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Über die Professionalität in der Volksschule standpunkt

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Academic year: 2022

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Dies ist ein Versuch, die Reaktion «der Lehrer- schaft» auf die Schulentwicklung der letzten Jahre zu verstehen. Der Versuch ist allerdings mit Gefahren verbunden. Es werden sich Missverständnisse einschleichen. Gärtner und Milchmänner könnten beleidigt sein und Lehrerinnen und Lehrer. Es kann der Eindruck entstehen, ich würde die Veränderungen seit dem Zweiten Weltkrieg bedauern und sehnte mich nach der heilen Welt der Fünfzi- gerjahre. Das liegt mir aber fern. Ich will beschreiben, wie sich die Situation von Lehre- rinnen und Lehrern, wie sich die Lage des Berufsstandes der Lehrpersonen geändert hat, und dass das Jammern darüber nicht hilft.

Dass vielmehr die angestrebte und nun gestoppte Schulentwicklung im Kanton Zürich eine zukunftsorientierte Antwort auf diese innerschulischen und gesellschaftlichen Pro- zesse hätte geben können.

Als ich 1964 als frisch gebackener Primarlehrer an die neu eingerichtete Realschule in eine Gemeinde im Weinland abgeordnet wurde, war ich als Lehrer der unbestrittene Fachmann in Sachen Schule, Realschule, Unterrichten. Ausser den Kollegen (noch keine Kollegin an der Oberstufe, abgesehen von der Handarbeits- und der Haushaltkundelehrerin) und dem Herrn Pfarrer, der einige Religionsstunden erteilte, umgaben mich lauter Laien.

Und das blieb so bis zu Beginn der Siebzigerjahre.

Die Schulpflege war ein Laiengremium. In der Oberstufen- schulpflege meiner Schulgemeinde sass noch keine Frau – alles Männer irgendwo in leitenden Positionen, der Chefarzt am Spital, der Direktor eines Weltkonzerns, der Gewerkschaftssekretär, ein Parteipräsident, der später Gemeindepräsident wurde, usw. Wir Lehrer (noch immer nur Männer) waren die fraglos akzeptierten Fachleute, niemand redete uns drein. Übrigens: Den Weltkonzern gibt es heute nicht mehr, das Spital auch nicht!

Die Aufsicht war liebenswürdig: Die Unterrichtsbesuche der Pflegemitglieder endeten jeweils mit einem per- sönlichen Gespräch von du zu du, das kaum je etwas mit der Schule zu tun hatte. Der Visitator, manchmal ein Lehrer, selten eine Frau, fast immer aber Laie, hatte wenig zum Unterricht zu sagen. War es ein Lehrer, so pflegte er oft zu danken für die Anregungen, die er anlässlich des Schulbesuchs erhalten habe.

Schon in jungen Jahren machte ich eine Art Insiderkar- riere in Lehrerorganisationen und erlebte da bis in die Siebzigerjahre hinein, dass auch in der Schulpolitik, in der Produktion von Lehrmitteln, bei der Abfassung von Reglementen usw. die Lehrer die eigentlichen und anerkannten Fachleute waren. Man zog zwar Spezialisten bei – sagen wir Historiker oder Geografen oder Germa- nisten –, aber das waren erstens auch Lehrer (Mittelschul- lehrer meist) und sie äusserten sich strikt nur im Rah- men ihres Faches und nicht zur Pädagogik oder Didaktik oder Methodik der Volksschule. Von Unterrichten hatten sie keine Ahnung, war ihre Haltung; sie verstanden nur etwas vom Fach (Geschichte, Sprache, ...).

Kurz gesagt und in soziologischer Färbung formuliert:

Die Deutungsmacht im Bildungssystem lag bei der Profes- sion, der Lehrerschaft.

Ab 1968 begann eine leise Veränderung. Es entstanden in vielen Schulsystemen F&E-Abteilungen wie in der Industrie, die Pädagogischen Arbeitsstellen. Sie wurden von Erziehungswissenschaftern geleitet, in ihnen arbei- teten vorwiegend Erziehungswissenschafter.

Plötzlich war da also noch ein anderer professioneller Sachverstand als nur derjenige des Lehrers oder der Lehrerin. Plötzlich wurden Reglemente, Lehrpläne, Lehr- bücher von Personen produziert, die nicht Lehre- rinnen oder Lehrer waren. In interkantonalen Gremien sassen diese Experten, in die Verwaltung hielten nun nebst den Juristen (die die Hände immer von der Pädago- gik gelassen hatten) Erziehungswissenschafter Einzug.

Und eh man sich versah, waren sie die Fachleute und nicht mehr Leute, die «nur eine Lehrerin» waren.

Die Deutungsmacht hatte nun «die Wissenschaft» inne.

Noch aber waren Lehrerinnen und Lehrer wenigstens in ihrem Schulzimmer unumstritten Herr und Meister.

Doch auch da begann ganz allmählich eine weitere Auf- weichung ihrer professionellen Autorität. Es gab immer mehr Themen und Bereiche, für die andere besser qualifiziert waren. Neben dem Herrn Pfarrer hielten wei-

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Ü b e r d i e P r o f e s s i o n a l i t ä t i n d e r V o l k s s c h u l e

Werner Heller ist Leiter Sektor Behördenschulung, Volksschulamt, Bildungsdirektion des Kantons zürich

Von Werner Heller

standpunkt

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tere Fachlehrkräfte Einzug: für das Singen, für das Turnen, fürs Zähneputzen, für die Abfallentsorgung usw. Dass Lehrerinnen und Lehrer nicht einfach alles können, wurde besonders deutlich bei der Einführung des Französisch- unterrichts an der Primarschule: Noch bald einmal konnten einige Eltern besser Französisch als der Mittel- stufenlehrer ihrer Kinder.

Es begann die Sorge um die Qualität des Unterrichts und damit um die Qualität der Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer. Mit der Einführung der Mitarbeiterbeurteilung wurde ein Schlussstrich unter die Sonderstellung der Lehrkräfte gemacht. Nun war auch ihre Leistung beurteil- bar geworden: Sie verloren ganz offiziell ihr Monopol als Fachleute für das Unterrichten.

Der letzte, noch nicht ganz gelungene Schritt, ist die Ein- führung der professionellen Schulaufsicht. Wobei Pro- fessionalität definiert wird als eine Teamprofessionalität, in der Qualitäten von Organisationsentwicklern, Soziolo- gen, Pädagogen, Ökonomen ... und auch Lehrern (vor- erst; mit der Zeit sicher auch und vor allem Lehrerinnen) vertreten sind.

Wer wundert sich da noch immer, wenn Lehrkräfte sich nach der heilen Schulwelt der Sechzigerjahre sehnen?

Auf dem Podium am Ende eines Kongresses sagte eine Lehrervertreterin: «Man hat uns die Schule geklaut.»

Um noch einmal einen soziologischen Farbtupfer zu setzen, könnte man sagen, dass sich die Deutungsmacht – nicht nur im Bildungswesen – seit den Neunzigerjahren von der Wissenschaft hin zu Betriebswirtschaftern und Managern bewegt. Allerdings ist diese Diagnose nicht mehr so eindeutig wie in früheren Jahren, und das liegt wohl nicht nur an der zeitlichen Nähe. Jedenfalls beobachte ich zunehmende Unklarheit der Leitwerte in unserer Gesellschaft (vgl. dazu auch Heller, Kern, Rosen- mund, Schildknecht: Schulentwicklung. Ein Beitrag zur Dekonstruktion eines bildungspolitischen Schlagworts.

Zürich: Verlag Pestalozzianum, 2000).

Ganz abgesehen von der geschilderten Entwicklung im Innern des Systems der Volksschule geht jene gesell- schaftliche Entwicklung voran, welche Autorität generell abbaut, welche den Respekt der Jungen vor den Alten minimiert. Staatliche Autorität gar ist massiv geschwun- den. Die Volksschule ist eine Staatsschule, Volksschul- lehrkräfte sind Staatsangestellte. Der Ausbildungsstand der Menschen, die ihre Kinder in der Schule haben, ist stark gestiegen. Es sitzen nun nicht mehr einfach des Gärtners Trudi und des Milchmanns Heiri in der Schul- bank und staunen über ein Goethegedicht. Da langweilt sich des Ingenieurs Sohn bei einer versuchten Diskussion über den neusten Walsertext, da beweist eine schnippi- sche junge Dame dem Lehrer kühl, dass ihr Vater weitaus perfekter Englisch kann als er, und so weiter und so fort.

Und an Elternabenden ... Aber lassen wir das, es versteht sich nach all dem von selbst. Ob hier einer der Gründe dafür liegt, dass im Schulbereich viele auf die gesell- schaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte mit Fatalismus reagieren?

Die Einrichtung der Pädagogischen Hochschule, die in den letzten Jahren im Kanton Zürich lancierten Schulent- wicklungsprojekte und das in der Volksabstimmung

im November abgelehnte neue Volksschulgesetz zielten sowohl auf einen Professionalisierungsschub als auch auf die Stärkung der Autorität und des beruflichen Selbstverständnisses von Lehrerinnen und Lehrern hin. An der Pädagogischen Hochschule werden «Expert/- innen für das Lehren und Lernen» ausgebildet. Es soll damit der Schritt gewagt werden von der verlorenen, selbstverständlichen, «unbewussten» Professionalität zu einem bewussten Umgang mit Professionalität, zur Bestimmung der darin enthaltenen Kompetenzen und vor allem des dieser Professionalität zugrunde liegenden Berufsbildes. Gewiss, das sind erst Absichtserklärungen.

Es ist zu früh, über Erfolg oder Misserfolg dieses Unter- nehmens zu urteilen. Aber die Absicht ist klar: Es soll da- mit ein Beitrag geleistet werden zur gesellschaftlichen Anerkennung der Träger solcher Kompetenzen und damit zur Gewährung einer gewissen Autonomie und Souverä- nität von Lehrerinnen und Lehrern in der Schule.

Das neue Zürcher Volksschulgesetz wollte seinerseits der Professionalisierung auf verschiedenen Ebenen Rechnung tragen; mit der Einrichtung der Schulleitungen und damit der souveräneren Gestaltung der lokalen Schule, mit der professionellen Schulaufsicht, aber auch mit einer Stärkung der Autorität der Lehrkräfte durch verbrief- tes Mitgestaltungsrecht an ihrer Schule, durch umfassen- dere Rechte der Lehrkräfte (Neufassung von § 85) und durch verbindlichere Forderungen an die Erziehungs- berechtigten der Schülerinnen und Schüler zur konstruk- tiven Zusammenarbeit, um nur drei Beispiele zu nennen.

Ein wichtiges, wenn auch kaum beachtetes Signal dafür, dass das Gesetz Lehrkräfte als «Profis» im besten Sinne ansprach, setzte das Kapitel Privatunterricht: Kann heute jedermann und jedefrau seine Kinder auch ohne päda- gogische Ausbildung selbst schulen, so sah das neue Volksschulgesetz vor, dies für längere Zeit nur noch pro- fessionell ausgebildeten Personen zu gestatten. Dies ist die bewusste Umkehrung der oft gehörten, saloppen Beurteilung, die beste Ausbildung für Lehrkräfte bestünde in der Erziehung ihrer eigenen Kinder.

Wenn es gelingen soll, in nächster Zukunft den Entwick- lungsstopp nach dem Nein zum Volksschulgesetz und den Widerstand «der Profession» gegen die damit angestreb- ten Entwicklungen zu überwinden, dann müsste in den kommenden Konzepten eine vertiefte Berufsbilddiskus- sion geleistet werden: Welche aufgabenspezifischen Kompetenzen machen die Professionalität der Volksschul- lehrkräfte aus? Mit welchen Massnahmen kann der Gesetzgeber zur gesellschaftlichen Anerkennung der Träger solcher Kompetenzen beitragen?

Ich bin sicher, es lohnt der Versuch, die Kräfte der Lehrer- schaft, der Erziehungswissenschaften, der Wirtschaft und der Politik zusammen zu spannen, um der Volksschule eine gemeinsame, zukunftsorientierte Deutung zu geben.

In der Rubrik «Standpunkt» nimmt jeweils eine Persönlichkeit aus der Bildungslandschaft Stellung zu einem aktuellen Thema.

Die Aussagen sollen kompetent sein, sie dürfen aber persönlich gefärbt und pointiert sein – und müssen nicht in jedem Fall der Meinung der Redaktion entsprechen.

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