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H.Hesse: Der Steppenwolf

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Academic year: 2022

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er Roman „Der Steppenwolf“ von Her- mann Hesse erschien im Jahr 1927, als Hesse 50 Jahre alt wurde und sich in einer tiefen persönlichen Krise befand.

Sicherlich hat sich diese persönliche Kri- se auch in seinem Roman niedergeschla- gen. Der Roman ist aber mehr als nur die Auseinandersetzung mit den eigenen Erfahrungen und Bedrängnissen; der Ro- man reflektiert auch die Angst vor einem nahenden Umbruch, vielleicht gar Unter- gang, die damals weit verbreitet war, und er reflektiert das ebenfalls weit verbreitete Unbehagen gegenüber einer zunehmend technisiert-durchrationalisierten Welt.

Beide Aspekte, das Katastrophenbewusst- sein und die Skepsis gegenüber einer hoch technisierten und damit möglicher- weise inhumanen Welt, eröffnen auch mehr als 90 Jahre nach dem Erscheinen des Romans immer noch Zugangsmög- lichkeiten, die den Roman geradezu ganz aktuell und für heutige Schülerinnen und

Das Wichtigste auf einen Blick Dauer: 10 Stunden

Kompetenzen:

– den Roman „Der Steppenwolf“ von Hermann Hesse lesen, Leseeindrücke festhalten und diese reflektieren – mit dem „Traktat“ und zwei Episoden

aus dem magischen Theater drei zen- trale Passagen des Romans untersu- chen

– den Roman in Bezug setzen zu sei- nem thematischen und zeitgeschicht- lichen Umfeld

– Vorwürfe einer antidemokratischen bzw. gewaltverherrlichenden Aus- richtung des Romans prüfen

– die Rezeptionsgeschichte des Romans kennenlernen und eine eigene Position formulieren

Hermann Hesse: „Der Steppenwolf“

Ein Roman nur für Verrückte und Jugendliche?

Dr. Christoph Kunz, Rastatt

© Suhrkamp Verlag AG

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2 von 42 Hermann Hesse: „Der Steppenwolf“ Prosa – Nachkriegsliteratur bis Gegenwart Beitrag 20 I/D

Fachwissenschaftliche Hinweise

Hesse kontrovers – heute wie eh und je

Am 10. November 1926, also in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Beschäftigung mit der Steppenwolf-Thematik, beantwortet Hermann Hesse einen Brief des Schriftstellerkollegen Ste- fan Zweig. Zweig hatte Hesse gegenüber seine Zweifel und Probleme mit und an der eigenen Schriftstellerexistenz geäußert, die Zweig belasteten. Hesse schreibt nun in seiner Antwort:

„Dass mein Problem zum großen Teil auch das Ihre ist, konnte ich mir wohl denken.

Es ist ja nicht bloß das Problem des Mannes, der zu altern beginnt und die schwierigen Jahre um 50 kosten muss, sondern mehr noch das Problem des Autors, dem sein Beruf zweifelhaft und fast unmöglich geworden ist, weil ihm Boden und Sinn verlorengingen.

Seit dem Kriege hat das bei mir stetig zugenommen, und sieben Jahre Alleinleben in meinem Tessiner Dorf haben es nicht erleichtert.

Vorerst weiß ich aus dieser Not und aus der ungeheuren Erschwerung der Produktion (jedes Wort macht mir Qualen) keinen andern Ausweg als den Versuch, ebendiese Not selbst auszusprechen, also Bekenntnisse zu schreiben, ein Teil davon sind jene Gedichte [gemeint sind die Steppenwolf-Gedichte]. Ob und wann es mir nochmals erlaubt sein wird, ‚objektiv‘ zu schreiben und rein als Künstler zu spielen und zu gestalten, weiß ich noch nicht. Das Ertragen des bloßen Lebens ist, trotz glücklicher Momente dazwischen, vorerst schwer genug.“

Zitiert nach: Michels, Volker (Hg.): Materialien zu Hermann Hesses „Der Steppenwolf“. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1972, S. 98. © Suhrkamp Verlag AG (Text in neuer Rechtschreibung).

Der Brief benennt mit dem Stichwort „Bekenntnisse“ einen Aspekt, den viele Leser seit jeher an Hermann Hesse und seinen Werken bemerkt haben – und die Hesses Werke deshalb mit Begeisterung als Lebenshilfe gelesen, besser: aufgesogen haben oder die sie gerade deshalb, wegen eines vermeintlich überladenen existenziellen Pathos und einer schwer erträglichen Schwülstigkeit angeekelt, zur Seite gelegt haben. Und bei manchem kommt auch noch ein gehöriges Maß Eigenscham dazu, wenn man als Erwachsener am Bücher- regal vorbeigeht, das mit der Lektüre gefüllt ist, die man als Jugendlicher verschlungen hat – darunter auch Hesse –, und nach einem erneuten Anlesen eines schmalen Hesse- Taschenbüchleins sich wie vor den Kopf geschlagen fühlt und nicht verstehen kann, wie man sich dereinst dafür begeistern konnte.

Diese ganz unterschiedlichen Reaktionen bestimmen heute noch die Beschäftigung mit Hermann Hesses Werk (ein aktueller Feuilleton-Ausschnitt – vgl. unten M 1 – zeigt dies).

Von der Literaturwissenschaft ist nur wenig Hilfe zu erwarten, da sie Hesses Werk weitge- hend gemieden hat und immer noch meidet (vgl. M 16, Text 1). Zu denken aber sollte allen Kritikern Hesses geben, dass kein Geringerer als Thomas Mann Hermann Hesse als den ihm „liebsten und nächsten“ Schriftstellerkollegen seiner Generation bezeichnet hat und sich immer wieder beim Stockholmer Preiskomitee dafür einsetzte, dass Hesse der Literatur- Nobelpreis zugesprochen werde, was dann auch 1946 geschah.

Didaktisch-methodische Überlegungen

Leitgedanken

Die nachfolgende Unterrichtseinheit thematisiert natürlich auch die kontroverse Rezeption, die Hesses Roman „Steppenwolf“, aber auch viele andere seiner Werke begleiten. Den

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Schülerinnen und Schülern werden dabei Positionen vorgestellt, die es ihnen ermöglichen sollen, eine eigene Position zu entwickeln. Die vorliegende Einheit kann keine Vollständig- keit mit Blick auf die Analyse des Romans anstreben, sondern muss Schwerpunkte setzen.

Dabei sollen fünf Schwerpunkte gesetzt werden, die auf sieben Unterrichtsschritte verteilt werden:

– I. Einstiegshilfen in die Romanlektüre als Vorbereitung auf die häusliche Lektüre und zur unterrichtlichen Thematisierung der Leseeindrücke

– II. Traktat-Analyse als Kern der Romananalyse

– III. Analyse zweier ausgewählter Stationen des magischen Theaters (Hochjagd auf Au- tomobile, Tötung Hermines)

– IV. Die Verfolgung intertextueller Verbindungen (Hesse und Nietzsche; Hesse und die Demokratie; Hesse und der Kulturpessimismus)

– V. Prüfung der Rezeptionsweisen des Romans und die Formulierung einer eigenen Position

Zum Aufbau der Reihe

Diese fünf Schwerpunkte werden in sieben Unterrichtsschritten angegangen, die auf fünf Doppelstunden verteilt sind.

Schritt Thema und Material Stunde

1. Einstieg und Lektüre I: Erwartungen wecken und reflektieren (M 1)

Erste Doppelstunde (Stunde 1 und 2) 2. Einstieg und Lektüre II: Den Aufbau durchschauen –

Was wir zuerst lesen, ist zuletzt geschrieben (M 2, M 3)

3. Einstieg und Lektüre III: Eindrücke verarbeiten und einordnen (M 4–M 7)

Zweite Doppelstunde (Stunde 3 und 4) 4. Analyse und Interpretation I: Wie viele Seelen hat

der Mensch? Analyse des Traktats (M 8, M 9) 5. Analyse und Interpretation II: Das Magische Theater

mit der Hochjagd auf Automobile – Sieg oder Nie- derlage des Steppenwolfs? (M 10, M 11)

Dritte Doppelstunde (Stunde 5 und 6)

6. Rezeption und Wirkung I: Texte im Umfeld – geisti- ges Umfeld, zeitliches Umfeld (M 12–M 15)

Vierte Doppelstunde (Stunde 7 und 8) 7. Rezeption und Wirkung II: Im Dickicht der Kritiken –

auf dem Weg zu einer eigenen Position (M 16)

Fünfte Doppelstunde (Stunde 9 und 10)

Verwendete Textausgabe

Der folgende Entwurf bezieht sich mit seinen Seitenverweisen auf die Aus- gabe:

Hermann Hesse: Der Steppenwolf. Text und Kommentar. Suhrkamp Basis- Bibliothek. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 10. Aufl. 2016.

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Materialübersicht

1./2. Stunde Einstieg und Lektüre: Erwartungen des Lesers und Aufbau des Romans

M 1 (Ab) Wie Leser reagieren …

M 2 (Fo) Die drei Teile des Steppenwolfs – welche Textteile wir identifizieren

können

M 3 (Ab) Was uns der Herausgeber mitteilt – zum fiktiven Vorwort des fiktiven

Herausgebers

3./4. Stunde Leseeindrücke verarbeiten und Beginn der Traktat-Analyse M 4 (Ab) Der Steppenwolf – Anleitung zum Lesen

M 5 (Tx) Innehalten – die Lektüre unterbrechen und sich selbst Rechenschaft

ablegen

M 6 (Ab) Leseeindrücke „Steppenwolf“ – was ich interessant fand M 7 (Ab) Leseeindrücke „Steppenwolf“ – was ich irritierend fand M 8 (Ab) Die Analyse des Traktats

M 9 (Gd) Der Traktat – Musterfolien für die Analyse

5./6. Stunde Das magische Theater – Sieg oder Niederlage des

Steppenwolfs?

M 10 (Tx) Hochjagd auf Automobile – würde jeder mitmachen?

M 11 (Tx) Die Tötung Hermines – was halten Sie vom Schluss?

7./8. Stunde Rezeption und Wirkung – das geistige und zeitliche Umfeld des „Steppenwolf“

M 12 (Tx) Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra. Ein Buch für alle und

keinen

M 13 (Tx) Hermann Hesse – ein Antidemokrat?

M 14 (Ab) Hermann Hesse und die Demokratie – Vorlage für die politische Verortung des Romans und des Autors

M 15 (Tx) Wie (un)politisch und (anti)demokratisch ist Hermann Hesse?

9./10. Stunde Von der Analyse der Kritiken zur Formulierung der eigenen Position

M 16 (Tx) Stellung beziehen – drei Rezensionen als Ausgangsmaterial

Abkürzungen: Ab = Arbeitsblatt; Fo = Farbfolie; Gd = grafische Darstellung; Tx = Text

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M 2

Die drei Teile des Steppenwolfs – welche Textteile wir identifizieren können

Wann die Texte (in der Fiktion) geschrieben wurden:

Der älteste Text:

Traktat

Der mittlere Text:

Aufzeichnungen

Der jüngste Text:

Vorwort des Herausge- bers

Wie wir die Texte präsentiert bekommen und lesen:

Zuerst den jüngsten Text,

dann den mittleren Text,

unterbrochen vom ältesten Text,

schließlich das Ende des mittleren

Textes.

II kennt III:

Wie reagiert II auf III?

Außensicht/

Innensicht Innensicht

I kennt III: Wie reagiert I auf

III?

I kennt II: Wie reagiert I auf II?

Außensicht

Steppenwolf?

III Traktat vom Steppenwolf (S. 49–78) –

Verfasser unbekannt

II Harry Hallers Auf- zeichnungen „Nur

für Verrückte“

(S. 31–242) I Vorwort des

Herausgebers (S. 9–30)

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14 von 42 Hermann Hesse: „Der Steppenwolf“ Prosa – Nachkriegsliteratur bis Gegenwart Beitrag 20 I/D

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Innehalten – die Lektüre unterbrechen und sich selbst Rechenschaft ablegen

Ab S. 185 befindet sich Harry Haller im sogenannten magischen Theater. Hier gibt es mehrere Angebote, für die er sich entscheiden kann. Sie finden sie nachfolgend aufgelistet.

Aufgaben

1. Unterbrechen Sie nun Ihre Lektüre, studieren Sie die Angebote und beant- worten Sie dann die Fragen unten.

a) Was glauben Sie: Welche Station wird Haller aufsuchen?

b) Welche Station würde Sie interessieren?

Alle Mädchen sind dein!

Einwurf eine Mark

Auf zum fröhlichen Jagen!

Hochjagd auf Automobile

Mutabor

Verwandlung in beliebige Tiere und Pflanzen

Kamasutra

Unterricht in der indischen Liebeskunst Kurs für Anfänger: 42 verschiedene Methoden

der Liebesübung

Genussreicher Selbstmord!

Du lachst dich kaputt!

Wollen Sie sich vergeistigen?

Weisheit des Ostens

Untergang des Abendlandes

Ermäßigte Preise. Noch immer unübertroffen

Inbegriff der Kunst

Die Verwandlung von Zeit in Raum durch die Musik

Die lachende Träne Kabinett für Humor

Einsiedlerspiele

Vollwertiger Ersatz für jede Geselligkeit

Anleitung zum Aufbau der Persönlichkeit

Erfolg garantiert Wunder der Steppenwolfdressur

Wie man durch Liebe tötet Letzte Tür, ohne Aufschrift

2. Lesen Sie nun den Text weiter: Welche Station besucht Harry Haller tatsächlich? No- tieren Sie die Überschriften und überlegen Sie: Können Sie ein Muster, ein System oder eine Entwicklung ausmachen?

3. Decken sich Hallers Wünsche mit Ihren eigenen Wünschen?

4. Zum Abschluss: Wie interpretieren Sie die Vorgänge rund um das magische Theater?

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Referenzen

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