Erfahrungen mit Mediations- und Konfliktschlichtungs-
verfahren bei konfliktreichen Großvorhaben
Carla Schönfelder, team ewen
107. LAG Sitzung, 13. Oktober 2011, Mannheim
| Konflikte klären
| Prozesse managen
| Veranstaltungen organisieren
| Gruppen moderieren
Schwerpunkte von team ewen
Erfahrungen mit
Beteiligungsverfahren bei Großvorhaben
| Mediationsverfahren zum Flughafen Frankfurt (1998- 2000)
| Regionales Dialogforum zum Flughafen Frankfurt (2000- 2007)
| Runder Tisch Kaliproduktion Werra / Weser
| Informations- und
Dialogprozess Erdgas-
Fracking
Gliederung
1. Viele Akteure, ein Prozess: Zur Frage der Prozessgestaltung – ein Überblick
2. Meist zu spät, selten zu früh: Zur Frage des Zeitpunkts - Beispiel Erdgas-Fracking
3. Wahr oder unwahr: Zum „joint fact finding“ -
Beispiel Mediation zum Flughafen Frankfurt
1. Viele Akteure – ein Prozess
| Was genau ist der Auftrag und das Ziel? Transparenz, Akzeptanz...?
| Welcher Prozess ist wirklich gefragt?
Mediation, Runder Tisch…?
| Wer initiiert und wer lädt ein: Das Unternehmen, die Politik, beide gemeinsam? Wer finanziert den Prozess?
| Wie sind die Ressourcen bei den
Initiatoren – Zeit, Finanzen, Haltung?
| Wer wird beteiligt, wann und wie?
Die Zielsetzung des Prozesses muss von Beginn an klar sein.
wachsende Handlungsrelevanz Umsetzung von Ergebnissen
Vereinbarungen, Konsensfindung Empfehlungen und Kompromisse
Austausch und Bewertung von Argumenten Transparenz über Informationen und Interessen
Erfahrungen mit drei Prozesstypen
Flughafenausbau (Mediation)
Mediation Sandabbau Rheinhessen Flughafenausbau
(Regionales Dialogforum) Runder Tisch Kaliproduktion Erdgasförderung
- Fraccing Beispiel
Politik Politik
(+Unternehmen) Unternehmen
Initiator
Staat (+ Unter- nehmen
gemeinsam) Staat (+ Unter-
nehmen
gemeinsam) Unternehmen
Finan- zierung
Konsensfindung Kooperative
Erarbeitung von Empfehlungen Dialog- und
Informations- prozess
Prozess
3 2
1 Typ
Was ist das angestrebte Ergebnis?
die Beteiligten Politik
Unternehmen Behörden Öffentlichkeit Adressat des
Ergebnisses
Konsens unter den Beteiligten
Empfehlung, große Mehrheit Hinweise für
Befriedung Gutes Ergebnis
Konfliktparteien im Gespräch
Strukturierung der Fakten Transparenz,
Glaubwürdigkeit Minimalziel
Konsensfindung (Mediation)
Kooperative Empfehlungen Dialog- + Infor-
mationsprozess
Typ 1: Das Unternehmen lädt ein
Beispiel: ExxonMobil – Erdgasförderung aus unkonven- tionellen Lagerstätten (Fracking)
| Ziel ist es, dass Fragen gestellt werden können und beantwortet werden (Transparenz).
| Fachebene: renommierte Experten (Kompetenz) mit neutralem Hintergrund bzw. in ausgewogener Besetzung (Glaubwürdigkeit) antworten. Ein externen Moderator leitet den Dialogprozess.
| Die Behörden sind eingeladen, den Prozess zu beobachten.
| Das Unternehmen verpflichtet sich, nicht zu „fracken“, bis die Kriterien für Sicherheit und Umweltverträglichkeit erarbeitet sind und es klar ist, dass sie eingehalten werden.
Dauer: April 2011 bis voraussichtlich Frühjahr 2012
Typ 2: Politik und Unternehmen laden ein
Beispiel: Runder Tisch Kaliproduktion
| Ziel ist es, Empfehlungen zu erarbeiten, die die Politik dann übernehmen kann (kooperative Konfliktregulierung).
| Dialog und Vollzug sind eng verschränkt:
|die Empfehlungen müssen die rechtliche und administrative Situation einbeziehen.
|die Behörden sind Teil des Verhandlungssystems
|die Politik schaut zu, kommuniziert aber: Je größer der Konsens, desto eher setzen wir die Empfehlung um.
Dauer: März 2008 bis Februar 2010 (23 Monate), aktuell: Begleitung der Umsetzung
Typ 3: Die Politik beruft ein
Beispiele: Mediation Flughafen Frankfurt, Mediation Sand- und Kiesabbau Rheinhessen
| Die Politik beschließt die Mediation. Ziel ist Einigung.
| Unternehmen, Kommunen und Bürgerinitiativen beteiligen sich als Konfliktparteien.
| Behörden schauen zu. Politik setzt ein Moratorium für die Zeit der Verhandlungen durch. Das begrenzt die Zeit für die Mediation.
| Ohne Konsens kein Erfolg (Mediation!)
Dauer: FRA: Juli 1998 – Jan. 2000 (18 Monate)
Sand- und Kiesabbau: Nov. 2008 –Jan. 2010 (14 Monate)
2. Meist zu spät, selten zu früh – Zum Zeitpunkt
|
Initiative meist erst, wennKonflikt bereits aufgetreten oder gar schon eskaliert ist: also zu spät.
| In der Regel ist Initiator „die Politik“, die als +/- „neutral“ und der Befriedung verpflichtet
angesehen wird.
| Unter welchen Bedingungen kann „die Politik“ überhaupt tätig werden, bevor ein Konflikt
auftritt? Oder wer kann es sonst?
nach Glasl, Konfliktmanagement, 2005
Ein Ansatz: Das Unternehmen lädt ein Beispiel: ExxonMobil – Erdgasförderung aus unkonven-
tionellen Lagerstätten (Fracking)
| Ziel ist es, dass Fragen gestellt werden können und beantwortet werden (Transparenz).
| Fachebene: renommierte Experten (Kompetenz) mit neutralem Hintergrund bzw. in ausgewogener Besetzung (Glaubwürdigkeit) antworten. Ein externen Moderator leitet den Dialogprozess.
| Die Behörden sind eingeladen, den Prozess zu beobachten.
| Das Unternehmen verpflichtet sich, nicht zu „fracken“, bis die Kriterien für Sicherheit und Umweltverträglichkeit erarbeitet sind und es klar ist, dass sie eingehalten werden.
Dauer: April 2011 bis voraussichtlich Frühjahr 2012
Struktur Prozess Erdgas-Fracking
3. Wahr oder unwahr – Joint fact finding
| Akteure bei Großvorhaben haben großen Bestand an Wissen aufgebaut. Es liegen Expertisen, Gutachten und Gegengutachten vor.
| Aufgabe Joint fact finding:
– Datenbestände gemeinsam „scannen“,
– im Konsens festlegen: Was genau ist die zu klärende Frage beim anstehenden
Entscheidungsbedarf?
– Prioritäten festlegen,
– Bestehende Lücken gemeinsam füllen. Wichtig:
Auswahl der Experten und der Fragestellung im
Konsens!
Ein Ansatz: Mediation Flughafen Frankfurt
| Szenarioprozess: Fragestellungen und Treibergrößen identifiziert und strukturiert Arbeitsprogramm
| Wissenschaftliche Begleitung erarbeitet Stand des Wissens und Vorschlag zur Vorgehensweise (Gutachten, Hearing,
Recherche…)
| Gutachten: Arbeitsgruppen (alle Akteursgruppen vertreten) erarbeiten Leistungsverzeichnis, suchen mögliche Gutachter.
Gutachter präsentieren Angebote, gemeinsame Vergabe.
Unterlegene Anbieter als Qualitätssicherer!
| Hearings: Experten werden von den verschiedenen „Seiten“
vorgeschlagen, eingeladen und angehört. Leitfragen werden gemeinsam erarbeitet.
| Ergebnispapiere zu allen Themen des AP, Wort für Wort abgestimmt.
| Schlussbericht wird aus einzelnen endabgestimmten Ergebnispapieren zusammengesetzt.