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\fliss enschaftsrat
Empfehlungen zu
Aufgaben, Organisation und Ausbau der medizinischen
Forsdrungs- und Ausbildungsstätten
VerabscJriedet am 9.
luli
1976Herausgegeben vom Wissens&aftsrat, Marienburger Stra-8e 8, 5000 Kölu 5t
1 111,3)I:t,....X
InhaIt
Vorbemerkung
Seite
1t
Einleitung
131, Aufgaben der Hodrsdrulen
in
der Ausbildung, der Weiter-bildung und der
Fortbildung
13'
2. ArztlidreTätigkeitsfelder
143. Bedeutung der
Allgemeinmedizin
14.
4. Ausbildung für nidrtärztlidre Berufe im Gesundheitswesen 155. Organisation von Forsdrung, Lehre und Krankenversorgung 15
6. Konsequenzen der Kostenentwicklung 16
7. Ausbau der medizinisdten Forschungs- und
Ausbildungs-
tstätten und
Arztebedarf
178. Medizinisdre Forschung und Ausbildung und allgemeine
gesundheitspolitisdre
Uberlegungen
l8A. Ausbildung von Arzten und niötärztlidtem Personal I. Ausbildung der Arzte bis zur Approbation
1. Ziel und Inhalt der medizinisdren Ausbildung a) Ausbildungsziel
b) Inhalt und Fortsdrreibung der Gegenstandskataloge c) Verbindung von naturwissensöaftlidr-theoretisdren und
klinisdren Fädrern
d) Entwiddung und Institutionalisierung neuer Stoffgebiete e) Praxisbezug der Ausbildung
.
f) Vertiefungsfadr2. Durdrführung der Lehre bis zum Absdrluß des zweiten klinisdren Ausbildungsabsdrnittes
a) Lehrveranstaltungen in kleinen Gruppen, Seminare, Vorlesungen
19
19 20
2l
22 24 24 25 27
28
b) Einsatz audio-visueller Medien
c) Organisatorisdre Probleme; Studienkommission und Studienkoordinator
3. Famulatur
4. Ausbildung im dritten klinischen Studienabsdrnitt (Praktisdres Jahr)
a) Ausbildungsorte
b) In die Ausbildung einzubeziehende Fädrer c) Duröführung der Ausbildung
d) Ausstattung der Lehrkrankenhäuser
e) Zusammenwirken zwisdren Hodrsdrulen und Lehr- krankenhäusern
f) Besondere Probleme der Studenten 5. Prüfungen
a) Prüfungsverfahren
b) Erarbeitung und Auswahl der Prüfungsfragen c) Bewertung der Prüfungsergebnisse
d) Abstimmung von Lehr- und Prüfungsstoff
e) Formen der Erfolgskontrolle bei den praktisdren Ubungen 6. Vorschlag für einen medizinischen Studienplan
II. Arztlide Weiter- und Fortbildung 1. Fadrarztweiterbildung
a) Beteiligung der Hodrsdrulen an der Facharztweiterbildung
b) Stellen- und Personalplanung für die Facharztweiterbildung c) Fadrarztprüfungen
2. Arztliöe Fortbildung
IIL Ausbildung nidrtärztlidren Personals
B, Zulassung zum Medizinstudium I. Derzeitige Situation
II. Regelungsansätze aufgrund des Hochsdrulrahmengesetzes
III. Elemente eines künftigen Zulassungsverfahrens 1. Abitur
2. Probestudienjahr
32 33
35 35 37 37 40 4t 42 42 43 44 45 45 46 46
49 50 50 51 51 52
52
5B
59 60 61
3. Praktisdre Tätigkeiten 4. Testverfahren
5. Interviews
6. Studienfadrbezogene Prüfungen
IV. Stellungnahme des Wissensdraftsrates 1. Längerfristige Lösungen
2. Ubergangsregelungen
C. Forsdrung in der Medizin
I. Träger der Forsdrung und Mittelaufwand IL Forsdrungsziele
III. Strukturelle Verbesserungen der Forsdrungsbedingungen 1. Konzentration auf Forsdrung
2. Sdrwerpunktbildung und Verbundplanung 3. Zentrum für klinisdre Grundlagenforsdrung
4. Einzelne Einridrtungen zur Unterstützung der Forsdrung a) Zentralregister
b) Diensileistungseinriötungen
IV. Verbesserung der personellen Bedingungen der Forsdrung 1. Aufbaustudium
2. Förderung der personellen Mobilität und des internationalen Austausdres
3, Probleme des Personaleinsatzes
V. Transferprobleme und ethisdre Gesichtspunkte 1. Transferprobleme
2. Ethisdre Gesidrtspunkte
D. Organisation und faölide Gliederung des medizinisdren Bereidrs I. Forsdrung, Lehre und Krankenversorgung als Organisationsziele
l.
Der medizinisdre Bereidr als Teil der Hodrschule62 63 66 66 67 67 6B
69 71
72 72 73 74 75 75 76 76 76
78 78 80 80 81
B3
83 B3
'11{',jt,r:t11 nr ,ii;;t 14'rt,.jtit ".1 :r'.:.:1lr!:.r. ! i::rw'äiirl
2, Prinzipien der Organisation a) Arztliöe Verantwortung b). Kooperation und Koordination
c) Verbindung von vorklinisdrer, klinisdr-theoretischer und klinisdrer Medizin
d) Funktionsgeredrte Entsdreidungsträger
3. Grundsdrema der Organisation des medizinisdren Bereidrs
IL Organisationseinheiten und Organe der unteren und mittleren
Organisationsebene
881. Untere Organisationsebene:
Abteilungen
BB2. Mittlere Organisationsebene:
Zentren
89a) Aufgaben der
Zentren
89b) Orgare der
Zentren
913. Zuordnüng der einzelnen Einrichtungen zu den Zentren und 85 B5 86 86 87 87
III. Leitungsorgane und Aufgaben auf der Ebene des Gesamt-
bereidrs, Verwaltung und
Haushalt
981. Organe für Entsdreidungen in Angelegenheiten von Forsdrung
und
Lehre
982. Oigane für Entsdreidungen in Angelegenheiten der Kranken- Abteilungen
a) Bettenbereidre
b) Polikliniken
c) Einridrtungen der Intensivpflege d) Einrichtungen der Nactrsorge e) Notaufnahme
f) Spezielle Dienstleistungseinridrtungen
g) Dezentral angesiedelte Arbeitsgruppen h) Elektronisdre Datenverarbeitung
versorgung
a) Zweistufiges Modell der Leitungsstruktur b) Einstufiges Modell der Leitungsstruktur
c) Sonderregelung bei Zuordnung zweier Klinika zu einer Hodrsdrule
3. Regelungen des Zusammenwirkens 4. Verwaltung des medizinisdren Bereicüs 5. Haushalt
IV. Vorsöläge für die Gliederung in Zentren und Abteilungen
91 91 93 93 95 96 96 97 97
99 101 103
103 104
IM
106
108
j,-
Weiterentwiddung der Organisationsstrukturen I. Kritik am gegenwärtigen Organisationsmodell
II. Mögliökeiten der besseren Nutzung bestehender Einridttungen 1. Stärkere Einbeziehung der Polikliniken
2. Einbeziehung von Einridrtungen außerhalb der Hochsdrulen
III. Ansätze für längerfristige Umstrukturierungen
F. Personalstruktur in der Medizin
I. Grundsätze für Regelungen zur Personalstruktur
1. Verbindung von Forsöung, Lehre und Krankenversorgung 2. Qualifikationsziele
3. Funktionsgliederung im Krankenhaus und ärztlide Verantwortung
IL Qualifikationsphasen
L
Erwerb und Nadrweis der wissensdaftlidren Qualifikation a) Promotionb) Habilitation c) Berufung
2. Ärztliche Qualifikation
IIL Ausfüllung der Regelungen des Hodrsdrulrahmengesetzes 1. Durdrgangsstellen
a) Assistenzärzte
b) Oberärzte 2. Dauerstellen
a) Leitende Ärzte b) Funktionsärzte
125 125
127 127
t28 t2s
133
133 133 134 134
135 135 135 136 137 137
137 139 139 142 143 143 1rß
IV. Regelung der Lehrverpfliötung des wissensdraftlidrea Personals 144
1. BerüdrsiÖtigung von Aufgaben in der Krankenversorgung 144
2. Handhabung der
Lehrverpflidrtung
1453. Berüdrsidrtigung der
Doktorandenbetreuung
146G. Arztlidre Nebentätigkeit
I. Grundsätze für eine Regelung der Nebentätigkeit II. Vorsdrläge für künftige Regelungen
1. Gegenstand der Nebentätigkeit
2. Zur Nebentätigkeit beredrtigter Personenkreis 3. Quantitative Begrenzung der Nebentätigkeit
4. Inansprudrnahme von Personal und Einrichtungen der Hochsdrule
a) Sadrleistungen des Klinikums b) Vorteilsausgleidr
5. Verteilung der EinkünJte aus der Nebentätigkeit a) Beteiligung der Mitarbeiter
b) Poolbildung
6. Auskunftspflidrt und Inkasso
III. Ubergangsregelungen
Weiterer Ausbau der medizinisdren Forsöungs- und Ausbildungs_
stätten
I. Derzeitiger Ausbaustand Patienten- und Personalbedarf
1. Aussagegehalt von Annahmen zum patienten- und personal- bedarf
Patientenbedarf
a) Anzahl der für die Lehre erforderlidren patienten b) Bedarf an Betten und poliklinischen Untersuchungs- und
Behandlungsfällen
c) Ergebnisse der Beredrnungen Personalbedarf
a) Personalbedarf für die Krankenversorgung
b) Personalbedarf für die Lehre
c) Abstimmung des Personalbedarfs für Forsctrung, Lehre und Kraakenversorgungt
Die gegenwärtigen Verhältnisse an den HodrsÖulen
147
H.
148
149 149 151 151
152 152 153 153 154 154 155
156
164 165 167 t68 169
II.
157
158
160 162 163
,
170 171
IlL Uberlegungen zum Arztebedarf
1. Grenzen des Aussagewertes von Bedarfsprognosen 2. Voraussidrtlidre Entwiddung des Bedarfs an Arzten
a) Ersatzbedarf und Zusatzbedarf
b) Faktoren, die die Nadrfrage nadr ärztlidren Leistungen beeinflussen
c) Neuere Untersudrungen zum Arztebedarf
IV. Folgerungen für den weiteren Ausbau der medizinisdren Forschungs- und Ausbildungsstätten
Einzelne Fädter und Stoffgebiete I. Grundlagen der Medizin
1. Physik, Chemie, Biologie
a) Ziele des naturwissenschaftlidren Unterridrts
b) Unterridrt durdt Naturwissensdraftler und durdr Arzte c) Besdtränkung und Aktualisierung des Lehrstoffes 2. Anatomie, Physiologie, Biodremie
3. Medizinisdre Psydrologie und Medizinisöe Soziologie a) Medizinisdre Psychologie
b) Medizinisdre Soziologie
Kranker
3. Fadrlidre Untergliederung der psydrologisdren Medizin a) Allgemeine Psydriatrie und Sozialpsydriatrie
b) Spezialgebiete der Psydriatrie c) Psychotherapie und Psychosomatik
4. Größe und Ausstattung.der Einridrtungen der psydrologischen Medizin
t83 t73 t74 175 175 176 t7B
179
183
183 183 183 184 185 186 186 187
191 192 192 193 194
195
II. Chirurgie
1 Bedeutung der Chirurgie in der Ausbildung 2. Personalsituation in der Chirurgie
III. Psydrologisdre
Medizin
1901
Struktur- undKapazitätsmängel
1902, Aufgaben der Hochsdrulen in der Versorgung psychisdr
188 188 189
IV. Neurologie V. Allgemeinmedizin
1. Ausbildungsziel
2. Stellung der Allgemeinmedizin im Studienplan 3. Institutionalisierung der Allgemeinmedizin VL Geriatrie und Rehabilitation
196
198 198 199 200 241
203
s45 Anhang 1: Quantitative Darstellungen
Gesundheitswesen
Anhang 2: Redrenmodell poliklinischen
zur Hodrsdrulmedizin und zum
zur Ermittlung des Bedarfs an Betten und Untersudrungs- und Behandlungsfällen
Verzeictrnis der Texttabellen
1. Lehrveranstaltungen nadr Studienabsdrnitten 2, Kurzübersidrt zrir fadrlidren Gliederung
3. Sdrematisdre Darstellung der Empfehlungen des Wissen- sdraftsrates
zur
Personalstrukturder
medizinisdren For- schungs- und Ausbildungsstätten4. Berücksidrtigung der unterschiedlidren Beteiligung der Fächer an der Krankenversorgung bei Festsetzung der Lehrverpflidr- tung
Bedarf an Betten und poliklinisöen Untersudrungs- und Be- handlungsfällen für Zwed<e der Lehre
Betten sowie poliklinisdre Untersudrungs- und Behandlungs- fäI1e
je
Studienanfänger und Jahr nach den Planungsvor- sdrlägen des Wissenschaftsrates und nadr den tatsächlichen Verhältnissen an den Hodrsdrulkliniken im Jahre 1974Mitglieder des Wissenschaftsrates im Jahre 1976
Gescträftsstelle des Wissenschaftsrates im .latrre f SZO
Veröffentlichungen des Wissenschaf tsrates
4B
t2t
138
145
166 6.
172
Vorbemerkung
Der Wissensdraftsrat
hat
zuletzt 1968in
seinen Empfehlungen zur Struktur und zum Ausbau der medizinisdren Forschungs- und Ausbil- dungsstätten 1) umfassenilerzu
Problemender
medizinischen For- schung und Ausbildung Stellung genommen. Diese Empfehlungen wurden in der Zwischenzeit teilweise ergänzt und konkretisiert durch Beridrte über Besudre versdriedener medizinischer Ausbildungsstät- ten (1971) 2), Empfehlungen zum Ausbau der zahnmedizinischen For- sdrungs-und
Ausbildungsstätten (1973) 3),die
Stellungnahme zur Finanzierung von Ausbaumaßnahmen an Lehrkrankenhäusern nachdem Hodrsdrulbauförderungsgesetz (1973) 4), Empfehlungen zu Bau- vorhaben der Medizin
in
den Rahmenptänen für den Hodrschulbaus) sowie durch die Vorschläge für Modellversudre mit dreijährigen Stu- diengängen im Gesundheitswesen (1973)I.
Die vorliegenden Empfehlungen befassen sich erneut grundsätzlich mit Aufgaben, Organisation und Ausbau der medizinischen Forschungs- und Ausbildungsstätten. Die besonderen Probleme der Zahnmedizin sind
- von
einigen Einzelfragen abgesehen- nidrt
Gegenstanddieser Empfehlungen.
Wie in
fast allen Wissenschaftsgebieten haben sichin
den vergan- genen Jahren auchin
der Medizin an den Hodrschulen erhebliche Veränderungen ergeben. Zu ihnen gehören wissenschaftsimmanente Entwidrlungen ebenso wie die beträchtliche Ausweitung des Personal- bestandes, des Investitionsvolumens und der fortdauernden Ausgaben für die Hodrsdrulkliniken und medizinischen Institute. Diese Entwid<- lungen sind zum Teil durch die früheren Empfehlungen des Wissen- schaftsrates eingeleitet oder beeinflußt worden, zum Teil haben sie sich unabhängig davon ergeben. Sie machen es insgesamt notwendig1) ' WissensÖaftsrat, Empfehlunge[ ual Ausbildugsstätten, 1968, im zur Stmktur und folg,enden Medizinempfehluagen zum Ausbau der medizinisÖen von 1968. Forsdrugs- 2) Wissensdraftsrat, Beridrt über dio Ho&sdrutbesudre im Somnersemester 1971, in Empfeh'
lugen und Stellugnahmen 1972, S. 69 ff.
s) Wissens(haftsrat, Empfehlungea zum - Ausbau der zahnmedizinis&en Forsdrungs- und Aus- bildugsstätten, i! Empfehlungen ud StellugDahmea 1973, S. 117 ff.
4) ' Wissensdraftsrat, Zweite Stellungnahme zur Finanzierung von Ausbaumaßnahmen an Lehr- krankenhäusern naÖ dem Hodrsöulbauförderugsgeselz, ia EmPfehlugeD ud Stellung- nahmen 1973, S.31 ff.
5) Wissetrsdraftsrat: Empfehlungen zu Bauvorhaben der Kliaisdren Medizia im ersten
'Rahmenplan, unveröffentlidtä Dru&sadre 19?9/71, vom 13. November 1971; Empfeh- lungen ?u Bauvorhaben der Medizin im zweiten Rahmenplan 1a$ d-em -Hodrs&ulbau- förderungsgesetz, in Empfehlungen und Stellunguahmetr 1973, S' 13Jf.i Eupfehlulgen zum dritten Rähmenplan radL dem Hodrsdrulbaulörderungsgesetz, in Emplehlunqgn und Stellung- nahmen 1973, S.109; Erste bis Dritte Empfehlung zu Bauvorhaben der Medizin im vierten Rahmenplan nach dem HodrsdlulbauförderuDgsgesetz, in Empfehlungen und Stellungn-ahmen tgZa, S.tSgff.; Empfehluagen zum fünften Rahmenplan für den Hodrsdulbau, Bd'1---4, tgZS; Smptehtingen zu
"äö"te. RahneDplan für din Hoctrs&ulbau,1976, Bd.1, S.114.
6) Wissens&aftsrat, Dreijährige Studiengänge im Gesundheitswesen, Vorsdläge für Modell- versuthe,1973.
t1
zu prüfen, ob die den Medizinempfehlungen von 1968 zugrundeliegende Konzeption der gegenwärtigen Situation noch gerecht wird, welctre spezifisdren Schwierigkeiten in der Realisierung jener Empfehlungen sich ergeben haben und welche weiterführenden Uberlegungen not- wendig sind.
Die Situation zum Zeitpunkt der Verabsdriedung der vorliegenden Empfehlungen ist gekennzeichnet durch
-
die Ende 1970 erlassene Approbationsordnung für Arztel), deren schrittweise Einführung und inhaltlidre Ausgestaltung noch nicht abgeschlossen ist;-
dasMitte der
sechziger Jahre eingeleitete umfangreiche Sanie- rungs- und Neubauprogramm,im
Zuge dessen etwa die Hälfte aller medizinischen Forschungs- und Ausbildungsstätten nach weit- gehend übereinstimmenden Grundvorstellungen erneuert wird;-
dasim
Januar 1976in
Kraft getretene Hodrschulrahmengesetz2)mit
seinen Bestimmungenfür
die Organisation und Verwaltung der Hochschulen, die künftige Personalst4uktur und die künftige Ausgestaltung des Zulassungsverfahrens.Hiermit sind
für
die Hochschulmedizin grundlegende Entwicklungen bezeichnet, die eingeleitet, aber nodr nicht abgeschlossen sind und deren Durdrführung im Einzelfall noch vielfältige Schwierigkeiten auf- wirft. Ihre Ausgestaltung und kontinuierliche Fortführung mußte daherim
Vordergrund der Uberlegungen des Wissensdraftsrates stehen.Dies sdrließt freilich nicht aus, daß in den vorliegenden Empfehlungen auch
in
grundsätzlich bedeutsamen Fragen alternative Konzepte ent- wid<elt und Möglichkeiten von,,Kurskorrekturen" aufgezeigt werden.Wo die Empfehlungen den Rahmen der bestehenden Strukturen ver- lassen
-
vielleicht sogar über gesetzlidre Regelungen hinausgehen gesdrieht das mit dem Ziel, einen Anstoß für weiterführende Diskus--
sionen, gegebenenfalls für Novellierungsüberlegungen zu geben, Wie bei vielen Empfehlungen des Wissensdraftsrates versteht es sich von selbst, daß
ein Teil
der Empfehlungen (2.B. zur
Organisation der Hodrsdrulkliniken) nidrt immer und überall kurzfristig verwirklictrt, sondern nur schrittweise umgesetzt werden kann.Die Empfehlungen wurden im Ausschuß Medizin des Wissenschafts- rates und
in
zwei Arbeitsgruppen vorbereitet. Bei ihrer Erarbeitung haben zahlreiche Sadrverständige mitgewirkt, die dem \Missenschafts- rat nidrt angehören. Der Wissenschaftsrat spricht ihnen für ihre Mit- arbeit seinen besonderen Dank aus,Nach Beratung in der Wissenschaftlichen Kommission und in der Ver- waltungskommission wurden
die
Empfehlungenvon der
Vollver- sammlung des Wissenschaftsrates am g. Juli 1976 verabschiedet.1) +pprobationsord_nung für Arzte vom 28. oktober r9?0, BGBI I s. 1459, zutetzt geändert durdr g§_El"l" Verordnung zur Anderutrg der Approbationsordnug für Arzte vom"21. Mai 19TS, BGBI I S. 1257.
2) HodrsüulrahmeDgesetz vom 26. Januar 1976, BGBI I S. 185.
t2
Einleitung
Die medizinisdre Wissensdraft ersdrließt stets neue und verbesserte Mögliükeiten
in
Diagnostik und Therapie. Die Aussdröpfung dieser Möglidrkeiten erfordert einen immer komplizierter und aufwendiger arbeitenden Apparat. Dies bringt spezifische Probleme mit sidr, deren Beherrschung Voraussetzung dafür ist, daß die in dieser Entwicklung angelegten Mögliükeiten audr wirklich zur Entfaltung kommen kön- nen und nidrt in Gefährdungen-umschlagen.l.
Aufgaben der Hodrsdrulenin
der Ausbildung, der Weiterbildung und der FortbildungDer gegenwärtig erreichte Stand der medizinisdren Wissenschaft madrt eine Spezialisierung des Arztes in bestimmten Teilbereidren unerläß-
lidt.
Gerade deshalb muß die Ausbildung ntm Arzt das Gemeinsame der ärztlichen Tätigkeit betonen. Damit die Zusammenarbeit der Arzte über die Grenzen der einzelnen Spezialdisziplinen hinwegbei
der Behandlung der Kranken möglidr bleibt, müssen die Voraussetzungen der Kommunikation geschaffen und die Bereitsdraft zur Kooperation gewed<t werden.Der Wissensdraftsrat geht davon aus, daß die Vermittlung des erfor- derlidren Spezialwissens
in
erster Linie Aufgabe der Fadrarztweiter- bildung ist. Die medizinische Ausbildung an der Hodrsdrule muß dem- gegenüber die für jedes ärztliche Handeln notwendige Grundlage an Kenntnissen und Fertigkeiten schaffen und bewirken, daß der Arzt aus selbstkritischer Einsidrt in die Grenzen der eigenen Kompetenz bereit ist, kollegialen Rat zu sudren und anzunehmen.Die Ausbildungsaufgabe der Hodrsdrulen kann sidr gleidrwohl nidrt auf die Vermittlung dieser ärztlichen Grundlagenkenntnisse besdrrän- ken. Der rasdre Fortsdrritt
in
der Medizin und seine Bedeutung für die allgemeine gesundheitspolitisdre Entwicklung weisen den Univer- sitätskliniken vielmehr bedeutungsvolle Aufgaben audrin
der Fadr- arztweiterbildung undder
ärztlichen Fortbildung zu. Wegen ihrer Verantwortung für die Forschung haben die medizinischen Fakultäten und Fadlbereidrein
besonderer Weise für die Systematisierung und die Weitergabe der neugewonnenen Erkenntnisse Sorge zu tragen.Dies verlangt eine systematische Erweiterung des Angebots an Fort- bildungsveranstaltungen. Die Fadrarztweiterbildung und die ärztlictre Fortbildung dürfen trotz des versdrärften Numerus clausus nidrt ver- nadrlässigt werden, selbst wenn hierdurch Ausbildungskapazitäten gebunden werden,
die
sonstder
studentisdren Ausbildung zugute kämen.2. Ärztlidre Tätigkeitsfelder
Fortsdrritte in Diagnostik und Therapie zeigen sich besonders augen-
fällig in
den Kliniken.Hier
können die Voraussetzungenfür
einearbeitsteilige Organisation und den Einsatz aufwendiger apparativer Einridrtungen am leichtesten gesdraffen werden. Dies darf aber nidrt dazu führen, daß Ziel und Inhalt der medizinischen Ausbildung und Forsdrung einseitig an den Möglichkeiten des Krankenhauses orien-
tiert
und die Berufserwartungen der künftigen Arzte aussdrließlidr durdr diese Möglidrkeiten geprägt werden. Es ist vielmehr notwendig,in
Ausbildung und Forsdrung audr die Mögliükeiten und Probleme der ambulanten Behandlungin
angemessener Weise zu berüdcsidt- tigen. Gleidres gilt für den öffentlidren Gesundheitsdienst.Selbst im Hinblick auf die Ausbildung von Arzten, die
in
Kranken- häusern tätig sein werden, fragt es sich im übrigen, ob die aus Gründender
Forsdrung gewünschte Patientenauswahlin
den Universitäts- kliniken den Bedürfnissen der Lehrein
vollem Umfang geredrt zu werden vermag. Sie führt nicht selten zu einer Auswahl von Patienten, die nur sehr begrenzt das allgemeine Morbiditätsspektrum der Bevöl- kerung repräsentiert, während sidr die Lehre stärker mit dem"Durdr- sdrnittspatienten" auseinandersetzen müßte.
3. Bedeutung der Allgemeinmedizin
Die zunehmende Spezialisierung
in
der Medizin, die damit verbun- dene arbeitsteilige Organisation und die notwendige Schwerpunkt- bildung als Folge des wachsenden apparativen Aufwandes führen zunehmend zu Schwierigkeiten, diefür
den Patienten jeweils geeig- neten diagnostisdren und therapeutisdren Mögliükeiten aufzufinden.Aufgrund geänderter Erwartungen
wird
zudemein
immer höherer Leistungsaufwand der Medizin und der Einsatz von Spezialisten audr dort als selbstverständlich vorausgesetzt, woer
ärztlichim
Grunde nidrt geboten ist.Von besonderer Bedeutung ist deshalb ein Arzt, der aufgrund seines Uberblidcs und seiner Erfahrung die primäre ärztlidte Versorgung der Bevölkerung übernehmen kann. Hierzu gehören sowohl
die
all- gemeine Betreuungder
Patientenals
auchdie
Aufgabe,als
eine erste Anlaufstelle Orientierungs- und Steuerungsfunktionen im Systemder Gesundheitsversorgung wahrzunehmen.
Hier liegt
die wichtige Aufgabe eines Arztes für Allgemeinmedizin. Er muß aufgrund seiner Ausbildungin
der Lage sein, zu entsdreiden, wann undin
weldrem Umfange die Möglichkeiten der Allgemeinpraxis zur Diagnose und Therapie von Krankheiten ausreidren und wo die Mögli&keiten des Spezialisten oder die Einridrtungen stationärer Behandlung zum Ein- satz kommen müssen, Er muß das Vertrauen der Patienten redrtfer- tigen, ,,ProblemfälIe" redrtzeitig zu erkennen und die gebotenen Maß- nahmen ohne Verzögerung einzuleiten.t4
Der Wissensdraftsrat unterstreidrt damit die Bedeutung der Allge- meinmedizin
als
ärztliches Tätigkeitsfeld sowieals
notwendigen Aspekt der medizinischen Ausbildung. Um die für eine Tätigkeit als Allgemeinarzt erforderlidren Erfahrungen zu gewinnen, wird auch fürihn
vielfadr über das Studium hinaus eine Phase der Einübung in ärztlidres Handeln unter kollegialer Anleitung und Kooperation not- wendig sein.4. Ausbildung für nichtärztlidre Berufe im Gesundheitswesen
Die zunehmende Spezialisierung von Tätigkeiten
in
der Krankenver- sorgung bedingtdie
Notwendigkeit einer stärkeren Arbeitsteilung zwisdren Arztenund
nidrtärztlichem Personal sowieeine
engere Kooperation mit Naturwissensdraftlern. Die ärztlidre Tätigkeit benö- tigt zunehmend Hilfsfunktionen und qualifizierte Zuarbeit. Es ist des- halb erforderlidt, hierfür-
audr durdr die Hodtsdtulen-
geeignetesPersonal auszubilden,
die
Weiterbildung dieses Personalszu
ver- bessern und die Arbeitsabläufeim
Krankenhaus ebenso wiein
der ärztlidren Praxis unter diesem Aspekt funktionsgeredrtzu
organi- sieren. Die Reform herkömmlicher Ausbildungsgänge und ein verbes- sertes Weiterbildungsangebot für deren Absolventen ersdreinen dem Wissensdraftsrat hierbei ebenso bedeutsam wie die Entwidrlung neuer Ausbildungswege (2. B. Curricula für medizinisdre Physik).5. Organisation von Forsdrung, Lehre und Krankenversorgung
Wie alle Einridrtungen der Hodrsctrulen dienen auch die Universitäts- kliniken primär der Forschung und Lehre. Um der Erfüllung dieser Aufgaben
willen
betreibensie
Krankenversorgungr deren Umfang dadurdr mitbestimmt wird, daß siein
der Regel audr die Funktion überregionaler Krankenhäuser der Maximalversorgungl) wahrzuneh- men haben. Umfangund
Ausstattung eines Universitätsklinikums sollen allerdingsin
erster Linie durdr die hodrsdrulspezifisdren Auf- gaben bestimmt sein. Aus dem Wedrselspiel der damit bezeidrneten Funktionen ergeben sidr die besonderen Sdrwierigkeiten von Organi- sationsempfehlungen für die Hochsdrulmedizin.Die Bedürfnisse
der
Krankenversorgung erforderndie
Einbindung aller Organisationseinheiten eines Klinikums in ein eindeutiges Orga- nisationssdrema, das klare Zuständigkeiten und möglidtst reibungs- lose, regelhaft geordnete Funktionsabläufe garantiert' Innovation in Forsdrung und Lehre entspringt jedodr häufig aus einer Durdrbre-r) ' Unter deB Begriff ,Maximalversorgug' wird die Versorgung-von Kra'ken verstaaden, bei denen. ho6difiereniierte Verfabren in Diagnostik ud Therapie eitrgesetzt werden müssen.
Ein Krankeuhaus der Maximalversorgung muß mit den entspredrendeD medizinisÖ-te_dmisdren Einriütungen ausgestattet seini all6|Fadtdötugen -mit,ihren widrtigsten..Teil-.un-d Spezial- gebieteu iollteu -vertreten sein. Ein soldres Krankenhaus nimt gewöhnlidr überlokale Versotgugsaulgaben für einen größeren Einzugsbereidr wahr. Es verfügt in der Regel über mehr als I 000 Betten.
drung dieser Betriebsabläufe und der Zusammenführung von Methoden und Erkenntnissen bestimmter Teildisziplinen, deren Verbindung bis- her'nodr
nidrt
gesehen worden war. Es besteht insoweit ein Span-nungsfeld zwischen der auf gesicherte Erkenntnisse und eingeübte Praxis angewiesenen Krankenversorgung und der Erprobung stets neuer Kooperationsformen als einem wesentlidren Element der For- sdrung.
Die notwendige Einbeziehung der Krankenversorgung
in die
Auf- gabenstellung der Universitätsklinikenwirft
zugleidr die Frage auf,ob die Universitätskliniken hinsidrtlidr der Planungs- und Verwal- tungsaufgaben
und der
darauf bezogenen Entsdreidungszuständig- keitenim
Bereich Hodrsdrule/Kultusressort richtig'angesiedelt sind oder ob sie nicht als Einridrtungen, die zugleidr einen erheblichen Teil Krankenversorgung zu erfüllen haben,in viel
stärkerem Maße einem auf das Gesundheitswesen insgesamt bezogenen Planungsver- bund zugeordnet sein sollten,Die Spezialisierung der ärztlichen Tätigkeit findet ihren Ausdrucl« in
der
Organisationsstruktur eines Universitätsklinikums.Die in
denMedizinempfehlungen von 1968 empfohlene Auflösung der Großkli- niken herkömmlidrer Prägung und die Sdraffung kleinerer Fadrabtei- lungen für bestimmte Gebiete der ärztlidren Tätigkeit 1) ist Folge der Entwicklung der medizinisdren Wissensd:aft und Voraussetzung ihres weiteren Fortsdrreitens. Sie kann aber auch
in
eine überstäigerte Tendenzzur
Spezialisierung umschlagen unddie
Gefahr einer zu starken Absdrottung einzelner Teilgebiete gegeneinander begründen, die die notwendige übergreifende Bearbeitung des wissenschafilichen Stoffes verhindert, das zum Wohl des Kranken erforderliche Zusam- menwirken erschwert und eine wirtsdraftliche Nutzung der vorhan- denen Einridrtungen beeinträdrtigt. Es kommt deshalb darauf an,Organisationsstrukturen zu entwickeln, die dieser Gefahr entgegen- wirken können. Von besonderem Gewidrt
ist in
diesem Zusammen- hang die Förderung der Zusammenarbeit zwischen theoretisdrer, expe- rimenteller und klinisdrer Medizin.6, Konsequenzen der Kostenentwicklung
Als
Großbetriebemit
einem beträctrtlichen Etat benötigen Universi- tätskliniken eine auch betriebswirtschaftlidt effiziente Organisations- und Verwaltungsstruktur, Sie stehen unter der immer nadrdrücklidrer erhobenen Forderung, Forsdrung, Lehre und Krankenversorgung mög- lidrst kostengünstig und rationell zu organisieren.Die
Konsequenzender
gegenwärtigen Kostenentwidclungin
der Medizin besdrränken sidr indessen nidrt auf die Regelung der Betriebs- abläufe. Sie reidren weit darüber hinaus und betreffen die Struktur des Hochsdrulklinikums insgesamt. So wird zu prüfen sein, ob Hoctr-qis1.;6.,
s. sa tr.sdrulklinika weiterhin nur als Großkrankenhäuser der Maximalver- sorgung organisiert sein müssen.,Um derartige Uberlegungen zur Grundlage der allgemeinen Planung madren zu können, bedürfen sie intensiver Diskussion. Eines der Anliegen der vorliegenden Empfeh- lungen ist es, den für die Entwidrlung von Planungsalternativen not- wendigen Prozeß der Meinungsbildung einzuleiten.
Die Kostenentwid<.lung hat eine ihrer Ursadren
freilidr
audrin
derEntwid<lung der medizinisdren Wissensdraft selbst, die immer verfei- nertere, damit häufig zugleidr aufwendigere diagnostisdre und thera- peutisdre Verfahren bereitstellt und zwangsläufig audr einen An- sprudr der Patienten auf ihren vollen Einsatz begründet, dem durdr Kostenerwägungen nur sdrwer begegnet werden kann. Audr nur ent- fernte Möglichkeiten, durdr Einsatz zusätzlidrer
Mittel
Krankheiten redrtzeitig zu erkennen und die Sicherheit des diagnostisdren Urteils oder die Chance der Heilung von Krankheiten zu erhöhen, müssen ausgesdröpft werden. Dies gilt in gleidrer Weise für die Aufgabe der Vorsorgeuntersudrungenund der
Gesundheitsberatung. Negative Folgen des unterbliebenen Einsatzes bestimmter Mittel werden zuneh- mend nidrt mehr als Schicksal hingenommen.Die Forderung, die derzeitigen Möglidrkeiten von Vorsorge, Diagno- stik und Therapie
voll
auszusdröpfen, führt indessen zu eigenen pro- blemen. Sie liegen sowohl in der vielfadr die Grenze derZumutbarkeit erreidrenden physischen und psychischen Belastung der Patienten. Sie stellen sidr aber auch in der Frage, bis zu weldrer Grenze die Gesell- sdraft bereit ist, die hierdurdr bedingten Kosten zu tragen und damit in bestimmtem Umfang auf die Befriedigung anderer Bedürfnisse und Interessen zu verzidrten. An der weiteren Klärung dieser Fragen mit- zuwirken, ist audr Aufgabe der Hochsdrulen.7. Ausbau der medizinisdren Forsdrungs- und Ausbildungsstätten und Arztebedarf
Ferner stellt sidr die Frage, weldre Konsequenzen sidr für die univer- sitäten und Medizinisdren Hodrsdrulen aus der gegenwärtig beträctrt- lichen Diskrepanz zwisdren den für die medizinische Ausbildung zur Verfügung stehenden Studienplätzen und der Zahl der Bewerbei um diese studienplätze ergeben. Dies führt einerseits zu dem problem, bis zu weldrem Grade die Ausbildungskapazität unter dem Aspekt der gegenwärtigen,,Notsituation" ausgelastet und zeitweilig überlastet werden kann (Nutzung der Hodrsdrulkapazitäten).
Auf der anderen seite stellt sich die Frage des weiteren Ausbaus der Ausbildungskapazitäten. sie kann nictrt allein aus hodrsctrulpolitisctren Erwägungen heraus entschieden werden, sondern muß auch uberle- gungen zum Ärztebedarf einbeziehen. Die sctraffung zusätzlictrer stu- dienplätze in der Medizin ist mit einem besonderen finanziellen Auf- wand verbunden, so daß eine spürbare Entsdrärfung der allgemeinen
Numerus-clausus-Situation durch Investitionen im Bereidr der Medizin kaum zu erwarten ist. Dieser Investitionsaufwand wäre aber gerecht- fertigt, wenn festgestellt werden müßte, daß die derzeit vorhandene Ausbildungskapazität
die
Ded<ung desim
Hinblidcauf
bestimmte gesundheitspolitisdre Zielsetzungen bestehenden Bedarfs an ärztlidrem Personal nidrt erlaubte.8. Medizinisdre Forsdrung und Ausbildung und allgemeine gesundheitspolitisdre Uberlegungen
Empfehlungen zu den inhaltlichen Zielen und zur Organisation von medizinisdrer Forsdrung und Lehre können sidr im übrigen nidrt aus-
söließlidr
an wissensdraftsimmanenten Anforderungen orientieren.Sie müssen vielmehr auch Anforderungen berüd<sichtigen,
die
aus gesundheitspolitischen Zielsetzungen heraus wissensdraftsextern vor- gegeben sind, selbst wenn diese Zielsetzungen ihrerseits nodrin
der Diskussion sind. So haben etwain
letzter Zeit audt die Grenzen der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitsdraft der Gesellschaft für die Gesundheitsversorgung sowie die negativen Konsequenzen, bis hin zu spezifisdren Gefahren, die aus den Fortsdrritten der Medizin erwadr- sen, Eingang in die gesundheitspolitisdre Diskussion gefunden. Die Fülle neuer Erkenntnisse und die rasche Abfolge,in
der diese gewonnen werden, werfen z. B. die Frage auf, ob und unter welchen Bedingungen das System der Gesundheitsversorgung überhaupt in der Lage ist, diese aufzunehmen. Die medizinische Wissensdraft darf sidr der Ausein- andersetzungmit
diesen,für
die weitere Entwid<lung des Gesund- heitswesens insgesamt entscheidenden Fragennidrt
entziehen. Siekann ällerdings bei der Bewältigung gesundheitspolitischer Probleme immer nur einen Teilbeitrag leisten. Aus diesem Grunde kann audr in den vorliegenden Empfehlungen die gegenwärtig geführte gesund- heitspolitisdre Diskussion
nur in
einzelnen,für
die Inhalte und die Organisation von medizinisdrer Lehre, Forsdrung und Krankenversor- gung an den Hodrsdrulen besonders bedeutungsvollen Aspekten auf- genommen werden.A.
Ausbildung von Arzten und nichtärztlichem Personal
Bei der Ausbildung von Ärzten
ist
zu untersdreiden zwisdren der Ausbildun§ bis zur Approbation (Studium einsdrließlich des Prakti- sdren Jahrs), der Weiterbildung zum Fadrarzt und der ärztlichen Fort- bildung. Für die Ausbildung bis zur Approbation haben die beiden letztgenannten Phasen insofern Bedeutung, als die Aufgabenverteilung zwischen der ersten Ausbildungsphase und der Facharztweiterbildung die Bestimmung des Studienziels für das medizinische Studium an der Hochschule beeinflußt. Ferner kommt den von nidrtärztlichem Personal wahrzunehmenden Funktionen im Gesundheitswesen zunehmend Be- deutung zu. Eine qualifizierte Ausbildung für diese Aufgaben ist ebenso notwendig wie die qualifizierte Ausbildung der Arzte.A. I.
Ausbildung der Arzte bis zur ApprobationGrundlage der medizinisdren Ausbildung bis zur Approbation ist die Approbationsordnung für Arzte vom 28. Oktober 1970 1), die die bis dahin geltende Bestallungsordnung für Arzte 2) abgelöst hat. Die Ap- probationsordnung hat für die medizinisdre Ausbildung einen einheit- lidten Rahmen gesdraffen. Sie brachte dabei inhaltliche jtnderungen insbesondere durdr eine Ergänzung des naturwissensdraftlidren Wis- sensstoffes
um
psychologisdre und sozialwissensctraftliche Aspekte und zielte auf die stärkere Hinführung des Studenten zum Patienten.Ferner wurde das Prüfungswesen im Bemühen uui eine stärkere Ob-
j ektivierung zentralisiert.
Die Approbationsordnung hat mit diesen Zielsetzungen Uberlegungen aufgenommen, die Inhalt der Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Neuordnung des medizinischen Studiums an den Hodrschulen aus dem Jahre 19603) sowie der Medizinempfehlungen von 1968 waren.
Gegenwärtig befinden sidr die ersten Studenten, die ihr Studium nadr
der
neuen Approbationsordnung aufgenommen haben,im
siebten1) Vgl. oben S. 12, Fußuote 1.
2) BestalluBgsordnug für Arzte vom 15. September 1953, BGBI. I S. 1334, zuletzt geändert durdt die verordDung über die Neugliederung der Medizitralassistentetrzeit ud über die Appro- bationsurkunde vom 24. Februar 1970, BGBI. I S.214.
3) Wissens(häftsrat, Empfehlungen zur Neuordnung des Studiums an den wissensdraftlidren Hodrsdulen, 1966.
Semester. Die ärztlidre Vorprüfung und der erste Abschnitt der ärzt- lidren Prüfung wurden erstmals nach dem Sommersemester 1974 in der von der Approbationsordnung vorgesdrriebenen Form abgehalten.
Da
mit der
Realisierungder
Approbationsordnung erst begonnen wurde, ist gegenwärtig der Zeitpunkt für eine auf umfassenden Erfah- rungen basierendeKritik
nodrnidrt
gekommen, Gleichwohl lassen sidr bereits jetzt bestimmte,mit
der Einführung der Approbations- ordnung verbundene, Probleme deutlidrer als bisher absdrätzen. Zu ihnen gehören nicht zuletzl die Sdrwierigkeiten, die aus dem zeit- lichen Zusammentreffen der notwendigen Umstellung auf den per- sonalintensiveren Unterridrt in kleinen Gruppen mit dem ungewöhnlich starken Andrang zum Medizinstudium und den allgemeinen Sparmaß- nahmenin
den öffentlidren Haushalten resultieren. Zu nennen sind ferner die Sdrwierigkeiten, die erforderlidren Famulaturplätze in ärzt- lidren Praxen und im öffentlichen Gesundheitsdienst bereitzustellen, und sdrließlich auch die Probleme, die Ausbildungim
dritten klini-sdren Studienabsdrnitt, dem Praktisdren Jahr, zu organisieren.
Diese Probleme nötigen nach Auffassung des Wissenschaftsrates nidrt zu einer grundsätzlidren Revision der Zielvorstellungen der Approba- tionsordnung. Sie madren es aber erforderlich, die Approbationsord- nung in ihren interpretationsbedürftigen Teilen zu konkretisieren, sie aufgrund der bisherigen Erfahrungen in Einzelpunkten zu ändern und sicherlidr auch in mandren Bereichen Erwartungen und Ansprüche zu revidieren, die sidr an ihre Einführung geknüpft haben mögen.
L l.
Ziel und Inhalt der medizinischen AusbildungDie Approbationsordnung stand
vor
der Notwendigkeit, eine Reihe von Ansprüdren auf inhaltlidre Anderungen der medizinischen Aus- bildung einzulösen. Der Fächerkanon sollte zugunsten der Berücksich- tigung bestimmter Bereidre der Psydrologie, der Sozialwissensdraften und des ökologisdren Stoffgebietes ergänzt, der Ausbildungsstoff sollte gestrafft und die Bedürfnisse der medizinisdren Praxis-
nidrt nur derPraxis des Krankenhauses
-
sollten besser als bisher berücksidttigt werden.Zur Realisierung dieser Forderungen konnte die Approbationsordnung nur den allgemeinen Rahmen absted<en, die Ausbildungsinhalte im einzelnen jedodr nidrt bestimmen. Indessen führen die Zentralisierung des Prüfungswesens und die dadurdr bedingte Notwendigkeit einer stärkeren Vereinheitlidrung der Lehrinhalte im Rahmen von ,,Gegen- standskatalogen" zwar nidrt rechtlidr, aber faktisch zu einer weitge- henden Normierung des Lehrstoffes.
Die Medizin steht damit unter dem Zwang, den gesamten Stoff ihrer Ausbildung in einer für alle Hodrschulen gültigen Weise zu systema- tisieren und einen Konsens über die Inhalte des medizinisdren Stu- diums herbeizuführen. Dies gewährleistet
die
Vergleidrbarkeit derAusbildungsanforderungen zwisdren den versdriedenen Hodrsdrulen und ermöglicht die Rückkopplung zur Uberprüfung des Lehrerfolges, wie dies derzeit mit Ausnahme der Pharmazie für kein anderes Fadr in ähnlidrer Weise vorgesehen ist.
Die Ausbildungsinhalte in allen Teildisziplinen der Medizin zu behan- deln, ist nidrt Aufgabe der vorliegenden Empfehlungen. Der Wissen- sdraftsrat nimmt deshalb
nur zu
Problemen einzelner Fädrer und Stoffgebietel), sowie zur Gestaltung der Ausbildung im Praktisdren Jahr 2) und zur Famulatur 8) detaillierter Stellung.Auf
die dortigen Ausführungen wird verwiesen. Im folgenden wird darüber hinaus auf einige grundsätzlidre Aspekte der Bestimmung der Inhalte der medizi- nisdren Ausbildung eingegangen.a) Ausbildungsziel
Eine Besdrreibung der Lehrinhalte im Rahmen von Gegenstandskata- logen kann nur gelingen, wenn zuvor eine Verständigung über das
Ziel, dem die Ausbildung dienen soll,
in
einerfür
alle beteiligten Teildisziplinen verbindlidren Form herbeigeführt wird. Eine Definition des Ausbildungsziels kann dabei naturgemäß nur relativ allgemeine Aussagen enthalten. Sie ist dennodr notwendig, um die Aufgabe des medizinischen Studiums gegenüber der einer späteren Ausbildungs- phase vorbehaltenen Fadtarztweiterbildungzu
bestimmen und auf dieser Grundlage zu einer generellen Strukturierung des Ausbildungs- stoffes und zu einer angemessenen Gewidrtung des Anteils der ein- zelnen Stoffgebiete und Problembereidre an der ärztlidren Ausbildung zu gelangen.Die Approbationsordnung selbst enthält keine Definition eines Aus- bildungszieles. Formulierungen, die
in
den Entwürfen enthalten wa- rena), wurdenin
die endgültige Fassung nidrt aufgenommen' Aller- dings ist in der amtlidren Begründung zur Approbationsordnung aus- geführt, daß ,,Umfang und Inhalt der Ausbildung auf das Maß gebradrt werden müssen, dasden Arzl zur
selbständigen Ausübung desärztlidren Berufs allgemein befähigt" 0;.
In
Konkretisierung der Zielsetzungen, die zum Erlaß der Approba- tionsordnung geführt haben, ist das Ausbildungsziel nadr Auffassung des Wissensdraftsrates folgendermaßen zu bestimmen:Die Ausbildung muß die zur Diagnose und Therapie der bedeu- tungsvollen Krankheiten erforderlidten grundlegenden wissen-
1) Vgl. urten S. 183 ff, 2) Vgl. unten S,35 ff.
3) VgI. uten S. 33 ff.
4) Vgl. mveröffentlidrten Referentenentwurf ,des Bundesministeriums für Gesundheitswasen vöm 20. September 1969r "Ziel der ärztlidren Ausbildurg ist die wisseEsdxaltliüe Lleranbil- dung zu einem Arzt, der mit deu Grundlagen und den Methoden des ärztlichen Denkens, Wisieus und Haudelns soweit vertraut ist, daß er zur selbständigea Ausübung des ärztliÖen Beruls im Dienste der Gesellsdraft befähigt ist.'
5) Amtlidre Begrüntlug zur Approbationsordnung, BundesratsdrudrsaÖe 43770'
2l
schaftlichen Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln. Bedeutungsvoll sind diejenigen Krankheiten, die besonders häufig oder
für
dasVerständnis der wesentlichen pathogenetischen Zusammenhänge beispielhaft sind oder bei denen ein unverzügliches ärztliches Han- deln notwendig ist.
Zum Zeitp,unkt.der Approbation muß der Arzt das Maß an Wissen, Verständnis und Selbstkritik gewonnen haben, das es ihm erlaubt, die den Umständen entsprechenden ärztlichen Maßnahmen selb- ständig vorzunehmen bzw. verantwortlich zu entscheiden, wann und
in
welcher Form er sichim
Interesse der Kranken der Hilfe erfahrener bzw. fachlich speziell weiterge' ildeter Arzte bedienen muß,Der approbierte Arzt soll durctr seine Ausbildung die Fähigkeit und Bereitschaft erworben haben, sidt in ein bestimmtes Praxisfeld ein- zuarbeiten und fachlidr weiter- bzw. fortzubild'en.
Im Sinne dieses Ausbildungszieles soll die medizinisdre Ausbildung einerseits die Befähigung zur Berufsausübung und damit aktuell ver- wendbare Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, andererseits aber den Arzt auch in die Lage versetzen, den notwendigen Zusammenhang der einzelnen Disziplinen in der Medizin zu verstehen, sidr im Rahmen seiner Facharztweiterbildung
in
bestimmte Spezialgebiete einzuar- beiten und die weitere Entwicklung der medizinischen Wissenschaft in denfür
seine eigene Praxis relevanten Aspekten nachzuvollziehen.Hierfür ist das Verständnis wissenschaftlicher Verfahrensweisen und
die
naturwissenschaftlich-theoretische Fundierung des Studiums in einer gewissen Breite unerläßlich,b) Inhalt uqd Fortsdrreibung der Gegenstandskataloge
Die Definition des Ausbildungsziels ist notwendige Voraussetzung für die inhaltlidre Bestimmung der Gegenstandskataloge. Diese konnten
im
ersten Versuch ihrer Erstellung den durch. das Ausbildungsziel besdrriebenen AnforderuniJen nochnidrt
genügen. Einerseits habendie
Sachverständigen vielfactrdie
Bedeutung des jeweils eigenen Fadres im Gesamtrahmen der medizinisdren Ausbildung überschätzt.Andererseits ist eine Reihe der für die ärztlidre Praxis besonders be- deutsamen Problemstellungen
noö
nicht hinreichend berücksichtigt, So wurden teilweise Anforderungen gestellt, die in den naturwissen- sdraftlich-theoretischen Grundlagenfächern dem Vordiplom naturwis- senschaftlicher Studienrichtungen,in
den klinischen Fächern dem Standard eines Facharztes der betreffenden Disziplin genügen könnten.Dagegen fehlt für die praktische Ausbildung, für die eine erheblidre Zahl von Kursen und ein ganzes Studienjahr vorgesehen sind, eine deutlidre Beschreibung der
in
diesen Studienteilen zu vermittelnden Kenntnisse und Fertigkeiten.Es ist weitgehend unbestritten, daß insoweit eine Straffung und Har- monisierung der Gegenstandskataloge dringend erforderlich ist. Der
Wissensdraftsrat begrüßt es, daß an dem Verfahren der Uberarbeitung der Gegenstandskataloge audr niedergelassene Arzte, insbesondere audr Arzte für Allgemeinmedizin, beteiligt werden. Es ist zu erwarten, daß hierdurdr der starke Theorieüberhang
in
Zukunft auf ein dem Ausbildungsziel entspredrendes Maß reduziert werden kann.Bei allen Vorteilen einer bundeseinheitlichen Beschreibung der Aus- bildungsinhalte dürfen allerdings bestimmte Gefahren nidrt übersehen werden, die mit einer weitgehendenVereinheitlidtung derLehrinhalte verbunden sind. Angesprodren
ist
damitvor
allem, wie die Gegen- standskataloge audr künftig hinreichend rasdr der wissensdraftlidren Entwidrlung angepaßt werden können und wie die Freiheit der Leh- renden gesidrert werden kann, den Lehrstoff ihrer wissensdraftlichen Verantwortung entspredrend anzubieten.Bei der Weiterentwiddung der Gegenstandskataloge bedarf es beson- derer Sorgfalt, um zu verhindern, daß Sdrwierigkeit und Dauer der Konsensbildung über die Bewertung neuer Forsdrungsergebnisse zu
einer ,,Versteinerung" der Ausbildungsinhalte oder dodr zu einem nidrt mehr zu tolerierenden ,,Nadrhinken" der Gegenstandskataloge gegenüber dem aktuellen \A/issensstand führen. Andererseits bringt es
die Aktualisierung der Gegenstandskataloge mit sidt, daß die Anpas- sung der Ausbildungsinhalte an die wissensdraftlidre Entwid<lung in manchen Bereidren sdrneller vollzogen werden muß, als dies bisher der Fall war.
Die Aufgabe der kontinuierlidren Aktualisierung des Lehrstoffes kann auf Dauer
nur erfüllt
werden, wenn geregelte Formen der Koope- ration zwisdren dem Institutfür
medizinisdre und pharmazeutisdre Prüfungsfragen, den medizinisdren Fadrbereidren und den medizi- nisdren Fadrgesellsdraften gefunden werden. Insbesondere den letz- teren kommt aus fadrlidrer Sidrt eine bedeutende Rolle zu.Im übrigen darf die Bestimmung von Ausbildungsinhalten im Rahmen von Gegenstandskatalogen nidrt zu einer so weitgehenden Reglemen- tierung der Lehre führen, daß wissensdraftlidte Entwid«lungen behin- dert werden. Gegenstandskataloge und das zentralisierte Prüfungs- verfahren müssen Freiräume lassen,
die es
den Hodrsctrullehrern ermöglidren, unmittelbar Forsdrungsergebnissezur
Darstellung zu bringen und Akzentsetzungenin
der Darbietung des Lehrstoffes vor- zunehmen, die sidr nodrnidrt
an allen Stellen durdrgesetzt haben.Audr dürfen die Studenten nicht veranlaßt werden, die Gegenstands- kataloge als das zentrale Lehrbudr der Medizin mißzuverstehen und