruck, daß sich die chirurgi- schen Verfahren und deren Indi- kationsstellung einem Wandel un- terzogen haben. Forschung und internistische Intensivtherapie ha-ben dafür gesorgt, daß die Gren- zen der Chirurgie enger zu setzen sind und daß hierbei schwer- punktmäßig beide medizinischen Disziplinen Hand. in Hand arbeiten müßten. Oberstes Ziel sei die Er- haltung bedrohter Gliedmaßen.
Sollte sich eine Amputation schließlich als letzte Hilfe für den Patienten erweisen, so sei das in keinem Falle eine Kapitulation der Medizin, betonte Becker. Ver- schlußerkrankungen im Becken- bereich werden fast immer opera- tiv angegangen, da der konserva- tive Weg wenig Erfolg bringt. Dies ganz entgegengesetzt zu den Ex-
tremitäten, welche auf die konser- vative Maßnahme doch recht gut anzusprechen scheinen.
Zur Verbesserung der Mikrozirku- lation führt nach Dr. H. Kiesewet- ter (Homburg/Saar) gegenwärtig ausschließlich die konservative Therapie weiter. Vor allem die Plasmaviskosität sollte nicht aus dem Auge verloren werden. Dabei ist eine Kombination mit Beta- blockern oft sehr hilfreich.
Dr. med. Hans-Peter Legal Therese-Giehse-Allee 31 8000 München 83
FÜR SIE GELESEN
Non-A-Non-B-Hepatitis
Fortschritte in der serologischen Diagnostik der Hepatitis A und He- patitis B machten das Problem ei- ner weiteren Hepatitisform evi- dent, die es in die Gruppe der in- fektiösen Lebererkrankungen ein- zureihen gilt, die Hepatitis-Non-A, -Non-B (HNANB).
Als Erreger der HNANB gilt ein derzeit noch unbekanntes, ultra- filtrierbares Agens. Serologische Nachweisverfahren sind noch nicht bekannt. Eine bei akuter und chronischer HNANB im Stuhl mit- tels Radioabsorption nachzuwei- sende Substanz könnte für die Diagnostik Bedeutung haben. So- mit ist derzeit die Diagnose der HNANB eine Diagnose per exclu- sionem. Das histologische Bild ist variabel und gekennzeichnet durch „Kernruhe" der Hepatozy- ten („Kernunruhe" bei Hepatitis A und B), pflanzenzellartig verän- derten Hepatozyten, Leberzellver- fettung sowie panlobuläre ent- zündliche Reaktionen. 1982 er- krankten in der Bundesrepublik Deutschland vermutlich minde- stens 3011 Personen an akuter HNANB (Meldestatistik), 15 Pro- zent aller gemeldeter Hepatitiden, entsprechend einer Morbidität
von 3,5 pro 100 000 Einwohner.
Zahlen zum Infektionsmodus las- sen an eine überwiegend nicht- parenterale Übertragung (54,8 Prozent) denken, gegenüber 43,4 Prozent parenteral übertragenen Erkrankungen plus 1,8 Prozent Er- krankungen bei medizinischem Personal (Sammelstatistik aus 12 Publikationen, n = 845). Die Zah- len der Autoren (159 Beobachtun- gen) besagen Vergleichbares. Die Inkubationszeit (weniger oder mehr als 40 Tage) bedarf einer besseren Definition, da sich kli- nisch-chemisch bei prospektiver Beobachtung (posttransfusionelle HNANB) schon kurzfristig nach In- okulation (7 bis 10 Tage) erste An- stiege von Gamma-GT und SGPT nachweisen lassen, ehe es zum Haupterkrankungsgipfel (50. bis 70. Tag postinoculationem) im ty- pischen undulierenden Anstieg und Abfall der Transaminasen kommt.
Die Rate der chronischen Verläu- fe ist bei parenteral erworbener HNANB approximativ mit 70 Pro- zent zu veranschlagen, bei nicht- parenteraler Infektion niedriger (0 bis 50 Prozent). Die Entwicklung einer Leberzirrhose nach akuter HNANB kann nach Einzelbeob- achtungen kurzfristig (4 bis 12 Monate) erfolgen. Da bei HNANB
die Gamma-GT deutlicher, als bei Hepatitis A und B, erhöht ist, er- gibt sich insbesondere bei chroni- scher HNANB eine differentialdia- gnostische Verwechslungsmög- lichkeit mit dann fälschlicherwei- se angenommener alkoholisch bedingter Leberschädigung. Hier muß daran erinnert werden, daß bei alkoholischer Leberschädi- gung der SGOT/SGPT-Quotient erfahrungsgemäß größer als 2,0 ist, bei akuter oder chronischer HNANB aber unter 1,0 liegt. Die zunehmende Kenntnis über Häu- figkeit und klinisch-chemische Ei- gentümlichkeit der HNANB läßt voraussehen, daß ein derzeit noch etabliertes Denkschema zur Ge- wichtung verschiedener Ätiolo- gien akuter und chronischer Le- bererkrankungen korrigiert wer- den muß, da bislang die HNANB unberücksichtigt blieb. ler
Literatur
Liehr, H.; Seelig, R.; Seelig, H. P.: Die Bedeu- tung der Non-A-, Non-B-Infektion bei akuten und chronischen Lebererkrankungen. Le- bensversicherungs Medizin 36, (1984) 123-126
— Seelig, R.; Liehr, H., Seelig, H. P.: Detection of non-A, non-B-hepatitis associated substan- ce in stools. Dev. Biol. Stand. 54 (1983), 497-500 — Autorreferat: Professor Dr. med. H.
Liehr, Chefarzt der Kliniken der Stadt Saar- brücken, — Winterberg —, Akademisches Kran- kenhaus, Medizinische Klinik, Gastroenterolo- gie, Hepatologie, Stoffwechsel- und Infek- tionskrankheiten, 6600 Saarbrücken
Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 47 vom 22. November 1984 (73) 3513