• Keine Ergebnisse gefunden

„Das Militär ist keine Lösung“

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "„Das Militär ist keine Lösung“"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

IP • November/Dezember 2019 |15

Foyer In 80 Phrasen um die Welt

„Das Militär ist keine Lösung“

Jan Techau

ist Senior Fellow und Direktor des Europaprogramms des German Marshall Fund of the United States (GMF) in Berlin.

Zumutung ist, uns Deutschen mit sowas wie Militär überhaupt zu kommen, zweitens die passiv-aggressive Verurteilung all jener, die moralisch so verkommen sind, dass sie allen Ernstes den Einsatz von Soldaten – Soldaten! – in Erwägung ziehen.

Der Satz, so wohlig er sich im deutschen Gehörgang einge- richtet hat, ist intellektuell eine Zumutung. Denn entweder ist er eine Binsenweisheit, nämlich wenn er eigentlich sagen will:

„Das Militär allein kann keine komplexen Konflikte lösen.“

Oder er ist schlicht falsch, wenn er meint, dass „das Militär niemals einen Beitrag zur Konfliktlösung leisten kann“.

In seiner höchsten Ausbaustufe kommt es sogar noch schlimmer, nämlich wenn er mit belegtem Vibrato insinuiert:

„Also Krieg und Gewalt, die sind doch eigentlich von gestern, das kann man doch nicht wollen.“ Hier überschreitet die Se- mantik den Tatbestand des moralistischen Selbstbetrugs, der eigentlich durch einen simplen Blick in die Zeitung geheilt werden könnte. Natürlich kann das keiner wollen, aber wie verhindere ich, dass ein Aggressor sich einfach nimmt, was er will? Die eigene Armee nicht einsetzen? Aha.

Denn das ist letztlich das Schlimmste (und zugleich das Nützlichste) an dieser Hit-Phrase: Sie zeigt, dass weite Teile der politischen Klasse die Kernkategorie von Außenpolitik nicht verstehen: Macht. Und dass die bessere, friedlichere Welt, die wir so dringend brauchen, nur dann kommt, wenn wir die Macht, auch die militärische, in den Dienst des Rechts und unserer friedlichen Absichten stellen.

Schließen wir die Anwendung des Militärs von Vornhe- rein aus, machen wir uns letztlich am Verlust des Friedens mitschuldig. So hart ist die Wahrheit, die sich hinter diesem stets besonders gut gemeinten Satz verbirgt.

Die deutsche sicherheitspolitische Debat- te ist nicht gerade für ihren strategischen Überschwang berühmt, freundlich gesagt.

Schlimm ist das nicht. Schlecht hingegen für die Debatte sind sinnfreie Phrasen und insbesondere Sätze, die eine Diskussion, also den Treibstoff der Demokratie, beenden sollen, bevor sie überhaupt beginnt. Der gut gereifte Klassiker dieses Segments ist der Satz „Das Militär ist keine Lösung“, der ei- nen festen Platz im mentalen Stehsatz der deutschen politischen Klasse hat.

Sobald irgendwo ein gewaltsamer Kon- flikt ausbricht, der Deutschland irgendwie betrifft, dient dieser Vers dazu, einen Ein- satz der Bundeswehr kategorisch auszu- schließen, am besten noch bevor jemand danach gefragt hat oder man genau weiß, worum es überhaupt geht.

Die Angst der Deutschen vor sich selbst

Die eilfertige, reflexartige Verwendung dieser Phrase ist psychologisch einigerma- ßen bemerkenswert. Sie legt die bekannte Befangenheit Deutschlands beim Militä- rischen bloß, und damit exemplarisch die kollektive Angst vorm erneuten morali- schen Versagen.

Zum einen ist der Satz die Selbstbe- schwörung eines Landes, das kein Ver- trauen in seine eigenen guten Absichten hat und sich deswegen mit einem „Du wirst doch nicht etwa“ prophylaktisch selbst zur Räson ruft. Zum anderen ist es die vorauseilende Exkulpierung fürs bereits beschlossene Nichtstun, bei der zweierlei mitschwingt: erstens, dass es ja wohl eine

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Empathie und ein freundlicher persönlicher Kontakt tragen zum Heilungserfolg bei. Das kann nur die Apotheke vor Ort leisten.. der Nase ziehen müssen, da es von sich aus nicht so

Ich nehm’ mir die drei Worte und überlege dann, wo soll die Geschichte sein?. Nun läuft es doch wirklich fast schon

¤ Syrien: Belagerungszustände, Hungerkrieg, die Hälfte aller Spitäler zerstört, eben so viele Schulen... Es fehlt das Konzept

Partizipation als Basis für einen Diskurs über Normalität – oder: Kampf um Deutungshoheit(en) im Kontext von Inklusion ... 195 Mario Braun, Jasmin Brück und

An Beispielen aus Hand- lungsfeldern der Sozialen Arbeit zeigen die AutorInnen, wie die sehr unterschiedlichen Vorstellungen von „normal Sein“, „Norma- lisierung“

„Ich verstehe meine Arbeit immer auch präventiv, weil wir durch Auf- klärung und Sensibilisierung dem Tabu und Schweigen Öffentlichkeit entgegensetzen und dadurch

Fairer Handel bekommt zunehmend eine größere Bedeutung. Vor allem bei Produkten, die wir hier bei uns nicht selbst herstellen, anbauen oder züchten können, sollte man darauf

Im Frühling werden die Tage dann allmählich länger und im Sommer geht die Sonne dann schon in den frühen Morgenstunden auf und erst spät am Abend wieder unter.. Die Tage