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Aerts, Groningen Seit ungefähr 1970 ist eine Arbeitsgruppe der Universität Groningen tätig, das Nachleben Alexanders des Großen in der mittelakerlichen Literatur zu erforschen

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(1)

DES PSEUDO-METHODIUS (SYRISCH-GRIECHISCH-LATEINISCH)

Von W. J. Aerts, Groningen

Seit ungefähr 1970 ist eine Arbeitsgruppe der Universität Groningen tätig,

das Nachleben Alexanders des Großen in der mittelakerlichen Literatur zu

erforschen. Aus dieser Tätigkeit sind einige Publikationen und Dissertatio¬

nen hervorgegangen, aber in einigen Fällen sind auch Nebengruppen entstan¬

den, die sich zwar verwandten, aber doch eigenständigen Themen zugewandt

haben, wie z. B. dem Speculum Maius des Vinzenz von Beauvais und auch

dem Text der Revelationes des Pseudo-Methodius. Im Falle des Pseudo¬

Methodius, in dessen Text eine beachtliche Alexander-Passage vorkommt,

hat sich ein Triumvirat geformt, bestehend aus Gerrit Reinink, der die

Erstausgabe des syrischen Textes vorbereitet, George Kortekaas, der sich

mit dem lateinischen, und dem Autor dieses Artikels, der sich mit dem grie¬

chischen Text befaßt. In der für 1990 vorgesehenen Edition soll der syrische

Text mit deutscher Übersetzung, kritischem Apparat und Anmerkungen in

einem Band herausgebracht werden, die griechischen und lateinischen Texte

sollen mk kritischem Apparat und Anmerkungen in einem zweiten Band

publiziert werden.' Daß die Publikation des syrischen Textes ein Desidera¬

tum darstellt, ist natürlich gar keine Frage, und daß dem lateinischen Text

nach der schon 1898 erschienenen Ausgabe von Sackur, die für die damali¬

gen Verhältnisse eine schöne Leistung war, im Licht der neuen Errungen¬

schaften ein erneutes Studium gewidmet wird, kann gleichfalls nur mk Bei¬

fall begrüßt werden. Im Falle des griechischen Textes könnte man große

Zweifel haben; denn seit 1976 gibt es die neue Textausgabe durch Athana¬

sios Lolos, nachdem bereits im Jahre 1897 auch V. Istrin den griechischen

Text des Pseudo-Methodius ediert hatte. Lolos hat für seine Edition 28

Handschriften herangezogen; eine nicht von ihm benützte Handschrift aus

Wolfenbüttel ist kürzlich von Th. Frenz signalisiert worden.^ In diesem sel¬

ben Artikel hat Frenz auch eine Anzahl Schwächen der Edkion LOLOS' an¬

gedeutet, indem er an verschiedenen Stellen gezeigt hat, daß Lolos bei seiner

Wahl aus unterschiedlichen Varianten öfter das Zeugnis des lateinischen

Textes hätte beachten müssen. Ebenfalls zu Recht hat Frenz der Edition Lo-

Publikation ist für das Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium, Series Syriaca, Löwen, vorgesehen.

Th. Frenz (Würzburg): Textkritische Untersuchungen zu ,, Pseudo-

Methodios": das Verhältnis der griechischen zur ältesten lateinischen Fassung. In: Byzantinische Zeitschrift 81 (1988), S. 50—58.

(2)

LOS' den prinzipiellen Vorwurf gemacht, daß darin eine Scheidemauer auf¬

gebaut worden sei zwischen den Textzeugen der verschiedenen Versionen, in¬

dem die eine Gruppe der Handschriften nur zur Feststellung der längsten

Version, die andere nur für die um die Hälfte kürzere Version, die dritte und

vierte Gruppe nur für die Kurzversionen herangezogen wurde.

Ebenfalls muß man mit FRENZ feststellen, daß es sich im Falle der griechi¬

schen Handschriften um eine besondere Situation handelt. Gibt es in der la¬

teinischen Tradition Handschriften, die bereits aus dem 8. Jahrhundert

stammen und daher in merowingischem Latein abgefaßt sind, so kann keine

der griechisch überlieferten Handschriften über das 14. Jahrhundert zurück

datiert werden. Das heißt, daß man ohnehin mit einer möglicherweise stark

entstellten Tradition zu rechnen hat, denn angenommen, daß der syrische

Text in der 2. Hälfte des 7. Jhs. anzusetzen ist (Reinink und Brock haben

gute Argumente beigebracht für eine Datierung zwischen 682 und 692)', muß

man feststellen, daß die lateinische Überlieferung dem syrischen Text viel nä¬

her steht als die griechische. Aber es läßt sich einwandfrei beweisen, daß der lateinische Text aus einer griechischen Vorlage übersetzt worden ist und eben nicht aus einer syrischen. Diese Feststellung ist leicht zu machen dort, wo die

griechisch/lateinischen Textzeugen dem syrischen gegenüberstehen und dort,

wo die lateinische Fassung Übersetzungsfehler aufweist, die niemals aus

falsch verstandenem Syrisch, sondern stets aus unzutreffend interpretierter griechischer Terminologie zu erklären sind."*

3 G. J. Reinink: Ismael, der Wildesel in der Wüste. Zur Typologie der

Apokalypse des Pseudo-Methodios. In: Byzantinische Zeitschrift 75

(1982), S. 336—344, Anm. 19. \d. : Die syrischen Wurzeln der mittelalter¬

lichen Legende vom römischen Endkaiser. In: Martin Gosman, Jaap

van Os : Non nova, sed nove. Melanges de civilisation medievale dedies ä

Willem Noomen. Groningen 1984, Anm. 9, S. 206. S. P. Brock: Syriac

Sourees for Seventh-Century History. In: Byzantine and Modern Greek Studies 2 (1976), S. 34.

Ein deutliches Beispiel des ersteren bietet IX, 2:

Syr.: Und Büz, der König, der Byzartia, die Reichshauptstadt baute, sandte über die See (oder: die innerhalb des Meeres liegt, sandte) zu Pil, dem König der Aithiopier, Agermingos, den Befehlshaber und schloß Frieden mit ihm ...

Gr.: livi^ai; ovv ö xrtaaq to lh\dvnov (R lii\av)äntaTeiAFV fv Tjj OnAarmri (sie in GD, .4i0tomg LoLOS mit R) ngÖQ rov 0oj1 ßaaiXea .MOiontaq (D xfjc; .'\id.) l'Egpavixbv rov (om. G) ainov ägxiargdTijyov (D orgarrj- ydv) xat dgrjvevnev (R etgrjVEvaaq) ficr' avrov . . .

Lat. Byzas igitur, qui Byzantium condedit (sic), misit per mare ad Phol regem Aethiopiae Germanicum sui exercitus principem et pacifica- vit cum eo ...

Es wird deutlich, daß iv zfj daXdoorj die richtige Lesart ist (Aldioma findet

weder im Syrischen, noch im Lateinischen eine Begründung). Lat.

Aethiopiae folgt gr. .Aidioniaq, nicht dem Gen. Plur. des Syrischen. Ein ,, schöner" Übersetzungsfehler läßt sich registrieren in 111.1, wo Syr:

(3)

Aber auch das VerhäUnis zwischen der syrischen Vorlage und der griechi¬

schen Übersetzung ist zu klären; es kann kein Mißverständnis darüber be¬

stehen, daß das Griechische eine Übersetzung aus dem Syrischen darstellt

und nicht etwa umgekehrt. Das läßt sich z. B. deutlich machen anhand von

Kapitel III.l, wo die Geschichte Noahs erzählt wird. Pseudo-Methodius teilt

dort mit, die Söhne Noahs hätten irgendwo eine Neugründung (ve'ov xria^a)

zustandegebracht, die sie &äfivov nannten, in' övöfian rov dgidnov xwv

i^eXdovawv öxrd) yjvxöjv ix t^? xißwxov, d. h. also einen Namen, abgeleitet von

der Zahl der Seelen/Personen, die aus der Arche gekommen waren. Nun

heißt 0dfj.voi; (so die Handschriftgruppe G und R) auf deutsch ,, Busch" und

die alternative Lesart Qapvwv (so die Handschriftgruppen B und D) liefert

im Griechischen sogar einen Neologismus, wofür man eine Formanalogie

mit Begriffen wie dfineXdjv (, .Weingarten") oder öayvcuv (,, Lorbeerbusch")

postulieren könnte.' Der erklärende Zusatz ist im griechischen Text daher

völlig sinnlos. Im Syrischen aber heißt der Name ..Temano". ein Name, ab¬

geleitet von Syr. tmäne (,,acht").

Hier ist auch noch zu bemerken, daß die Verweisungen in den Anmerkun¬

gen von Lolos nach Belegstellen wie Genesis 36,15 und 38,12 keinem einzi¬

gen Zweck dienen. Im Falle von Genesis 36.15 handelt es sich um einen

Häuptling namens Qai/udv aus dem Geschlecht Esau. in 38.12 wird der Orts¬

name Oafivd (Hebr. Thimnath) verzeichnet, der freilich nichts mit der Noah-

Stelle oder etwas Vergleichbarem zu tun hat. Man könnte sogar behaupten,

daß man den von Lolos angeführten Belegstellen im allgemeinen keinen

oder sehr geringen Wert beimessen sollte. Ein Beweis für diese Behauptung

wird sich am Ende dieses Artikels noch bieten.*

Ein weiteres Argument, daß der syrische Text dem griechischen vorausge¬

gangen ist. kann man der Stelle V.8 des Pseudo-Methodius entnehmen. Dort

wird der Ausbruch der Wüstenvölker vorausgesagt, die die ganze Welt er¬

obern und verheeren werden: fiiXXovai i^ievai ... xat xaxaxQaxf}aai xfjv

,,... bauten die Söhne Noahs Bauten in diesem Land, eine Stadt ..." ins Griechische ,, übersetzt" worden ist als ,,... exriaav ol vloi Nme veov ktio- fia EV e^wxEQa yfj. Das Lateinische gibt ,,... aedificaverunt filii Noe novam possessionem in exteriora terra ..." Possessionem beruht offen¬

bar auf einer Fehlinterpretation von xxCana als xTijpa. Im übrigen folgt der lateinische Text genau dem griechischen {ev xrj i^aixEga yfj — in exte¬

riora (sie!) terra).

' Für diese Wortbildung siehe E. ScHWVZER: Griechische Grammatik.

München 1939. 1, S. 488; A. Debrunner: Griechische Wortbildlehre.

Heidelberg 1917, S. 159; A. N. Jannaris: A Historical Greek Grammar.

London, 1897, § 1034. Siehe für den syrischen Hintergrund von iv xfj

i^ioxEQa yrj auch noch G. J. Reinink: Der Verfassername ,,Modios" der

syrischen Schatzhöhle und die Apokalypse des Pseudo-Methodius. In:

Oriens Christianus 67 (1983), S. 46—64, besonders S. 56.

* Siehe S. 129

(4)

oixovfiEvrjv xai rag xa>Qa<; iv eiaöSw eiQrjvr]<; aTiö Trjq Aiyvnrov eux; Aidioma<;. Das aus griechischer Sicht unverständliche eigrivriq läßt sich nur aus dem Syrischen erklären, wo der Begriff saynä nicht nur ,, Frieden", sondern auch , .zivili¬

sierte Weh" bezeichnet.

Was sich ebenfalls feststellen läßt, ist folgendes: Die syrische Haupthand¬

schrift bleibt der Vaticanus Syriacus 58. die einzige vollständige Version;

daran hat der wichtige Fund von drei Handschriften aus Mardin'' keine Än¬

derung gebracht, weil der Text dieser Manuskripte erst beim V. Kapitel an¬

fängt. Trotzdem zeigen gerade diese Fragmente, daß gewisse Abweichungen

in der griechischen Übersetzung gegenüber dem Vaticanus Syriacus 58 auf

eine parallele Überheferung zurückzuführen sind, wie sie gelegentlich in den

Mardin-Handschriften erscheint. So präsentiert sich z. B. im VIII. Kapitel,

wo die Geschichte von Alexander dem Großen und den unreinen Völkern er¬

zählt wird, in § 5 ein interessanter Fall. Vaticanus Syriacus 58 liest: ,,und als Alexander ihre Unreinheit sah, rief er Gott zu Hilfe ..." Der griechische

Text lautet (ich folge hier der Handschrift G): xaijia Sk nävra deaadfievog 6

'Ake^avSgoc; vn ' avrcüv ivayij (R evaycüii;) xai ßvaagäiq yevö/ueva, SeÖoixüx; firjTto-

TE dtpixoivxo iv xfj äyia yfj xal fiidvwaiv avxijv ix tcüv /iiagäiv aixdiv

imxrjdev/Ltäxüjv, ibErjOrj xoi: deov ixxevdic; xrX., d. h. ,,und als Alexander gese¬

hen hatte, daß alles von ihnen besudelt und entweiht worden war, betete er,

befürchtend, daß sie vielleicht ins Heilige Land kommen würden und dieses

mit ihren unreinen Lebensgewohnheiten schänden würden, angelegentlichst

zu Gott ..." Der lateinische Text bietet ungefähr dasselbe: haec vero univer¬

sa contemplatus Alexander ab eis inmunditer et sceleriter fieri, timens ne

quando eant exilientes in terra sancta et illa contaminent a pollutis suis ini-

quissimis affectationibus, deprecatus est Deum impensius. Mit anderen

Worten: Der griechisch/lateinische Text bietet mehr als der syrische. Man

könnte an einen Zusatz denken, wäre es nicht so. daß auch Mardin 1 hier

einen längeren Text aufweist und zwar: ,,und als Alexander ihre Unreinhei¬

ten und ihren Gestank (oder: Besudelung) sah, rief er. damit sie nicht aufstei¬

gen würden in dieses Heilige Land und es besudeln würden, Gott zu Hilfe!"

Eine Sache wird damit allerdings klar: Die Vorlage für die griechische

Übersetzung (sofern diese sich rekonstruieren ließe) ist weder Vat. Syr. 58

noch einer der Mardintexte gewesen. Es gibt aber einen Hinweis, daß die

Vermittlung noch etwas komplizierter gewesen ist: In der parallel laufenden

Alexander-Passage des Pseudo-Kallisthenes taucht einerseits eine Kurzfas¬

sung auf: xaüxa Se ndvxa deaad/xevog AXi^avSgot; ö ßaaiksvi; xal 6e6oixu>i; firjjio- xe i^ikdwaiv ei<; xijv olxovßivrjv xxX. (F 111.26 Ende). In B III. 29 und in der

Umdichtung der B-Version des Alexanderromans in das Byzantinische Alex-

Es handelt sich mu M 1 = Mardin Orth. 368 (1365), M 2 = Mardin

Orth. 891 (moderne west-syrische Handschrift), M 3 = Mardin Orth. A

(1965).

(5)

andergedicht findet sich andererseits die längere Fassung wieder mit der Er¬

wähnung der Besudelung: In Vers 5717 heißt es: xai deaad/j-evog avrwv edrj

fiEfiiaofieva xal beboixdx; xrX. Interessant scheint zu sein, daß die Form

beboixdx; von den Alexander-Stellen gestützt wird, gegen die Lesart öeötcö? in

den Handschriftgruppen B und D des Pseudo-Methodius, es sei denn, daß

firjnore gerade in B und D und nicht in G und R vorkommt. Hier hat LOLOS

wahrscheinlich die korrekte Entscheidung getroffen. Im übrigen muß man

leider feststellen, daß Lolos oft die falsche Wahl gemacht hat. Es ist hier

nicht die Stelle, dafür weitere Belege anzuführen. Es sei nur auf die Gefahr

hingewiesen, die die Textkonstitution mittels eines aus verschiedenen Text¬

zeugen aufgebauten eklektischen Textes in sich birgt. Die Wahl, die LoLOS

aufgrund seiner Auffassungen, z. B. der lectio difficilior u. dgl., vorgenom¬

men hat, wird mehrmals im Licht des syrischen Textes in Abrede gestellt.*

In diesem Zusammenhang wundert man sich, daß auch Frenz in seinem

Artikel, in dem er zu Recht die methodische Schwäche der LOLOS-Edition

betont, sich nicht etwas zurückhaltender bei seinen Schlußfolgerungen zeigt.

So stellt er z. B. auf S. 55 in Bezug auf Kapitel IX § 3 fest, daß dort die Form Aldwnwv zu korrigieren sei in Aldioniac;, weil auch der lateinische Text aethio-

In XI 2 liest Lolos avvaOgoiadrjTE xal ibexe. Stört Ovaiav fisyäkrjv dvaw rj/niv. Es handelt sich eigentlich um ein Zitat aus Ezechiel (39,17) oder besser, um eine Anspielung auf diese Stelle. Der syrische Text (Val. syr.

58) bietet: ,, Sammelt euch und kommt! Weil ich ein großes Opfer bereite für sie heute." Die lateinische Übersetzung lautet: ,,Congregamini et ve- nite eo quod sacrificium magnum immolo vobis." Abgesehen von eini¬

gen kleineren Textvarianten fällt auf, daß Lolos I'Sere geschrieben hat (mit G), wo B, D, R einig sind mit Sevre. Gerade die Hinzufügung eo hin¬

ter venite im Lat. weist auf eine Vorlage Seüte hin. Und obschon, wie Lo¬

los beobachtet hat, der griechische Übersetzer nicht den Wortlaut der Ezechiel-Stelle der Septuaginta übernommen hat, steht auch dort der Be¬

griff ,, kommen" (egxeade), nicht ,, sehen". In XI 7 hat Lolos den fol¬

genden Text adoptiert: aweyEVEro ovv ßiä yvvatxi Tiaxrjg fiExd xov vlov avxov xai äbeXtpu) xat Tiavxt xrj(; ovyyEveiaq ngoaipavovxt. Die Handschriften B, D, R haben awEyivovxo, B, D ä/xa tiü vtw avxov, R naxrjQ xal njo? xat.

Der griechische Text ist etwas kürzer als der syrische, dessen Satzende wieder ungefähr mh der griechischen Übersetzung übereinstimmt: ,,und

Brüder und Väter und Söhne alle zusammen Unzucht trieben mit einer

Frau." Der lateinische Text bietet: ,,convenerunt itaque uni mulieri pater simul et filius illius et frater et universi qui cognatione adiunti videntur".

Obschon die Verhältnisse im einzelnen nicht ganz klar sind, muß die Les¬

art von Lolos abgelehnt werden. Sowohl der syrische als auch der latei¬

nische Text deuten auf ein Verbum in der Mehrzahl hin, und auch ein

Imperfekt ist hier viel plausibler als ein Aorist. Die Mehrzahl ist als „kol¬

lektiv" aufzufassen mit naxtjg ä/ia xw viäi avxov xxX. als nähere Ausarbei¬

tung.

(6)

piae hat. Diese Annahme scheitert aber an dem Umstand, daß die syrische Vorlage ganz entschieden ,,der Äthiopier" (Gen. PI.) hat.^

Schlimmer ist aber der Versuch, eine ursprüngliche Kurzfassung des

Pseudo-Methodius gegenüber einer späteren Langfassung zu postulieren, in

Verbindung mit einer Spekulation über die Datierung. Es handelt sich um die

Passage Kapitel XIII §§ 7—10, zu welcher Frenz schreibt (S. 56): , .Stellen

wir uns abschließend noch einmal die Frage nach der Datierung der .Revela¬

tiones'! Die Kap. XI — XII § 6 lassen sich als vaticinia ex eventu mit den Er¬

eignissen der Jahre 610—655 parallelisieren. Kap. XIII §§ 7—10, also jene

Passage, die in der Kurzfassung fehlt und in der Langfassung vorhanden ist,

entspricht den Ereignissen der Folgezeit bis 674 ( <in Anmerkung 3 wird noch

auf andere Datierungen hingewiesen bis zum Jahre 692 — Reinink>). Je

nachdem, welche der beiden Fassungen wir als die ursprüngliche ansehen, er¬

gibt sich eine andere Datierung und damit auch eine andere Textgeschichte.

Ist die Kurzfassung die ursprüngliche, so bedeutet dies eine Datierung um

655. Die Langfassung entstand dann ca. 674 oder später, wobei durch einen

Einschub (= Kap. XIII §§ 7—10) die Prophetie ,,auf dem Laufenden gehal¬

ten würde". Für die Textgeschichte bedeutete dies, daß *AaT dort, wo es mit + B + D +G (Lolos II) übereinstimmt, den ursprünglichen Text bietet."

Hier sei die Schwierigkeit beiseite gelassen, daß diese Argumentation im¬

pliziert, daß zwischen 655 und 674 schon eine griechische Übersetzung ange¬

fertigt worden sei, die als Vorlage für die lateinische Übersetzung gedient ha¬

ben muß. Es gibt aber keine Kurzfassung gegenüber einer Langfassung; denn

der Abschnitt Kap. XIII §§ 7—10 fehh auch im Syrischen. Das heißt.

§§ 7—10 ist eine Schöpfung der griechischen Rezensionen I und II. hat also

nichts mit dem ursprünglichen Pseudo-Methodius zu tun. Es handelt sich in

der Tat um einen Einschub; und zwar um einen Einschub, der, wie ich zu zei¬

gen hoffe, später gemacht worden ist als die lateinische Übersetzung, und der

uns, leider, für die Datierung des ursprünglichen Pseudo-Methodius-Textes nicht weiterhilft.

Man kann erstens feststellen, daß der Einschub leicht gemacht werden

konnte, denn sowohl § 7 als § 10 fängt mit dem Wort tote an. Zweitens wird

in § 7 das Datum tw ngwrw ßrjvl rrjq ivdtrjq imvefiT^aeuK; mittels einer Indictio-

Andeutung gegeben, was eher auf eine griechische als auf eine syrische Kon¬

zeption hinweist. Drittens: In § 7 wird die Eroberung von Ephesos. Perga¬

mon und Malagmä bzw. Malagina gemeldet, in § 8 werden die Provinzen

Phrygia, Pamphylia und Bithynia vorgeführt, in § 9 wird suggeriert, die

' Frenz hat übrigens recht, daß das griechische tü>v 'h&äiv unhaltbar ist:

das lateinische ,,ex omnibus specierum Aethiopiae" deutet schon auf eine Korruptel des griechischen Textes hin, aber auch das syrische ,,aus den königlichen Gütern der Äthiopier" (küsäye) zeigt keine Spur von In¬

dern. Es liegt daher auf der Hand, ff öXwv tcüv eiSwv (töv?) AidiÖTtwv zu lesen.

(7)

Araber (bzw. Ismaeliten) werden Byzanz angreifen und dort durch das

Xylokerkos-Tor bis zum Forum Bovis und dem Viertel Xerolophos in die

Hauptstadt eindringen.

Zu Pergamon gibt LOLOS die grundlose Anmerkung: „Dies bezieht sich

auf das Jahr 663; die Araber unter der Führung Muawijas ziehen gegen

Kleinasien"'". Browning läßt die Angriffe auf Kleinasien schon vor der Pe¬

riode der internen Konflikte der Araber stattfinden, also 647, und die An¬

griffe auf die Inseln Zypern, Rhodos und Kos 654, während Brehier den

Angriff auf Rhodos 654, auf Kreta und Kos 655 ansetzt, und suggeriert, daß

(neue) Angriffe auf Kleinasien nicht vor 670 stattfanden." Nirgendwo wer¬

den in den Berichten Ephesos, Pergamon oder Malagina expressis verbis ge¬

nannt. Es sieht daher so aus, daß eine Datierung zwischen, sagen wir, 663

und 692 auf Treibsand gebaut ist.

Mein eigener Anhaltspunkt ist gerade die Erwähnung von Malagina. Hier

hat LOLOS ebenfalls eine Anmerkung: ,,Ma).ayivd: Ort in Arabien; Theoph.

716,4." Abgesehen davon, daß es bei Theophanes Homologetes überhaupt

keine Seite 716,4 gibt, ist die ganze Anmerkung ein Schlag ins Leere. Aber

Theophanes erwähnt in der Tat rä MaXäyiva (also kein Makayivä) dreimal:

462,12; 473,25 und 479,20. Die erste Stelle meldet, daß Kaiserin Eirene nach

Malagina kommt, um von dort den Schutz der dvarokixä pegrj in die Hand zu

nehmen; die zweite Stelle erwähnt die Eroberung der kaiserlichen Ställe bei

Malagina durch einen Abimelech; in der dritten Passage zieht der Usurpator

Bardanes sich nach einem fruchtlosen Angriff auf Chrysopolis auf Malagina

zurück. In der Geschichtsschreibung hat aber die Eroberung der kaiserlichen

Ställe durch Abimelech den stärksten Eindruck hinterlassen. Dieser Angriff

wird 781 oder ca. 797 datiert. Im Jahr 798 erneuerte Eirene jedenfalls den

Vertrag mit den Arabern. Zum Zug der Eirene nach Malagina bemerkt Bre¬

hier: ,,Die Ergebnisse dieser Politik ließen nicht auf sich warten: Kleinasien

war offen für die Unternehmungen des Feindes, dessen Invasionen bis zum

Bosporos (781), Ephesos (795), Amorion (796) und wieder zum Bosporos

(798) reichten, eine Expedition, die den Arabern die Gelegenheit bot, sich der Pferde der kaiserlichen Ställe zu bemächtigenI"'^

I" S. 120, Anm. 2.

" R. Browning: The Byzantine Empire. New York 1980, S. 47; L. Bre¬

hier: Vie et Mort de Byzance. Paris 1946, S. 61, 62, 63. Siehe auch G.

Ostrogorsky, J. Hussey: History of the Byzantine Empire. Oxford

1968, S. 115 ff.

'2 L. Brehier: Vie et Mort de Byzance. S. 94: ,,Les resultats de cette politi¬

que ne se sont pas fait attendre: l'Asie Mineure a ete ouverte aux entre¬

prises de l'ennemi dont les incursions ont atteint le Bosphore en 781,

Ephese en 795, Amorium en 796, de nouveau le Bosphore en 798, raid

qui permit aux Arabes d'enlever les chevaux des ecuries imperiales de Malagina."

(8)

Man kann sich weiter fragen, warum Pergamon namentlich genannt wird.

Für die Periode 663—692 wird nichts besonderes bezüglich Pergamons ge¬

meldet. Pergamon ist aber 716 endgültig verwüstet worden. Derselbe Masla¬

ma, der verantwortlich war für die Verwüstung Pergamons, erschien im Jah¬

re 717 mit seiner Armee vor Konstantinopel." In den Paragraphen 7—10

sind die Ereignisse und Ortsnamen ein wenig durcheinandergewürfek, die

Erwähnung von Malagina aber gibt einen fast sicheren Anhaltspunkt. Es

handelt sich jedenfalls um Ereignisse, die im Laufe des 8. Jhs. stattgefunden

haben, mit dem Überfall auf Malagina als Endpunkt.

Wenn dies stimmt, kann der Einschub frühestens im 9. Jh. konzipiert wor¬

den sein. Damit ist auch eine gute Erklärung gefunden für die Tatsache, daß

diese Passage sich nicht im lateinischen Text findet, der ja doch schon im

8. Jh. entstanden sein muß.

Zusammenfassend muß die Idee einer Lang- und Kurzfassung, wie Frenz

sie postuliert hat, abgelehnt werden. Der Sachverhalt ist vielmehr so, daß

Lolos L, d. h. die Manuskripte G, B, D und R, am nächsten dem syrischen

Text folgen. Dort, wo stärkere Abweichungen stattgefunden haben, sind die¬

se häufig zu erklären aus einer anderen Einkleidung aufgrund der ünter¬

schiede zwischen den syrischen und griechischen Bibeltexten. Auch macht

die syrische Konzeption öfter Gebrauch von Fassungen, wie sie z. B. in der

sog. Schatzhöhle vorkommen. Der griechische Übersetzer hat sich also gele¬

gentlich bemüht Sachen, die für sein Publikum nicht recht verständlich, un¬

bekannt oder ganz unverständlich waren, zu ändern. Keine der uns zur Ver¬

fügung stehenden griechischen Handschriften kann als dem syrischen

Grundtext ganz nahestehend angesehen werden. Im allgemeinen scheinen die

Gruppen B und D der ursprünglichsten Übersetzung noch am nächsten zu

kommen, oft haben aber G und R offenbar die ursprüngliche Lesart be¬

wahrt. Sicher aber ist, daß es sich bei Kap. XIII §§ 7—10 um einen späteren

Einschub handeh, wie im selben Kapitel auch die Handschrift D einen sehr

ausführlichen Einschub aufgenommen hat. In der endgültigen Textkonstitu¬

tion sollte Kap. XIII §§ 7—10 also athetiert werden.

Vgl. H. Gelzer: Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. Berlin

1903, S. 49—62, und W. Brandes: Apokalyptisches in Pergamon. In:

Byzantinoslavica 47 (1987), S. 1 — 11.

(9)

Leitung: Werner Diem, Köln

AGOSTINO GIUSTINIANI (1470—1536)

UND SEINE BEDEUTUNG

FÜR DIE GESCHICHTE DER ARABISTIK

Von Hartmut Bobzin, Erlangen

Die Arabistik in Italien zu Beginn des 16. Jahrhunderts wird in Johann

Fücks bekannter Forschungsgeschichte der Arabistik' auf I 1/3 Seiten abge¬

handelt; Fück erwähnt darin lediglich den ersten Druck in arabischen Let¬

tern, der 1 514 erschien^, verweist auf den durch seine Descrittione dell' A frica

berühmten marokkanischen Zwangskonvertiten Leo Africanus^ und er¬

wähnt schließlich noch die angeblich um 1530 in Venedig gedruckte arabi¬

sche Koranausgabe, von der, so Fück, , .nicht einmal feststeht, ob sie voll¬

ständig war, und die sogar ins Reich der Fabel verwiesen worden ist". Sie ha¬

be jedenfalls, so beschließt Fück diesen kurzen Abschnitt, , .einen Einfluß

auf den Gang der arabischen Studien nicht ausüben können.""

Daß diese Sicht der italienischen Renaissance-Arabistik in mancherlei Hin¬

sicht ergänzungsbedürftig ist, hätte Fück schon aus Giorgio Levi della Vidas

materialreicher Studie über die Geschichte der orientalischen Handschriften

' Die arabischen Studien in Europa bis in den Anfang des 20. Jahrhun¬

derts. Leipzig 1955. Die Abschnitte 2—29 waren bereits früher veröffent¬

licht in: R. Hartmann und H. Scheel (Hrsg.), Beiträge zur Arabistik, Semitistik und Islamwissenschaft. Leipzig 1944, S. 85—253.

2 Kitäb salät al-sawä'T. Fano: Gregorius Gregorio. Zur Problematik des

Druckortes vgl. M. Krek: Was ihe first Arabic book really printed at

Fano? In: Middle East Librarians Association Notes 10 (1977),

S. 11 —16; ders.: 7V;e enigma of the first Arabic book printed frotn mo¬

vable type. In: JNES 38 (1979), S. 203—212.

3 Vgl. zu ihm L. MASStGNON. In: £/' III, S. 24, und A. Codazzi in: En¬

ciclopedia Italiana XX (1933), S. 899.

* S. 36; zur Falsifizierung dieser Ansicht s. u., Anm. 32.

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