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Eine zweisprachig phönizisch-griechische Inschrift aus Delos

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WOLFGANG RÖLLIG

EINE ZWEISPRACHIG PHONIZISCH-GRIECHISCHE INSCHRIFT AUS DELOS

Über dem griechischen Text auf dem ersten Fragment der von V. Lambrinoudakis publizierten Inscriften aus Naxos* befand sich eine einzeilige phönizische Inschrift1, von der leider der größte Teil verloren gegangen ist. Deshalb läßt sich auch nicht mehr feststellen, ob es sich - zumindest teilweise - um eine Bilingue handelte. Erhalten sind lediglich 6 Buchstaben und die Reste von 4 weiteren, wobei die Er­

gänzung der ersten drei problematisch bleibt.

n nn n

Ich lese und ergänze: [ T N v L c M Q D M T Die Trennung der Wörter ist, wie meist in den phöni- zischen Inschriften, nicht vorgegeben, ist mir aber wahr­

scheinlich.

Zur Schrift2: Die Buchstaben sind sorgfältig und sauber in den Stein eingemeißelt, eine dünne Linienführung ist bevorzugt. Die Köpfe von D und Qsind sorgfältig gerundet, auch dasc ist sehr sauber ausgeführt. Die Abstriche der Buch­

staben M, Q und T sind gleich lang. Einige kleine Un­

regelmässigkeiten sind vorhanden: Die beiden M unter­

scheiden sich darin, daß beim zweiten der Senkrechte etwa im zweiten Drittel durch den Waagerechten gezogen ist;

beim ersten dieser Buchstaben sitzt er auf dem waagerechten Strich auf. Trotzdem entsteht der Eindruck, daß der Text

Wolfgang Röllig

von einem routinierten Schreiber bzw. Steinmetzen ge­

schrieben wurde.

Besonders auffällig ist das Q mit seinem stark nach links gerundetem Kopf und dem recht angeschlossenen Haken.

Parallelen dazu finden sich - wenn auch in leicht abge­

wandelter Form - auf Zypern3. Auf die Schrifttradition dieser Insel weisen auch andere Eigentümlichkeiten, so der senkrechte Abstrich beim L und die leichten Ausschwünge and den Enden der Hastae von M , (N) und T . Diese Besonderheiten erlauben es auch, aufgrund anderweitig belegter Buchstabenformen die Reste von Zeichen an der Bruchstelle rechts oben mit einiger Sicherheit zu ergänzen.

So spricht die leichte Andeutung eines Halbkreises ganz rechts für die Ergänzung eines T; der nach links weisende lange Abstrich - ohne den nur auf einem der Fotos scheinbar vorhandenen Haken am unteren Ende - kann nur zu einem N gehören und der lange Abstrich eines nach links geneigten Buchstaben macht das 1 sehr wahrscheinlich. Die Zeichen­

formen lassen auch eine genaue Datierung der kurzen In­

schrift zu, da sie weitgehend denen einer Inschrift aus dem 42. Jahr des Pumijaton d.h. 320-319 v. Chr.4 entsprechen.

Der Text dürfte also in der zweiten Hälfte des 4. Jh. v. Chr.

entstanden sein.

* o. S. 277-279, fig. 3-4.

' Es ist dies nicht die erste phönizische Inschrift aus Delos. Vielmehr sind bereits zwei weitere, ebenfalls zweisprachige Inschriften von diesem O r t bekannt: CIS1114, zuletzt behandelt von J. Elayi, Bagdader Mitteilungen 19 (1988), 549-555, und R. Dussaud, Syria 6 (1925), pl.

X X X I V / 2 , vgl. auch M . Lidzbarski, OZ.Z(1927), 458. Beide Inschriften haben abet mit der vorliegenden nichts zu tun. D i e erste ist eine königliche Stiftungsurkunde, die zweite eine Weihinschrift eines Tyrers.

2 V . Lambrinoudakis, a.O., fig. 3-4.

3 So z.B. im N a m e n M L Q R T in der Inschrift Guzzo Amadasi - Karageorghis 1977, pl. V I I : 4 (A 28); im N o m e n Q L ebd. pl. V I I I : 3 (A 30).

Diese Buchstabenform fehlt in der Zusammenstellung bei Peckliam 1968, pl. II.

4 Guzzo Amadasi - Karageorghis 1977, pl. VIII:3 (A 30).

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Originalveröffentlichung in: Genethlion, Stampolidēs, Nikolaos Chr. (Hrsg), Athen 2006, S. 281-283

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EINE ZWEISPRACHIG PHÖNIZISCH-GRIECHISCHE INSCHRIFT AUS DELOS

Zum Text: Es ist also sehr wahrscheinlich, daß zu Beginn des erhaltenen Textes tn \ "er errichtete / sie errichteten", zu ergänzen ist. Die defektive Schreibung des Phönizischen läßt keine Entscheidung über Singular oder Plural der Verbalform des Perf. Piel zu. Möglich wäre auch ein Partizip5

Aktiv oder Passiv Qal im Singular. Das Verbum pf "setzen, errichten", meist im Piel gebraucht, wurde entweder mit Akkkusativ oder - weitaus häufiger - mit der Präposition /- konstruiert. Das ist auch hier der Fall.

/-c m "dem Volke". Zur Deutung dieser Phrase s. weiter unten. Eine andere Deutung ist nicht wahrscheinlich. In Verbindung mit der Präposition kann es sich nur u m ein N o m e n handeln; zudem ist die Präposition c m "mit" des Hebräischen bisher im Phönizischen unbekannt.

Schließlich das letzte W o r t : qdmt ist als N o m e n im Punischen bezeugt und zwar im Opfertarif von Marseille, KAI 69, 12 und in KAI 76 A 3 und 7, ebenfalls im Z u ­ sammenhang mit Opfern. Es wird dort als "Erstlingsgabe, -frucht" übersetzt6, was sich aus Lev. 27, 30 heraus begrün­

den läßt. Es gehört natürlich zur Wurzel qdm, arab. qadama

"vorangehen", wozu z.B. hebr. qedmah, qadim "Osten"

bzw. q'ddäm "vorn, Orient, Urzeit" zu stellen ist7. D o c h kann dieses W o r t hier unmöglich vorliegen, vielmehr wird man nicht umhin können, hierin ein nomen loci in der Femininform anzunehmen. Dafür spricht die im Hebrä­

ischen nicht bezeugte Verbindung m i tc m "Volk".

Bereits 1975 hat M . Sznycer alle Belege zusammen­

gestellt, in denen im Phönizischen und Punischen c m zu­

sammen mit einem Ortsnamen vorkommt8. Er unter­

scheidet dabei vier verschiedene Gebrauchsweisen:

1. Ära einer Stadt

2. Volksversammlung (als politische Autorität) 3. Einwohner (einer best. Stadt), Bevölkerung

4. V o l k im Gegensatz zu den offiziellen Repräsentanten.

Belegt sind zahlreiche Orte, die mit dem W o r t c m

"Volk" verbunden werden: Sidon, Tyros, Karthago, Bitia, Lapethos, Gades, Gaulos, Cossura, Ebusus, Rös' Melqart, Enosin, Lixus, Itanim, Leptis, Caralis, Sulcis und YNR.

Demnach scheint es mir sicher zu sein, daß qdmte'm Orts­

name ist.

Das Alte Testament kennt einen Ort Qedemot (KeSrj- fid>9), der Jos. 21, 37 (vgl. Sekundär ebd. 13, 18) zu den Levitenstädten gerechnet wird und der nach Dt 2, 26 zur

"Wüste" gehörte9. Die deuteronomistische Tradition hat diesen Ort also ins Ostjordanland, wahrscheinlich an den Oberlauf des Arnon verlegt. Es ist aber nicht übermäßig wahrscheinlich, daß dieser Ort in unserer Inschrift vorliegt.

Allerdings m u ß darauf verwiesen werden, daß z.B. im Safai tischen auch der Personenname Qdmt mehrfach belegt ist10, so daß eine Herkunftsbezeichnung aus dem "Osten"

nichts ungewöhnliches wäre. In diesem Sinne ist vielleicht auch das nomen loci qdmt unserer Inschrift zu verstehen:

Ein im Osten gelegener Ort. Allerdings ist mir sonst bisher keiner bekannt - außer den oben genannten alttestament- lichen Belegen. Trotzdem soll daran erinnert werden, daß es im südwestlichen Phrygien nahe der karischen Grenze in der Antike einen Fluß namens Kadmos gab und daß dieser auf einem Gebirge gleichen Namens entsprang, dem heutigen Honaz Dag, südöstlich von Denizli in Südwest- Kleinasien11.

Die Konstruktion mit /-, die für die Inschrift verwendet wurde, hat eine Parallele lediglich in der Inschrift auf einem Ring aus Cadiz (KAI 71), der dem MilkaStart und Dienern gestiftet wird mit dem Zusatz /c m gdr, was M . Sznycer zurecht übersetzt mit "selon (la loi) du 'peuple' de Gades"12. Entsprechend dürfte hier zu übersetzten sein " [Memorial­

stele (o. ä.), welche .... aufstellte gemäß dem (Auftrag des) Volkes von Q D M T " . Das fügt sich gut in das Bild ein, das zuletzt W . Ameling von der Präsenz phönizischer Kult­

vereine (öiaooi) in Delos, Athen und anderswo gezeichnet

5 Vgl. W als Part. Pass.Qal, KAI134,1 und s. insgesamt Friedrich - Röllig - Amadasi Guzzo 1999, § 170.

6 Hoftijzer - Jongeling 1995, 992 und vgl. auch Kronholm 1989, 1163.

7V g l . Theol.WbAT6, 1159-1174 mit neuerer Literatur.

8 Sznycer 1975,47-68.

9 Dort wird berichtet, daß Mose "Boten aus der Wüste [midbar) zu Sihon, dem König von Hesbon" schickte. S. zuletzt Rainey - Notley 2006, 123, 177, 182.

10 Harding 1971, 478; vgl. Knauf 1985, 81.

11 Ramsay 1962, 134.

12 Sznycer 1975, 55f.

2 8 2

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W O L F G A N G KÖ L L I G

hat1 3. D a n a c h s i n d es B ü r g e r v o n S i d o n , T y r o s o d e r B e i r u t , d i e d o r t K u l t v e r e i n e ( p h ö n . mrz") u n t e r h a l t e n u n d f ü r sie s o g a r B a u t e n e r r i c h t e n . S o v e r w u n d e r t es k e i n e s f a l l s , w e n n sie e i n e m i h r e r M i t g l i e d e r - u n d als s o l c h e n d a r f m a n d e n D i o s k o u r i d e s w o h l a n s p r e c h e n — n a c h s e i n e m T o d e a u c h e i n e n M e m o r i a l s t e i n s e t z t e n .

V i e l l e i c h t ist j a a u c h d e r N a m e D i o s k o u r i d e s , d e r m e h r ­ f a c h i m Z u s a m m e n h a n g m i t o r i e n t a l i s c h e n thiasoi überliefert

ist14, n i c h t zufällig g e w ä h l t . D e n n d i e D i o s k o u r e n e r s c h e i n e n in hellenistischer Z e i t a u f M ü n z e n i m ( d a m a l s ) p h ö n i z i s c h e n A k k o1 3, w u r d e n a l s o d o r t v e r e h r t . L e i d e r l ä ß t s i c h n i c h t s a g e n , o b u n d w e l c h e b e i d e n p h ö n i z i s c h e n G ö t t e r d a m i t g e m e i n t w a r e n1 6. S o v i e l ist a b e r g e w i ß : D i e f r a g m e n t a r i s c h e I n s c h r i f t f ü g t u n s e r e m M o s a i k d e r l e v a n t i n i s c h - ä g ä i s c h e n K u l t u r b e z i e h u n g e n e i n n e u e s S t e i n c h e n h i n z u , b e s t ä t i g t e r n e u t d i e E n g e d e r V e r f l e c h t u n g .

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13 A m e l i n g 1 9 9 0 , 1 8 9 - 1 9 9 .

14 S. V . L a m b r i n o u d a k i s , supra, S. 2 7 7 .

15 V g l . L i p i n s k i 1 9 9 2 , 1 3 1 b u n d N i e h r 1 9 9 8 , 126: 3 . 7 .

16 „ Z w i l l i n g s g ö t t e r " , d . h . s o l c h e , d i e regelmässig als Z w e i h e i t g e n a n n t w e r d e n , h a t P . X e l l a , ,,'Divinites d o u b l e s ' d a n s le m o n d e p h e n i c o - p u n i q u e " , Semetica 3 9 ( 1 9 9 0 ) , 1 6 7 - 1 7 5 b e h a n d e l t . A l l e r d i n g s b e f i n d e n sich d a r u n t e r k e i n e aus A k k o .

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