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Eingang Kaisersaal VEKTOR
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N udes A kt
Der enthüllte Körper saß, stand und lag von Beginn an vor der Kamera. Im Vergleich zum lebenden Modell oder Gipsab güssen von Skulpturen waren die sogenannten »Academien« ein kostengünstigeres Hilfsmittel, das eine Vielzahl von verschie denen
Körperposen dokumentierte. Dabei versuchten viele der Foto
graf*innen den Kanon der Malerei und Skulptur seit der Antike nachzubilden, die Maler*innen wiederum eiferten der naturge
treuen Wiedergabe des Körpers und seiner Anatomie nach.
Bewegungsstudien von Eadweard Muybridge und Otto
mar Anschütz belegten erstmals präzise Bewegungsab läufe.
Doch Aktfotografien waren aufgrund ebendieser expliziten Wie
dergabe umstritten und brachen oft mit der vorherrschenden Bildtradition. Unbeeindruckt von dieser Kritik fanden Aktfoto
grafien Einzug in die künstlerische Ausbildung. Ab 1875 baute Ernst Ewald, der das Zeichnen an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin lehrte, eine umfangreiche Lehr
sammlung auf. Die frühesten Konvolute bewegen sich zwischen requisitenreichen Inszenierungen und sachlichen Studien zur
christlichen Ikonografie. Werke von Wilhelm von Gloeden und
Guglielmo Plüschow zeigen die ersten Freilichtakte, die ab 1880 in Süditalien angefertigt wurden. All diesen Fotografien gemein ist ihre Präzision und unmittelbare Körperlichkeit, die sie an den künstlerischen Lehranstalten so beliebt machten.
Right from the start, the unveiled body sat, stood and lay in front of the camera. Compared to the living model or plaster casts
of sculptures, the socalled »Academies« were a lowcost tool that documented a variety of different poses of the body. Many
of the photographers tried to replicate the canon of painting and sculpture since antiquity, while the painters, in turn, emulated
the lifelike reproduction of the body and its anatomy.
Movement studies by Eadweard Muybridge and Ottomar Anschütz were the first to depict accurate movement sequences.
Yet it was precisely this explicit reproduction that resulted in controversy surrounding nude photography, and it frequently broke with the prevailing pictorial tradition. Undeterred by this
criticism, nude photographs became part of art education. From 1875 on, Ernst Ewald, who taught drawing at the School of
the Museum of Decorative Arts in Berlin, began compiling an
extensive teaching collection. The earliest bundles ranged from proprich stagings to objective studies of Christian iconography.
Works by Wilhelm von Gloeden and Guglielmo Plüschow depict the first openair nudes photographed in southern Italy from
1880 onwards. Their precision and immediate physicality were common to all these photographs that made them so popular at the art academies.
H is to ry P ain tin g and P ho to gr ap hy H isto rien bil der in Fo to gr afi e u nd M al er ei
Schon 1839 hatte der französische Historienmaler Paul Dela
roche die Fotografie als Studienmittel empfohlen. Doch dürften die erhaltenen Aufnahmen von historischen Ereignissen als
Vorlagen kaum geeignet gewesen sein. Fotografien der maleri
schen Dekoration der Kunstakademie mit Werken von Adolph
Menzel und Anton von Werner von der Siegesfeier 1871 erfüllen vor allem die Aufgabe der Selbstdokumentation der Institution.
Ebenso fanden Rundbilder der kaum bekannten Berliner Foto
grafin Emma Planck aufgrund technischer Mängel als Vorbild
material für Gemälde keine Verwendung. Die präzise Erfassung von Geschehnissen blieb vielmehr Reportagezeichnern vor
behalten. Deren Skizzen wurden von virtuosen Holzstechern für die Reproduktion vervielfältigt.
Auffällig ist in der damaligen Historienmalerei ein Realis
mus des Details bei der Wiedergabe von Accessoires wie Uni
formen und der Physiognomien in Absicht einer größtmöglichen Glaubwürdigkeit. Dieser Realitätseffekt wird deutlich bei von
Werners Historiengemälde »Moltke bei Sedan«. In der fotogra
fischen Reproduktion des Monumentalgemäldes erscheint hier Malerei, als ob sie eine
Fotografie wäre.
As early as 1839 French history painter Paul Delaroche had recommended photography as an academic tool. However,
the existing photographs depicting historic events were hardly suitable as models. Photographs of the painterly decorations of the Academy of Arts with paintings by Adolph Menzel and
Anton von Werner of the victory celebrations in 1871 appear to serve above all the purpose of selfdocumentation on the part of the institution. Furthermore, due to technical flaws, the round images by the hardly known Berlin photographer Emma Planck
had been deemed unsuitable as reference material for paintings.
The accurate documentation of events was instead the preserve of illustrators. Their sketches were copied for reproduction by
professional wood engravers.
History painting of the time features a marked realism of detail in the rendering of accessories such as uniforms and
physiognomies in order to achieve a high degree of fidelity. Von Werner’s history painting »Moltke at Sedan« exemplifies this
illusion of reality. The painting appears in the photographic re
production of the monumental canvas as if it were a photograph.
P ho to gr ap hs o f I ta ly in th e n in et ee nth c en tu ry Ita lien fo to gr afi en d es 19. J ah rh un de rts
Italien stellte für viele deutsche Künstler und Schriftsteller im
19. Jahrhundert ein beliebtes Reiseziel dar. Beispielhaft sei der spätere Berliner Akademiedirektor Anton von Werner erwähnt, der sich 1868—69 zur künstlerischen Weiterbildung im Süden aufhielt.
In der fotografischen Lehrsammlung nehmen 5.000 Auf
nahmen von Kunstdenkmälern und Kunstwerken aus Antike, Mittelalter und Neuzeit eine herausragende Stellung ein. Die
Aufnahmen stammen überwiegend von den großen Fotostudios, die sich seit den 1850er Jahren in Italien etabliert hatten. Zu den bekanntesten zählen Moritz und Richard Lotze in Verona, Alfred Noack in Genua, Carlo Naya in Venedig, die Brüder Alinari und Giacomo Brogi in Florenz, Domenico Anderson in Rom sowie
Giorgio Sommer in Neapel. Außerdem fanden Figuren und Akt
studien von Alfred Stieglitz und von Wilhelm von Gloeden aus Sizilien, in denen sich die Sehnsucht nach einer lebendigen An
tike manifestierte, Eingang in die Berliner VorbilderSammlung.
Aus der Frühzeit der Fotografie existieren seltene Aufnahmen von Giacomo Caneva in Rom sowie Domenico Bresolin und Jakob August Lorent in Venedig. Letzterer hielt die Paläste der Lagunenstadt mit Hilfe großformatiger Papiernegative fest.
During the nineteenth century Italy was a popular destination for many German artists and writers. Amongst these was the future director of the Berlin Academy, Anton von Werner, who traveled to the south from 1868 to 1969 to advance his artistic studies.
There are 5,000 photographs of art monuments and
works of art from antiquity, the Middle Ages and modern times that take up a prominent position in the photographic teaching collection. Most of the photographs were taken by the major
photographic studios that had been established in Italy since
the 1850s. Among the most wellknown are Moritz and Richard Lotze in Verona, Alfred Noack in Genoa, Carlo Naya in Venice, the brothers Alinari and Giacomo Brogi in Florence, Domenico Anderson in Rome as well as Giorgio Sommer in Naples. In ad
dition, figure and nude studies by Alfred Stieglitz and Wilhelm von Gloeden from Sicily that manifested the longing for a living antiquity found their way into the Berlin model collection. There are rare photographs from the early period of photography by
Giacomo Caneva in Rome and Domenico Bresolin and Jakob
August Lorent in Venice. The latter captured the palaces of the lagoon city on largeformat paper negatives.
K ar l B lo ssf eld t K ar l Bl os sfe ld t
Der Bildhauer und Fotograf Karl Blossfeldt war von 1899 bis
1930 als Lehrer für das Fach Pflanzenmodellieren an der Unter
richtsanstalt des Kunstgewerbemuseums tätig. Sein Unterricht
basierte, ähnlich wie die Methode seines Lehrers Moritz Meurer, auf dem genauen Naturstudium. Meurer hatte sich zuvor erfolg
reich für eine Reformierung des kunstgewerblichen Unterrichts engagiert und mit Hilfe seines Assistenten Blossfeldt Modelle, Zeichnungen und Fotografien nach Pflanzen erstellt, die wieder
um als Vorlagen Verwendung fanden. Doch erschöpfte sich das Studium nach den Vorbildern nicht im Kopieren, sondern sollte zu eigenen Entwürfen anregen.
Neben Bronzemodellen fertigte Blossfeldt fotografische
Vergrößerungen von Pflanzen an, in denen die spezifische Ästhe
tik dekorativabstrakter Bildformen sichtbar wurden. Eine Aus
wahl der Aufnahmen erschien im Jahre 1928 unter dem Titel »Ur
formen der Kunst«. Nach seinem Tode 1932 übergab Blossfeldts Witwe den Nachlass mit mehr als 600 Originalaufnahmen sowie zahlreichen Bronzen und Herbarien als Schenkung der Kunst
akademie.
Anliegen unserer Ausstellungspräsentation ist, die media
le Vielfalt von Pflanzenformen im Unterricht sichtbar zu machen, die das plastische Bronzemodell ebenso wie Lithografien, Zeich
nungen und Fotografien mit einbezieht.
From 1899 to 1930, sculptor and photographer Karl Blossfeldt taught the subject of plant modeling at the School of the Mu
seum of Decorative Arts. Similar to the method practiced by his teacher Moritz Meurer, Blossfeldt’s teaching was based on the precise study of nature. Meurer had previously been committed with some success to reforming the teaching of decorative arts and, with the help of his assistant Blossfeldt, had prepared
models, drawings and photographs from plants, which in turn were used as reference material. Yet studying based on these models was not limited to copying but much rather was intend
ed to inspire and encourage original designs.
Blossfeldt made bronze models as well as photographic enlargements of plants that depicted the specific aesthetics
of decorative, abstract pictorial forms. A selection of these
photographs was published in 1928 in »Urformen der Kunst«.
Following his death in 1932, Blossfeldt’s widow donated the estate comprising more than 600 original photographs as well as numerous bronzes and herbaria to the academy.
The aim of our exhibition presentation is to demonstrate
the medial diversity of plant forms in the classroom, comprising sculptural bronze models as well as lithographs, drawings and photographs.
R oy al P rus si an M ap pi ng P ho to gr ap hy In sti tu te B er lin Kö nig lich P re us sis ch e Me ssb ild an sta lt z u B er lin
Der Bauingenieur Albrecht Meydenbauer hatte ab 1867 mit der Photogrammetrie ein fotografisches Verfahren entwickelt, das
eine mathematisch exakte Aufzeichnung von Gebäuden ermög
lichte. Weitgehend frei von perspektivischen Verzerrungen,
war die Aufnahmetechnik Zeichnungen überlegen und bot zu
dem den Vorteil der Vervielfältigung. Nachdem Meydenbauer die Technik an der Nikolaikirche in Berlin und Elisabethkirche in Marburg verfeinert hatte, kam es schließlich 1885 zur Grün
dung der Königlichen Messbildanstalt in Berlin. Ab 1888 wurden außerdem Vergrößerungen von den 40 × 40 cm großen Glas
plattennegativen hergestellt, die durch ihre Präzision und das Format beeindruckten.
Bis 1898 umfasste das Messbildarchiv mehr als 5500
»Ansichten guter und bester Bauwerke aller Zeiten«. Als natio
nales Denkmälerarchiv geplant, enthielt es Aufnahmen der
wichtigsten historischen Bauten in Deutschland, die für die Denk
malpflege und konservato rische Maßnahmen von großem Nut
zen waren. Als Lehrmaterial fanden die Messbilder Anwendung im Unterricht an Technischen Hochschulen und Kunstschulen.
Ab 1895 erwarb die Bibliothek der Akademie eine größere
Anzahl von Meßbildern, von denen heute noch etwa 1470 Auf
nahmen im Archiv der Universität der Künste erhalten sind.
In 1867, civil engineer Albrecht Meydenbauer had developed
photogrammetry, a photographic method that enabled the math
ematically exact recording of buildings. Largely free of perspec
tival distortions, the imaging technique was superior to draw
ings and furthermore offered the advantage of duplication. After Meydenbauer had refined the technique at St. Nicholas’ Church in Berlin and St. Elizabeth’s Church in Marburg, the Königliche Messbildanstalt was finally founded in Berlin in 1885. From
1888, enlargements were eventually produced of the 40 × 40 cm glass plate negatives, which were rather impressive in terms of
their accuracy and size.
By 1898, the archive of photogrammetric images included more than 5500 »views of good and best buildings of all times«.
Planned as a national monument archive, it contained photo
graphs of the most important historic buildings in Germany,
which were of great use for the preservation of monuments and conservation work. The photogrammetric images were used
as teaching material in classes at technical universities and art schools. From 1895 onwards, the library of the Academy ac
quired a large number of photogram metric images, and around 1470 of these have been preserved in the archive of the Univer
sity of the Arts.
Ein Großteil der im Archiv der Universität der Künste aufbewahr
ten Fotografien stellen Reproduktionen von Gemälden, Zeich
nungen, Skulpturen oder kunstgewerblichen Gegenständen dar.
Diese weit verbreiteten Aufnahmen haben das Wissen von Kunst nachhaltig erweitert. Zu den frühen Beispielen gehören die
Aufnahmen von Ludwig Belitski für den schlesischen Freiherrn Alexander von Minutoli und dessen »Institut zur Veredelung
der Gewerbe und Beförderung der Künste«. Minutolis Muster
blätter, Wiedergaben der Materialität wie Glas, Keramik, Metall oder Marmor in beeindruckender Qualität, sollten der ästhe
tischen Schulung von Handwerkern und Fabrikanten dienen.
Gemälde und Fresken konnten wegen der fehlenden
Farbsensibilität von Negativen nur in monochromen Tonwerten wiedergegeben werden. Dagegen erbrachte die Anfertigung
von fotografischen Faksimiles von Handzeichnungen außerge
wöhn liche Resultate. Neben den Brüdern Alinari in Florenz
entwickelte der elsässische Fotograf Adolphe Braun die Repro
duktion mit Hilfe des farbigen Kohledrucks zur Meisterschaft.
Seltener haben sich Fotografien von Skulpturen im Archiv erhalten. Diese wurden gelegentlich von den Bildhauern hand
signiert, um stellvertretend für das Original in Ausstellungen prä
sentiert zu werden.
A large part of the photographs in the archives of the University of the Arts constitute reproductions of paintings, drawings,
sculptures or craft objects. These widely distributed photographs have lastingly expanded the knowledge of art. Among the early examples are photographs taken by Ludwig Belitski for the
Silesian Baron Alexander von Minutoli and his »institute for the
refinement of crafts and promotion of the arts«. Minutoli’s sample sheets, reproductions of materials such as glass, ceramics,
metal and marble in impressive quality, were intended for the aesthetic training of both craftsmen and manufacturers.
Due to the lack of chromatic sensitivity of negatives, paint
ings and frescoes could only be reproduced in monochrome tonal values. By contrast, the production of photographic fac
similes of hand drawings generated extraordinary results. In
addition to the Alinari brothers in Florence, it was photographer Adolphe Braun from Alsace who mastered the reproduction
process using colored carbon printing.
Photographs of sculptures have been preserved to a less
er extent in the archives. These were occasionally signed by
the sculptors in order to be presented in exhibitions in place of the original.
A rt r ep ro duc tion s Ku ns tre pr odu kti on en
Die Entstehung der Landschaftsfotografie ist eng verwoben mit der »paysage intime« in der Malerei. Darunter sind beiläufig
wahrgenommene Landschaftsmotive sozusagen am Wegesrand zu verstehen. Diese Ölskizzen und Gemälde, die unter anderem im Wald von Fontainebleau von den Maler*innen der »Schule
von Barbizon« angefertigt wurden, dienten als Vorbild für zahl
reiche Fotografien.
Die fotografischen Vorbilder wiederum waren wichtige Lehrmittel in der Ausbildung von Künstler*innen. Die in der
Lehrsammlung vertretenen Regionen reichen von Berlin über Jerusalem, vom Osmanischen Reich bis nach Indien. Zu den spektakulärsten Hauptwerken gehören Carleton Watkins
Aufnahmen aus Nordamerika und Gustave Le Grays »Le Brick«.
Ephemere Naturerscheinungen, wie Blitze, Wolken und Wellen
bewegungen, konnten erst durch das fotografische Medium
detailgetreu studiert werden und lieferten die Vorbilder für neue Kunstwerke.
Manche Fotograf*innen kamen in ihren landschaftsbezoge
nen Arbeiten an ihre technischen Grenzen, fanden aber auch
Lösungen: Indem Himmel und Erde separat aufgenommen und im Nachhinein zusammengefügt wurden, konnten wolkenfreie
Himmel mittels Kombinationsdruck in atmosphärische Landschaf
ten verwandelt werden.
The emergence of landscape photography is closely connected to »paysage intime« in painting. These are landscape motifs
perceived incidentally along the wayside, so to speak. The other way around, these oil sketches and paintings, realized for in
stance in the forest of Fontainebleau by the painters of the
»Barbizon School«, served as models for numerous photographs.
These photographic paragons in turn were important
teaching aids in the education of artists. The geographic regions represented in the teaching collection range from Berlin to
Jerusalem, from the Ottoman Empire to India. Among the most spectacular major works are Carleton Watkins’s photographs
from North America and Gustave Le Gray’s »Le Brick«. Detailed studies of ephemeral natural phenomena, such as lightning,
clouds and wave movements, were made possible only through the photographic medium and provided models for new works of art.
In their landscaperelated works, some photographers
reached the limits of their technical abilities, though they did also find solutions: by photographing the sky and earth separately
and then combining them afterwards, cloudless skies could be transformed into atmospheric landscapes by means of combi
nation printing.
Lands cap e Lan ds ch aft
Vor allem das Land Ägypten mit seinen geheimnisvollen Ruinen aus der Zeit der Pharaonen hat die Phantasie europäischer
Orientreisender im 19. Jahrhundert nachhaltig angeregt. »Orien
talismus« in Malerei und Literatur erlebte spätestens seit 1850 eine Hochblüte. In zahlreichen Fotostudios, die in Kairo oder
Alexandria für die durchreisenden Fremden Bilder produzierten, waren pittoreske Kostümstudien der Bevölkerung ebenso wie
Landschaftstudien oder Ansichten von Monumenten käuflich zu erwerben.
Einige Künstler wie Hans Makart oder Franz Lenbach ha
ben aus dem Orient größere Fotosammlungen mit nach Hause gebracht. Diese Aufnahmen dienten dann im Atelier als Gedächt
nisstütze zur Vergegenwärtigung des Motivs. So wirken die
Gemälde von Wilhelm Gentz häufig wie aus verschiedenen Foto
grafien zusammen montiert.
Ein realistischeres Bild geben die Aufnahmen von Emil
Salingré, die von der Expedition des berühmten Afrikaforschers Gerhard Rohlfs durch die libysche Wüste 1869 erhalten sind.
Hier verbindet sich ethnologisches Interesse mit kolonialen Ge
bietsansprüchen des preußischen Staats. Wegen der schlech
ten Witterung sind zahlreiche Aufnahmen Salingrés nicht be
sonders gelungen. Dennoch kam Gerhard Rohlfs zu dem Fazit, dass »eine schlechte Photographie immer besser ist als die
beste Zeichnung«.
It was above all Egypt with its enigmatic ruins from the time of the pharaohs that had a lasting impact on the imagination of
nineteenth century European travelers to the Orient. At the latest since 1850 »Orientalism« in painting and literature experienced a golden age. Picturesque costume studies of the population as well as landscape studies and views of monuments were avai
lable to tourists for purchase in the many photography studios in Cairo and Alexandria.
A number of artists, among them Hans Makart and Franz Lenbach, brought back extensive photographic collections from the Orient. At the studio, these photographs then served as
mnemonic aids in the visualization of a motif. Paintings by Wilhelm Gentz thus tend to appear as though they had been montaged
from various photographs.
A more realistic image is provided by Emil Salingré’s pho
tographs preserved from the expedition through the Libyan
desert in 1869 undertaken by renowned Africa explorer Gerhard Rohlfs. Ethnological interests are now combined with colonial
territorial claims of the Prussian state. Poor weather conditions meant that many of Salingré’s photographs were not particularly successful. Gerhard Rohlfs nevertheless came to the conclusion that »a bad photograph is always better than the best drawing«.
O rie nt al is m in P ain tin g and P ho to gr ap hy O rien tp ha nta sien in M al er ei u nd F oto gr afi e
Die Fotografie veränderte im 19. Jahrhundert den Blick auf die Natur an künstlerischen Lehranstalten und definierte die Dar
stellung von Pflanzen neu. Die »Études d‘après nature« nahmen hierbei eine wichtige Rolle ein. Moritz Meurer entwickelte in den 1890er Jahren ein Programm des angewandten Pflanzenstudi
ums und baute eine Lehrsammlung auf. Die Zusammenstellung offeriert Vorlagen bedeutender Fotograf*innen wie Adolphe
Braun und Constant Famin. Sie sind mit knapp 300 Exemplaren in der Lehrsammlung vertreten und vereinen inszenierte Still
leben von Blumen, Blättern, Gräsern und Zweigen, mit Ansichten wild wuchernder Pflanzen. Auch im wissenschaftlichen Kontext der Botanik fanden diese Fotografien Anklang: Beeindruckend detailreich und präzise und mit dem lateinischen Namen der jeweiligen Pflanze versehen, wurden Aufnahmen wie die des
Ateliers Alinari für die Klassifizierung und Erforschung der Flora genutzt. Künstler*innen konnten wiederum durch die fotografi
schen Vorbilder — unabhängig von Jahreszeiten — im Atelier
die Natur studieren. Dass sie dies mit großer Leidenschaft und dem Wunsch nach einer realistischen Wiedergabe des Vorbildes taten, wird nicht zuletzt an den starken Gebrauchsspuren und
mit Bleistift eingezeichneten Quadraturnetze auf manch einer Fotografie sichtbar.
Nineteenth century photography transformed the way nature got perceived at art schools. They hereby redefined the representa
tion of plants. The »études d'après nature« played an important part in this. In the 1890s Moritz Meurer developed a program of applied plant studies and established a teaching collection.
The compilation offers images by renowned photographers such as Adolphe Braun and Constant Famin. There are almost 300
samples in the teaching collection that include staged still lifes of flowers, leaves, grasses and branches, as well as images of wildly proliferating plants. These photographs also proved pop
ular in the scientific context of botany: strikingly detailed and accurate, and bearing the Latin name of the respective plant,
photographs such as those taken by the Alinari studio found use in the classification and study of the flora. Artists, in turn, were able to use the photographic models to study nature in the studio
— regardless of the time of year. They did this with great pas
sion and the desire for a realistic reproduction of the model, evi
dent in the strong traces of use, and the square grids drawn in pencil on quite a number of photographs.
P la nt s Pf lan zen
Auf Initiative von Bruno Paul, Direktor der Vereinigten Staats
schulen für freie und angewandte Kunst, tätigte die Berliner
Institution im Jahre 1928 einen der frühesten Ankäufe des Foto
grafen Albert RengerPatzsch überhaupt. Diese Erwerbung
von insgesamt 41 Aufnahmen stand im Zusammenhang mit Pauls neuem Lehrkonzept, das sich wie das Bauhaus an einer »Ein
heitskunstschule« orientierte.
Erstmals hatte Paul 1927 die Fotografien von Renger
Patzsch auf einer Ausstellung der KestnerGesellschaft in
Hannover wahrgenommen. 1928 sollte Albert RengerPatzsch
durch diverse Ausstellungen in Zwickau, Jena, Essen, Berlin und Zürich sowie durch die Veröffentlichung des Bildbandes »Die
Welt ist schön« zum einflussreichsten deutschen Fotografen im Stil der Neuen Sachlichkeit aufsteigen. Diese Publikation, die in die Kapitel Pflanzen, Tiere und Menschen, Landschaft, Material, Architektur, Technik, Bunte Welt und Symbol gegliedert war,
blieb noch für spätere FotografenGenerationen als programma
tische Gestaltungsfibel vorbildlich. Bruno Pauls Bildauswahl
für die Berliner VorbilderSammlung enthielt zahlreiche der inte
ressantesten Aufnahmen aus »Die Welt ist schön«.
In 1928, on the initiative of Bruno Paul, director of the United State Schools of Fine and Applied Arts, the Berlin institution made one of the earliest ever acquisitions of works by photo
grapher Albert RengerPatzsch. This acquisition of a selection of 41 photographs occurred in connection with Paul’s new
teaching concept, based, like the Bauhaus, on the notion of a
»Einheitskunstschule«, a unified arts school.
Paul first became aware of RengerPatzsch’s photographs at an exhibition in 1927 at the KestnerGesellschaft in Hannover.
In 1928 Albert RengerPatzsch was to become the most influ
ential German photographer in the New Objectivity movement after various exhibitions in Zwickau, Jena, Essen, Berlin and
Zurich and the publication of the illustrated book »The World is Beautiful«. This publication, structured into chapters on plants, animals and people, landscapes, materials, architecture, techno
logy, the colorful world and symbols, remained exemplary for subsequent generations of photographers as a definitive com
pendium on design. Bruno Paul’s selection of images for the
Berlin model collection contained many of the most interesting photographs from »The World is Beautiful«.
A lb er t R eng er P at zs ch A lb er t Ren ger -P atz sch
Neben dem Studium am lebenden Modell waren es Fotografien von Tieren, die im 19. Jahrhundert in der künstlerischen Ausbil
dung Verwendung fanden. Aufgrund der langen Belichtungszeit fiel es den Fotograf*innen dieser Vorbilder jedoch schwer, die
Tiere »naturgetreu« abzulichten. So wurden mitunter ausgestopf
te Tiere in Landschaften inszeniert. Viele Maler*innen übertrugen fotografische Motive in ihre Gemälde, wie es Paul Meyerheims
»Kakadus und Katze« [1896] in Rückgriff auf Ottomar Anschütz‘
»Zwei Kakadus« [1889] zeigt. Meyerheim, Professor für Tierma
lerei an der Hochschule für bildende Künste, begründete selbst eine umfangreiche fotografische Lehrsammlung an der Berliner Kunstakademie. Dabei erweiterte er das Spektrum an Tierfoto
grafien, indem er Ankäufe von Ottomar Anschütz‘ und Eadweard Muybridges fotografischen Bewegungsstudien tätigte. Trotz
ähnlicher Erscheinung unterschied sich ihr Interesse: Während Anschütz Tiere in ihrem natürlichen Verhalten abzubilden ver
suchte, war Muybridge an der Bewegung als solcher interessiert und blendete aus diesem Grund den Hintergrund aus. Ganz an
ders näherte sich Gambier Bolton der Tierfotografie, der auf
seine Bilder von Wildtieren humoristische Zitate schrieb, die bis heute die Betrachter*innen zum schmunzeln bringen.
In addition to the study of living models, photographs of animals were used in nineteenth century art education. Long exposure
times however made it difficult for photographers of these mod
els to capture »lifelike« images of the animals. Stuffed animals
were therefore occasionally set up in landscapes. Many painters transferred photographic motifs into their paintings, such as
in Paul Meyerheim’s »Cockatoos and Cat« [1896] in reference to Ottomar Anschütz’ »Two Cockatoos« [1889]. Meyerheim, profes
sor of animal painting at the Berlin Academy of Arts, personally established an extensive collection of photographs at the Acade
my. He expanded the range of animal photographs by purchasing Ottomar Anschütz’s and Eadweard Muybridge’s photographic
motion studies. Although similar in appearance, their interests differed: while Anschütz attempted to depict animals in their
natural behavior, Muybridge was interested in movement as such and for this reason masked the background. Gambier Bolton
in turn approached animal photography in an entirely different manner, writing humorous quotations onto his pictures of wild animals that remain a source of amusement to this day.