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Archiv "Richtlinien zur Organtransplantation gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 TPG" (25.03.2011)

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Der Vorstand der Bundesärztekammer hat in seiner Sitzung vom 17. bis 18. Februar 2011 auf Empfehlung der Ständigen Kom- mission Organtransplantation Folgendes beschlossen:

Die Richtlinien zur Organtransplantation gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 und 5 TPG in der Fassung vom 23.01.2010 (Dtsch Arztebl 2010, 107[3]: A 111), zuletzt geändert am 09.08.2010 (Dtsch Arztebl 2010; 107[31–32]: A 1532–1541) werden wie folgt geändert:

A. Die Richtlinien für die Warteliste zur Lebertransplanta - tion und die Richtlinien für die Organvermittlung zur Lebertransplantation werden aufgehoben und als Richtli- nien für die Wartelistenführung und die Organver- mittlung zur Lebertransplantation wie folgt neu gefasst.

„I. Allgemeine Grundsätze für die Aufnahme in die Warteliste zur Organtransplantation

1. Für die Aufnahme von Patienten in die Warteliste zur Or- gantransplantation wird der Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr.

2 des Transplantationsgesetzes (TPG) von der Bundesärz- tekammer in Richtlinien festgestellt.

2. Über die Aufnahme in die Warteliste legt § 13 Abs. 3 Satz 1 TPG fest: „Der behandelnde Arzt hat Patienten, bei denen die Übertragung vermittlungspflichtiger Organe medizinisch angezeigt ist, mit deren schriftlicher Ein - willigung unverzüglich an das Transplantationszentrum zu melden, in dem die Organübertragung vorgenommen werden soll.“

Vermittlungspflichtige Organe sind nach § 1 a Nr. 2 TPG das Herz, die Lungen, die Leber, die Nieren, die Bauch- speicheldrüse und der Darm postmortaler Spender.

3. Eine Organtransplantation kann medizinisch indiziert sein, wenn Erkrankungen

– nicht rückbildungsfähig fortschreiten oder durch einen ge- netischen Defekt bedingt sind und das Leben gefährden oder die Lebensqualität hochgradig einschränken und – durch die Transplantation erfolgreich behandelt werden

können.

4. Kontraindikationen einer Organtransplantation können sich anhaltend oder vorübergehend aus allen Befun- den, Erkrankungen oder Umständen ergeben, die das Operationsrisiko erheblich erhöhen oder den länger- fristigen Erfolg der Transplantation infrage stellen wie

– nicht kurativ behandelte bösartige Erkrankungen, so- weit sie nicht der Grund für die Transplantation sind,

– klinisch manifeste oder durch Immunsuppression erfah- rungsgemäß sich verschlimmernde Infektionserkran- kungen,

– schwerwiegende Erkrankungen anderer Organe, – vorhersehbare schwerwiegende operativ-technische

Probleme.

Die als Beispiele genannten möglichen Kontraindikatio- nen gelten insbesondere dann nur eingeschränkt, wenn die Transplantation eines weiteren Organs indiziert ist.

Auch die unzureichende oder sogar fehlende Mitarbeit des Patienten (Compliance) kann zu einer Kontraindika- tion werden. Compliance eines potenziellen Organemp- fängers bedeutet über seine Zustimmung zur Transplan- tation hinaus seine Bereitschaft und Fähigkeit, an den erforderlichen Vor- und Nachuntersuchungen und -be- handlungen mitzuwirken. Compliance ist kein unverän- derliches Persönlichkeitsmerkmal, sondern kann aus verschiedenen Gründen im Laufe der Zeit schwanken.

Deren Fehlen kann auch auf sprachlichen Schwierigkei- ten beruhen. Anhaltend fehlende Compliance schließt die Transplantation aus. Bevor die Aufnahme in die Warteliste aus diesem Grund ärztlich endgültig abge- lehnt wird, ist der Rat einer weiteren, psychologisch er- fahrenen Person einzuholen. Die behandelnden Ärzte müssen sowohl bei der Aufnahme in die Warteliste als auch nach der Transplantation auf die Compliance ach- ten und hinwirken.

5. Über die Aufnahme in die Warteliste zur Organtrans- plantation ist insbesondere nach Notwendigkeit und Er- folgsaussicht zu entscheiden (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 TPG).

Patienten können dann in die jeweilige Warteliste aufge- nommen werden, wenn die Organtransplantation mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Lebensverlängerung oder eine Verbesserung der Lebensqualität erwarten lässt als die sonstige Behandlung. Die Gründe für oder gegen die Aufnahme in die Warteliste sind von dem dar - über entscheidenden Arzt zu dokumentieren. Bei der Entscheidung über die Aufnahme ist jeweils zu prüfen, ob die individuelle medizinische Situation des Patien- ten, sein körperlicher und seelischer Gesamtzustand den erwünschten Erfolg der Transplantation erwarten lassen:

das längerfristige Überleben, die längerfristig ausrei- chende Transplantatfunktion und die verbesserte Le- bensqualität. Für diese Beurteilung sind die Gesamt - umstände zu berücksichtigen. Dazu gehört auch die Compliance.

6. Vor Aufnahme in die Warteliste zur Transplantation ist der Patient über die Erfolgsaussicht, die Risiken und die längerfristigen medizinischen, psychologischen und so- B U N D E S Ä R Z T E K A M M E R

Bekanntmachungen

Richtlinien zur Organtransplantation

gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 TPG

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zialen Auswirkungen der bei ihm vorgesehenen Trans- plantation aufzuklären. Hierzu gehört auch die Aufklä- rung über die notwendige Immunsuppression mit den po- tenziellen Nebenwirkungen und Risiken sowie die Not- wendigkeit von regelmäßigen Kontrolluntersuchungen.

Zudem ist der Patient darüber zu unterrichten, an welche Stellen seine personenbezogenen Daten übermittelt wer- den.

7. Die Entscheidung über die Aufnahme eines Patienten in die Warteliste trifft das Transplantationszentrum im Rah- men seines Behandlungsspektrums und unter Berücksich- tigung der individuellen Situation des Patienten. Gege - benenfalls ist der Patient über die Möglichkeiten der Aufnahme in die Warteliste eines anderen Zentrums zu informieren.

8. Bei der Aufnahme in die Warteliste ist der Patient darauf hinzuweisen, dass ausnahmsweise ein ihm vermitteltes Organ aus zentrumsinternen organisatorischen oder per- sonellen Gründen nicht rechtzeitig transplantiert werden kann. Vorsorglich für diese Situation muss der Patient entscheiden, ob er die Transplantation in einem anderen Zentrum wünscht oder ob er auf das angebotene Organ verzichten will. Die Entscheidung des Patienten ist zu dokumentieren. Gegebenenfalls empfiehlt sich eine vor- herige Vorstellung des Patienten mit seinen Behandlungs- unterlagen im vertretenden Zentrum.

9. Die Führung der Warteliste obliegt dem jeweils betreuen- den Transplantationszentrum. Für die jeweiligen Aktuali- sierungen wie Dringlichkeitsänderungen oder Ab- und Ummeldungen von Patienten bleibt es auch dann verant- wortlich, wenn es dabei von einer anderen Organisation unterstützt wird. Die Transplantationszentren wirken auf regelmäßige Kontrolluntersuchungen der Wartelistenpa- tienten hin. Sie überprüfen und dokumentieren während der Wartezeit die Entscheidung in angemessenen Zeitab- ständen.

Besteht bei einem auf der Warteliste geführten Patienten vorübergehend eine Kontraindikation gegen die Trans- plantation, wird er als „nicht transplantabel“ (NT) einge- stuft und bei der Organvermittlung nicht berücksichtigt.

Besteht die Kontraindikation nicht mehr, ist der Patient umgehend wieder in der Warteliste mit der dann aktuell gegebenen Dringlichkeit als transplantabel zu melden.

Der Patient ist jeweils über seinen Meldestatus auf der Warteliste von einem Arzt des Transplantationszentrums zu informieren.

10. Zur Überprüfung bisheriger und Gewinnung neuer Er- kenntnisse der medizinischen Wissenschaft auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet kann nach vor- heriger Unterrichtung der Vermittlungsstelle und der Bundesärztekammer im Rahmen medizinischer For- schungsvorhaben für eine begrenzte Zeit und eine be- grenzte Anzahl von Patienten von dieser Richtlinie abge- wichen werden, sofern durch die Vermittlungsstelle keine Einwände erhoben werden. Die Bewertung der zuständi- gen Ethikkommission oder die Entscheidung der zustän- digen Genehmigungsbehörde bleiben unberührt. Die Ver- mittlungsstelle und die Bundesärztekammer sind nach Abschluss der jeweiligen Studie zeitnah über das Ergeb- nis zu unterrichten.

II. Allgemeine Grundsätze für die Vermittlung postmortal gespendeter Organe

1. Rechtliche Grundlagen, medizinische Definitionen und Leitgedanken a) Vermittlungspflichtige Organe (Herz, Lungen, Leber,

Nieren, Bauchspeicheldrüse und Darm postmortaler Spender) werden zur Transplantation in einem deut- schen Transplantationszentrum gemäß dem Transplan- tationsgesetz (TPG) und dem von der Bundesärzte- kammer in Richtlinien festgestellten Stand der Er- kenntnisse der medizinischen Wissenschaft (§ 16 Abs.

1 Satz 1 Nr. 5 TPG) vermittelt. Dabei sind die Warte - listen der Transplantationszentren für das jeweilige Organ als bundeseinheitliche Warteliste zu behandeln.

Die Richtlinien sind für die Vermittlungsstelle, die Vermittlungsentscheidungen für die Transplantations- zentren verbindlich.

b) Die vermittlungspflichtigen Organe dürfen nur – gemäß den §§ 3 und 4 TPG entnommen,

– nach Vermittlung durch die Vermittlungsstelle und – in dafür zugelassenen Transplantationszentren trans-

plantiert werden (§ 9 Abs. 1 und § 10 TPG).

c) Die Vermittlung muss insbesondere nach Erfolgsaussicht und Dringlichkeit erfolgen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 TPG) und dem Grundsatz der Chancengleichheit entsprechen. Der Chancengleichheit dient insbesondere, dass die Wartelis- ten der Transplantationszentren für das jeweilige Organ bei der Vermittlung als bundeseinheitliche Warteliste zu behandeln sind (§ 12 Abs. 3 Satz 2 TPG).

d) Kriterien des Erfolgs einer Transplantation sind die län- gerfristig ausreichende Transplantatfunktion und ein da- mit gesichertes Überleben des Empfängers mit verbesser- ter Lebensqualität. Die Erfolgsaussichten unterscheiden sich nach Organen, aber auch nach definierten Patienten- gruppen.

e) Der Grad der Dringlichkeit richtet sich nach dem gesund- heitlichen Schaden, der durch die Transplantation verhin- dert werden soll.

Patienten, die ohne Transplantation unmittelbar vom Tod bedroht sind, werden bei der Organvermittlung vorrangig berücksichtigt.

Bei Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden wird berücksichtigt, dass ihre Entwicklung ohne Transplanta - tion in besonderer Weise beeinträchtigt oder anhaltend gestört wird.

f) Chancengleichheit der Organzuteilung bedeutet zum einen, dass die Aussicht auf ein vermitteltes Organ ins- besondere nicht von Wohnort, sozialem Status, finan- zieller Situation und der Aufnahme in die Warteliste ei- nes bestimmten Transplantationszentrums abhängen darf. Zum anderen sollen schicksalhafte Nachteile möglichst ausgeglichen werden. Dem dienen unter an- derem die Berücksichtigung der Wartezeit und die rela- tive Bevorzugung von Patienten mit einer seltenen Blutgruppe oder bestimmten medizinischen Merkma- len wie seltene Gewebeeigenschaften und Unverträg- lichkeiten.

g) Die Transplantationszentren sind verpflichtet, der Ver- mittlungsstelle die für die Vermittlungsentscheidung und deren Auswertung benötigten Daten zu übermitteln.

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h) Zur Überprüfung bisheriger und Gewinnung neuer Er- kenntnisse der medizinischen Wissenschaft auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet kann nach vor- heriger Unterrichtung der Vermittlungsstelle und der Bundesärztekammer im Rahmen medizinischer For- schungsvorhaben für eine begrenzte Zeit und eine be- grenzte Anzahl von Patienten von dieser Richtlinie ab- gewichen werden, sofern durch die Vermittlungsstelle keine Einwände erhoben werden. Die Bewertung der zu- ständigen Ethikkommission oder die Entscheidung der zuständigen Genehmigungsbehörde bleiben unberührt.

Die Vermittlungsstelle, die Bundesärztekammer und ggf. die Koordinierungsstelle sind nach Abschluss der jeweiligen Studie zeitnah über das Ergebnis zu unter- richten.

2. Verfahren der Organvermittlung

Das einzelne Transplantationszentrum kann im Rahmen seines Behandlungsspektrums der Vermittlungsstelle allgemeine Ak- zeptanzkriterien für die Annahme von Spenderorganen für die in die jeweilige Warteliste aufgenommenen Patienten mitteilen (Zentrumsprofil). Darüber hinaus kann das Transplantationszen- trum mit dem einzelnen Patienten nach angemessener Aufklä- rung persönliche Akzeptanzkriterien absprechen (Patientenpro- fil). Das Patientenprofil kann sich im Laufe der Wartezeit ändern und ist gegenüber der Vermittlungsstelle unverzüglich zu aktuali- sieren. Die Weitergabe der für den Patienten wesentlichen Ak- zeptanzkriterien des Patientenprofils setzt die informierte Ein- willigung des Patienten oder seines bevollmächtigten Vertreters voraus.

Jedes Organ wird nach spezifischen Kriterien unter Verwen- dung eines Allokationsalgorithmus vermittelt. Die Gewichtung der Allokationsfaktoren wird fortlaufend gemäß dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft überprüft und an- gepasst. Jede Vermittlungsentscheidung und ihre Gründe sind zu dokumentieren. Dies gilt auch für die Ablehnung eines angebote- nen Spenderorgans.

Für die Allokation vermittlungspflichtiger Organe gilt die Rei- henfolge: thorakale Organe, Leber, Dünndarm, Pankreas, Niere.

Im Rahmen kombinierter Organtransplantationen erfolgt die Allokation gemäß den Regeln des nach dieser Reihenfolge füh- renden Organs.

Darüber hinaus werden die Voraussetzungen bevorzugter kombinierter Transplantationen nichtrenaler Organe jeweils im Besonderen Teil geregelt; in jedem Fall ist dafür ein Auditverfah- ren bei der Vermittlungsstelle durchzuführen.

Änderungen bei der Organklassifikation, die sich erst nach erfolgtem Organangebot gegenüber einem Transplantations- zentrum ergeben, werden nicht mehr berücksichtigt, auch wenn diese zu einer anderen Zuteilung geführt hätten. Das Zentrum wird über diese Änderungen informiert. Entscheidet es sich – gegebenenfalls in Absprache mit dem vorgesehenen Empfänger –, das Angebot daraufhin abzulehnen, wird die Allokation unter Verwendung der neuen Organklassifikation wieder aufgenom- men.

Voraussetzung für die Organvermittlung an einen Patienten ist seine Aufnahme in die Warteliste eines Transplantationszen- trums und seine Registrierung bei der Vermittlungsstelle mit den für die Vermittlung notwendigen aktuellen medizinischen Daten.

Die Aufnahme eines Patienten in die Warteliste zur Organ- transplantation verpflichtet das Transplantationszentrum sicher- zustellen, dass ein für ihn alloziertes Organ transplantiert werden kann, soweit keine medizinischen oder persönlichen Hinde- rungsgründe aufseiten des Empfängers vorliegen.

Deshalb muss jedes Transplantationszentrum dafür sorgen, dass es selbst oder ein es vertretendes Zentrum

– über die Annahme eines Organangebots jederzeit und unverzüglich entscheiden kann, und zwar bei der Transplantation allein der Niere in der Regel innerhalb von 60 Minuten, in allen anderen Fällen in der Regel innerhalb von 30 Minuten, und

– ein akzeptiertes Organ unverzüglich transplantiert, um die Ischämiezeit möglichst kurz zu halten; dies schließt ein, dass der Patient, dem das Organ transplantiert wer- den soll, in angemessener Zeit für die Transplantation vorbereitet und gegebenenfalls in das Zentrum trans- portiert werden kann.

Ist das Transplantationszentrum dazu nicht in der Lage, muss es dies der Vermittlungsstelle unter Angabe der Gründe unver- züglich mitteilen.

Lässt sich das Transplantationszentrum länger als eine Woche zusammenhängend vertreten, hat es alle Patienten der betroffe- nen Warteliste, die sich nicht für eine bedarfsweise Transplantati- on in einem anderen Zentrum entschieden haben, zu informieren.

3. Allokation von eingeschränkt vermittelbaren Organen 3.1. Ausgangssituation

Die Vermittlungsfähigkeit postmortal gespendeter Organe kann durch Funktionsminderungen oder durch Vorerkrankungen der Spender eingeschränkt sein. Eine exakte Definition von Kriterien für diese unter bestimmten Umständen dennoch gut funktionsfähi- gen Organe ist wegen der Vielfalt von Ursachen und Einzelheiten nicht möglich. Viele dieser Organe können unter den besonderen Bedingungen, wie sie das modifizierte und das beschleunigte Ver- mittlungsverfahren (siehe 3.3.) vorsehen, erfolgreich transplantiert werden. Damit kann ein Organverlust verhindert werden.

Voraussetzung für die Vermittlung nach einem der beiden be- sonderen Verfahren sind die Angabe der allgemeinen Akzeptanz- kriterien durch das einzelne Zentrum gegenüber der Vermitt- lungsstelle und die mit dem einzelnen Patienten abgesprochenen persönlichen Akzeptanzkriterien.

Generell ist die Vermittlungsstelle verpflichtet, auch für ein - geschränkt vermittelbare Organe ein Vermittlungsverfahren durchzuführen und dabei die Zentrums- und Patientenprofile zu berücksichtigen.

3.2. Kriterien für die Einschränkung der Vermittlungsfähigkeit

Die Vermittlungsfähigkeit von Organen wird unter anderem durch schwerwiegende Erkrankungen in der Vorgeschichte des Spenders oder durch Komplikationen im Verlauf seiner tödlichen Erkrankung oder Schädigung oder durch Komplikationen vor oder bei der Organentnahme eingeschränkt, insbesondere durch

– Maligne Tumoren in der Anamnese, – Drogenabhängigkeit,

– Virushepatitis (jeweils alternativ HBS Ag+, anti-HBC+

oder anti-HCV+),

– Sepsis mit positiver Blutkultur, – Meningitis.

(4)

Im Einzelfall muss die Einschränkung der Vermittlungsfähig- keit von den an der Organentnahme beteiligten Ärzten beurteilt werden.

Auch Domino-Transplantate gelten als eingeschränkt ver- mittlungsfähig. Domino-Transplantate sind Organe, die einem Empfänger im Rahmen der Transplantation eines Spender - organs entnommen werden und anderen Patienten übertragen werden können.

3.3. Besondere Vermittlungsverfahren 3.3.1. Modifiziertes Vermittlungsverfahren

Organe sollen unter den in Abschnitt 3.2. beschriebenen Vor - aussetzungen nur solchen Transplantationszentren für solche Patienten angeboten werden, für die sie nach dem Zentrums- und dem Patientenprofil in Betracht kommen. Im Übrigen erfolgt die Vermittlung nach den allgemeinen Regeln für das jeweilige Organ.

3.3.2. Beschleunigtes Vermittlungsverfahren

Die Vermittlungsstelle ist zu diesem Verfahren berechtigt, wenn – eine Kreislaufinstabilität des Spenders eintritt oder – aus logistischen oder organisatorischen Gründen ein

Organverlust droht oder

– aus spender- oder aus organbedingten Gründen drei Zentren das Angebot eines Herzens, von Lungen, eines Pankreas oder einer Leber oder fünf Zentren das Ange- bot einer Niere abgelehnt haben.

Im beschleunigten Vermittlungsverfahren gilt für jedes Organ- angebot eine Erklärungsfrist von maximal 30 Minuten. Wenn sie überschritten wird, gilt das Angebot aus organisatorischen Grün- den als abgelehnt.

Um die Ischämiezeit möglichst kurz zu halten, werden Organe im beschleunigten Vermittlungsverfahren primär innerhalb einer Region angeboten. Die Vermittlungsstelle stellt dabei dem Zen- trum oder den Zentren eine Liste von potenziellen Empfängern zur Verfügung, nach der das Zentrum oder die Zentren den ge- genwärtig am besten geeigneten Empfänger in der Reihenfolge der Auflistung auswählen. Wenn Patienten aus mehr als einem Zentrum in Betracht kommen, wird das Organ dem Patienten zugeteilt, für den die Akzeptanzerklärung des zuständigen Zentrums als erste bei der Vermittlungsstelle eingegangen ist.

Die Zentren müssen die Gründe für ihre Auswahlentscheidung gegenüber der Vermittlungsstelle dokumentieren.

3.4. Evaluation

Neben der Dokumentation der Auswahlentscheidung sollen die Ergebnisse der Transplantation aller eingeschränkt vermittel - baren Organe von der Vermittlungsstelle fortlaufend besonders dokumentiert und jeweils in Abständen von zwei Jahren auf der Grundlage eines gemeinsamen Berichts der Vermittlungs- und der Koordinierungsstelle evaluiert werden, soweit die organ - spezifischen Richtlinien nichts anderes bestimmen.

Die Transplantationszentren sind verpflichtet, der Vermitt- lungsstelle die für die Evaluation benötigten Daten zu übermit- teln.

4. Sanktionen

Bei einem Verstoß gegen die Richtlinien zur Organvermittlung entfallen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Transplan-

tation (§ 9 Abs. 1 Satz 2 TPG), und es liegt eine Ordnungswidrig- keit vor (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 TPG). Wird der Vermittlungsstelle ein Verstoß bekannt oder hat sie zureichende tatsächliche Anhalts- punkte dafür, unterrichtet sie die nach § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 TPG gebildete Prüfungskommission. Diese entscheidet über die Information der zuständigen Bußgeldstelle.

III. Besondere Regelungen zur Lebertransplantation 1. Gründe für die Aufnahme in die Warteliste

Eine Lebertransplantation kann angezeigt sein bei nicht rückbil- dungsfähiger, fortschreitender, das Leben des Patienten gefähr- dender Lebererkrankung, wenn keine akzeptable Behandlungsal- ternative besteht und keine Kontraindikationen für eine Trans- plantation vorliegen. Daneben kommen als Indikation für eine Lebertransplantation auch solche genetischen Erkrankungen in- frage, bei denen der genetische Defekt wesentlich in der Leber lokalisiert ist und dieser durch eine Transplantation korrigiert werden kann.

Patienten können in die Warteliste zur Lebertransplantation aufgenommen werden, wenn die Überlebenswahrscheinlichkeit und/oder die Lebensqualität mit Transplantation größer ist als ohne. Die häufigsten Indikationsgruppen sind Leberzirrhose, Krebserkrankungen der Leber, genetische und metabolische Er- krankungen, cholestatische Lebererkrankungen und akutes Le- berversagen.

2. Einschränkungen der Aufnahme in die Warteliste 2.1. Alkoholinduzierte Zirrhose

Bei Patienten mit alkoholinduzierter Zirrhose erfolgt die Aufnah- me in die Warteliste erst dann, wenn der Patient für mindestens sechs Monate völlige Alkoholabstinenz eingehalten hat.

2.2. Bösartige Erkrankungen

Bei Patienten mit bösartigen Erkrankungen muss vor der Auf- nahme in die Warteliste sowie durch regelmäßige Kontrollen während der Wartezeit ein extrahepatisches Tumorwachstum ausgeschlossen sein.

Patienten in fortgeschrittenen Stadien bösartiger Erkrankun- gen sollen nur im Rahmen von kontrollierten Studien (z. B. zur Prüfung adjuvanter Therapiemaßnahmen) transplantiert werden.

Im Übrigen wird auf die Studienklausel (siehe Allgemeine Grundsätze für die Aufnahme in die Warteliste zur Organtrans- plantation, Punkt 10) verwiesen.

2.3. Metabolische/genetische Erkrankungen

Patienten mit metabolischen/genetischen Erkrankungen können in die Warteliste aufgenommen werden, wenn die Folgen des De- fekts unmittelbar zu irreversiblen Schäden zu führen beginnen oder wenn abzusehen ist, dass ein weiteres Abwarten solche Fol- gen für den Patienten in nächster Zukunft unabwendbar mit sich bringen würde.

2.4. Akutes Leberversagen

Bei Patienten mit akutem Leberversagen kann die Indikation zur Transplantation gestellt werden, wenn die hierfür entwickelten Prognosekriterien die Notwendigkeit einer solchen Transplanta- tion anzeigen.

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Danach werden Patienten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Transplantation benötigen, wenn folgende Befunde erhoben werden (King’s-College-Krite- rien):

Prothrombinzeit > 100 sec (= Quick < 7 % bzw. INR > 6,7) oder mindestens drei der Folgenden:

● ungünstige Ätiologie, – kryptogene Hepatitis, – Halothan-Hepatitis, – Medikamententoxizität,

● Ikterus mehr als 7 Tage vor Enzephalopathie,

● Alter < 10 Jahre oder > 40 Jahre,

● Prothrombinzeit > 50 sec (= Quick < 15 % bzw.

INR > 4),

● Serum Bilirubin > 300 mmol/l.

Spezialkriterien für die Paracetamolintoxikation:

● arterieller pH < 7,3

● oder alle drei Folgenden:

– Prothrombinzeit > 100 sec (= Quick < 7 % bzw.

INR > 6,7),

– Kreatinin > 300 mmol/l, – Enzephalopathie Grad 3 oder 4.

Bei Empfängern mit viraler Hepatitis soll die Transplantations - indikation unter den folgenden Bedingungen gestellt werden (Clichy-Kriterien):

● Enzephalopathie Grad 3 und 4 und

● Faktor V < 20 % bei Empfängern < 30 Jahre oder

● Faktor V < 30 % bei Empfängern > 30 Jahre.

3. Gründe für die Ablehnung einer Aufnahme in die Warteliste Als Gründe für die Ablehnung einer Aufnahme in die Warteliste gelten die im Allgemeinen Teil genannten Kriterien.

4. Beurteilung der Dringlichkeit einer Transplantation

Ein Maß für die Dringlichkeit einer Transplantation ist der MELD-Score (MELD = Model for Endstage Liver Disease). Der MELD-Score ermöglicht eine Einschätzung der Wahrscheinlich- keit für Patienten im Endstadium einer Lebererkrankung, inner- halb von drei Monaten zu sterben.

Für die meisten Patienten kann der MELD-Score aus den La- borwerten von Serumkreatinin, Serumbilirubin und Prothrom- binzeit (International Normalized Ratio, INR) berechnet werden.

Dies ist der berechnete MELD-Score, der sogenannte labMELD (siehe 5.2.2.1.).

Für einen kleinen Teil der Patienten wird die Dringlichkeit der Transplantation durch den labMELD nicht adäquat ausgedrückt.

Diesen Patienten wird auf Antrag ein MELD-Score zugewiesen, der sogenannte matchMELD. Der matchMELD entspricht einem MELD-Score, wie er sich hinsichtlich Dringlichkeit und Erfolgs- aussicht für vergleichbare Patienten mit anderen Lebererkran- kungen berechnet (siehe 5.2.2.2.).

Entsprechend wird für einen Patienten bei Aufnahme in die Warteliste der labMELD berechnet oder auf Antrag ein match- MELD zugewiesen.

5. Kriterien für die Allokation von Lebern

5.1. Blutgruppenidentität und -kompatibilität (A-B-0-System) Voraussetzung für die Organtransplantation ist die Blutgruppenkom- patibilität zwischen Spender und Empfänger. Um aber eine gleich- mäßige und zeitgerechte Verteilung zu gewährleisten, erfolgt die Al- lokation nach den folgenden Regeln. In jeder Dringlichkeitsstufe wird der zu transplantierende Empfänger zunächst nach der Blut- gruppenidentität ausgewählt. Sofern kein blutgruppenidentischer Empfänger vermittelt werden kann, gilt Blutgruppenkompatibilität.

5.1.1. Organspender < 46 kg

5.1.1.1. Dringlichkeitsstufe HU, Erwachsene

5.1.1.2. Dringlichkeitsstufe HU, Kinder

5.1.1.3. kombinierte Organtransplantation, Erwachsene und Kinder

5.1.1.4. MELD-Score ≥ 30, s. 5.2.2.

5.1.1.5. MELD-Score < 30, s. 5.2.2.

Spender-Blutgruppe A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A und AB B und AB AB A, B, AB und 0 Spender-Blutgruppe

A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A und AB B und AB AB B und 0

Spender-Blutgruppe A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A und AB B und AB AB A, B, AB und 0

Spender-Blutgruppe A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A und AB B und AB AB B und 0

Spender-Blutgruppe A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A und AB B und AB AB

0

(6)

5.1.1.6. Kinder

5.1.2. Organspender ≥ 46 kg, Erwachsene und Kinder 5.1.2.1. Dringlichkeitsstufe HU

5.1.2.2. kombinierte Organtransplantation

5.1.2.3. MELD-Score ≥ 30

5.1.2.4. MELD-Score < 30

5.1.3. Zweiter Teil der Leber bei Leberteiltransplantation, Erwachsene und Kinder

5.2. Dringlichkeitsstufen

5.2.1. Dringlichkeitsstufe High Urgency (HU)

Bei Patienten in akut lebensbedrohlicher Situation (High Urgen- cy, HU) droht ohne Transplantation der Tod in wenigen Tagen.

Sie werden daher vorrangig vor allen anderen Patienten bei der Organzuteilung berücksichtigt.

Indikationen für eine Zuerkennung des HU-Status können sein: akutes Leberversagen, akutes Transplantatversagen in- nerhalb von 14 Tagen nach Transplantation, akute Dekom- pensation bei Morbus Wilson und Budd-Chiari-Syndrom, le- bensbedrohliches Lebertrauma und anhepatischer Zustand als Folge eines akuten Leberversagens mit toxischem Lebersyn- drom.

Innerhalb der HU-Patienten erfolgt die Organverteilung nach der Wartezeit innerhalb der Dringlichkeitsstufe HU.

5.2.2. Elektive Allokation bei erwachsenen Empfängern (≥ 16 Jahre) In der Gruppe der elektiven Patienten wird grundsätzlich nach Dringlichkeit der Transplantation alloziert. Maß für die Dring- lichkeit der Transplantation ist der MELD-Score (MELD = Mo- del for Endstage Liver Disease). Der MELD-Score ermöglicht eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit für Patienten im End- stadium einer Lebererkrankung, innerhalb von drei Monaten zu sterben.

**In jeder Dringlichkeitsstufe erfolgt die Auswahl zu transplantierender Empfänger zunächst nach der Blutgruppenidentität. Sofern kein blutgruppenidentischer Empfänger vermittelt werden kann, gilt Blutgruppenkompatibilität.

Spender-Blutgruppe A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A (AB)**

B (AB)**

AB 0 (A, B, AB)**

Spender-Blutgruppe A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A und AB B und AB AB B und 0

Spender-Blutgruppe A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A und AB B und AB AB A, B, AB und 0

Spender-Blutgruppe A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A und AB B und AB AB B und 0

Spender-Blutgruppe A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A und AB B und AB AB

0

Spender -Blutgruppe A B AB

0

Empfänger-Blutgruppe A und AB B und AB AB A, B, AB und 0

TABELLE 1

Eckpunkte der MELD-Score-Äquivalente

MELD Score

6 10 15 20 22 24 26 27 28 29 30 31 32 33 35 36 37 38 39 40 41 42

3-Monats-Mortalität

1 % 2 % 5 % 11 % 15 % 21 % 28 % 32 % 37 % 43 % 49 % 55 % 61 % 68 % 80 % 85 % 90 % 93 % 96 % 98 % 99 % 100 %

(7)

5.2.2.1. Berechneter MELD-Score (labMELD)

Der MELD-Score wird berechnet aus den Laborwerten von Se - rumkreatinin (in mg/dl), Serumbilirubin (in mg/dl) und Prothrom- binzeit (International Normalized Ratio, INR). Laborwerte, die niedriger als 1,0 liegen, werden zum Zweck der Berechnung auf 1,0 gesetzt. Der maximale Serum-Kreatininwert wird auf 4,0 mg/

dl begrenzt (d. h., für Patienten mit einem Kreatininwert > 4,0 mg/dl wird der Kreatininwert auf 4,0 mg/dl festgesetzt). Ebenso wird der Kreatininwert bei Dialysepatienten zum Zweck der Be- stimmung des MELD-Scores auf 4 mg/dl festgesetzt.

Der MELD-Score wird wie folgt berechnet:

10 {0,957 × Log

e (Kreatinin mg/dl) + 0,378 × Log

e (Bilirubin mg/dl) + 1,120 × Log

e (INR) + 0,643}

Der so errechnete Wert wird auf ganze Zahlen gerundet und auf maximal 40 begrenzt.

Für die Aktualisierung der Berechnung des MELD-Scores gelten die folgenden Regeln:

Erfolgt innerhalb der angegebenen Fristen keine Rezertifizie- rung, wird der MELD-Score durch die Vermittlungsstelle auf den Wert 6 zurückgestuft.

5.2.2.2. Zugewiesener MELD-Score (matchMELD)

In Ausnahmefällen wird die Dringlichkeit der Transplantation durch den labMELD nicht adäquat ausgedrückt. Auf Antrag des Transplantationszentrums wird diesen Patienten ein MELD- Score zugewiesen, der sogenannte matchMELD. Der match- MELD entspricht einem MELD-Score, wie er sich hinsichtlich Dringlichkeit und Erfolgsaussicht für vergleichbare Patienten mit anderen Lebererkrankungen berechnet.

Erfüllt die Erkrankung eines Patienten die in Tabelle 3 spezifi- zierten Standardkriterien, weist ihm der medizinische Dienst der Vermittlungsstelle den zugehörigen matchMELD zu.

Erfüllt in Ausnahmefällen die Erkrankung eines Patienten kei- ne der in Tabelle 3 spezifizierten Standardkriterien, begründet das Transplantationszentrum in einem Antrag an die Vermitt- lungsstelle, warum der labMELD die Dringlichkeit einer Trans- plantation bei diesem Patienten und seinem Krankheitsbild nicht adäquat widerspiegelt (sog. Non-Standard Exception). Von der Vermittlungsstelle wird daraufhin ein Auditverfahren durchge- führt, um zu klären, ob ein vom labMELD abweichender match-

MELD zuerkannt werden kann. Wird der Antrag von der Audit- gruppe akzeptiert, erhält der Patient einen initialen matchMELD, der einer 3-Monats-Letalität von 15% entspricht. Dieser wird in 3-Monats-Schritten entsprechend einer Zunahme der 3-Monats- Letalität von 10 % erhöht.

Basierend auf diesen durch die Auditgruppe beurteilten Aus- nahmefällen (Non-Standard Exceptions) werden – wenn medizi- nisch sinnvoll und aufgrund der Datenlage möglich – neue Vor- schläge für Standardkriterien erarbeitet, die der Ständigen Kom- mission Organtransplantation (zur Ergänzung dieser Richtlinie) vorgelegt werden.

Darüber hinaus werden alle Standardkriterien regelmäßig durch die Ständige Kommission Organtransplantation überprüft und ggf. an den jeweiligen Stand der medizinischen Wissen- schaft angepasst.

Hat ein Patient nach Zuweisung eines matchMELD zu einem späteren Zeitpunkt einen höheren labMELD, so wird dieser höhere MELD-Score bei der Allokation berücksichtigt.

Die Höherstufung des matchMELD erfolgt nach Überprüfung in 3-Monats-Schritten.

Die Allokation erfolgt bei erwachsenen Patienten nach dem MELD-Score in absteigender Reihenfolge, so dass Patienten mit dem höchsten Sterblichkeitsrisiko auf der Warteliste und damit der höchsten Dringlichkeit die höchste Priorität besitzen.

5.3. Konservierungszeit/Wartezeit

Die sofortige und adäquate Funktionsaufnahme der transplantier- ten Leber ist für den Verlauf und den Erfolg nach Transplantation entscheidend. Neben spenderbedingten Faktoren (z. B. Alter, Verfettung, Intensivverlauf) ist ganz besonders die Dauer der Konservierung (kalte Ischämiezeit) für die Frühfunktion von Be- deutung. Eine möglichst kurze kalte Ischämiezeit ist daher anzu- streben und bei der Organallokation zu berücksichtigen. Es ist anzunehmen, dass durch die Nutzung der Informations- und Or- ganisationsstrukturen in den gebildeten Organentnahmenregio- nen die Ischämiezeiten verkürzt werden können. Deshalb wird bei Patienten mit gleichem MELD-Score der regionale Empfän- ger bevorzugt. Danach erfolgt die Allokation nach Wartezeit.

Hierzu werden die zusammenhängenden Tage der Wartezeit mit diesem und ggf. einem unmittelbar vorausgehenden, höheren MELD-Score berücksichtigt. Ist auch diese Wartezeit identisch, erfolgt die Allokation nach der Gesamtwartezeit.

5.4. Lebertransplantation bei Kindern und Jugendlichen (unter 16 Jahren) Bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren muss die Wartezeit möglichst kurz gehalten werden. Wegen der problematischen Größenverhältnisse sollen zunächst alle Organe von Spendern un- ter 46 kg Körpergewicht primär für die Lebertransplantation von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren vermittelt werden.

Dazu erfolgt die Allokation mit Hilfe eines matchMELD-Scores in absteigender Reihenfolge, so dass eine Transplantation nach Möglichkeit innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden kann.

Hierzu wird der initiale matchMELD einer 3-Monats-Mortalität von 15 % entsprechend festgesetzt. Sind Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nach drei Monaten auf der Warteliste noch nicht trans- plantiert, wird der matchMELD entsprechend einer Zunahme der 3-Monats-Mortalität um 10 % erhöht. Hat ein Kind oder ein Jugend- licher unter 16 Jahren einen höheren labMELD als den nach den vorgenannten Regeln festgesetzten matchMELD, so wird dieser höhere labMELD-Score bei der Allokation berücksichtigt.

TABELLE 2

Aktualisierungen von Dringlichkeitsstufen und Laborwerten Dringlichkeitsstufe HU

MELD ≥ 25

MELD ≤ 24, > 18

MELD ≤ 18, ≥ 11

MELD ≤ 10, > 0

Rezertifizierung nach 7 Tagen Rezertifizierung nach 7 Tagen Rezertifizierung nach 1 Monat Rezertifizierung nach 3 Monaten Rezertifizierung nach 12 Monaten

Laborwerte nicht älter als 48 Stunden

Laborwerte nicht älter als 48 Stunden

Laborwerte nicht älter als 7 Tage

Laborwerte nicht älter als 14 Tage

Laborwerte nicht älter als 30 Tage

(8)

TABELLE 3

matchMELD-Standardkriterien (Standard Exceptions) Erkrankung

Hepatozelluläres Karzinom (HCC)

Nichtmetastasierendes Hepatoblastom

Adulte polyzystische Degeneration der Leber (APDL)

Primäre Hyperoxalurie Typ 1 (PH1)

Persistierende Dysfunk- tion (auch „small for size“

Leber) mit Indikation zur Retransplantation

Zystische Fibrose (Mukoviszidose) Familiäre Amyloidotische Poly - neuropathie (FAP)

Kriterien

matchMELD-Kriterien:

Patient hat einen Tumor zwischen 2 und 5 cm bzw. bis zu 3 Tumoren kleiner als 3 cm Größe, ist frei von extrahepatischen Metastasen und makrovaskulär invasivem Wachstum (entsprechend den „Mailand-Kriterien“).

Diagnose des HCC:

1. Durch Biopsie oder

2. AFP > 400 ng/ml und ein positiver Befund mit Hypervaskularisation mit Hilfe eines bildgeben- den Verfahrens (Spiral-CT, MRT, Angiographie) oder

3. zwei positive Befunde mit Hypervaskularisation mit Hilfe zweier verschiedener bildgebender Verfahren (Spiral-CT, MRT, Angiographie). Zwei verschiedene Techniken müssen verwendet worden sein.

Zusätzlich:

1. Patienten müssen (auch) zum Zeitpunkt der Höherstufung in 3-Monats-Schritten die Mailand- Kriterien erfüllen.

2. Patienten, die im Verlauf nachweisbar die o. g. matchMELD-Kriterien aufwiesen, jedoch zum Zeitpunkt der Anfrage durch Behandlung nur noch eine Läsion < 2 cm oder keine Läsion mehr aufweisen, erfüllen ebenfalls die matchMELD-Kriterien für das hepatozelluläre Karzinom (HCC).

Besteht bei einem Patienten ein HCC mit Läsionen, die nicht durchgehend (sondern z. B. erst durch Downstaging) die Mailand-Kriterien erfüllen, sind auch die Standardkriterien nicht erfüllt.

matchMELD-Kriterien:

1. Patient ist < 16 J. alt;

2. Durch Leberbiopsie bewiesenes, nichtmetastasierendes Hepatoblastom;

3. Patient ist ein geeigneter Lebertransplantationskandidat.

matchMELD-Kriterien (mindestens 1):

1. Aszites oder Varizenblutungen;

2. Budd-Chiari-like-Syndrom mit hepatovenöser Ausflussbehinderung durch Zysten (CT/MRT, Venographie);

3. Eingeschränkte Möglichkeit zur Zystenfenestrierung wg. Aszites;

4. Hochgradige Malnutrition (verminderter Armumfang beim nichtdominanten Arm: Männer:

< 23,8 cm, Frauen: < 23,1 cm);

5. Dialyseabhängigkeit in Kombination mit einem Kriterium 1–4 (ggf. kombinierte Leber-Nieren- Transplantation);

6. Kreatinin-Clearance 20–30 ml/min in Kombination mit einem Kriterium 1–5 (ggf. kombinierte Leber-Nieren-Transplantation).

AGT-Defizit-Nachweis in Leberbiopsie in allen Fällen.

Anmeldung zur präemptiven Lebertransplantation ohne signifikanten Nierenschaden.

Anmeldung zur kombinierten Leber-Nieren-Transplantation ohne terminale Niereninsuffizienz.

Patienten ≥ 1 Jahr und Anmeldung zur kombinierten Leber-Nieren-Transplantation mit terminaler Niereninsuffizienz und Nierenersatztherapie.

Feststellung der Retransplantationsindikation durch das Zentrum. Die Indikation kann bis zu 3 Monate nach Transplantation gestellt werden.

Zudem müssen mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sein:

1. Bilirubin ≥ 10 mg/dl;

2. INR ≥ 1,5;

3. Aszites;

4. Ischemic Type Biliary Lesions, ITBL (Gallengangsischämie).

Lebertransplantation bei FEV1 > 40 %, sonst kombinierte Leber-Lungen-Transplantation

matchMELD-Kriterien (Erfüllung von 1 und 2 und mindestens 1 Kriterium aus 3–5):

1. Biopsie mit Nachweis von Amyloidablagerung in einem Organ;

2. Nachweis einer TTR-Genmutation (DNA-Analyse oder Massenspektrometrie (Val30Met vs. Non-Val30Met)).

Zusätzlich:

3. Neurologische Symptomatik bzw. modifizierter Polyneuropathy Disability (PND) Score von < IIIb;

4. Modifizierter BMI (mBMI) > 700 (mBMI = {Gewicht [kg]/Länge [m]2}*S-Albumin [g/L]);

5. Bei geplanter, alleiniger Lebertransplantation: Ausschluss einer klinisch apparenten kardialen Funktionsstörung und/oder keine lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen und/oder keine Kardiomyopathie mit einer EF < 40 % ± NYHA-II-Symptome.

Bei Vorliegen einer Herzbeteiligung und linksventrikulärer Wanddicke > 12 mm sollte eine kombinierte Herz-Leber-Transplantation erwogen werden.

Die FAP-Leber sollte, wenn möglich, zur Domino-Lebertransplantation verwendet werden.

Initialer matchMELD – entsprechend einer 3-Monats-Mortalität von:

15 %

MELD 30

10 %

10 % 10 % 15 %

Summe aus 3-Monats-Letalität gemäß labMELD und 20 % 3-Monats-Letalität

10 %

15 %

Höherstufung des matchMELD in 3-Monats-Schritten – entsprechend einer Zu- nahme der 3-Monats- Mortalität von:

+10 %

falls nach 30 Tagen kein Organ vermittelt werden konnte, Zuerkennung des HU-Status +10 %

+10 % +10 % +10 %

Anpassung des labMELDs nach Laborwerten jederzeit möglich

+10 %

+10 %

(9)

5.4.1. Kinder (unter 12 Jahren)

Bei Kindern unter 12 Jahren erfolgt die Allokation mit Hilfe ei- nes matchMELD, so dass eine Transplantation nach Möglichkeit innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden kann. Hierzu wird der initiale matchMELD einer 3-Monats-Mortalität von 35 % entsprechend festgesetzt. Sind Kinder unter 12 Jahren nach drei Monaten auf der Warteliste noch nicht transplantiert, wird der matchMELD entsprechend einer Zunahme der 3-Monats- Mortalität um 15 % erhöht. Hat ein Kind unter 12 Jahren einen höheren labMELD als den nach den vorgenannten Regeln fest - gesetzten matchMELD, so wird dieser höhere labMELD-Score bei der Allokation berücksichtigt.

5.4.2. Jugendliche (über 12 Jahre und unter 16 Jahren)

Bei Jugendlichen erfolgt die Allokation nach dem labMELD.

5.5. Bevorzugte kombinierte Organtransplantation

Unter Berücksichtigung von Indikation und Erfolgsaussicht er- folgt eine vorrangige Allokation für Lebertransplantationen in Kombination mit anderen nichtrenalen Organen, wenn diese Kombinationen nach Prüfung durch die Auditgruppe als beson- ders dringlich angesehen werden. Somit ergibt sich folgende Al- lokationsreihenfolge: Gruppe der HU-Patienten > Patienten für eine bevorzugte kombinierte Organtransplantation > Gruppe der elektiven Patienten.

Erkrankung

Hepatopulmonales Syndrom

Portopulmonale Hypertension

Harnstoffzyklusdefekte

Morbus Osler

Hepatisches Hämangioendotheliom

Biliäre Sepsis

Primär sclerosierende Cholangitis (PSC)

Cholangiokarzinom

Allokation bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren siehe 1.4.

Kriterien

Kriterien (alle Kriterien müssen erfüllt sein):

1. PaO2 < 60 mmHg (im Sitzen bei Raumluft);

2. Keine weitere pulmonale Pathologie;

3. Nachweis intrapulmonaler Shunts und Ausschluss intrakardialer Shunts durch Kontrast-Echo- kardiographie;

4. Nachgewiesene Lebererkrankung.

Kriterien (alle Kriterien müssen erfüllt sein):

1. Mittlerer Pulmonalarteriendruck (mPAP) 25–35 mmHg (mit oder ohne Therapie);

2. Pulmonaler Gefäßwiderstand ≥ 240 dyn/sec;

3. Pumonalkapillarer Wedgedruck ≤ 15 mmHg;

4. Die genannten Messwerte müssen mittels Rechtsherzkatheter erhoben worden sein;

5. Nachgewiesene Lebererkrankung.

matchMELD-Kriterien:

1. Patient ist < 16 J. alt;

2. Bewiesene Harnstoffzyklus-Abweichung oder organische Azidämie;

3. Patient ist ein geeigneter Lebertransplantationskandidat.

Kriterien (alle Kriterien müssen erfüllt sein):

1. Symptomatische Leberbeteiligung (Shunts, Abszesse, destruierende Cholangitis, Lebernekrose);

2. Vorliegen eines hyperdynamischen Herz-Kreislauf-Syndroms mit Herzinsuffizienz durch Shunts;

3. Fachgutachten eines Kardiologen, aus dem hervorgeht, dass das hyperdynamische Herz-Kreis- lauf-Syndrom vordringlich Leber-bedingt ist (und somit die Lebertransplantation kurativ ist).

Akutes ischämisches Leberversagen im Rahmen eines Morbus Osler . Die folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:

1. Histopathologischer Nachweis eines nur wenig zellreichen Tumors mit Faktor-VIII-Expression auf den Gefäßendothelien.

2. Antrag frühestens ein Jahr nach Aufnahme auf die Warteliste zur Lebertransplantation möglich.

Die biliäre Sepsis ist nur durch Lebertransplantation sanierbar.

Zusätzlich müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

1. Mindestens zwei spontan auftretende septische Episoden in 6 Monaten (nicht interventionell verursacht, nicht interventionell sanierbar);

2. Septikämie trotz antibiotischer Therapie.

Anmerkung: Eingeschlossen sind auch Komplikationen der Lebertransplantation wie ITBL, Ischämie/Gefäßthrombose, Gallengangsnekrose, diffuser Gallengangsschaden, vanishing bile duct syndrome.

Kriterien (mindestens zwei Kriterien müssen erfüllt sein):

1. Mindestens zwei spontan auftretende klinische Sepsis-Episoden in 6 Monaten (nicht interven- tionell verursacht, nicht interventionell oder antibiotisch sanierbar);

2. Splenomegalie > 12 cm;

3. Body-mass-Index-Reduktion > 10 % in 12 Monaten.

Kriterien:

1. Biliäre Strikturen in Cholangiographie und Biopsie bzw. Zytologie mit Nachweis einer Neoplasie (Aneuploidie gilt als Neoplasie);

2. Tumortechnisch bzw. aufgrund der Lebererkrankung nicht resezierbar;

3. Läsion (CT/MRT) < 3 cm im Durchmesser;

4. Keine intra- oder extrahepatischen Metastasen im CT/MRT (Thorax, Abdomen), keine Beteili- gung regionaler Lymphknoten (Ausschluss in Laparotomie);

5. Die Transplantation sollte im Rahmen einer prospektiven Studie erfolgen.

Initialer matchMELD – entsprechend einer 3-Monats-Mortalität von:

15 %

25 %

MELD 30

15 %

MELD 40 15 %

Summe aus 3-Monats- Letalität gemäß lab- MELD und 20 % 3-Mo- nats-Letalität

Summe aus 3-Monats- Letalität gemäß lab- MELD und 20 % 3-Mo- nats-Letalität

10 %

Höherstufung des matchMELD in 3-Monats-Schritten – entsprechend einer Zu- nahme der 3-Monats- Mortalität von:

+10 %

+10 %

falls nach 30 Tagen kein Organ vermittelt werden konnte, Zuerkennung des HU-Status +10 %

+10 %

Anpassung des lab- MELDs nach Laborwer- ten jederzeit möglich

Anpassung des lab- MELDs nach Laborwer- ten jederzeit möglich

+10 %

(10)

5.6. Leberteiltransplantation

Bei geeigneten Spenderlebern kann im Interesse der Versorgung von zwei Patienten mit einem Transplantat die Möglichkeit der Organteilung (Lebersplit) erwogen werden. Dieses Verfahren wird derzeit vor allem bei Kindern, jedoch auch bei Erwachsenen angewendet.

Erhält ein Patient von der Vermittlungsstelle ein sich aus der Warteliste ergebendes postmortales Leberangebot, so wird die Leber zu Zwecken der Transplantation geteilt, sofern es für eine Durchführung der Transplantation medizinisch erforderlich ist.

Die Leber kann darüber hinaus geteilt werden, sofern die Er- folgsaussichten der Transplantation für diesen Patienten nicht unvertretbar beeinträchtigt werden.

Eine Ischämiezeit von weniger als zwölf Stunden für die Teil- lebertransplantate ist anzustreben.

Die für die Allokation von Teillebern erforderlichen Angaben (Segmentverteilung und Ablaufzeiten) meldet das teilende Zen- trum unmittelbar an die Vermittlungsstelle.

Wegen der speziellen medizinischen Bedingungen bei Emp- fängern einer Teilleber gelten die folgenden Allokationsregeln.

5.6.1. Asymmetrischer Lebersplit

Im Falle eines asymmetrischen Lebersplits, d. h. bei der Teilung in einen linkslateralen Lappen (Segmente 2 und 3) und einen er- weiterten rechten Lappen (anatomisch rechter Leberlappen plus Segment 4 [Segmente 4 bis 8]), handelt es sich bei dem erweiter- ten rechten Lappen in der Regel nicht um ein Organ mit einge- schränkter Vermittelbarkeit.

5.6.1.1. Primäre Zuteilung für ein Kind als Empfänger

Bei geplanter Teilung primär für ein Kind als Empfänger des linkslateralen Lappens soll der verbleibende erweiterte rechte Leberlappen nur solchen Transplantationszentren für diejenigen Patienten angeboten werden, die nach dem Zentrums- und dem Patientenprofil für die Transplantation eines erweiterten rechten Leberlappens in Betracht kommen. Im Übrigen erfolgt die Ver- mittlung nach den allgemeinen Regeln für das jeweilige Organ.

5.6.1.2. Primäre Zuteilung für einen erwachsenen Empfänger

Bei geplanter Teilung primär für einen Erwachsenen als Empfän- ger des erweiterten rechten Leberlappens sind für die konseku - tive Zuteilung des verbleibenden linkslateralen Lappens die Regeln des beschleunigten Vermittlungsverfahrens zu beachten.

5.6.2. Symmetrischer Lebersplit

Bei geplanter Teilung einer primär entsprechend den Richtlinien zur Organvermittlung allozierten Leber durch einen symmetri- schen Lebersplit, d. h. bei der Teilung der Leber in den anato- misch rechten (Segmente 5 bis 8) und den anatomisch linken Le- berlappen (Segmente 2 bis 4), sind für die konsekutive Zuteilung des jeweils verbleibenden Lebersplits die Regeln des beschleu- nigten Vermittlungsverfahrens zu beachten.

6. Verfahrensweise bei der Organvermittlung

Die Regeln der Organallokation der vermittlungspflichtigen Le- ber-Spenderorgane sind regelmäßig auf ihre Validität zu überprü- fen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Qualitätssiche- rung ist jährlich zu klären, ob die Entwicklung der medizinischen Wissenschaft eine Änderung der Kriterien oder ihrer Gewich- tung erforderlich macht. Dazu berichtet die Vermittlungsstelle

der Ständigen Kommission Organtransplantation jährlich, insbe- sondere auch zu den in anderen Ländern über Auditverfahren vermittelten Organen für sogenannte Non-Standard Exceptions.

Die Transplantationszentren sind verpflichtet, der Vermittlungs- stelle die dafür notwendigen Daten zu übermitteln.

7. Expertengruppe Lebertransplantation (Auditgruppe) 7.1. Aufgaben der Auditgruppe und Verfahren

7.1.1. HU-Verfahren

Ein Patient, der zur dringlichen Transplantation (Dringlichkeits- stufe HU) angemeldet wird, muss sich in dem anmeldenden Transplantationszentrum in stationärer Behandlung befinden.

Die Einstufung in die Dringlichkeitsstufe HU trifft der medizini- sche Dienst der Vermittlungsstelle. In Ausnahmefällen führt die Vermittlungsstelle zur Feststellung der Dringlichkeit ein Audit- verfahren durch.

7.1.2. Kombinierte Lebertransplantation

Bei Patienten, bei denen eine Lebertransplantation in Kombination mit anderen nichtrenalen Organen vorgesehen ist, wird von der Vermittlungsstelle auf Antrag des Transplantationszentrums ein Auditverfahren durchgeführt, um zu klären, ob im Einzelfall unter Berücksichtigung von Indikation und Erfolgsaussicht eine vorran- gige Allokation vor elektiven Transplantationen angezeigt ist.

7.1.3. Zuweisung eines matchMELD bei Nichtvorliegen von Standard - kriterien (Non-Standard Exceptions)

Für Patienten mit Krankheitsbildern, deren Dringlichkeit der Transplantation durch den labMELD nicht adäquat ausgedrückt wird und für die (noch) keine Standardkriterien festgelegt wur- den, wird von der Vermittlungsstelle ein Auditverfahren durch - geführt, um zu klären, ob eine Non-Standard Exception besteht (siehe 5.2.2.2.).

7.2. Zusammensetzung der Auditgruppe und Verfahren

Die Auditgruppe besteht aus drei in der Lebertransplantation er- fahrenen Ärzten aus verschiedenen Zentren im Vermittlungsbe- reich der Vermittlungsstelle, nicht jedoch aus dem anmeldenden Zentrum. Die Mitglieder der Auditgruppe werden von der Ver- mittlungsstelle benannt.

Die Entscheidung der Auditgruppe ist mehrheitlich zu treffen und erfolgt im Falle des HU-Verfahrens unverzüglich und für die anderen Auditverfahren zeitnah unter Beachtung der medizini- schen Dringlichkeit. Jedes Votum wird begründet und bei der Vermittlungsstelle dokumentiert.

Die Reevaluation erfolgt auf Veranlassung des anmeldenden Zentrums für die Dringlichkeitsstufe HU nach sieben Tagen und für Standard und Non Standard Exceptions nach drei Monaten.

7.3. Evaluation

Die Auditverfahren sollen von der Vermittlungsstelle fortlaufend gesondert dokumentiert und evaluiert werden. Darüber ist der Ständigen Kommission Organtransplantation regelmäßig, jeden- falls jährlich zu berichten, um ggf. neue Erkenntnisse zeitnah in die Richtlinie einzuarbeiten.

Die Transplantationszentren sind verpflichtet, der Vermitt- lungsstelle die für die Evaluation der Audits notwendigen Daten zu übermitteln.

(11)

8. Allokation von eingeschränkt vermittelbaren Organen 8.1. Kriterien für die Einschränkung der Vermittelbarkeit

Es gelten die im Allgemeinen Teil genannten Kriterien für die Ein- schränkung der Vermittelbarkeit (II. 3.2.). Daneben bestehen für die Lebertransplantation spezifizierte erweiterte Spenderkriterien.

Dies sind alternativ:

– Alter des Spenders > 65 Jahre,

– Intensivtherapie einschließlich Beatmung des Spenders

> 7 Tage,

– Adipositas des Spenders mit BMI > 30, – Fettleber (histologisch gesichert) > 40 %,

– S-Natrium > 165 mmol/l (letzter Wert vor der Spender- meldung),

– SGOT oder SGPT > 3 x normal (letzter Wert vor der Spendermeldung) oder

– S-Bilirubin > 3 mg/dl (letzter Wert vor der Spendermel- dung).

Im Einzelfall muss es der Einschätzung der an der Organentnah- me beteiligten Ärzte überlassen bleiben, ob erweiterte Spender- kriterien vorliegen. Dies gilt insbesondere auch, wenn im Laufe des Vermittlungsverfahrens oder des Organspendeprozesses gravierende Beeinträchtigungen, zum Beispiel der Kreislauf - stabilität des Spenders, auftreten, die eine beschleunigte Organ- entnahme, Allokation und Transplantation notwendig machen.

8.2. Evaluation

Die Verfahrensevaluation für die Leberallokation von eingeschränkt vermittelbaren Organen soll jährlich vorgenommen werden.“

B. Die Richtlinien für die Warteliste zur Dünndarmtrans- plantation und die Richtlinien für die Organvermittlung zur Dünndarmtransplantation werden aufgehoben und als Richtlinien für die Wartelistenführung und die Or- ganvermittlung zur Dünndarmtransplantation wie folgt neu gefasst.

„I. Allgemeine Grundsätze für die Aufnahme in die Warteliste zur Organtransplantation

Hinweis: Die unter A. für die Richtlinien für die Wartelis- tenführung und die Organvermittlung zur Lebertransplanta- tion neu gefassten Abschnitte I. und II. gelten gleichlautend für die Richtlinien für die Wartelistenführung und die Or- ganvermittlung zur Dünndarmtransplantation. Aus Platz- gründen wird auf einen wiederholten Abdruck verzichtet und dafür auf die obigen Ausführungen unter A. verwiesen.

II. Allgemeine Grundsätze für die Vermittlung postmortal gespendeter Organe

[siehe Hinweis zu I.]

III. Besondere Regelungen zur Dünndarmtransplantation 1. Gründe für die Aufnahme in die Warteliste

Die Indikation zur Dünndarmtransplantation ist derzeit eine lebenslange totale parenterale Ernährung (TPE), bedingt durch

a) Kurzdarmsyndrom, b) funktionelle Störungen,

c) semimaligne Tumoren (z. B. Desmoid) oder

d) Strahlenenteritis bei Rezidivfreiheit von mehr als 5 Jahren.

2. Gründe für die Ablehnung einer Aufnahme in die Warteliste Als Gründe für die Ablehnung einer Aufnahme in die Warteliste gelten die im Allgemeinen Teil genannten Kriterien.

3. Kriterien für die Allokation von Dünndärmen 3.1. Blutgruppenkompatibilität (A-B-0-System)

Voraussetzung für die Organtransplantation ist die Blutgruppen- kompatibilität zwischen Spender und Empfänger.

3.2. Zytotoxische Antikörper

Werden beim Empfänger spenderspezifische zytotoxische Anti- körper festgestellt, ist eine Kreuzprobe („Cross-match“) durch- zuführen. Ein positiver Befund stellt eine Kontraindikation dar.

3.3. Wartezeit

Die Wartezeit ist ein bedeutsamer Faktor für die Prognose. Auf- grund der erhöhten Infektionsgefahr, Sterblichkeit und der fort- schreitenden Verschlechterung des Gesamtzustandes, stellt diese somit einen besonderen Dringlichkeitsfaktor dar. Wird der Pa- tient nach einer NT-Klassifikation wieder transplantabel, ist die vor der NT-Listung bereits registrierte Wartezeit anzurechnen. Die insgesamt zu berücksichtigende Wartezeit ist derzeit auf zwölf Mo- nate zu begrenzen. Die Wartezeit wird in Tagen berechnet.

3.4. Ischämiezeit

Eine sofortige und adäquate Funktionsaufnahme des Transplan- tats ist ein entscheidender Vorteil für einen langfristigen Trans- plantationserfolg. Daher ist eine möglichst kurze Ischämiezeit anzustreben und bei der Organallokation zu berücksichtigen.

Da derzeit die operative Technik der Dünndarmentnahme noch nicht in allen Regionen ausreichend geübt und Standards vereinbart worden sind, muss dem Empfängerzentrum die Mög- lichkeit eingeräumt werden, die Entnahme des Dünndarms selbst durchzuführen. Der Zeitpunkt der Entnahme ist mit dem jeweili- gen Zentrum abzustimmen.

3.5. Übereinstimmung der HLA-Merkmale

Anders als bei Nierentransplantationen spielt die HLA-Kompa - tibilität für das Ergebnis der Dünndarmtransplantation derzeit keine Rolle. Ob eine Änderung notwendig wird, muss an dem jeweiligen aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft ge- messen und entschieden werden.

3.6. Dünndarmtransplantation bei Kindern

Bei Kindern im Wachstumsalter muss die Wartezeit möglichst kurz gehalten werden. Unter Berücksichtigung von Indikation

Spender-Blutgruppe 0 A B AB

Empfänger-Blutgruppe 0, A, B, AB

A, AB B, AB AB

(12)

und Erfolgsaussicht erfolgt eine vorrangige Allokation für die kombinierte Leber-Dünndarm-Transplantation, da Kinder bei diesem Krankheitsbild oft eine Zirrhose entwickeln (vgl. 3.7.).

Wegen der problematischen Größenverhältnisse sollen zu- nächst alle Organspender unter 45 kg Körpergewicht für die Dünndarmtransplantation vermittelt werden.

3.7. Kombinierte Organtransplantation

Unter Berücksichtigung von Indikation und Erfolgsaussicht er- folgt eine vorrangige Allokation für Dünndarmtransplantatio- nen in Kombination mit anderen Organen (z. B. Leber), wenn diese Kombinationen nach Prüfung durch das Auditkomitee für das andere Organ als sinnvoll und dringlich angesehen werden.“

C. Inkrafttreten

Die Änderungen zu den unter A. und B. genannten Richtlinien treten am Tag nach Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt in Kraft.

[Hinweis: Der Wortlaut der jeweils geltenden Richtlinien ist abrufbar unter: www.bundesaerztekammer.de/organtransplantation]

Korrespondenzanschrift:

Bundesärztekammer Dezernat VI

Herbert-Lewin-Platz 1 10623 Berlin

K A S S E N Ä R Z T L I C H E B U N D E S V E R E I N I G U N G

Bekanntmachungen

Beschluss

des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Änderung der Arzneimittel-Richtlinie in Anlage III Nummer 12: Antidiarrhoika

Vom 21. Oktober 2010

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Sitzung am 21.

Oktober 2010 die Änderung der Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arznei- mittel-Richtlinie) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22.

Januar 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31. März 2009), zuletzt geän- dert am 20. Januar 2011 (BAnz. S. 746), beschlossen:

I.

Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie wird in Nummer 12 nach dem ersten Spiegelstrich um folgenden Spiegelstrich ergänzt:

„12. Antidiarrhoika, [. . .]

– ausgenommen Escherichia coli Stamm Nissle 1917 (mind. 108 vermehrungsfähige Zellen/Dosiseinheit) bei Säuglingen und Kleinkindern zusätzlich zu Rehydratationsmaßnahmen [. . .].“

II.

Die Änderung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Bun- desanzeiger in Kraft.*

Die tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf der Home- page des Gemeinsamen Bundesausschusses unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 21. Oktober 2010

Gemeinsamer Bundesausschuss gemäß §91 SGB V

Der Vorsitzende Hess

* Redaktionelle Anmerkung der KBV: Der Beschluss ist am 5. März 2011 in Kraft getreten.

Fortbildungsseminar

„Medizin und Ökonomie“

4. bis 8. April – Bundesärztekammer, Berlin

Das Verständnis betriebswirtschaftlicher Abläufe in der statio- nären und ambulanten Versorgung ist für Ärztinnen und Ärzte in ihrer täglichen Arbeit von wachsender Bedeutung.

Gravierende Veränderungen im Gesundheitswesen zwingen die Akteure, permanent ihre Prozess- und Arbeitsorganisation zu verbessern und ihre wirtschaftlichen und personellen Potenziale zu optimieren. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind deshalb fundierte Kenntnisse im Bereich der Ökonomie notwendig.

Das Seminar „Medizin und Ökonomie“ ist Teil einer Fortbil- dungsreihe der Bundesärztekammer, die sich mit den ökonomi- schen Aspekten der ärztlichen Tätigkeit befasst. Die Veranstal- tung wendet sich an Ärzte in Klinik und Praxis, die Interesse an den ökonomischen Rahmenbedingungen des Arztberufs haben und sich für neue sektorenübergreifende Versorgungsformen in- teressieren.

Themen: Ökonomische Rahmenbedingungen des deutschen Gesundheitswesens – Einführung in die Grundlagen der Betriebs- wirtschaft – Gesetzliche Rahmenbedingungen der stationären Versorgung in Deutschland – Zukunft der stationären Versor- gung; Entwicklung der Trägerstrukturen, wirtschaftliche Aspek- te – Zukunft und Aufbau der Selbstverwaltung: Herausforde- rungen an die Ärztekammern – MDK-Prüfung, Stichproben – Grundlagen und Besonderheiten der Finanzierung im statio - nären Sektor G-DRG-Fallpauschalenvergütung – Rahmen ärzt- licher Tätigkeit: Normen, Umsetzungen, praktische Tipps – Ärztliche Führung – Personalmanagement – Arbeiten in Medi- zinischen Versorgungszentren – Round-Table-Gespräch zu den Perspektiven des Gesundheitswesens aus gesundheitsökonomi- scher und ärztlicher Sicht

Die Teilnahmegebühr beträgt 650 Euro einschließlich Tagungs - unterlagen und Verpflegung.

Die Veranstaltung wurde von der Ärztekammer Berlin mit 40 Fortbildungspunkten anerkannt.

Nähere Informationen erhalten Sie bei der Bundesärzte - kammer, Dezernat 1, Leiterin Frau Dr. Engelbrecht, Telefon:

030 400456-410, cme@baek.de. …

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