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Gegen Grimme, diese Zeitschrift 53, 102 ff.
Von C. Brockelmann.
Ad I. Syr. JX'\^ (nicht malkai) gegenüber bibl. aram. Njib73
kann die Betonung malkä für |n\>r> nicht beweisen. Wäre das d
des st. emph. im Sing, unbetont gewesen, so hätte es abfallen
müssen, wie im Plur.») und wie das auslautende ä von ^ und 6);
Dass mir das Vorhandensein von Nebenaccenten im Syr. sehr wohl
bekannt ist, möge Gr. aus meiner Gramm. § 35 ersehn.
Ad. II. Wenn aus baitt im Syr. geworden ist, so be¬
weist das nur, dass in der ältesten Gestalt des Syr. das Pron. suff;
1. pers. unbetont war. Übrigens diktiere ich keine Gesetze, sondem konstatiere Thatsachen und suche sie zu erklären.
Ad III. Die späte westsyr. Form ^«31,7 (Nöldeke, Gramm.
§ 166) kann für Paenultimabetonung nichts beweisen. Sie kann
nur Analogiebildung nach dem Etp"'el sein, da die Aufgabe der
Verdoppelung imd der Schwund des a in geschlossener Sübe ■laut¬
geschichtlich nicht zu erklären sind. Assyrische Formen beweisen
nichts fürs Aramäische.
Ad IV. Der Hinweis auf den indogermanischen Accent zieht
nicht. Die semitischen Präpositionen sind ursprünglich Nomina im
stat. constr. Dass dieser den Hauptaccent nicht trug, beweist seine
Lautgestalt im Hebr. und Aram. Dagegen durfte ein syrischer
Poet so wenig Verstössen , wie es einem neuhochdeutschen Dichter
erlaubt wäre, auf den indogermanischen Accent zurückzugreifen.
Ad V. Dass .p>;\f> nur einen Sprechtakt, nicht eine Wort¬
einheit bildet, zeigt das Rukkächä in ^)o; es ist also wa'^rdq
nicht wa'raq zu lesen.
1) Von Grimmes Standpunlit aus; s. aber meine Gramm. § 100.
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Broekelmann, Gegen Grimme. 367
Ad VI. Dass der stat. constr. im Aram. nrsprünglich un¬
betont war, giebt Gr. stillschweigend zu. Neusyrische Betonung
von Kompositis wde bdmää, die nicht mehr als Genitiwerbindungen
gefühlt werden, beweist dagegen nichts; noch weniger griechische
Accentuationen wie ' Piaatva usw., von denen Gr. erst hätte nach¬
weisen müssen, dass sie nicht auf griech. Accentgesetzen beruhen.
Ad VII. Da aus saliqat, auch wenn der Ton von vorneherein
auf der letzten Silbe lag, nur ngrp werden konnte, so darf diese
Form nicht als Beweis für eine Betonung *sdliq angeführt werden.
So lange die Grundlage der Grimmesehesn Metrik, die Paenultima¬
betonung des Altsyr., nicht erwiesen ist, erachte ich es für Papier¬
verschwendung , deren Finessen zu erörtern. Da Grimme sich am
Schlüsse auf die Zustimmung von Praetorius und Duval i) beruft,
so halte ich es, bei aller Achtung vor der Kompetenz dieser Ge¬
lehrten, für geboten zu erwähnen, dass Nöldeke meinen Ausführungen
in allen Punkten zugestimmt hat.
1) Vgl, aber jetzt dessen Litterature Syriaque (Paris 1899) S. 32.
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Anzeigeu.
Das Buch der Jubiläen oder die Lepiogeneais. Erster
Theil: Tendenz und Ursprung. Zugleich ein Beitrag zur
Religionsgeschichte. Von Wilhelm Singer. Stuhlweissen¬
burg (Ungam). Ed. Singersche Buchhandlung 1898.
Dies Buch beruht znm guten Teile auf der Ansicht der
seit der 2. Auflage von Ritschl's Entstehung der altkatholischen
Kirche (1857) immer allgemeiner überwundenen Baur'schen Schule,
die in Anlehnung an Hegeische geschichtsphilosophische Gedanken
den Gegensatz zwischen Heiden- und Judenchristentum (bezw. pauli-
nischem und petrinischem) zum Entwicklungsprinzipe der aposto¬
lischen Kirche machte. Dass thatsächlich solche Gegensätze inner¬
halb der christlichen Kirche bestanden haben, ist natürlich nicht
zu leugnen und wird auch durch eine Reihe von neutestamentlichen Stellen (so namentlich Galaterbrief) sowie durch die Kirchenväter
bezeugt; aber man misst ihnen, besonders dem Judenchristentum,
lange nicht mehr die Bedeutung bei wie früher. Somit ist immer¬
hin ein Buch, das hierin die Erklärung für ein bisher noch vielfach rätselhaftes Schrifterzeugnis des 1. vor- oder nachchristlichen Jahr¬
hunderts sieht, auch jetzt wohl verständlich. Der Verfasser sucht
nachzuweisen, dass das Jubiläenbuch, bei dem bis jetzt noch niemand an christlichen Ursprung dachte, eine Streitschrift der Judenchristen
gegen den Paulinismus sein. Er hat unendlich viel Mühe und Zeit
aufgewandt und von allen Seiten her Stoff zusammengetragen, der
zwar ein Zeugnis für die Belesenheit des Verfassers ist, aber doch
manchmal für das hier in Betracht kommende Problem wenig aus¬
trägt und die Anmerkungen des Buches unnötig zu gewaltigen
Dimensionen hat anschwellen lassen. Dadurch ist mir die Lektüre
etwas ermüdend geworden , ein ürteil , das mir auch von anderer
Seite bestätigt ist ; es soll aber nicht gesagt sein, dass andere Leser,
denen der Stoff anziehender ist, auch hieran grösseres Interesse
nehmen werden.
Dem vorliegenden ersten Teil wird ein zweiter folgen, »wo nach
Erledigung der noch rückständigen Fragen nach Vaterland, Ur¬
sprache u. s. w., besonders das Verhältnis des Buches zur Hagada
und Halaeha und das des Judenchristentums und des Paulinismus
zu den verschiedenen jüdischen Parteien eine eingehende Behand-