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Die Schweizer Handelsdiplomatie ist in Asien gefordert | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Academic year: 2022

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ASIEN

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wuchsen in Asien zwischen 2007 und 2017 mit jährlich 12 Prozent stärker als in Nordameri- ka und Europa, wobei die Schweiz zu den zehn grössten Investoren in Asien zählt.3

Die asiatischen Märkte, ihre Strukturen so- wie ihr Entwicklungs- und Integrationsstand sind äusserst divers. Dies lässt sich am Beispiel der Association of Southeast Asian Nations (Asean) aufzeigen (siehe Abbildung 2 ). Die zehn Mitgliedsstaaten zählen zusammen fast 650 Millionen Einwohner und erwirtschafteten vergangenes Jahr insgesamt ein Bruttoinland- produkt (BIP) von 2,8 Billionen Dollar. Damit bilden die Asean-Staaten den sechstgrössten Wirtschaftsraum der Welt.

Das Gefälle zwischen den Asean-Staaten ist enorm: Während Singapur 2017 ein durch- schnittliches Pro-Kopf-Einkommen von 57 713 Dollar aufwies und als 14.-wichtigster Han- delspartner der Schweiz weltweit fi gurierte, betrug das Pro-Kopf-Einkommen von Myan- mar gerade einmal 1278 Dollar, und das Land stand lediglich an 99. Stelle der schweizeri- schen Handelspartner.4

Ende 2015 lancierte der Staatenverbund of- fi ziell die Asean-Wirtschaftsgemeinschaft mit der Absicht, die Region als einen einheitlichen, wettbewerbsfähigen Markt weiter in die Welt- wirtschaft zu integrieren. Zwischen den sechs Asean-Staaten Brunei, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur und Thailand sind bereits heute 99 Prozent der Zölle entweder abgeschaff t worden oder liegen unter 5 Prozent. Zwischen den übrigen vier Mitgliedsstaaten Kambodscha, Laos, Myanmar und Vietnam ist dies noch nicht der Fall. Wenig überraschend gestalten sich je- doch der Abbau nicht tarifärer Handelshemm- nisse sowie die Harmonisierung von Normen

D

er globale wirtschaftliche Brennpunkt verschiebt sich von Westen nach Osten.

Entsprechend wird Asien für Schweizer Unter- nehmen zusehends wichtiger als Absatzmarkt, als Investitions- und Produktionsstandort so- wie als Herkunftsmarkt für industrielle Halb- fabrikate zur Weiterverarbeitung. Der Aussen- handel zwischen der Schweiz und Asien hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt:

Bereits fi ndet knapp ein Viertel des gesamten Aussenhandels mit asiatischen Staaten statt (siehe Abbildung 1 ).

Im Jahr 2017 ging knapp ein Fünftel der schweizerischen Exporte im Umfang von 90 Milliarden Franken in die Region Asien-Ozea- nien1– das ist ein grösserer Anteil als derje- nige von Nordamerika.2 Trotz Frankenstärke stiegen die Exporte nach Asien-Ozeanien zwi- schen 2007 und 2017 um gegen 200 Prozent.

Besonders hoch war die Zunahme in China, wo die Exporte im vergangenen Jahr ein Volu- men von 24 Milliarden Franken erreichten. Da- mit ist das Land hinter der EU und den USA der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz.

Auch die ausländischen Direktinvestitionen

Die Schweizer Handelsdiplomatie ist in Asien gefordert

Neue Allianzen und protektionistische Tendenzen in Asien stellen Unternehmen vor Herausforderungen. Die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik versucht gezielt Gegen- steuer zu geben.    Christine Büsser Mauron

Abstract    Die wachstumsstarken asiatischen Märkte gewinnen zuneh- mend an Bedeutung für die Schweizer Wirtschaft . Regionale Mega-Ab- kommen wie das Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pa- cifi c-Partnership (CPTPP) und die geplante Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) könnten die globalen Wertschöpfungsket- ten nachhaltig verändern. Im Spannungsfeld von Globalisierung und Pro- tektionismus zielt die Schweizer Aussenwirtschaft spolitik darauf ab, den Firmen einen rechtlich abgesicherten, vorhersehbaren, möglichst hin- dernis- und diskriminierungsfreien Zugang zu diesen Märkten zu sichern.

Dazu gehört einerseits die Schaff ung von soliden Rahmenbedingungen, zum Beispiel mitt els Freihandelsabkommen und Investitionsschutzabkom- men, andererseits die Wahrung wirtschaft licher Interessen im Ausland.

1 Siehe Länder- information unter Seco.admin.ch.

2 EZV (2018): Aussenhan- delsstatistik (2018), ein- schliesslich Handel mit Gold und anderen Edel- metallen.

3 IWF (2017): Coordina- ted Direct Investment Survey CDIS.

4 IWF (2018): World Economic Outlook, Oktober.

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KEYSTO

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und Standards im heterogenen Staatenverbund schwierig. Trotz der Integrationsbemühungen macht der Asean-interne Handel gemäss Welt- bank nur rund ein Viertel des Gesamthandels aus. Zum Vergleich: In Ostasien, das unter an- derem die Länder China, Japan und Südkorea umfasst, beträgt die Quote 35 Prozent. Deut- lich tiefer ist sie hingegen in Südasien (Bangla- desch, Indien, Pakistan, Sri Lanka etc.), das zu den wirtschaftlich am wenigsten integrierten Regionen der Welt gehört. Dort macht der intra- regionale Handel lediglich 5 Prozent aus.

Regionale Mega-Abkommen

Vier Asean-Länder – Brunei, Malaysia, Singa- pur und Vietnam – haben dieses Jahr gemein- sam mit Australien, Chile, Japan, Kanada, Me- xiko, Neuseeland und Peru das Comprehensive and Progressive Agreement for Trans- Pacific- Partnership (CPTPP) unterzeichnet. Mit dem erfolgreichen Abschluss haben sie, trotz des Rückzugs der USA, ein starkes Zeichen für den Freihandel gesetzt. Die CPTPP-Partner ge- nerieren 14 Prozent des weltweiten BIP und schaffen mit dieser Vereinbarung einen integ- rierten asiatisch-pazifischen Wirtschaftsraum mit einer halben Milliarde Einwohner. Falls weitere Länder zum CPTPP stossen, könnte es dereinst das weltweit wichtigste plurilatera- le Handelsabkommen werden und eine Neu- ordnung von globalen Wertschöpfungsketten bewirken – mit Konsequenzen auch für die Schweizer Wirtschaft.

Grosse Aufmerksamkeit zieht zudem ein anderes Wirtschaftsabkommen auf sich, des-

sen Verhandlung seit 2013 läuft: die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP), welche die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Australien, China, Indien, Japan, Neuseeland und Südkorea und den zehn Asean- Staaten konsolidieren soll. Das RCEP-Abkommen wür- de knapp 40 Prozent des globalen BIP abdecken und 3,4 Milliarden Konsumenten umfassen.

Allerdings ist das Abkommen weniger ambitiös ausgestaltet als das CPTPP. So sind im RCEP unter anderem keine Bestimmungen über das öffentliche Beschaffungswesen, zu Staatsfir- men oder Arbeits- und Umweltstandards vor- gesehen.

Schweiz setzt auf Freihandel

Mittelfristig werden über zwei Drittel des welt- weiten Mittelklasse-Wachstums in Asien statt- finden. Entsprechend dürfte die Nachfrage nach schweizerischen Konsumgütern, Hoch- qualitäts- und Luxusprodukten weiter steigen.

Bereits 2030 wird die Mittelklasse der Region schätzungsweise fünfmal so gross wie jene Europas sein. Vor diesem Hintergrund will die schweizerische Aussenwirtschaftspolitik möglichst optimale Rahmenbedingungen für Schweizer Unternehmen in Asien schaffen.

Eines der wichtigsten Instrumente sind Frei- handelsabkommen (FHA).

Im Verbund der Europäischen Freihan- delsassoziation (Efta) verfügt die Schweiz in Asien über Freihandelsabkommen mit Singa- pur (2003), Südkorea (2006), Hongkong, China (2012) sowie den Philippinen (2018). Darüber hinaus hat sie bilaterale Freihandelsabkom- men mit Japan (2009) und China (2014) abge- schlossen. In diesem Jahr ist ein umfassendes Freihandelsabkommen der Efta mit Indonesien hinzugekommen. Das Abkommen mit dem be- völkerungsmässig viertgrössten Land der Welt ist für die Exportwirtschaft von grossem Nut- zen, insbesondere da die indonesischen Durch- schnittszölle mit 8 Prozent relativ hoch sind und die EU noch über kein solches Abkommen verfügt.5 Dank dem Abkommen werden mittel- fristig 98 Prozent der Schweizer Exporte nach Indonesien von Zöllen befreit. Für dieses Ab- kommen soll 2019 der parlamentarische Ge- nehmigungsprozess beginnen.

Abb. 1: Entwicklung des Schweizer Aussenhandels

2007

73%

1%

4%

11%

11%

2017

EZV / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

  Ozeanien           Afrika und Mittlerer Osten           Amerika           Asien           Europa und Zentralasien 1%

6%

14%

24%

55%

5 WTO (2018): Tariff Profile of Indonesia.

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Bestehende Freihandelsabkommen Verhandlungen in Gang / in Vorbereitung Ea-Zusammenarbeitserklärungen

Australien

Neuseeland Indonesien

Singapur

Brunei Vietnam Kambodscha Laos

Malaysia Thailand Myanmar Bangladesch Nepal Indien

Sri Lanka Pakistan

Afghanistan

Papua-Neuguinea Philippinen

Taiwan Hongkong

Japan Südkorea

Nordkorea

China Bhutan Mongolei

Mit der Mongolei, Myanmar und Pakistan wurden Zusammenarbeitserklärungen abge- schlossen. Diese schaffen einen institutionali- sierten Dialog zur Vertiefung der wirtschaftli- chen Beziehungen.

Seit Längerem verhandelt die Schweiz im Efta-Rahmen mit Indien, Malaysia und Viet- nam über Freihandelsabkommen. Allerdings gestalten sich diese Verhandlungen aus unter- schiedlichen Gründen schwierig. Mit Indien

Abb. 2: Freihandelsabkommen der Schweiz in Asien/Ozeanien

  Bestehende Freihandelsabkommen   Verhandlungen abgeschlossen   Laufende Verhandlungen   Zusammenarbeitserklärung   Asean-Staaten (fette Schrift)

SECO / SHUTTERSTOCK / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

bestehen beispielsweise Differenzen im Be- reich geistiges Eigentum, die es hinsichtlich eines erfolgreichen Verhandlungsabschlusses zu überbrücken gilt. Mit Thailand sind die Ver- handlungen seit Längerem unterbrochen. Wei- ter prüft die Schweiz momentan, ob die Han- delsbeziehungen mit Pakistan gestärkt werden können. Auch Taiwan wäre grundsätzlich ein interessanter Freihandelspartner für die Schweiz.

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Christine Büsser Mauron

Leiterin, Ressort Bilaterale Wirtscha sbeziehungen Asien/Ozeanien, Staatssekretariat für Wirtscha (Seco)

Das Spannungsfeld von Globalisierung und Protektionismus ist heute eine Realität, in wel- cher sich Wirtschaftsakteure zurechtfi nden müssen. Weltweit versuchen Regierungen zu- sehends, bestimmte Sektoren der heimischen Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. In Asien etwa haben China, Indien und Indonesien in den letzten zwei Jahren über- durchschnittlich viele Massnahmen in den für die Schweizer Wirtschaft wichtigen Export- branchen Biotech, Metall-, Elektro- und Ma- schinenindustrie eingeführt.

Zur Verunsicherung bei Unternehmen hat auch die Aufkündigung von bilateralen Investi- tionsschutzabkommen durch einzelne Schwel- lenländer beigetragen. So hat sowohl Indonesien im Jahr 2015 als auch Indien ein Jahr später das jeweilige Investitionsschutzabkommen mit der Schweiz gekündigt. Dadurch sind unerwünsch- te Rechtslücken im bilateralen Vertragsrahmen, namentlich für neue Investitionen, entstanden.

Obwohl inzwischen mit beiden Staaten Neuver- handlungen aufgenommen worden sind, bleibt ungewiss, ob das vorgängig hohe Schutzniveau auch in Zukunft gewährt werden kann.

Angesichts solcher Herausforderungen hat die Schweizer Wirtschafts- und Handels- diplomatie in den letzten Jahren an Bedeu- tung gewonnen. Ein wichtiges Instrument sind offi zielle Wirtschaftsmissionen mit Pri- vatsektordelegationen, welche Bundesrat Jo- hann Schneider-Ammann in den letzten Jahren mehrfach nach Asien führten. Eine wertvolle Plattform bieten zudem die sogenannten Ge- mischten Wirtschaftskommissionen, die das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) mit di- versen asiatischen Partnerländern unterhält. In diesen institutionalisierten wirtschaftspoliti- schen Dialogen mit formellem Einbezug des Pri-

vatsektors werden konkrete Anliegen wie Han- dels- und Investitionsprobleme vorgebracht.

Regelmässig kommen dabei auch nicht tarifäre Massnahmen zur Sprache, die für die Schweizer Wirtschaft im entsprechenden Partnerland eine Herausforderung darstellen.

In Asien sind Schweizer Unternehmen in zunehmendem Mass von Lokalisierungs- vorschriften betroff en. Das heisst, es wird ein hoher Anteil lokaler Wertschöpfung ver- langt. Innovative Unternehmen, etwa aus der Pharmaindustrie, werden oftmals durch un- genügenden Patentschutz vor Schwierigkei- ten gestellt. Zusätzlich machen den Schwei- zer Wirtschaftsakteuren in vielen asiatischen Ländern die Rechtsunsicherheit, aufwendige und teils intransparente administrative Abläu- fe, Korruption sowie der Fachkräftemangel zu schaff en.

Im Rahmen der Wahrung wirtschaftli- cher Interessen berücksichtigt das Seco nicht nur sektorielle, sondern auch fi rmenspezifi - sche Anliegen. Dazu berät es gemeinsam mit der diplomatischen Vertretung vor Ort die be- troff enen Firmen bei Bedarf gezielt. Um diese wichtige Aufgabe auch in Zukunft kompetent wahrzunehmen, ist die Schweiz bestrebt, ihr aussenwirtschaftspolitisches Beziehungsnetz fortlaufend auszubauen.

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