Armin Baur studierte Biologie und Mathematik für das Lehramt an Realschulen und den Magisterstudiengang Fachdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Hiernach war er viele Jahre als Realschullehrer tätig und promovierte berufsbegleitend. Aktuell arbeitet er an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd in der Abteilung Biologie. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen das naturwissenschaftlich experimentelle Arbeiten und Unterrichtsmethoden im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Uwe Ehrenfeld hat die Fächer Biologie und Chemie studiert und als Realschullehrer gearbeitet. Am Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Ludwigsburg ist er als Bereichsleiter für die Ausbildung in den naturwissenschaftlichen Fächern verantwortlich. In diesen Fächern koordiniert er in Baden-Württemberg die Ausbildung an den Seminaren für die Sekundarstufe I.
Eberhard Hummel ist Realschullehrer und aktuell als Fachleiter für Biologie an dem Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung Ludwigsburg tätig. Zuvor hat er einige Jahre an der
Pädagogischen Hochschule Heidelberg im Fachbereich Biologie gearbeitet und promoviert. In dieser Zeit lag sein Forschungsschwerpunkt vor allem im Bereich des Experimentierens mit lebenden Tieren im Unterricht.
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Covergrafik: Biology laboratory workspace © PODIS - Shutterstock.com Grafik: Popcorn – Stefan Lucas, Weißer Spargel © sp4764 – Fotolia.com Satz: Graph & Glyphe, Offenburg
ISBN: 978-3-403-50096-4
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INHALT
Einleitung
. . . . 41 Experimentieren
. . . . 51 .1 Was ist ein Experiment? . . . .5
1 .2 Das experimentelle Vorgehen . . . .9
2 Offenes Experimentieren
. . . .122 .1 Was ist offenes Experimentieren? . . . . 12
2 .2 Beispiel zur Veranschaulichung von geschlossenem und offenem Experimentieren . . . . 15
2 .3 Ziele des offenen Experimentierens . . . . 16
3 Die naturwissenschaftliche Fragestellung
. . . .183 .1 Was ist eine naturwissenschaftliche Fragestellung? . . . . 18
3 .2 Vermittlung von Kompetenzen zur naturwissenschaftlichen Fragestellung . . . . 18
4 Die Hypothese
. . . .224 .1 Was ist eine Hypothese? . . . . 22
4 .2 Vorschläge / Anregungen für den Unterricht . . . . 25
5 Die Planung und Durchführung von Experimenten
. . . .285 .1 Die Bedeutung einer selbstständigen Planung und Durchführung . . . . 28
5 .2 Vorschläge / Anregungen für den Unterricht . . . . 30
5 .3 Das Experimentierprotokoll . . . . 34
6 Die Auswertung eines Experiments
. . . .356 .1 Teilschritte bei der Auswertung eines Experiments . . . . 35
6 .2 Vermittlung von Kompetenzen zur Auswertung eines Experiments . . . . 35
7 Offene Experimente für den Unterricht
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EINLEITUNG
In den Domänen der naturwissenschaftlichen Fachdidaktik – Biologie, Chemie, Physik – genießt das Experiment seit jeher einen hohen Stellenwert und ist unumstrittener Bestandteil eines guten naturwissenschaftlichen Un- terrichts . Nicht zuletzt seit Einführung der Bildungsstandards wird das problemorientierte, selbstplanende Ex- perimentieren als komplexe Kompetenz von Schülern1 erwartet . Um diese komplexe Kompetenz auszubilden, darf Experimentieren im Unterricht nicht nur auf das Nacharbeiten von vorgegebenen Experimentieranleitun- gen beschränkt bleiben . Schüler müssen Experimente problemorientiert – zur Beantwortung von naturwissen- schaftlichen Fragestellungen – selbst planen, durchführen und auswerten . Dies stellt hohe Anforderungen an den naturwissenschaftlichen Unterricht und die unterrichtenden Lehrer . Schüler müssen
– die den Experimentierprozess bildenden Phasen kennen und verstehen lernen,
– Fertigkeiten und Fähigkeiten erlernen, um experimentelle Anordnungen aufzubauen und den Experimen- tierprozess durchzuführen,
– ein Ursache-Wirkungs-Denken entwickeln, die Variablenkontrollstrategie kennen und anwenden lernen, – mit Sicherheitsaspekten vertraut sein sowie
– Fähigkeiten zum Interpretieren von Ergebnissen und Ziehen von Schlussfolgerungen erwerben .
Dieses Buch bietet hierfür einen Theorierahmen sowie Anregungen und Beispiele für die Gestaltung von Lehr- Lern-Prozessen .
Zur Vermittlung und zum Erlernen von Kompetenzen zum selbstständigen, problem- und erkenntnisorientier- ten Experimentieren empfehlen die Autoren als geeignete Form bzw . Methode das offene Experimentieren . Unter offenem Experimentieren verstehen sie eine gradierbare Methode mit der Möglichkeit, gezielt einzelne Phasen des Experimentierprozesses auf die Lerngruppe und den Sachinhalt abgestimmt zu öffnen . Diese Gra- dierung ist als Hilfsmittel zu verstehen, um Schüler an das langfristige Ziel zu führen, selbstständig komplett offene Experimente gestalten zu können .
Im Buch wird zuerst der Begriff des Experimentierens konkretisiert, das offene Experimentieren definiert und in unterschiedlichen Öffnungsgraden beschrieben, ein mögliches Vorgehen für den Unterricht skizziert und Beispiele zum offenen Experimentieren mit Unterrichtsmaterialien vorgestellt . Es ist den Autoren wichtig zu betonen, dass alle beschrieben Unterrichtsstunden als Beispiele zur Veranschaulichung gedacht sind und individuelle Veränderungen bei der Umsetzung oder den Materialien möglich, nein sogar erwünscht sind . Sinnvoll erscheint es, die Kompetenzen zum Experimentieren zusammen mit Kollegen aus den Domänen Che- mie und Physik zu vermitteln . Um bei Bedarf die Möglichkeit des fächerübergreifenden oder integrativen Un- terrichts zu bieten, wurden daher für die Fächer Chemie und Physik gleichartige Bücher erstellt, die sich durch die enthaltenen Unterrichtsbeispiele und Unterrichtsmaterialien unterscheiden:
Naturwissenschaften zum Leben erwecken: Chemie;
ISBN: 978-3-403-20097-0 (Print), 978-3-403-50097-1 (E-Book) Naturwissenschaften zum Leben erwecken: Physik;
ISBN: 978-3-403-20098-7 (Print), 978-3-403-50098-8 (E-Book)
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1 EXPERIMENTIEREN
1.1 WAS IST EIN EXPERIMENT?
Unter einem naturwissenschaftlichen Experiment versteht man die Untersuchung eines Naturphänomens, die unter festgelegten Bedingungen stattfindet und zur Ermittlung von neuen Erkenntnissen (Regelhaftigkeiten, Gesetzmäßigkeiten) oder zur Prüfung von Erkenntnissen ausgeführt wird (Graf, 2013; Schulz, Wirtz & Starau- schek, 2012; Berck & Graf, 2003):
Untersuchung: Eine Untersuchung ist eine naturwissenschaftliche Arbeitsweise, bei der während des Betrachtens / Beobachtens gezielt in ein Objekt oder in ein System eingegriffen wird (Killermann, Hiering & Starosta, 2013). Der Eingriff bei einer Untersuchung kann ein Zerschneiden, ein Zerlegen, ein Entfernen eines Stoffes / Reizes, ein Hinzufügen eines Stoffes / Reizes, eine Veränderung von Bedingun- gen (Druck, Temperatur) oder Ähnliches sein.
Festgelegte Bedingungen: Beim Experimentieren werden möglichst alle vorhandenen Faktoren (Varia- blen) kontrolliert und weitestgehend konstant gehalten oder wenn nötig entfernt und es wird (in der Regel) nur ein Faktor gezielt verändert (variiert). Der Faktor, der variiert wird, wird als unabhängige Variable bezeichnet .
In der Versuchsanordnung eines Experiments wird zu einem Testansatz ein Kontrollansatz eingebunden . Im Kontrollansatz werden alle Faktoren, d . h . auch die unabhängige Variable, konstant gehalten . Im Testansatz wird die Ausprägung eines Faktors (die unabhängige Variable) gezielt verändert. Das Variieren immer nur eines Faktors und das Konstanthalten der anderen Faktoren wird als Variablenkontrollstrategie bezeichnet . Durch den Vergleich der Resultate aus beiden Ansätzen, Test- und Kontrollansatz, ist eine sichere Aussage über die Wirkung der unabhängigen Variablen möglich . Der Testansatz und der Kontrollansatz werden meist zeitgleich durchgeführt, um Umwelteinflüsse zu kontrollieren. Sie können aber auch zeitversetzt stattfinden, wenn die Gegebenheiten dies erfordern (z. B. bei eingeschränkter Verfügbarkeit von Messplätzen oder Analysegeräten).
Werden der Kontrollansatz und der Testansatz zeitversetzt durchgeführt, wird nach dem erstmaligen Durchfüh- ren (Kontrolle) die Ausprägung der unabhängigen Variable verändert und das „Experiment“ erneut durchgeführt (Test).
Beispiel: Experiment zur Fragestellung
„Bewirkt die Stärke der Lichteinstrahlung auf das Auge eine Veränderung der Pupillengröße?“
Unabhängige Variable: Lichteinstrahlung auf das Auge Konstant gehaltene Variablen: Auge und Person,
Helligkeit der Umgebung, Taschenlam- pe und
Abstand vor dem Auge
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Das Konstanthalten aller anderen nicht untersuchten Faktoren kennzeichnet ein Experiment und grenzt es von ei- nem Versuch ab. Bei einem Versuch werden nicht alle anderen Faktoren konstant gehalten (Schulz, Wirtz & Starau- schek, 2012), weil dies z. B. technisch nicht möglich ist oder die relevante Variable erst noch identifiziert werden muss . In der Literatur und in der schulischen Praxis wird oft nicht zwischen Versuch und Experiment unterschieden . Der Faktor, dessen Veränderung bei einem Experiment erfasst wird, wird abhängige Variable genannt . Die Ver- änderung der abhängigen Variable wird gemessen, betrachtet oder auf eine andere Art ermittelt . Im ersten Beispiel wird die Veränderung der Pupillengröße betrachtet . Das Erfassen einer Veränderung bezüglich der abhängigen Variable kann qualitativ oder quantitativ erfolgen:
Qualitativ: Die Veränderung der abhängigen Variable wird nicht über Zahlenwerte gemessen, da dies generell oder mit den Möglichkeiten der Schule nicht machbar ist . Es wird durch kriteriale Beobach- tung erhoben, ob eine Veränderung auftritt oder nicht. „Das qualitative Experiment lässt Ja / Nein- Antworten zu.“ (Frischknecht-Tobler & Labudde, 2010, S. 138)
Beispiel: Experiment zur Fragestellung „Wirkt Licht auf die Photosyntheseleistung ein?“.
Unabhängige Variable: Licht
Konstant gehaltene Variablen: gleiches Labormaterial bei den Ansätzen,
identische Wassermengen, gleiche Wassertemperatu- ren, vergleichbare Mengen Wasserpest
Kontrollansatz: Ansatz im Licht
Testansatz: Ansatz in Dunkelheit
Abhängige Variable: Entstehen von Sauerstoff Abb. 1.2: Beispiel: Experiment
„Wirkt Licht auf die Photosyntheseleistung ein?“
Quantitativ: Die abhängige Variable kann beim Test- und Kontrollansatz in unterschiedlichen Ausprä- gungen / Werten gemessen werden .
Beispiel: Experiment zur Fragestellung „Welchen Einfluss hat die Körperaktivität auf die Herzfrequenz?“
Unabhängige Variable: Körperaktivität (Kniebeugen)
Konstant gehaltene Variablen: Person, Raumtemperatur, Tag und Uhrzeit
Kontrollansatz: Ruhe
Testansatz: mehrere Kniebeugen
Abhängige Variable: Pulsschläge pro Minute
Abb. 1.3: Beispiel: Experiment
„Welchen Einfluss hat die Körperaktivität
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Ein untersuchter Faktor (unabhängige Variable) hat dann einen Einfluss, wenn sich nach seiner Beeinflussung (Variation) die Ausprägung der abhängigen Variable des Kontrollansatzes von der des Testansatzes unterschei- det .
Bei einem Experiment können auch mehrere Faktoren verändert werden, dann wird zum Kontrollansatz aber eine entsprechende Anzahl von Testansätzen benötigt, um alle möglichen Kombinationen der variierten Fakto- ren miteinander zu vergleichen. Hierzu wird ein mehrfaktorieller Versuchsplan aufgestellt, mit dem der Einfluss der einzelnen unabhängigen Variablen (Einzel- und Kombinationseffekte der unabhängigen Variablen) geprüft werden kann . Der Versuchsplan leitet sich aus der Anzahl der unabhängigen Variablen und deren möglichen Ausprägungen ab . Wählt man in einem Versuchsplan zwei unabhängige Variablen, die jeweils zwei Ausprägun- gen besitzen, wird ein 2x2-Versuchsplan aufgestellt. Ein 2x2-Versuchsplan beinhaltet vier Versuchsansätze (ein Kontrollansatz und drei Testansätze) .
Beispiel: Experiment zur Fragestellung „Was benötigen Samen zum Keimen?“
Zwei mögliche unabhängige Variablen sind Licht und Wasser . Ausprägungen der unabhängigen Variablen:
Wasser / kein Wasser und Licht / kein Licht
Tabelle 1.1: Beispiel eines 2x2-Versuchsplans: „Was benötigen Samen zum Keimen?“
Licht kein Licht
Wasser Kontrollansatz:
Erde, Samen, Licht, Wasser
Testansatz 2:
Erde, Samen, kein Licht, Wasser
kein Wasser Testansatz 1:
Erde, Samen, Licht, kein Wasser
Testansatz 3:
Erde, Samen, kein Licht, kein Wasser
Abb. 1.4: Beispiel eines 2x2-Versuchsplans: „Was benötigen Samen zum Keimen?“
Wird beim Beispielexperiment „Was benötigen Samen zum Keimen?“ die unabhängige Variable Wasser in drei Ausprägungen, viel Wasser / wenig Wasser / kein Wasser, dargeboten und die Variable Licht in zwei Ausprägun- gen, Licht / kein Licht, erhält man einen 3x2-Versuchsplan (sechs Versuchsansätze: ein Kontrollansatz und fünf Testansätze) .
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Tabelle 1.2: Beispiel eines 3x2-Versuchsplans: „Was benötigen Samen zum Keimen?“
Licht kein Licht
viel Wasser Kontrollansatz:
Erde, Samen, Licht, viel Wasser
Testansatz 3:
Erde, Samen, kein Licht, viel Wasser
wenig Wasser Testansatz 1:
Erde, Samen, Licht, wenig Wasser
Testansatz 4:
Erde, Samen, kein Licht, wenig Wasser
kein Wasser Testansatz 2:
Erde, Samen, Licht, kein Wasser
Testansatz 5:
Erde, Samen, kein Licht, kein Wasser Zur Berechnung der Versuchsansätze gilt folgende Regel: Die Anzahl gewählter Ausprägungen der jeweiligen unabhängigen Variablen werden miteinander multipliziert .
Beispiel: „Was benötigen Samen zum Keimen?“ - Bezieht man die drei unabhängigen Variablen Erde, Licht und Wasser ein und wählt
– für die Ausprägungen der unabhängigen Variable Erde zwei Möglichkeiten (Erde / keine Erde) ergibt dies die Zahl 2 für Erde .
– für die Ausprägungen der unabhängigen Variable Wasser drei Möglichkeiten (viel Wasser / wenig Wasser / kein Wasser), ergibt dies die Zahl 3 für Wasser .
– für die Ausprägungen der unabhängigen Variable Licht zwei Möglichkeiten (Licht / kein Licht), ergibt dies die Zahl 2 für Licht .
Die Anzahl der theoretisch benötigten Versuchsansätze berechnet sich nun durch den Term 2 x 3 x 2 = 12 . Die Planung, Durchführung und Auswertung eines Experiments wird mit ansteigender Anzahl der Versuchs- ansätze (mit zunehmender Zahl von unabhängigen Variablen und / oder deren Ausprägungen) komplexer. Für die Schule eignen sich daher kleine Versuchspläne .
Ein weiteres sehr wesentliches Kennzeichen eines Experiments ist, abgesehen von der Einbindung von Kont- roll- und Testansätzen, dass es wiederholbar ist und die Ergebnisse reproduzierbar sind .
Zusammenfassung
Naturwissenschaftliches Experiment = eine Untersuchung eines Naturphänomens, bei der alle Faktoren bis auf einen (oder wenige) konstant gehalten werden. Ein Experiment besteht aus einem Kontrollansatz (alle Faktoren konstant) und einem oder mehreren Testansätzen (ein oder wenige Faktoren werden gezielt ver- ändert). Das Experiment ist wiederholbar und liefert bei einer Wiederholung (nahezu) gleiche Ergebnisse.
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4 DIE HYPOTHESE
Für einen klassischen, naturwissenschaftlichen Erkenntnisweg ist das hypothesengeleitete Vorgehen von zen- traler Bedeutung (Klautke, 2003; Popper & Miller, 1983): Ausgehend von einer Fragestellung werden theo- rie- oder erfahrungsbasiert vorläufige, als möglich erachtete Antworten (Hypothesen) generiert und im weite- ren Verlauf mithilfe passender naturwissenschaftlicher Erkenntnismethoden (z. B. Experiment) geprüft. Dabei können die zuvor aufgestellten Hypothesen bestätigt (verifiziert) oder widerlegt (falsifiziert) werden. Dieses Vorgehen wird allgemein als hypothetisch-deduktive Methode oder hypothetisch-deduktives Verfahren be- zeichnet (Klautke, 2003). Neben der Bedeutung innerhalb der naturwissenschaftlichen Forschung bietet es eine Orientierung für die Gestaltung naturwissenschaftlichen Unterrichts; gleichsam ist es Bildungsgut: Im Rahmen einer naturwissenschaftlichen Grundbildung sollen sich die Lernenden u . a . im Formulieren von Hypothesen üben und gleichzeitig – im Sinne wissenschaftlicher Propädeutik – die Bedeutung dieses Vorgehens erkennen . Dies spiegelt sich in den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz von 2004 für naturwissenschaftliche Fächer wider, welche die Grundlage für die Standards der Bildungspläne der einzelnen Bundesländer bilden (vgl. KMK 2005a–c) .
Im Folgenden sind beispielhaft Standards für den mittleren Schulabschluss (naturwissenschaftliche Fächer) aufgeführt, die das Aufstellen von Hypothesen beinhalten . Sie sind jeweils dem Kompetenzbereich Erkenntnis- gewinnung entnommen .
– Biologie – Standard E7: „Die Schülerinnen und Schüler wenden Schritte aus dem experimentellen Weg der Erkenntnisgewinnung zur Erklärung an“ [ein Schritt hierbei ist das Aufstellen einer Hypothese; vgl.
Mayer, 2007].
– Chemie – Standard E2: „Die Schülerinnen und Schüler planen geeignete Untersuchungen zur Überprü- fung von Vermutungen und Hypothesen“
– Physik – Standard E6: „Die Schülerinnen und Schüler stellen an einfachen Beispielen Hypothesen auf.“
4.1 WAS IST EINE HYPOTHESE?
Eine Hypothese ist eine vorläufige Annahme, deren Gültigkeit man aufgrund vorhandenen Theoriewissens oder bisheriger Erfahrungen für wahrscheinlich hält, die aber bisher noch nicht bewiesen ist . Sie bildet letztendlich die Grundlage zur Planung und Ausgestaltung eines passenden Untersuchungsdesigns, z . B . einer geeigneten Experimentieranordnung. In der Regel trifft eine naturwissenschaftliche Hypothese eine Aussage über einen angenommenen Wirkzusammenhang (kausal oder relational: „Wenn ich … verändere, verändert sich auch …“), der günstigstenfalls quantifiziert werden kann („Je mehr von …, desto mehr von … erwarte ich.“). Eine naturwis- senschaftliche Hypothese kann wie folgt formuliert sein:
„Feuchtigkeit führt zu Schimmelbildung-“
Liegen einer Fragestellung unterschiedliche Hypothesen zugrunde, so können die sich daraus ergebenden ex-
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Forschungsfrage: Unter welchen Bedingungen schimmelt Brot? (vgl. Randler, 2001)
Hypothese 1: Feuchtigkeit führt zu Schimmelbildung . Experimentelles Setting:
Brot in Petrischalen wird folgenden Bedingungen ausgesetzt (Abb. 4.1):
Ansatz 1 Ansatz 2
Abb. 4.1: Experiment Schimmelbildung; Ansätze mit Weißbrot; Ansatz rechts zeigt Schimmelbildung.
trocken feucht
dunkel dunkel
28 °C 28 °C
Hypothese 2: Wärme führt zu Schimmelbildung . Experimentelles Setting:
Brot in Petrischalen wird folgenden Bedingungen ausgesetzt:
Ansatz 1 Ansatz 2
feucht feucht
dunkel dunkel
20 °C 5 °C
Im Schulalltag werden Hypothesen von Schülern oft mit möglichen Ideen oder Alltagsvermutungen über einen Sachverhalt gleichgesetzt. In der Wissenschaft wird eine Falsifizierbarkeit (eine Prüfbarkeit) einer Hypothese und im Allgemeinen ein formalerer Theoriebezug gefordert . Die Ideen und Alltagsvorstellungen von Schülern sollten jedoch nicht als falsch oder lernhinderlich verworfen werden, sondern können als Ansatzpunkt bei der Formulierung von Hypothesen genutzt werden. Nichtsdestoweniger sollte das langfristige Ziel in höheren Jahr- gangsstufen im Formulieren von theoriebasierten Hypothesen liegen .
Ein Beispiel zur Veranschaulichung des Zusammenhangs zwischen Alltagsvermutung und theoriebasierter Hy- pothese:
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Eine Alltagsvermutung könnte wie folgt lauten: Vögel plustern sich zum Schutz vor der Kälte auf . Hier fehlt jeglicher formaler Theoriebezug insofern, dass der Schutz gegen Kälte nicht erläutert wird und so kein ange- nommener Wirkzusammenhang erkennbar wird („Wieso schützt das Plustern?“). Im Gespräch mit den Schülern könnte jedoch aufbauend auf der Alltagsvermutung geklärt werden, dass der Schutz darin besteht, das einem Wärmeabfluss / einer Wärmeabstrahlung entgegengewirkt wird („Was bringt es dem Vogel, sich aufzuplustern?
Was verändert sich?“). Dies könnte im weiteren Gespräch konkretisierend auf die Lufträume im Federkleid zurückgeführt werden, die durch das Aufplustern entstehen, sodass man eine eindeutige Zusammenhangs- hypothese formulieren könnte .
Ein anderes Problem stellen in der Schule nicht prüfbare Hypothesen dar, die gerade zu Beginn des natur- wissenschaftlichen Unterrichts von Schülern aufgestellt werden . Auf diese Hypothesen sollte die Lehrkraft trotzdem eingehen, sie problematisieren („Warum können wir mit so einer Hypothese nicht weiterarbeiten?“,
„Hast du eine Idee, wie man deine Hypothese überprüfen könnte?“, „Was könnte man besser formulieren, sodass deine Hypothese überprüfbar ist?“) und die Schüler im Weiteren dann motivieren, Hypothesen aufzustellen, die in der Schule geprüft werden können . Dies lässt sich anhand einer klassischen Herbststunde zur Blattfärbung gut verdeutlichen:
Im Verlauf der Stunde sollen die Lernenden durch Blattchromatografie verschieden gefärbte grüne und gelbe Blätter im Hinblick auf ihre Farbstoffe untersuchen. Dabei wird deutlich, dass die gelben Blattfarbstoffe (Caroti- noide) bereits im grünen Blatt vorhanden waren, jedoch vom grünen Farbstoff (Chlorophyll) überlagert wurden.
Im gelben Blatt fehlt der grüne Blattfarbstoff .
Ausgehend von einer anfänglichen Forschungsfrage sollen die Lernenden im Vorfeld der praktischen Phase Hypothesen zum Phänomen aufstellen. Häufig werden Aussagen wie diese an der Tafel festgehalten: Die Blät- ter werden gelb, weil die Tage kürzer werden, weil es kalt wird oder weil die Sonne nur noch flach auf die Erde strahlt .
Solche Überlegungen wie diese sind wichtig und interessant. Obgleich sie ein Verständnis der Schüler davon zeigen, was eine Hypothese ausmacht, sind sie leider in der Schule nicht prüfbar . Auf Tageslänge, Sonnenein- fallwinkel etc. kann in der Schule kein kontrollierender Einfluss ausgeübt werden. Im Naturwissenschafts- unterricht sollte man sich auf andere Hypothesen konzentrieren, die der praktischen Überprüfung im Schul- alltag zugänglich sind . Nichtsdestoweniger ist es aber sinnvoll auf diese Vorschläge einzugehen und so das allgemeine Verständnis von Hypothesen zu fördern: Wie würde eine solche Idee in der Wissenschaft geprüft?
Wieso können wir das in der Schule nicht tun? Welche Möglichkeiten bietet unsere Schule, andere Hypothesen zur Blattfärbung zu untersuchen? Prüfbare Hypothesen könnten sein:
– Der gelbe Farbstoff wird neu gebildet .
– Der gelbe Farbstoff ist bereits im grünen Blatt enthalten . – Der grüne Farbstoff überlagert den gelben Farbstoff . Was ist, wenn sich eine Vermutung nicht bestätigt?
Zeigt sich in der Auswertung eines Experiments, dass sich die zuvor aufgestellte Hypothese nicht bestätigt, muss die Hypothese verworfen oder geändert werden (Falsifikation). Diese neue Hypothese wird dann mit einer angepassten Methode, z . B . in einem Folgeexperiment, geprüft .
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4.2 VORSCHLÄGE / ANREGUNGEN FÜR DEN UNTERRICHT
Mithilfe des folgenden Vermittlungswegs soll das Formulieren von Hypothesen geübt sowie deren Bedeutung im naturwissenschaftlichen Erkenntnisweg bewusst gemacht werden . Der Vorschlag ist geeignet ab der Klas- senstufe 6 .
Unterrichtsstunde 1: „Die Hypothese – Einführung“
Phase Verlauf Zugehöriges
Material Einstieg Einführend zeigt die Lehrkraft verschiedene Materialien zum Aufbau eines
einfachen Experiments . Sie erklärt das Experiment, führt es aber noch nicht durch . Damit die Lernenden das Experiment besser in den Blick nehmen können, ist das Sammeln der Lernenden rund um das Pult zu empfehlen . Ge- eignet hierfür sind einfache biologische oder physikalische Experimente . Hier ein Vorschlag aus dem biologischen Kontext: Bedeutung der Stromlinienform (Anknüpfungen u. a. Anpassung der Vögel ans Fliegen, Anpassung der Fische ans Schwimmen, Bionik; vgl. Randler & Hummel, 2011): Mehrere unterschied- lich geformte Körper werden in Hinblick auf ihre Stromlinienform geprüft . Zwei Zentimeter hinter jedem Gegenstand wird ein Teelicht gestellt . Dieses wird angezündet . Nun wird mit einem Strohhalm Luft mittig auf die Vorder- seite des Körpers geblasen. Je nach Körperform wird der Luftstrom mehr oder weniger effektiv nach hinten zur Kerze weitergeleitet (Abb. 4.2 und 4.3). Je nach Körper bewegt sich die Flamme kaum, flackert oder erlischt.
Versuchs- materialien:
Teelicht, unterschied- lich geformte Körper, z. B.
Gummi- ente, (ovale) Duschgel- Flasche, Holz leiste (oder Tetra- pak), Flasche (Abb.4.2) Erarbei-
tung
Nun werden die Lernenden aufgefordert zu erläutern, welche Aussagekraft das Experiment haben könnte und welche möglichen Fragestellungen damit geklärt werden könnten, bevor dann gemeinsam im Unterrichtsge- spräch der Fokus auf mögliche Hypothesen gerichtet wird .
Mögliche Forschungsfragen:
– Welchen Einfluss hat die Körperform auf die Luftströmung?
– Geht die Kerze bei allen Körpern aus?
Mögliche Hypothesen:
– Die Körperform beeinflusst den Luftstrom.
– Oval geformte Körper führen die Luft am Körper vorbei . – Die Körper beeinflussen die Luftströmung unterschiedlich.
– Bei dem viereckigen Körper erlischt die Kerze nicht . Wichtig: Die Lernenden sollten ihre Überlegungen begründen.
Anschließend wird im gemeinsamen Gespräch aufgezeigt, dass Wissen- schaftler hypothesengeleitet vorgehen . Es wird darüber diskutiert, warum Wissenschaftler überhaupt Hypothesen aufstellen, bevor sie ein Experi- ment starten. Die Ideen der Lernenden werden an der Tafel fixiert und später ins Heft übertragen .
Mögliches Tafelbild:
Hypothesen sind vorläufige, erfahrungs- oder theoriebasierte Annahmen über die Antwort auf eine Forschungsfrage . Hypothesen müssen über- prüfbar sein . Sie bilden die Grundlage für die Wahl und Gestaltung einer passenden Überprüfungsmethode, z. B. einem Experiment.
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Übung Anhand eines Informationstextes erarbeiten sich die Schüler in Einzel- arbeit die Bedeutung naturwissenschaftlicher Hypothesen im Forschungs- prozess . Die Lernenden lesen zunächst den Text und beantworten dann die aufgeführten Fragen .
Material H1 : Arbeitsblatt
„Informa- tionstext”
Ergebnis- sicherung
Besprechung der Ergebnisse:
Dies kann gegebenenfalls auch in der Folgestunde erfolgen .
Abb. 4.2 und 4.3: Möglicher Aufbau eines Ansatzes des Experiments zur Stromlinienform In der nachfolgenden Unterrichtsstunde sollen die Lernenden das Formulieren von Hypothesen lernen und dies danach immer wieder üben und anwenden . Der dabei verfolgte didaktische Weg bei der Formulierung von Hypothesen geht mit einer gestuften Zunahme an Offenheit einher (vgl. Tab. 4.1 bzw. Kapitel 2, S. 14).
Tabelle 4.1: Möglichkeiten, eine Hypothese zu generieren Offenheitsgrad
Schüler beschäftigen sich mit einer vorgege- benen Hypothese .
Schüler wählen aus ver- schiedenen vorgegebe- nen Hypothesen aus .
Schüler stellen mit Hilfe- stellung (medial, verbal) eine eigene Hypothese auf .
Schüler stel- len eine Hypo- these auf .
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Unterrichtsstunde 2: „Hypothesen formulieren“
Phase Verlauf Zugehöriges
Material Einstieg Die Lehrkraft fordert die Lernenden auf, paarweise jeweils eine prüfbare
Hypothese zu formulieren – dabei ist der Kontext frei wählbar . Nach einer Murmelrunde werden die „Ideen“ vorgestellt und gemeinsam auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft .
Erarbei- tung
Auf Basis vorgegebener Vorgehensweisen und Versuchsbeschrei- bungen (Arbeitsblatt) werden die Schüler aufgefordert, passende Hypothesen zu den dargestellten Arbeitsweisen und Situationen zu formulieren .
Material H2 : Arbeitsblatt
„Formulieren von Hypothesen“
Ergebnis- sicherung
Besprechung der Ergebnisse:
Zum Abschluss dieses Unterrichts führt die Lehrkraft das einleitende Experiment aus der vorigen Stunde zur Stromlinienform bei Vögeln durch und prüft die aufgestellten Hypothesen .
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Klautke, S. (2003). Entdeckend–forschendes Lernen: Unterrichtsverfahren im Biologieunterricht . Lernchancen, 31, S . 33–41 .
KMK [Kultusministerkonferenz] (2005a). Bildungsstandards im Fach Biologie für den Mittleren Schulabschluss: Beschluss vom 16 .12 .2004 . München: Luchterhand .
KMK (2005b). Bildungsstandards im Fach Chemie für den Mittleren Schulabschluss: Beschluss vom 16 .12 .2004 . München: Luchterhand . KMK (2005c). Bildungsstandards im Fach Physik für den Mittleren Schulabschluss: Beschluss vom 16 .12 .2004 . München: Luchterhand . Mayer, J. (2007). Erkenntnisgewinnung als wissenschaftliches Problemlösen. In: D. Krüger & H. Vogt (Hrsg.), Theorien in der biologiedidak-
tischen Forschung: Ein Handbuch für Lehramtsstudenten und Doktoranden (S. 177–186). Berlin: Springer.
Popper, K. R. & Miller, D. W. (1983). A proof of the impossibility of inductive probability. Nature, (302), S. 687–688.
Randler, C. (2001). Welche Faktoren lassen Brot schimmeln? – Einübung einer experimentellen Arbeitsweise . Praxis der Naturwissenschaf- ten–Biologie in der Schule, (7)50, S. 26–28.
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7.4 WARUM POPPT POPCORN?
Hintergrundwissen:
Die Frage ist berechtigt . Denn auch andere Getreidekörner enthal- ten ca . 12–15% Wasser, das beim Erhitzen über den Siedepunkt ver- dampft und explosionsartig die Hülle sprengen könnte, wie man es vom „Puffmais“ kennt. Der Grund liegt in den unterschiedlichen Au- ßenhüllen. Die Samenhülsen beim „Puffmais“ (Zea mays convar) sind im Gegensatz zu Reis oder Weizen oder auch normalem Mais sehr dicht und nicht so porös wie bei anderen Getreidearten . Dadurch kann sich beim Erhitzen ein höherer Dampfdruck aufbauen, um sich schließlich durch das bekannte Poppen zu entspannen und dabei den Stärkekern in den begehrten Formen aufzublähen . Das Phä- nomen ist geeignet, um zunächst die Bedingungen für gelungenes Poppen zu schaffen und anschließend die Ursachen zu erkunden bzw . mit geeigneten Nachweisen Hypothesen zu prüfen .
Möglicher Unterrichtsverlauf
(Zeitbedarf: 90 Minuten):
Phase Verlauf Zugehöriges
Material
Einstieg Möglichkeit: Fragestellung geschlossen + Hypothese (leicht) geöffnet Nach der Erinnerung an den letzten Kinobesuch werden die Schüler aufgefordert Ideen zu äußern, warum Popcorn laut poppt . Die Ideen der Schüler werden an der Tafel notiert .
Vorberei- tung
Die Schüler erhalten den Auftrag, in Gruppen herauszufinden, mit welcher Anordnung man mit der Wärmenergie einer Kerze (Teelicht) Popcorn zum Poppen bringen kann (Entwicklung eines später verwend- baren Verfahrens). Die Schüler versuchen, mit Reagenzgläsern, Löffeln und anderen Gegenständen optimale Poppbedingungen zu schaffen . Dabei lernen sie das Prinzip der Temperaturstauung durch „Deckel“
praktisch zu testen (Alufolie, Löffel, Reagenzglas, Stopfen etc.).
Reagenzgläser, Stopfen, Löffel, Alufolie, Tee- lichte, Popcorn- mais (Brenner, Herdplatte)
Erarbei- tung
Möglichkeit: Planung-Experiment (leicht) geöffnet + Auswertung leicht geöffnet Die Schüler stellen ihre Ergebnisse vor. Aus den Ideen (Einstieg) der Schüler werden gemeinsam prüfbare Hypothesen abgeleitet (z. B. „Der im Mais entstehende Wasserdampf bringt das Popcorn zum Poppen.“,
„Die stabile Membran des Maiskorns ist der Grund für das laute Pop- pen.“). Im Unterrichtsgespräch werden Experimente zur Hypothesenprü- fung besprochen und geplant . Soweit es die Voraussetzungen zulassen, werden mehrere Experimente durchgeführt und ausgewertet .
Popcornmais, Nadeln, Messer, Feinwaagen, Reagenzgläser, Stopfen, Löffel, Alufolie, Tee- lichte, (Brenner, Herdplatte) Ergebnis- Möglichkeit: Schlussfolgerungen (leicht) geöffnet
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Beispiele von möglichen Experimentieranordnungen:
(1) Mögliche Verfahren zum Arbeiten mit Teelichten:
Um genügend Wärmeenergie zu gewinnen, muss ein „Deckel“ auf den Löffel gelegt werden. Dies kann mit Alufolie oder einem weiteren Löffel erfolgen (siehe Abb. 7.4.3 und 7.4.4)
Abb. 7.4.2: Popcornmais wird in einem Teelöffel über Abb. 7.4.3: Popcornmais wird in einem einem Teelicht erhitzt; die Wärmeenergie reicht jedoch Teelöffel über einem Teelicht erhitzt;
nicht aus, um das Popcorn zum Poppen zu bekommen. der Löffel ist mit Alufolie abgedeckt.
Abb. 7.4.4: Popcornmais wird in einem Teelöffel über einem Tee- Abb. 7.4.5: Entstandenes Popcorn licht erhitzt; der Löffel ist mit einem zweiten Löffel abgedeckt.
(2) Experiment zur Hypothese:
„Die Stabilität der Außenhaut der Körner ist die Ursache für das laute Poppgeräusch.“
Zur Bestätigung kann man ein sehr einfaches Experiment durchführen. In einem Löffel (mit „Deckel“) wer- den Popcornmaiskörner, bei denen zuvor die Membran mit einer stabilen Nadel (oder einem feinen Nagel) perforiert wurde, erhitzt. In einem weiteren Löffel (mit gleichem „Deckel“) werden nicht perforierte Popcorn- maiskörner erhitzt . Der Vergleich erfolgt über das Poppgeräusch .
(3) Experiment zur Hypothese:
„Verdampfendes Wasser ist die Ursache für das Poppen bei Popcorn . Also müssten die Körner danach leichter sein.“ Maiskörner werden vor dem Erhitzen (siehe Abb. 7.4.6) und nach dem Erhitzen (siehe Abb. 7.4.7) mit einer Feinwaage gewogen . Damit der Unterschied deutlich wird, sollte man mit
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7.5 SPARGEL ALS „NATÜRLICHES“ MESSGERÄT
Abb. 7.5.1: Weißer Spargel
Hintergrundwissen:
Alle Spargelarten gehören zu den einkeimblättrigen Pflanzen (Monocotyledonen). Die Leitbündel der jungen Triebe beim Gemüsespargel sind deshalb über den ganzen Querschnitt verteilt . Das wird deutlich sichtbar, wenn man das Wasser, in das man die Spargelstücke stellt, anfärbt . Die beobachtbaren Strukturen kann man gleichzeitig als Messgröße für die Leitungsgeschwindigkeit verwenden . Eine Doppelstunde reicht aus, um be- reits deutliche Ergebnisse zu erzielen .
Beim Warten auf die Ergebnisse können
– Protokolle erstellt werden (Zeichnen der Versuchsanordnung), – Fotos erstellt werden, die man ins Protokoll integriert, – Infos über die Gesundheit von Spargel gesammelt werden, – der Wassergehalt experimentell ermittelt werden und – die gesamte Pflanze untersucht werden (wenn man sie hat)
Abb. 7.5.2: Abb. 7.5.3:
Querschnitt weißer Spargel; Spargel war nicht in Farblösung Querschnitt weißer Spargel aus Farblösung
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Möglicher Unterrichtsverlauf
(Zeitbedarf: 90 Minuten):
Phase Verlauf Zugehöriges
Material Einstieg Lehrer stellt in der Spargelzeit weißen Spargel vor . Das Vorwissen der
Schüler wird aktiviert .
(Welcher Teil der Pflanze ist das? Spargelgerichte, Lieder, Erlebnisse, Preis etc .)
weißer Spargel, grüner Spargel, (Spargelpflan- ze, wenn man hat)
Überlei- tung
Möglichkeit: Fragestellung geschlossen
Da sich der Spargel als junger Trieb (Spross, Stängel) mit Wasser ver- sorgen muss, kann er als Messgerät zur Wasserleitungsgeschwindigkeit genutzt werden:
Im Unterrichtsgespräch werden Vorschläge zum Einsatz gesammelt . In Gruppenarbeit werden verschiedene Farbstoffe ausprobiert .
Durch einfaches Durchschneiden wird die Strecke ermittelt, die in einer gemessenen Zeit zurückgelegt wurde .
Lehrer stellt Fragestellung auf: Welche Einflüsse verändern die Wasser- leitungsgeschwindigkeit?
weißer Spargel, Tinte, Tusche, Lebensmit- telfarbstoffe (dunkel), Be- chergläser
Erarbei- tung
Möglichkeit: Hypothese offen + Planung-Experiment offen + Auswertung geöffnet
Schüler formulieren in Gruppenarbeit eigene Hypothesen und planen eigene Experimente, mit denen sie ihre Hypothesen belegen oder wider- legen können . Material, welches verwendet werden kann, liegt auf einem Tisch bereit .
Differenzierungsmöglichkeit: Lehrer berät einzelne Gruppen bei der Hypo- thesenbildung und / oder Planung.
🠚 Hypothese (leicht) geöffnet / Planung-Experiment (leicht) geöffnet Mögliche Einflüsse können Temperatur, Wind (Fön) bzw. Licht sein (für Untersuchungen auch möglich: Salz- oder Zuckergehalt der Lösung) . Schüler führen ihre Experimente durch und werten sie aus .
Weißer Spargel, Tinte, Tusche, Lebensmit- telfarbstoffe (dunkel), Kühlschrank, Kartons zum Abdecken, Fön, Kochsalz, Bechergläser
Ergebnis- sicherung
Besprechung der Ergebnisse der Schüler und gemeinsames ziehen von Schlussfolgerungen (Schlussfolgerung geöffnet bzw. leicht geöffnet) .
Beispiel einer möglichen Experimentieranordnung:
Zwei Gläser werden mit gleichen Mengen einer Lebensmittelfarblösung gefüllt . In jedes Glas wird eine ver- gleichbare Spargelstange (Durchmesser, Länge) gegeben (siehe Abb. 7.5.4). Ein Ansatz wird längere Zeit in den Kühlschrank gestellt und der andere Ansatz wird bei Zimmertemperatur unter eine Pappschachtel gestellt (vergleichbare Lichtverhältnisse zu Ansatz 1). Nach einer Standzeit von 60 bis 90 Minuten werden die Stangen aus der Lösung entnommen und die von außen sichtbare Färbung durch Betrachtung und Messung mit dem Lineal verglichen. In einem weiteren Schritt können die Spargelstangen in 1-cm-Scheiben geschnitten (siehe Abb. 7.5.5) und die Scheiben der beiden Ansätze miteinander verglichen werden (Anzahl gefärbte Scheiben, Färbungsintensität) .
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Abb. 7.5.4: Spargelstange in Farblösung Abb. 7.5.5: Entnommene Spargelstangen;
links Ansatz aus dem Kühlschrank; rechts Kontrollansatz
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7.6 WASSERTRANSPORT BEI PFLANZEN
Abb. 7.6.1: Folie Unterrichtseinstieg
Hintergrundwissen:
Der Wassertransport in einer Pflanze verläuft über das Xylem und wird durch den Wurzeldruck und die Trans- piration angetrieben. Das Xylem befindet sich mit dem Phloem zusammen in den Leitbündeln, die den Stängel durchziehen und in die Blätter verlaufen .
Über Wurzeldruck wird Wasser, das durch die Wurzel aufgenommen wird, in das Xylem gegeben. Das ins Xylem gegebene Wasser drückt das bereits vorhandene Wasser mehr und mehr nach oben . Dies kann man manchmal früh morgens an kleinen Tröpfchen, die aus dem Blatt gepresst wurden, erkennen (Guttation).
Zudem wird tagsüber und in warmen Nächten Wasser durch Verdunstung über die Laubblätter abgegeben (Transpiration). Da die Wassermoleküle über Wasserstoffbrücken verbunden sind, zieht jedes Wassermolekül, das über die Blattoberfläche abgegeben wird, ein neues Wassermolekül an seine alte Position.
Beide Mechanismen sorgen dafür, dass in einer Pflanze Wasser nach oben zu den Blättern gelangt. Damit beide Mechanismen ablaufen können, benötigt eine Pflanze die Wurzel und die Laubblätter.
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Möglicher Unterrichtsverlauf
(Zeitbedarf: zwei zeitversetzte Unterrichtsstunden):
Phase Verlauf Zugehöriges Material
Einstieg Möglichkeit: Fragestellung geschlossen
Lehrer projiziert Folie „Eine Pflanze nimmt Wasser auf und befördert es nach oben: Welche Teile der Pflanze, außer dem Stängel, werden hierfür benötigt?“
Material 7.6-1 :
Folie „Eine Pflanze nimmt Wasser auf und befördert es nach oben“
Erarbei- tung
Möglichkeit 1: Hypothese (leicht) geöffnet + Planung- Experiment geöffnet + Auswertung offen
Lehrer formuliert mit den Schülern zusammen eine Hypothese .
Schüler planen (in Gruppen) eigene Experimente, mit denen sie die Hypothese belegen oder widerlegen können .
Schüler führen ihre Experimente durch und werten sie einige Tage später aus .
Erlenmeyerkolben, Becher- gläser, Gurkengläser, Rea- genzgläser, Watte, Pflanzenöl, Reagenzglasgestelle, Pflanzen, Folienstifte
Möglichkeit 2: Hypothese offen + Planung-Experiment geöffnet + Auswertung offen
Schüler formulieren (in Gruppen) eigene Hypothesen und planen eigene Experimente, mit denen sie ihre Hypothese belegen oder widerlegen können .
Schüler führen ihre Experimente durch und werten sie einige Tage später aus .
Erlenmeyerkolben, Becher- gläser, Gurkengläser, Rea- genzgläser, Watte, Pflanzenöl, Reagenzglasgestelle, Pflanzen, Folienstifte
Ergebnis- sicherung
Möglichkeit 1: Schlussfolgerung (leicht) geöffnet
Besprechung der Ergebnisse der Schüler und gemeinsa- mes Ziehen von Schlussfolgerungen
Lehrer erklärt den Schülern, wie es zum Wassertransport kommt .
Möglichkeit 2: Schlussfolgerung offen Besprechung der Ergebnisse
Schüler recherchieren (Internet, Literatur), wie die Pflan- zenteile Einfluss ausüben.