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U N A B H Ä N G I G E W O C H E N Z E I T U N G F Ü R D E U T S C H L A N D

Jahrgang 25 — Folge 35

2 Hamburg 13, Parkallee 86/31. August 1974 C 5524 C

Steht Bonn vor einem „Watergate"?

Bonn erwartet heißen Herbst - Neue Aspekte im Fall Guillaume - Tonband belastet Wienand - Fall Steiner erneut aufgriffen?

H . W . — Daran kann heute kein Zweifel mehr sein: Bonn steht vor einem heißen Herbst. Noch bevor diese Jahreszeit kalen- dermäßig erreicht sein wird, werden in der Bundeshauptstadt die Wogen hochschla- gen. Wen sie wegspülen werden, wird sich zeigen. Namen werden bereits hinreichend genannt. Allein es scheint uns, daß seitens der Opposition die Solidarität der Genos- sen unterschätzt wird. Und, wie gesagt, die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn.

Wen man hat, das ist zunächst Günther Guillaume, als Persönlicher Referent von Bundeskanzler Brandt sicherlich auch Ver- trauensmann und nachweislich Agent des sowjetzonalen Staatssicherheitsdienstes, der, wie man heute weiß, in die unmittel- bare Umgebung des damaligen Bonner Re- gierungschefs gehievt wurde, obwohl er bei anderen Spionagefällen einschlägig aufge- fallen war.

Bestallung trotz Verdacht

Nachweislich in drei Spionageverfahren war der Name Guillaume aufgetaucht und er selbst auch vernommen worden. Was aber besonders peinlich ist: die Ernennung zum Kanzlerreferenten traf Guillaume sechs Wochen nach dem Tage, da Dietrich Gen- scher, damals als Innenminister der zustän- dige Ressortchef, seinen Kanzler Uber den Verdacht unterrichtet hatte, über den dei Verfassungsschutz pflichtgemäß berichte' hatte.

In dieser Woche nun soll der Unter- suchungsausschuß, den das Parlament zur Aufklärung des Falles Guillaume eingesetzt hat, seine Arbeit fortführen. Zunächst, so jedenfalls sieht es zur Stunde aus, werden aus dem Kanzleramt drei Beamte als Zeugen erscheinen und in Bonn raunt man sich zu, die Koalition habe ein Interesse daran, eine Vernehmung des früheren Kanzlers Brandt, Herbert Wehners und eventuell auch des früheren Kanzleramtsministers Ehmke bis auf einen Termin nach den Land- tagswahlen in Hessen und Bayern hinaus- zuschieben.

Schon jetzt liegt hochbrisanter Zündstoff unter dem Tisch: der Union angehörende Mitglieder des parlamentarischen Unter- suchungsausschusses, die Abgeordneten Gerster und Spranger, behaupten, aus den Sicherheitsakten des Verfassungsschutzes seien 77 Seiten entfernt worden. Stimmt das Dementi der Bundesregierung, so wäre es gut. Stimmt es nicht, dann wäre der Ver- dacht der Aktenmanipulation schwerlich von der Hand zu weisen.

Doch Aktenmanipulation?

Man wird davon ausgehen können, daß die Koalition durch sorgfältiges Abstecken der Sitzungsthemen erreichen will, daß weitergehende oder tiefer schürfende Fra- gen der Unionsmitglieder als vereinba- rungswidrig zurückgewiesen werden und es sollte uns nicht wundern, wenn eines Tages der Punkt erreicht wäre, an dem die SPD - FDP-Abgeordneten den Ausschuß platzen lassen. In jedem Falle stehen dem Ausschuß nicht unerhebliche Krisen ins Haus. Daran kann kein Zweifel sein, denn die Ausein- andersetzungen zwischen Koalition und Opposition haben inzwischen neuen Stoff angesammelt.

Es handelt sich um den Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Wienand, der, wie bekannt, vor einem Untersuchungs- ausschuß des Bundestages mit Entschieden heit bestritten hatte, als Berater der Char- ter-Fluggesellschaft Paninternational tätig gewesen und dafür ein Honorar von 162 500 DM erhalten zu haben. Dieses Geld, das au' Wienands Konto zugebucht wurde, soll vielmehr die Rückzahlung eines Darlehns sein, das Wienand dem früheren Paninter- national-Geschäftsführer Trommer gewährl haben will. Eine Aussage, die damals vor dem Ausschuß auch von dem Zeugen Trom- mer bestätigt worden ist.

Vor 35 Jahren begann der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff auf Polen. In einem Geheimabkommen zum aeutsch-sowjeuscnen Vertrag vom August 1939 hatten sich Hitler und Stalin über die Aufteilung Polens geeinigt. So statteten denn auch (unser Foto) deutsche Offiziere und Soldaten einem russischen Panzerregiment einen Besuch ab, nachdem die Rote Armee in Polen eingerückt war. A n Hitlers Uberfall auf Polen wird in diesen Tagen wieder erinnert, von Stalins Komplizenschaft dagegen wird nicht ge- sprochen. Foto Ullstein

Nun aber ist in München eine Bombe geplatzt: Trommers Anwalt teilte mit, sein Mandant habe Mitte Juni vor dem Staats- anwalt erklärt, von Wienand kein Darlehn erhalten zu haben. Frühere Aussagen habe Trommer zurückgenommen. Was immer die Gründe Trommers für diesen Widerruf einer früheren Aussage gewesen sein mö- gen: jetzt steht Wienand in dem Verdacht,

den parlamentarischen Untersuchungsaus- schuß belogen und von der Charter-Gesell- schaft also doch 162 500 D M als Honorar erhalten zu haben. Es handelt sich bei Pan- international um jene Chartergesellschaft, die eine ihrer Maschinen bei dem furchtba- ren Flugzeugunglück verlor, das am 6. Sep- tember 1971 unmittelbar in der Nähe Ham- burgs geschah, und bei dem 25 Passagiere den Tod fanden.

Als der CDU-Abgeordnete Reddemann in diesen Tagen im Zusammenhang mit den erst allmählich in Gang kommenden parla-

mentarischen Untersuchungen der Affäre Guillaume äußerte, nur noch Leichtgläubige könnten glauben, daß die SPD/FDP-Bundes- regierung die ganze Wahrheit zu offenbaren beabsichtige und er den Regierenden in Bonn eine Art „Watergate-Mentalität" vor- warf, dürfte Reddemann mehr die in Wa- shington angewandte Salamitaktik ange sprochen und weniger an die Tonbände:

gedacht haben, die im Falle Nixons eine entscheidende Rolle spielten.

Doch im Falle Wienand geht es jetzt auch um ein Tonband, auf dem sich der Mitschnit!

eines Telefonats zwischen Wienand und einem führenden Mann der Paninternatio- nal befindet und über das nun eine bundes- deutsche Sonntagszeitung verfügt. Der bis- her unveröffentlichte Text dieses Tonban des beweist, daß Wienand — entgegen seiner Aussage von dem Untersuchungs- ausschuß — in einer Weise für die Flug-

gesellschaft tätig war, die man als „bera- tend" bezeichnen kann.

Folgen wir einer Veröffentlichung der zitierten Sonntagszeitung, so beweist das genannte Tonband, daß Wienand zum Bei- spiel den Herren der Paninternational ver- sprochen hat, festzustellen, ob eine Betriebs- prüfung gegen das Unternehmen anbe-

raumt werde. Er bat in diesem Zusammen- hang den Anrufer, nach Bonn zu kommen,

„dann könnte ich Ihnen auch in Nuancen Einblick verschaffen, was ich sonst am Tele- fon schlecht machen kann. Ich bin heute abend . . . beim Bundeskanzler, da können Sie mich auch erreichen."

Wird jetzt auch die Affäre Steiner erneut überprüft

Kein Wunder, daß angesichts dieser neuen Entwicklung auch die Frage gestellt wird, ob Wienand vor dem Ausschuß, der den Fall Steiner untersuchen sollte, etwa eine falsche Aussage gemacht hat, als er bestritt, dem (früheren) CDU-MdB Julius Steiner

— wie von diesem behauptet — 50 000 D M gezahlt zu haben, mit der Steiners Stimme gekauft worden sein soll, um die Regierung Brandt zu retten, übrigens heißt es in Bonn seit Tagen, es sei nur noch eine Frage ganz kurzer Zeit, bis der Name des zweiten Ab- geordneten, der ebenfalls gegen Barzel ge- stimmt hat, genannt werde.

Es ist kein Nähkästchengeplauder, wenn man sagt, Karl Wienand habe in einem be- sonderen Verhältnis zu dem Chef der SPD- Bundestagsfraktion gestanden, denn schließ- lich hat sich Herbert Wehner vor dem par- lamentarischen Untersuchungsausschuß mit Nachdruck für Wienand eingesetzt und vor der SPD-Fraktion erklärt: „Ich verbinde mein Schicksal mit dem von Karl Wienand."

Karl Wienand macht in diesen Tagen noch Urlaub in seiner Villa am Gardasee und ist nicht zu ereichen. Wehner ist am Montag vorzeitig aus Schweden zurückgekehrt.

Wenn es stimmt, daß er seit dem Juni be- reits über die Aussage Trommers vor der Staatsanwaltschaft Unterricht war, so ist jedenfalls bisher keine Stellungnahme sei- nerseits bekanntgeworden.

Die neueste Entwicklung hat in Kreisen der SPD verständlicherweise Unruhe her- vorgerufen, zumal der Vorsitzende der Unionsfraktionen im Bundestag, Professor Carstens, erklärte, jetzt müsse auch die Steiner-Wienand-Affäre, „in der Aussage gegen Aussage steht, neu überprüft wer- den". Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß die Opposition hier wieder die Einsetzung des Ausschusses oder die Wiederaufnahme seiner Arbeit fordern wird.

Bisher konnte der Fall Wienand'Steiner jedenfalls nicht geklärt und bereinigt wer- den. Ob es im Fall Guillaume möglich sein wird, wird nicht zuletzt von dem Verhalten der Koalitionsparteien im Ausschuß abhän- gen, die versucht sein könnten, ihre Mehr- heit rücksichtslos zu nutzen.

Sollten die Sozialdemokraten der Mei-

nung sein, auf diese Weise — indem sie

einer Vernebelung Vorrang geben vor der

Aufhellung dieses trüben Kapitels —

ihre Partei vor Schaden zu bewahren, so

sollten sie doch wissen, daß der Staat an

diesen Affären riesigen Schaden nehmen

wird. Und sie sollten sich eines Wortes des

ersten Reichspräsidenten erinnern: Fried-

rich Ebert nämlich, der aus ihren Reihen

kam, hat einmal gesagt, daß dann, wenn

er zwischen Staat und Partei zu entscheiden

habe, er dem Staat stets den Vorrang geben

werde. Wir werden sehen, wie es heute

darum bestellt ist.

(2)

Politik 1 * 5 31. August 197:4 — Folge 35 — Seite 2

Kirchen:

Wie links steht der Weltkirchenrat?

Karl Marx und Lenin sind gesellschaftsfähig geworden — Christus wird rot geschminkt

Der Zentralausschuß des Weltkirchen- rats, der im August in West-Berlin tagte, hat die Fortführung des sogenannten Anti- Rassismusprogramms beschlossen und den Sonderfonds für Befreiungsbewegungen auf 780 000 D M pro Jahr erhöht. Aus die-

sem Sonderfonds, der ein Teil des Pro- gramms ist, werden in erster Linie die kom- munistisch gefärbten Befreiungsgruppen im südlichen Afrika unterstützt.

Die einzige Gegenstimme bei der Abstim- mung über den Sonderfonds wurde von dem CDU-Abgeordneten Richard von Weizsäcker abgegeben. In dem zuständigen Ausschuß hatte auch der westfälische Prä-

ses Hans Thimme sein Umbehagen zum Ausdruck gebracht. Er hatte jedoch im Ple- num kein Stimmrecht. Der fast einstimmig gefaßte Beschluß, die Unterstützung kom- munistischer Gruppen in der Dritten Welt

fortzusetzen, zeigt mit erschreckender Deutlichkeit, wie stark die prokommunisti- schen Tendenzen im Weltkirchenrat gewor- den sind. Bei der Tagung in West-Berlin erklärte der Sekretär der Allafrikanischen Kirchenkonferenz, Canon Burgeas Carr, der Kommunismus komme, um den Menschen zu helfen, dagegen seien diejenigen, welche gegen den Kommunismus seien, oft die gleichen, die die afrikanischen Völker unterdrückten.

In dieser Äußerung offenbart sich eine Auffassung, die mehr oder weniger berech- tigte Ressentiments gegen die früheren Kolonialmächte mit einer Hinneigung zum Kommunismus verbindet. Es gibt in den christlichen Kirchen heute zahlreiche Sym- pathisanten für den Kommunismus. Karl Marx und Lenin sind im kirchlichen Raum gesellschaftsfähig geworden.

Der spanische Jesuit Diez Alegria hat ein viel gekauftes Buch geschrieben, das den Titel trägt: „Ich glaube an die Hoffnung."

Der Kernsatz dieses Buches lautet: „Marx brachte mich dazu, Jesus Christus und den Sinn seiner Botschaft neu zu begreifen."

Das heißt mit anderen Worten: Die Auf- fassungen von Karl Marx werden zu einem Schlüssel, der das Verständnis des Neuen Testaments erschließen soll. Was dabei herauskommt, ist der Wechselbalg eines marxistischen Christentums. Christus wird rot geschminkt. Seine Mission besteht an- geblich in der politischen und sozialen Re- volution. Christentum und sozialistische Ideologie werden damit gleichgeschaltet.

Auch im Weltkirchenrat findet man heute derartige Meinungen. Der Marxismus be- kommt einen Ehrenplatz in Kirche und Theologie. Man behauptet die „Affinität zwischen den marxistischen Einsichten und gewissen christlichen Grunderkenntnissen".

Man sagt, Christen und Marxisten seien in

Anfrage:

Wer gab Ost-Berlin Fluchthelfer-Listen?

Reddemann verlangt Auskunft

Der hessische CDU-Landtagsabgeordnete Wilhelm Runtsch will in einer parlamenta- rischen Anfrage Aufklärung darüber ver- langen, ob und wie Fluchthelfer-Listen aus dem Notaufnahmelager Gießen an den Ost-

Berliner Staatssicherheitsdienst (SSD) ge- langt sind. Er sagte, es bestehe „ein kon- kreter Verdacht gegen einen bestimmten Mann". Bisher sei es den Sicherheitsbehör- den jedoch nicht gelungen, den Informan- ten aufzuspüren.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Redde- mann hatte in der letzten Woche erklärt, er wisse, „daß die ,DDR'-Regierung die Gießener Fluchthelfer-Listen besitzt".

Wie ANDERE es sehen:

der Sorge um die Armen einig. Sie müßten zusammen eine neue bessere Weltordnung herbeiführen, notfalls mit Gewalt.

Im Zuge der marxistischen Infiltration verändert sich das kirchliche Selbstver- ständnis. Die Kirche wird für fremde Zwecke eingespannt. Sie soll nicht mehr von der jenseitigen Welt Gottes reden, sondern von dem diesseitigen Idealzustand, den der Sozialismus herbeiführen wird. Systemver- änderung und gesellschaftliche Umstruk-

tuierung werden als kirchliche Aufgaben erklärt. Die Kirche soll „Trägerin der Revo- lution" werden. A n die Stelle Martin Luthers tritt Thomas Münzer, an die Stelle des Barmherzigen Samariters der Guerilla- kämpfer. Das politische Schwärmertum hat erneut seinen Einzug in die Christenheit gehalten.

Die Parteinahme für den Kommunismus erklärt auch die Blindheit, die der Welt- kirchenrat gegenüber den Verhältnissen im kommunistischen Herrschaftsbereich zeigt.

Man lehnt es ab, die Unterdrückung der Menschen von Erfurt bis Wladiwostok zur Kenntnis zu nehmen. Was in Mitteldeutsch- land geschieht, fordert den Protest des Weltkirchenrats nicht heraus. Der Neokolo- nialismus Moskaus wird ignoriert. Die kom- munistischen Staaten werden in dem Kata- log des Unrechts ausgeklammert.

Es ist kein Wunder, daß der Unwille und der Zorn ehrlicher Protestanten wächst Manche sehen bereits im Weltkirchenrat die größte Linksorganisation auf unserem

Planeten. Die evangelischen Kirchen der Bundesrepublik müssen sich fragen lassen, wie lange sie noch tatenlos zusehen wollen.

Es ist Zeit, daß sie sich aufraffen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen.

Alexander Evertz

Gehört * gelesen * notiert |

Beharrlichkeit im Unrecht macht das Unrecht

nicht geringer. i>/iaKespeare Das ist die rentabelste Mauer, die ich in meinem

Leben gebaut habe.

Albert Michel, Ost-Berliner Bauarbeiter, der an der Berliner Sperrmauer mit gebaut hat, im „DDR"-Fernsehen

Zu Fürsten: Sage mir, wie du baust, und ich werde dir sagen, wie du bist.

Christian Morgenstern

Auch die dienen, die nur dastehen und jubeln.

Henry Adams

Muße ist die Kunst, wirklich nichts zu tun, wenn man nichts tut.

Die wahre Kunst ist,

Anton Schnack

Unwirklichkeit zu üben.

Lovis Corinth

Man kann allerlei simulieren — nur die Freiheit nicht

Stanislaw

Jerzy Lee Keiner kann vollkommen frei sein, solange nicht alle frei sind.

Herbert Spencer

Die Gleichheit vernichtet die Freiheit, und die Freiheit vernichtet die Gleichheit.

Egon Friedell

Die Gleichheit, die wir verlangen, ist der er- träglichste Grad der Ungleichheit.

Georg Wilhelm Lichtenberg

Die Ungleichheit ist das Natürliche, die Gleich- heit ist eine Leistung.

Carl Friedrich von Weizsäcker

Fluchthilfe:

Sanfte Zungenschläge bei einem Trauerspiel?

Selbst Washington zeigt sich verwundert über die Haltung unserer Massenmedien

Die „DDR"-Justiz gegen Republikflüchtige und Fluchthelfer ist Betätigung eines Sonderstraf- rechts, das kraß gegen Art. 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Ver- einten Nationen verstößt. Mit der Häufung dieser Prozesse in jüngster Zeit wird die Justiz er- neut in den Dienst der Politik gestellt.

Von einem amerikanischen Freunde mit gu- ten Verbindungen zum Washingtoner Außenmi- nisterium erhielten wir folgende Stellungnahme:

„Die sich häufenden Ost-Berliner Bekanntgaben über drakonische Urteile gegen Flüchtlinge und Fluchthelfer machen dem amtlichen Washington kaum geringere Sorgen als der Bonner Regie- rung. Es gibt bei unseren Experten keinen Zwei- fel daran, daß die Fluchthelfer-Prozesse wenig mit Justiz zu tun haben, aber sehr viel mit ei- ner Politik, die ihrerseits nichts mit Entspannung zu tun hat.

Hier, in Washington, besteht weitgehende Einigkeit darüber, daß die „DDR" mit dem for- cierten Hochspielen wirklicher oder angebli- cher westlicher Fluchthilfe von ihren eigenen Rechtsbrüchen und Schikanen ablenken will, nicht zuletzt von den Transitbehinderungen im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Er- richtung des Bundesamtes für Umweltschutz in West-Berlin. Die große Mehrheit unserer Deutschland-Experten ist aber überzeugt, daß noch ein zweites Motiv entscheidend mitspielt:

nämlich die Absicht, mit einer großen Zahl ver- urteilter West-Berliner und Westdeutscher ein

USA:

Tauschobjekte:

Guillaume?"

„Na, wie wär's — gegen

Z e i c h n u n g a u s F A Z

Ford gibt der Innenpolitik Vorrang

Kürzung der Einfuhren bringt Schwierigkeiten für die Wirtschaft

B o n n — In politischen Kreisen der Bun deshauptstadt weist man darauf hin, daß der neue amerikanische Präsident Gerald Ford für die Bundesregierung sozusagen ein un- beschriebenes Blatt ist, denn sowohl Bundeskanzler Helmut Schmidt als auch Außen- minister Hans Dietrich Genscher kennen Ford nur flüchtig.

Kompensationsobjekt in die Hand zu bekom- men, mit dem am Ende doch noch die Freigabe des Kanzlerspions Guillaume durchgesetzt wer- den könnte. Die Bundesregierung lehnt, wie man weiß, die Freigabe Guillaumes nach wie vor ab.

Aber, so meint man wohl in Ost-Berlin, das An- gebot, 50 oder mehr verurteilte Fluchthelfer freizulassen, würde schließlich die Bundesregie- rung zwingen, unter dem Druck der öffentlichen Meinung und aus moralischen Erwägungen ei- nem Austausch gegen Guillaume zuzustimmen.

Ich möchte hoch eine Bemerkung anschließen, paß die amerikanische Öffentlichkeit von. der skandalösen Mißachtung anerkannter UNO-Prin- zipen durch die „DDR" und von dem weitge- henden Scheitern der Bonner Bemühungen um die Verbesserung der menschlichen Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten wenig Notiz nimmt, ist, zumal in der Watergate-Atmosphäre, verständlich. Meine Freunde im Außenamt ver- stehen auch durchaus, daß die Bonner Regie- rung bis zum äußersten bemüht ist, die Bezie- hungen zur „DDR" nicht auch noch ihrerseits zu verhärten. Was aber hier viele verwundert, sind die überwiegend sanften Zungenschläge, mit de- nen die westdeutschen Massenmedien das in- nerdeutsche Trauerspiel kommentieren. Viele meinen hier, eine massivere Kritik würde die SED-Gewaltigen aufhorchen lassen und die um Ausgleich bemühte Politik der Bundesregierung nicht durchkreuzen, sondern ihr im Gegenteil mehr Nachdruck verleihen.

Weil man in Bonn nicht mit einem so schnel- len Rücktritt Nixons gerechnet hatte, gab es von Seiten der Bundesregierung keine Bemühungen, Verbindungen zu Ford aufzunehmen, dessen po- litische Absichten und Ziele daher in Bonn un- bekannt sind.

Bereits Fords erste Amtshandlung, der Auf- trag für die Erstellung eines Anti-Inflationspro-

Sic transit gloria, Henry

Z e i c h n u n g aut> „ D i e W e l l "

gramms, kann nachteilige Wirkungen auf die Bundesrepublik haben. Obwohl ein Anti-Infla- tionsprogramm der USA im Interesse der Welt- währungsstabilität auch in Bonn nachdrücklich begrüßt wird, ist nicht zu übersehen, daß es eine Kürzung der Einfuhren aus der Bundesrepublik zur Folge haben wird. Damit käme die Export- wirtschaft der Bundesrepublik in zusätzliche Schwierigkeiten. Vor allem aber wird in Bonn befürchtet, daß Ford gegenüber den immer lau- ter werdenden Forderungen des Kongresses, die amerikanische Truppenpräsenz in Europa abzu- bauen, weniger Widerstand entgegensetzen könnte als Nixon. Die Konseguenzen einer sol- chen Politik für die NATO, besonders aber für die Bundesrepublik, wären unübersehbar. Auf der anderen Seite wird allerdings nicht ausge- schlossen, daß Ford gegenüber Moskau eine zu- rückhaltendere Politik betreibt als Nixon.

Allgemein wird in Bonn allerdings eine stär- kere Hinwendung der USA zur Innenpolitik er- wartet. Dies könnte, wie diplomatische Kreise befürchten, zu einem Nachlassen des amerikani- schen Interesses an den europäischen Verbünde- ten führen. Diese möglichen Entwicklungen aus- zuloten und notfalls reditzeitig gegenzusteuern wird dennoch die Hauptaufgabe der Bonner Amerika-Politik der nächsten Wochen und Mo- nate sein. Das von Ford für möglichst bald an- gekündigte Gespräch mit Bundeskanzler Schmidt reicht allein dafür nicht aus.

Der einzige Bundespolitiker, der Ford etwas näher kennt, ist der CDU-Vorsitzende Helmut Knhl. Er luhrte während seines USA-Besuchs im Frühjahr ein längeres Gespräch mit dem damaligen amerikanischen Vizepräsidenten,

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U N A B H Ä N G I G E W O C H E N Z E I T U N G F Ü R D E U T S C H L A N D

C h e f r e d a k t e u r : H u g o W e l l e m s

V e r a n t w o r t l i c h f ü r d e n p o l i t i s c h e n T e i l Stellvertr. C h e f r e d a k t e u r :

R u t h M a r i a W a g n e r K u l t u r , U n t e r h a l t u n g . F r a u e n s e i t e

C h e f v o m D i e n s t : H a n s - U l r i c h S t a m m

G e s c h i c h t e . L a n d e s k u n d e u n d A k t u e l l e s S o z i a l e s u n d L A G :

H o r s t Z a n d e r ( z . Z t . i m U r l a u b ) Z u g l e i c h J u g e n d . H e i m a t k r e i s e , G r u p p e n

B o n n e r R e d a k t i o n : C l e m e n s J . N e u m a n n A n z e i g e n u n d V e r t r i e b :

H e i n z P a s s a r g e

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(3)

Aus dem Zeitgeschehen

31. August 1974 — Folge 35 — Seite 3

£ » 6

w e n i y e n M o n a t e n w u i u e uie F o r d e r u n g der S E D g e g e n ü b e r der B u n d e s r e p u b l i k Deutsch- l a n d nach H e r a u s g a b e b e t r ä c h t l i c h e r K u l t u r g ü t e r b e k a n n t . D e r O s t - B e r l i n e r U n t e r h ä n d l e r K u r t N i e r hatte dieses A n s i n n e n u n v e r m i t t e l t seinem d a m a l i g e n V e r h a n d l u n g s p a r t n e r . S t a a t s s e k r e t ä r G a u s , u n t e r b r e i t e t . O f f e n b a r w i e s Staatssekre- t ä r G a u s diese Z u m u t u n g vorerst z u r ü c k und v e r l a n g t e v o n der S E D die V o r l a g e genauer L i s t e n , b e v o r ü b e r e i n e n d e r a r t i g e n K o m p l e x w e i t e r gesprochen w e r d e n k ö n n e . Das V e r l a n - g e n der S E D bezieht sich auf erhebliche Be- s t ä n d e der Stiftung P r e u ß i s c h e r K u l t u r b e s i t z ; und z w a r offenbar w o h l auf d i e durch F l ü c h t - l i n g s a k t i o n e n w ä h r e n d des letzten K r i e g e s nach W e s t d e u t s c h l a n d b z w . W e s t - B e r l n verschlage- nen T e i l b e s t ä n d e der P r e u ß i s c h e n S t a a t s b i b l i o - thek u n d g r o ß e r B e s t ä n d e der B e r l i n e r Samm- l u n g e n . D i e w e r t v o l l s t e n K u n s t g e g e n s t ä n d e au>

den B e r l i n e r M u s e e n w a r e n n ä m l i c h w ä h r e n d des K r i e g e s in K a l i s c h ä c h t e i n der N ä h e v o n Bad S a l z u n g e n in T h ü r i n g e n e i n g e l a g e r t w o r d e n , w o sie am K r i e g s e n d e v o n den A m e r i k a n e r n erbeu- tet u n d s p ä t e r an W e s t d e u t s c h l a n d z u r ü c k g e g e - b e n w u r d e n . Z u r Z e i t ist nicht z u e r k e n n e n , ob d i e S E D i h r e A n s p r ü c h e nach e i n e m t e r r i t o r i a l e n oder e i n e m rechtlichen P r o v e n i e n z p r i n z i p erhebt.

D a s erstere w ü r d e b e d e u t e n , d a ß sich die F o r - d e r u n g e n der S E D auf a l l e K u n s t g ü t e r erstrek- k e n , d i e sich b e i K r i e g s a u s b r u c h 1939 auf dem B o d e n der s p ä t e r e n sowjetischen Besatzungs- z o n e b z w . des S o w j e t s e k t o r s v o n B e r l i n be- fanden. N a c h e i n e m R e c h t s p r i n z i p w ü r d e da- g e g e n d i e S E D E i g e n t u m s r e c h t e an a l l e n K u l t u r - g ü t e r n g e l t e n d machen, die b e i K a p i t u l a t i o n 1945 E i g e n t ü m e r n g e h ö r t e n , z u deren Rechts- n a c h f o l g e r n sich d i e „DDR" e r k l ä r t hat. W i e i m m e r der M a ß s t a b a u s s e h e n w i r d , nach dem d i e S E D i h r e F o r d e r u n g e n b e m i ß t , die Tatsache, d a ß sie dies A n s i n n e n g e g e n ü b e r der B u n d e s - r e p u b l i k ü b e r h a u p t z u s t e l l e n wagt, ist bezeich- n e n d für e i n b e s t i m m t e s n a t i o n a l e s S e l b s t v e r - s t ä n d n i s der K o m m u n i s t e n . D e n n es ist nicht mehr z u ü b e r s e h e n , d a ß d i e P o l i t i k der S E D auf e i n e m nicht u n w e s e n t l i c h e n S e k t o r , n ä m l i c h dem der W a h r u n g u n d V e r w e n d u n g g e i s t i g e r Ü b e r - l i e f e r u n g u n s e r e s V o l k e s , z u r K o n s o l i d i e r u n g i h r e s Staates als des „ D e u t s c h e n Staates der Z u k u n f t " d i e n t — die „DDR" als W a h r e r i n des

„ h u m a n i s t i s c h e n E r b e s der Deutschen N a t i o n " . D a s erstrebte M o n o p o l ü b e r das E r b e der V e r - g a n g e n h e i t ist — n u r f o l g e r i c h t i g — auch i n k o m m u n i s t i s c h e n A u g e n u n e r l ä ß l i c h z u r V o r - b e r e i t u n g i h r e s A l l e i n v e r t r e t u n g s a n s p r u c h s für

ganz D e u t s c h l a n d . D i e R e z e p t i o n b e s t i m m t e r k o l l e k t i v e r U b e r l i e f e r u n g e n w a r schon seit je- h e r M i t t e l z u r S t ä r k u n g der e i g e n e n L e g i t i m i t ä t . D e r W e g der S E D auf d i e s e m S e k t o r ist also p o l i t i s c h s c h l ü s s i g , i d e o l o g i s c h v o r g e g e b e n , aber freilich v o n e i n e r — a l l e r d i n g s n u r scheinbaren

— W i d e r s p r ü c h l i c h k e i t . D i e M a ß n a h m e n der S E D w e c k t e n n ä m l i c h seit A n b e g i n n i h r e r H e r r - schaft d e n A n s c h e i n , als seien O r w e l l s c h e Z u - s t ä n d e e i n g e k e h r t , u n d w i e i n „1984" das M i n i - s t e r i u m für L i e b e für H a ß z u s t ä n d i g ist, so l a g

u n d l i e g t z. B . die A u f g a b e der Deutschen B ü c h e r e i i n L e i p z i g nicht a l l e i n i n der S a m m - l u n g u n d W a h r u n g deutschsprachigen Schrift- tums, s o n d e r n ebenso i n der S e l e k t i e r u n g u n d V e r n i c h t u n g „ u n z e i t g e m ä ß e r " W e r k e , u n d das M i n i s t e r i u m für K u l t u r i n O s t - B e r l i n z. B . ist nicht n u r für d i e R e n o v i e r u n g des Bach-Hauses i n E i s e n a c h z u s t ä n d i g , s o n d e r n z u g l e i c h für die V e r n i c h t u n g der P o t s d a m e r G a r n i s o n k i r c h e oder d i e V e r w ü s t u n g des I n v a l i d e n f r i e d h o f e s i n B e r l i n .

Zerstörung kultureller Werte

D e r M a ß s t a b , a n d e m die S E D k u l t u r e l l e W e r t e m i ß t , ist nicht o r i g i n ä r k u l t u r e l l e r oder gar n a t i o n a l e r A r t , er ist ü b e r h a u p t nicht e i n - d e u t i g , s o n d e r n setzt sich aus d r e i — freilich e n g v e r b u n d e n e n — K o m p o n e n t e n z u s a m m e n . D i e e i n e ist d i e i d e o l o g i s c h e , a l s o d i e s i m p l e B e u r t e i l u n g , d i e d e r H i s t o r i s c h e M a t e r i a l i s m u s liefert, die z w e i t e K o m p o n e n t e ist die russo- p h i l e , die dritte s c h l i e ß l i c h die a n t i n a t i o n a l e . D i e d r e i T e i l k r ä f t e w i r k e n als politische Z i e l - s e t z u n g stets z u s a m m e n u n d doch lassen sich

— je nach G e g e n s t a n d — n a t ü r l i c h e B e i s p i e l e aufzeigen, i n d e n e n der eine oder der andere A s p e k t d o m i n i e r e n d w u r d e . D a s i d e o l o g i s c h e M o m e n t , p a r t e i o f f i z i e l l das entscheidende, hatte v o n v o r n h e r e i n d e n n a c h t e i l i g s t e n Effekt für d e n B e s t a n d deutscher K u l t u r g ü t e r i m k o m m u - nistischen Herrschaftsbereich. D i e k o m m u n i s t i - sche K u l t u r p o l i t i k besteht b e k a n n t l i c h z u m e i n e n i n der schematischen A n w e n d u n g des H i s t o r i s c h e n M a t e r i a l i s m u s auf s ä m t l i c h e S c h ö p - fungen der V e r g a n g e n h e i t . K u n s t g u t w u r d e da- her z u A n f a n g ebenso pauschal eingestuft w i e die Z e i t e n ü b e r h a u p t , i n denen diese W e r t e entstanden w a r e n . M a n begriff das meiste n u r als W e r t e , die — w e n n schon nicht gegen, so doch m i n d e s t e n s auf K o s t e n des V o l k e s — ge- schaffen w u r d e n . D e r „ K l a s s e n c h a r a k t e r " der K u l t u r erfuhr nach k o m m u n i s t i s c h e r L e h r e im

19. J a h r h u n d e r t n a t ü r l i c h e i n e entscheidende V e r s d i ä r f u n g , w e i l i n j e n e n J a h r z e h n t e n „ d i e A r b e i t e r k l a s s e u n d ihre P a r t e i entstanden, w e l d i e den V o l k s m a s s e n den W e g in eine g l ü c k - liche Z u k u n f t w i e s e n " . D a r a n w u r d e n sie be- k a n n t l i c h v o n den „ H e r r s c h e n d e n " , „ A d e l und

B o u r g o i s i e " g e h i n d e r t u n d — w e n w u n d e r t es d a n n — n a d i 1945 v e r f i e l e n z a h l l o s e K u l t u r - werte zuerst e i n m a l derselben D i s k r i m i n i e r u n g w i e ihre v e r m e i n t l i c h e n T r ä g e r .

D i e P l ü n d e r u n g u n d Z e r s t ö r u n g zahlreicher G u t s h ä u s e r u n d S c h l ö s s e r v o n M e c k l e n b u r g bis Sachsen w a r ebenso eine F o l g e d a v o n w i e die V e r n i c h t u n g z a h l r e i c h e r G e m ä l d e s a m m l u n g e n u n d nicht zuletzt die E i n s t a m p f u n g ganzer B ü c h e - r e i e n durch die K o m m i s s i o n zur S ä u b e r u n g der B i b l i o t h e k e n " , d i e i n B i l d e r s t ü r m e r m a n i e r g r ö ß - ten Schaden anrichteten. F r e i l i c h gesellte sich neben d e m i d e o l o g i s c h e n M o t i v u n d eng damit v e r b u n d e n i m m e r e i n hohes M a ß an b l i n d e r F o r t s c h r i t t s g l ä u b i g k e i t h i n z u , das d e n a b s c h ä t z i - gen D ü n k e l ' g e g e n ü b e r a l l e m V e r g a n g e n e n w o h l z w a n g s l ä u f i g nadr sich zieht. E i n e besondere A u s p r ä g u n g fanden diese j e d e r K u l t u r z u w i d e r - l a u f e n d e n Eigenschaften n a t ü r l i c h noch durch

Frol. Dr. Manfred Abelein, MdB:

Chinesisches Porzellan als Polterabendgeschirr

Kulturpolitische Aspekte in Mitteldeutschland

B e r l i n e r S c h l o ß 1950: D u r c h e i n F D J - K o m m a n d o unter H o n e c k e r s Befehl gesprengt Foto Ullstei die parvenuhafte Ignoranz der n e u e n H e r r e n .

Beispielhaft ist d a f ü r die Ä u ß e r u n g des K o m m u - n i s t e n M a x S e y d e w i t z , 1947 s ä c h s i s c h e r M i n i - ster, der d a n n s p ä t e r (1955) z u m G e n e r a l d i r e k t o r der Staatlichen K u n s t s a m m l u n g e n i n D r e s d e n e i n g e t e i l t w u r d e : „Die P a r t e i sagte mir, du ü b e r n i m m s t die S a m m l u n g e n u n d da v e r s t a n d ich eben etwas v o n K u n s t ; w e n n die P a r t e i m i r sagt, d u w i r s t K l a v i e r v i r t u o s e , dann w e r d e ich K l a v i e r s p i e l e n k ö n n e n . " N i e m a n d k o n n t e es da w u n d e r n , w e n n aus D r e s d e n ausgelagerte B e s t ä n d e v o n chinesischem P o r z e l l a n i m N a m e n der „ P a r t e i der A r b e i t e r k l a s s e " als P o l t e r a b e n d - geschirr an B r a u t l e u t e ausgeteilt w u r d e , w e n n i n e i n e r anhaltischen Stadt das w e r t v o l l e Stadt- archiv, das U r k u n d e n aus ottonischer Z e i t ent- hielt, z u A l t p a p i e r eingestampft w u r d e — i m Tausch gegen Tapeten, w e n n die B a r o c k s k u l p - t u r e n des M e i n i n g e r Schlosses als Schrott v e r - kauft w u r d e n u n d w e n n v o n der w e r t v o l l e n g r o ß h e r z o g l i c h e n B i b l i o t h e k v o n . Sachsen- M e i n i n g e n , die eine S a m m l u n g unersetzlicher

W i e g e n d r u c k e enthielt, nicbjts anderes ü b r i g b l i e b als e i n Frachtschein, ausgestellt z u m G ü t e r - bahnhof B e r l i n - R u m m e l s b u r g ?

Selbst heute gibt es derartiges; w e n n z. B . e i n A l t e r s h e i m i m M a g d e b u r g i s c h e n für einen strengen W i n t e r statt K o h l e n als Deputat e i n i g e W a g g o n s S t i l m ö b e l — geerbt u n d geraubt aus B ü r g e r h ä u s e r n — z u m V e r h e i z e n e r h ä l t (dies w a r 1972), so ist da n u r unschwer e i n U n t e r - schied z u sehen zur N i e d e r r e i ß u n g eines wert- v o l l e n Renaissancebaues i n N i e d e r b a r n i m , um Z i e g e n s t ä l l e für „ N e u b a u e r n " u n d „ U m s i e d l e r "

im Z u g e der „ B o d e n r e f o r m " z u schaffen — dies w a r 1947. N a t ü r l i c h liegt die Z e i t der schwersten Exzesse z u r ü c k . Doch an das z u g r u n d e liegende sozialistische K u l t u r v e r s t ä n d n i s — damals und heute — w i r d m a n stets dann erinnert, w e n n K o n k u r r e n z s i t u a t i o n e n entstehen. E i n F a l l d a f ü r ist z. B. die S p r e n g u n g der gotischen U n i v e r s i - t ä t s k i r c h e in L e i p z i g aus dem 12. Jahrhundert, die die schweren B o m b e n n ä c h t e ü b e r d a u e r t hatte u n d auch das, w a s 1945 k a m . Sie m u ß t e dem neuen Hochhaus der K a r l - M a r x - U n i v e r s i t ä t weichen und w u r d e trotz s t a r k e r Proteste der B e v ö l k e r u n g gesprengt. N i c h t anders v e r h ä l t es sich mit dem g r o ß e n K u l t u r b e s i t z der K i r c h e n . Das geringe K i r c h e n s t e u e r a u f k o m m e n , der chro- nische M a n g e l an B a u m a t e r i a l i e n u n d A r b e i t s - k r ä f t e n einerseits u n d der m i l i t a n t e A t h e i s m u s u n d das Desinteresse der P a r t e i an den „ S t ä t t e n des A b e r g l a u b e n s " andererseits bedeutet für zahlreiche w e r t v o l l e K i r c h e n u n d Profanbauten das sichere Ende — den s c h l i e ß l i c h e n A b r i ß wegen B a i i f ä l l i g k e i t . A u s n a h m e n w e r d e n stets dann gemacht, w e n n sie d e m R e n o m m e v o n

„ P a r t e i u n d Staat" nutzen, u m den k u l t u r p o l i t i - schen A n s p r u c h als W a h r e r i n der humanistischen W e r t e z u p r o p a g i e r e n . So w i r d z. B . w e g e n der bevorstehenden 1000-Jahr-Feier der Stadt W e i - mar die dortige H e r d e r - K i r c h e restauriert —

in den D ö r f e r n nicht w e i t ab v o n W e i m a r findet m a n leerstehende K i r c h e n mit eingeschlagenen Fenstern u n d abgedeckten D ä c h e r n , dort l i e g t k e i n Interesse der P a r t e i v o r .

N e b e n u n d nach den Z e r s t ö r u n g e n fand die g r o ß e U m d e u t u n g a l l e r g r o ß e n K u l t u r w e r t e statt. B e i den ü b r i g g e b l i e b e n e n S c h l ö s s e r n u n d M u s e e n bediente m a n sich eines sehr einfachen P r i n z i p s : Sie w u r d e n z u L e h r s t ä t t e n des H i s t o - rischen M a t e r i a l i s m u s , ü b e r a l l das gleiche: es beginnt m i t den S ä l e n , die p r ä h i s t o r i s c h e F u n d e z e i g e n (Urgesellschaft), es geht meist w e i t e r mit der D a r s t e l l u n g des S c h l o ß b a u e s (Feudalis- mus) ü b e r die folgenden Z e i t e n bis z u m „ H i t l e r - faschismus". D e n A b s c h l u ß b i l d e t dann die „Be- freiung" m i t den s o z i a l i s t i s c h e n Errungenschaf- ten einerseits u n d die F o r t s e t z u n g des „ H i t l e r - faschismus" i n W e s t d e u t s c h l a n d andererseits.

D i e S c h l ö s s e r v o n G o t h a bis S c h w e r i n , v o n Z e i t z bis z u r F e s t u n g K ö n i g s s t e i n i m E l b e t a l , alles dasselbe, e i n Schema k o m m u n i s t i s c h e r G e - schichts- u n d K u l t u r b e t r a c h t u n g . E i n i g e K u l t u r - d e n k m ä l e r bereiteten freilich S c h w i e r i g k e i t e n , so z. B . die W a r t b u r g i n T h ü r i n g e n . N a c h d e m es schon nicht g e l u n g e n war, das K r e u z auf dem B u r g t u r m z u beseitigen, da der schwedische G u s t a v - A d o l f s - V e r e i n Rechte an der B u r g hat, k l a m m e r t e m a n — so gut es g i n g — die k i r c h e n - geschichtliche B e d e u t u n g der W a r t b u r g i n a l l e n V e r ö f f e n t l i c h u n g e n aus. D i e h l . E l i s a b e t h w i r d gar nicht mehr e r w ä h n t , oder allenfalls noch ihre M i l d t ä t i g k e i t , u n d die Lutherstube l i e g t a u ß e r h a l b der offiziellen F ü h r u n g ; b e k a n n t l i c h stand L u t h e r w ä h r e n d des B a u e r n k r i e g e s „auf der falschen Seite". N o c h schlechter stand es für die S E D mit dem 1895 erbauten K y f f h ä u s e r - D e n k m a l bei B a d F r a n k e n h a u s e n ü b e r der G o l - denen A u e . Das D e n k m a l , A u s d r u c k der „Reichs- h e r r l i c h k e i t " , sollte, an die Barbarossasage an- k n ü p f e n d , S y m b o l d der W i e d e r e r s t e h u n g des Reiches sein, w i e es e i n halbes J a h h r u n d e r t v o r - her bereits F r i e d r i c h R ü c k e r t i n seinem b e k a n n - ten Gedicht a u s g e d r ü c k t hat. E i n derartiges M o n u m e n t l i e ß sich k a u m i n die neue Geschichts- betrachtung e i n o r d n e n . Z w a r hatten die K o m - m u n i s t e n bereits 1946 den F a h n e n s a a l g e p l ü n - dert, i n dem sich die N a c h b i l d u n g a l l e r F a h n e n der deutschen R e g i m e n t e r befanden, die an den E i n i g u n g s k r i e g e n 1864 bis 1871 t e i l g e n o m m e n hatten. Doch das D e n k m a l b l i e b , u n d es ist nach w i e v o r e i n bevorzugtes A u s f l u g s z i e l ; die V e r l e g e n h e i t w a r g r o ß , u n d so lautet heute die offizielle V e r s i o n der S E D : „ U n s e r e s o w j e t i - schen Freunde haben uns dieses D e n k m a l als M a h n m a l an den chauvinistischen G r ö ß e n w a h n des p r e u ß i s c h - d e u t s c h e n M i l i t a r i s m u s gelassen."

Bei a l l e r U m w e r t u n g der V e r g a n g e n h e i t , bei a l l e r D i s k r i m i n i e r u n g u n d Z e r s t ö r u n g w u r d e n stets die Zeugnisse russischen Einflusses aus- genommen. Der Sendungsgedanke, der schon in f r ü h e r e n Z e i t e n d e m russischen V o l k zuge- dacht w u r d e , der A u f t r a g , B e f r e i e r i n der

Menschheit z u sein, sei es in christlicher, pan- slawistischer oder nun k o m m u n i s t i s c h e r G e w a l t , konnte v o n den mitteldeutschen K o m m u n i s t e n nach 1945 m ü h e l o s der I d e o l o g i e e i n g e o r d n e t w e r d e n . F r e i l i c h , der Z u s a m m e n h a n g schien handgreiflich. R u ß l a n d hatte zuerst die „rich- tungweisende" R e v o l u t i o n hervorgebracht u n d hatte a u ß e r d e m noch j ü n g s t den K r i e g g e w o n - nen u n d damit die z a h l r e i c h e n „ F e h l e n t w i c k - l u n g e n " deutscher Geschichte k o r r i g i e r t . D e m Sieger w u r d e eine n o r m a t i v e B e d e u t u n g z u - gemessen u n d dieser W e r t m a ß s t a b n a t ü r l i c h auch auf die V e r g a n g e n h e i t bezogen. P u s c h k i n und A . T o l s t o i z i e r t e n b a l d die f r ü h e r e n K r o n - p r i n z e n - u n d W i l h e l m s t r a ß e n u n d folgerichtig w u r d e n a l l e Daten der V e r g a n g e n h e i t p o s i t i v , w e i l z u k u n f t w e i s e n d gewertet, i n denen Deutsch- l a n d u n d R u ß l a n d z u s a m m e n g i n g e n . N i c h t z u - fällig w u r d e der Yorcksche M a r s c h v o n Beet- h o v e n zum „ M a r s c h der N a t i o n a l e n V o l k s - armee", denn Y o r c k , o b w o h l p r e u ß i s c h e r J u n k e r , hatte doch i m m e r h i n 1813 i n der M ü h l e v o n Poscheruni den B u n d mit R u ß l a n d geschlossen.

U n d nach Scharnhorst, der die Y o r c k s c h e n Ideen u n t e r s t ü t z t hatte, w u r d e dann auch der h ö c h s t e M i l i t ä r o r d e n der S E D benannt. Das V ö l k e r - schlachtdenkmal i n L e i p z i g ist n u n i n das „ M a h n -

m a l deutsch-sowjetischer W a f f e n b r ü d e r s c h a f t "

umgedeutet w o r d e n u n d die russisch-orthodoxe K i r c h e nahe dieses D e n k m a l s w u r d e v o n den K u l t u r f u n k t i o n ä r e n der S E D l i e b e v o l l mit dem g r ö ß t e n A u f w a n d restauriert. D i e „ u n v e r b r ü c h - liche Freundschaft" m i t der S o w j e t u n i o n ist das lehrreiche B e i s p i e l , das es a n der V e r g a n g e n - heit z u z e i g e n gilt. G e r a d e m i t d e n Befreiungs- k r i e g e n s o l l n ä m l i c h demonstriert w e r d e n , d a ß Z u k u n f t n u r unter sowjetischer Herrschaft ge- w ä h r l e i s t e t ist: „ N u r a n der Seite der Sowjet- u n i o n hat das deutsche V o l k eine g l ü c k l i c h e Zukunft."

Rathenaus Befürchtung

G e g e n ü b e r der V e r g a n g e n h e i t des eigenen V o l k e s w u r d e b e k a n n t l i c h e i n anderer M a ß s t a b angelegt. U n d neben d e m i d e o l o g i s c h e n M o m e n t w a r es n a t ü r l i c h auch die geistig-psychologische A b h ä n g i g k e i t der deutschen K o m m u n i s t e n v o n der Siegermacht S o w j e t u n i o n ; h i n z u k a m e n i n v i e l e n F ä l l e n das nicht leichte p e r s ö n l i c h e Schick- sah, der Ruch, v o n der H e i m a t g e ä c h t e t z u sein, u n d jetzt das G e f ü h l der A b l e h n u n g durch das eigene V o l k , u n d andererseits das B e w u ß t s e i n , n u r etwas z u g e l t e n durch die A n w e s e n h e i t so- wjetischer Bajonette. D i e s a l l e s brachte b e i v i e l e n — v i e l l e i c h t sogar den meisten — K o m - m u n i s t e n — nichts anderes h e r v o r als den H a ß auf das eigene V o l k u n d seine V e r g a n g e n h e i t . Es l a g auf der H a n d , d a ß sich aufgrund der psy- chologischen u n d der machtpolitischen S i t u a t i o n besondere O b j e k t e der A b l e h n u n g h e r a u s b i l d e - ten: „ P r e u ß e n " u n d die Z e u g n i s s e deutscher N a t i o n a l s t a a t l i c h k e i t . B e i d e w a r e n für K o m m u - nisten nicht n u r deshalb R e i z w ö r t e r , w e i l sie die Herrschaft jener gesellschaftlichen K r ä f t e , denen alles Ungemach der Geschichte angelastet wurde, die „ v o l k s f e i n d l i c h e J u n k e r k a s t e " , „die Schlotbarone", die „ B o u r g o i s i e " u n d ihre ge- schichtlichen A u s p r ä g u n g e n „ M i l i t a r i s m u s " ,

„ C h a u v i n i s m u s " , „ I m p e r i a l i s m u s " u s w . — u n d nicht zuletzt n a t ü r l i c h z w e i K r i e g e .

Dies a l l e i n reichte freilich schon als M o t i v z u r V e r n i c h t u n g der k u l t u r e l l e n Z e u g n i s s e u n d W e r t e j e n e r Z e i t e n aus. D i e S p r e n g u n g des Ber- l i n e r Schlosses 1950 durch e i n F D J - K o m m a n d o unter H o n e c k e r g e h ö r t e ebenso dazu w i e der A b b r u c h des Potsdamer Stadtschlosses, die G r a b - s c h ä n d u n g e n durch S E D - G r u p p e n i n R h e i n s b e r g

(an dem G r a b m a l des P r i n z e n H e i n r i c h v o n P r e u ß e n ) , i n P o t s d a m u n d B e r l i n u n d die V e r - nichtung a l l e r greifbaren D e n k m ä l e r u n d S o l - d a t e n f r i e d h ö f e . V o r Jahresfrist erschien i n einer M i l i t ä r z e i t s c h r i f t der N V A e i n A r t i k e l ü b e r die

„ U m g e s t a l t u n g " des e h e m a l i g e n k ö n i g l i c h e n Zeugnisses i n B e r l i n . D i e G e n ü ß l i c h k e i t , m i t der die Z e r s t ö r u n g e n v o n 1945 beschrieben w u r d e n u n d der Eifer, m i t dem die „ A u s s o n d e r u n g e n "

nach 1945 dargestellt w u r d e n , sprechen für sich;

sie g e h ö r e n g e w i ß i n d e n Bereich der Psycho- p a t h o l o g i e . V o n g r o ß e n T e i l e n der deutschen Geschichte sollte nichts anderes mehr ü b r i g b l e i b e n als das B e w u ß t s e i n : „ B r a n d e n b u r g , das N e s t der S ü n d e " , w i e es R a t h e n a u i n einer seiner prophetischen B e f ü r c h t u n g e n e i n m a l a u s g e d r ü c k t hatte.

Der K a m p f gegen a l l e Zeugnisse des P r e u ß e n - tums u n d a l l e B e z ü g e auf e i n einiges Deutsch- l a n d hatte freilich noch eine andere Ursache.

Es w a r offenbar die E r k e n n t n i s , d a ß es i m m e r h i n P r e u ß e n war, dem es gelang, das Joch einer Fremdherrschaft z u sprengen u n d d a ß es s c h l i e ß - lich P r e u ß e n w a r , das die E i n h e i t s t r ä u m e des deutschen V o l k s W i r k l i c h k e i t w e r d e n l i e ß . D e r

„ p r e u ß i s c h e M i l i t a r i s m u s " u n d der „ b o u r g e o i s e C h a u v i n i s m u s " g e l t e n deshalb als die ä r g s t e n F e i n d e einer K o n s o l i d i e r u n g der „DDR". D i e E r i n n e r u n g an eine freie V e r g a n g e n h e i t u n d die M ö g l i c h k e i t der R ü c k b e s i n n u n g auf K r ä f t e , die einst die n a t i o n a l e F r e i h e i t garantiert hatten — a l l dies ist für die S E D deshalb z u g e f ä h r l i c h , w e i l es i h r e n z e i t w e i l i g , erforderlichen Bestre- b u n g e n nach T e i l u n g Deutschland u n d der Fe- s t i g u n g des k o m m u n i s t i s c h e n Staates z u w i d e r - laufen w ü r d e . Schon v o n daher s i n d die z w a n g s - haften V e r s u c h e der U m d e u t u n g u n d A u s t i l g u n g e r k l ä r l i c h . G e r a d e a n dieser Z w i e s p ä l t i g k e i t der K u l t u r p o l i t i k der S E D zeigt sich deren gan- zes D i l e m m a . A u f der anderen Seite ist die Zer- s t ö r u n g des V e r g a n g e n h e i t s b e w u ß t s e i n s not- w e n d i g , u m der beherrschten B e v ö l k e r u n g die sowjetische Fremdherrschaft als „ g r o ß e Epoche"

der Geschichte z u v e r m i t t e l n , als „ E r r u n g e n - schaft". A u f der anderen Seite ist sich die S E D sehr w o h l b e w u ß t , d a ß i h r bisher u n d auch k ü n f t i g die Z e r s t ö r u n g des deutschen V o l k e s als geschichtswirksame K r a f t nicht g e l i n g e n k a n n . D a h e r e r k l ä r t sich die A m b i v a l e n z der Bestrebungen, das Z e r s t ö r e n u n d z u g l e i c h das R e k l a m i e r e n der k u l t u r e l l e n W e r t e , die das deutsche V o l k hervorgebracht hat. V e r n i c h t u n g und B e w a h r u n g — scheinbare W i d e r s p r ü c h e , aber doch n u r z w e i S e i t e n eines Z i e l e s : D e r E r r i c h t u n g eines k o m m u n i s t i s c h e n gesamtdeut- schen Staates.

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