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Arnolds Beispiele appulle „sie gaben ihm (irgendetwas)&#34

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(1)

(NWA)

Von Christoph Correll, Konstanz

Für Anton Spitaler

Endgültige Klarheit über die Funktion der neuwestaramäischen

/-Infixe verdanken wir Werner Arnold (1989: 62; 1990: 239;

301; für die sich ergebenden, sehr komplexen Paradigmen ibid.:

239-254). Sie besteht in der pronominalen Wiederaufnahme be¬

reits bekannter, bzw. der Vorwegnahme nachfolgend zu nennen¬

der, determinierter drittpersoniger (d.h. nominaler) Objekte im

Rahmen dativischer oder aber bereits mit dativischen Pronomi¬

nalsuffixen versehener Formen des Verbs; Genus und Numerus

des Bezugswortes bleiben dabei unausgedrückt, so daß wir es im

Grunde mit einer Art determinierenden Verweises zu tun haben;

die Vorwegnahme stellt denn auch eines der zahlreichen Deter¬

minationsverfahren des NWA (Arnold 1990: 298-305).

Arnolds Beispiele (1988: 62):

appulle „sie gaben ihm (irgendetwas)"

app-l-ulle „sie gaben es/sie ihm"

appulle kirsö „sie gaben ihm Geld"

app-l-ulle kirsö „sie gaben ihm das Geld".

Entsprechend bei dativischer Verbform, vgl. (Bergsträsser

1915: 82,4 und 37,30):

appell öbu kirsö „er gab seinem Vater Geld"

ahk-l-ell-anna psöna xanni hanna laqsa „er berichtete dem

Jungen auf diese Weise diese Rede".

Gelegentliche Fälle ohne eigentlich zu erwartendes Infix (z. B.

'am mahkyöll-ebril sultöna hanna hakya „sie erzählt dem Sultans¬

sohn diese Sache", Bergsträsser 1915: 5,7-8), insbesondere vor

(2)

Dativsuffixen (z.B. mehrfach Arnold 1989a: 32-34, Text 11),

weisen zwar auf eine gewisse Fakultativität in der Nutzung der

Technik, sprechen auch wohl für deren nicht allzu hohes Alter,

können aber die ARNOLO'schen Feststellungen nicht entkräften;

die einschlägigen Passagen in älterer Literatur (Spitaler 1938:

223-225; Correll 1978: 12-14, vgl. 32), die trotz gewöhnlich kor¬

rekter Übersetzung in den Infixformen freie, allenfalls emphati¬

sche Varianten der infixlosen sah, sind folglich dahingehend zu

revidieren. Als Indiz für eine relativ junge Entwicklung mag auch

die Tatsache gelten, daß zumindest einer der drei „Dialekte"

(Gubb'adin) in wenigstens einigen seiner Verbformen der Nor¬

malbildungsweise nicht folgt und noch die wohl ursprünglicheren

Formationen zeigt (s.u.).

Den ersten und einzigen Versuch einer historischen Erklärung

hat Spitaler unternommen (1938: 223): Da man bei den Verba

III. infirmae statt beispielsweise ahk-e-le „er erzählte ihm" auch

ahk lele unter Verwendung des selbständigen Pronominaldativs

lele „ihm" sagen durfte, sei dessen anlautendes /- im Gefolge der

Univerbierung derartiger Syntagmen als Infix interpretiert und

aufs Gesamtparadigma übertragen worden.

Das ist, wenn auch etwas schematisch, so doch durchaus ein¬

leuchtend, nimmt freilich auf die (unerkannte) Funktion des In¬

fixes keinerlei Rücksicht, muß und darf mithin in Frage gestellt

und im Lichte der durch Arnold vermittelten Erkenntnisse er¬

neut durchdacht werden.

Beginnen wir mit den selbständigen Dativformen der Personal¬

pronomina. Deren Zusammenhang mit Determination und pro¬

nominalem Akkusativ ist ja zunächst kaum einzusehen.

Ich gebe die Ma'lüla-Bildungen (nach Arnold 1990: 388; die

Nachbardialekte haben „regelrechte" Entsprechungen):

1. Sg.c. lili {Iii)

2. Sg.m. lex

f Iis

3. Sg.m. lele

f lela

1. Pl.c. leh

2. Pl.m. lelxun f lelxen

3. Pl.m. lelun

f lelen.

(3)

Die zugrundeliegenden (bzw. in den obigen enthaltenen) For¬

men des älteren Aramäisch sind (in gleicher Reihenfolge; die

2. Sg. f. *lik sowie die 1. PI. *läh müssen dabei einer unmittelbaren

Vorform des NWA entstammen) :

// läk lek/lik/*lik leh läh *läh Ikön Iken Ihön Ihen.

Die heutigen Dativ suffixe lauten (in Ma'lüla, Spitaler 1938:

54; vgl. Arnold 1990: 217, 228; die Variante -lu für -le bei Ver¬

ben in 2. Sg. f kann hier außer Betracht bleiben) :

-///-/ -lax/-x (nach V) -lis/-s (nach V) -le -la -lah/-h (nach V)

-Ixon -Ixen -lun -len.

Als Synchronregel resultiert:

Der, in 1. Sg. und 2. Sg. f. obligatorisch zu li- umlautenden Basis

le- werden die normalen Dativsuffixe angefügt.

Aus historischer Sicht dagegen tritt in 1. und 3. Sg., 2. und 3. PI.

ein gegebenenfalls zu li- umlautendes, betontes Element le- vor

die dadurch enttonten, aber lautgerecht entwickelten Suffixfor¬

men der Dativpräposition /-; 2. Sg. f setzt orthotoniert doch wohl

(trotz Spitalers Bedenken, 1938: 51) unmittelbar altes lix (== lik)

fort; 2. Sg. m. und l.Pl. zeigen anstelle des zu erwartenden ä den

Vokal e (man vergleiche die ursprünglich parallel gebauten Bil¬

dungen der Präposition b- „in": bäx und bäh, Spitaler 1938: 55;

Arnold 1990: 388). Die letzten drei zusammengenommen spre¬

chen gegen Spitalers Annahme einer von 1. Sg. ausgehenden und

über den größeren Teil des Systems ausgebreiteten Reduplikation

(1938: 54); die Ausnahme einiger weniger Personen ist schwer

verständlich. Eine transparentere Deutung erhält man, indem

man die Auslösung des Prozesses in einem (allerdings noch zu

klärenden) Bestreben der Sprachgemeinschaft sieht, sämtliche

Dativpronomina mit der Lautfolge le- beginnen zu lassen: Diese

nämlich war, in ihrer durch das Suffix bedingten Umlautgestalt,

in li-s ja bereits enthalten; von dort her erfolgte innerhalb des

Minimalparadigmas 2. Sg., nun natürlich unter Verwendung des

bedingungsfreien le-, Ausgleich, wobei auch die strukturelle

Identität (CVC) eine Rolle gespielt haben dürfte ; beide Bildungen

gemeinsam müssen die wiederum strukturgleiche l.Pl. nach sich

gezogen haben. Aus der von den Sprechern selbst durchführbaren

(4)

Synchronanalyse dieser Formen konnten sich endlich ganz

zwanglos die nach Langvokal verpflichtenden Varianten -x, -s, -h

für die ansonsten üblichen Dativsuffixe -lax, -Iis, -lah ergeben.

Wir halten fest:

Es bestand im NWA, aus vorerst unbekannten Gründen, eine

starke und letzten Endes auch durchgesetzte Tendenz, die selb¬

ständigen Dativpronomina mit der Anlautfolge le- (bzw. der kom¬

binatorischen Variante //"-) zu versehen; in l.Sg. und 3.Sg. m.

führte das zu Scheinreduplikation. Die Herkunft dieses le- bleibt

vorerst dunkel.

Was aber die Funktion des neuen „Bausteins" angeht, so läßt

sich denn doch eine Reihe von Überlegungen anstellen:

lel-/lil- -\- Pronominalsuffix (d.h. die selbständige Dativform

der Personalpronomina), wörtlich „mir usw. ist ...", bildet zusam¬

men mit il-, für Bax'a und Gubb'adin zudem formal angeglichen

el-/il-, -V Suffix (in Ma'lüla auch ül-, Arnold 1990: 185-186),

wörtlich „mir usw. ist da (ein) ...", ein Paradigma der Bedeutung

„haben, besitzen; gehören". Der Unterschied zwischen beiden

besteht darin, daß ersteres sich ausschließlich mit determinierten,

letzteres dagegen einzig mit indeterminierten Possessa verbindet

(Correll 1978: 90-91, vgl. 107). Es wird also in der Tat ein Bezug

von lel-/lil- usw. zur Determination sichtbar, ja, man ist versucht,

als deren Träger aufgrund der Opposition zum el-/il- immerhin

zweier der drei NWA-Dörfer das anlautende /- zu bestimmen.

Weiterhin ist in Sprachen mit Nominativ-Akkusativ-Syntax die

wenigstens fakultative Auffassung auch nichtverbaler Ausdrücke

für „haben" als transitiv keineswegs unerhört (z.B. im Äthiopi¬

schen: ganenä albeyä „ich habe keinen Dämon", wörtlich: „l3ä-

mon (Akk.) ist nicht an mir" [Dillmann 1899: 387]; oder im Kop¬

tischen: wintaf immaw n-u-shime „er hat eine Frau", wörtlich:

„bei ihm ist da (Akk.) eine Frau" [Till 1955: 148]). Weder Mor¬

phologie noch Syntax des NWA gestatten hier eine eindeutige

Entscheidung; es ist jedoch damit zu rechnen, daß die Possessa

in den betreffenden Konstruktionen durchaus als eben „virtuelle"

Akkusative begriffen werden. Ist dies aber der Fall, so wird da¬

durch für lel-/lil- usw. der bislang noch ausstehende Zusammen¬

hang mit dem - dann selbstverständlich determinierten - Akku¬

sativ hergestellt.

In Anbetracht der lautlichen Übereinstimmungen führt das nun

(5)

freilich wieder unmittelbar auf die Bildungen mit dem /-Infix;

dieses ist ja gerade charakteristisch für die Determination einer¬

seits, andererseits den Akkusativ. Bei Ablehnung der Reduplika¬

tionshypothese, die ihrerseits die Grundlage für die Erklärung der

Entstehung der infigierten Endungen aus den Dativpronomina

liefert, muß notgedrungen ein neuer Weg eingeschlagen werden.

Es bietet sich nur einer: der umgekehrte, die Herleitung der selb¬

ständigen Pronominaldative aus den oder doch wenigstens unter

Einfluß der Infixformationen. Deren eine, obendrein die entschie¬

den durchsichtigste, -lel-/-lü- + Suffix, ist ja nun in der Tat mit

ihnen lautidentisch.

-lel-/-lil- usw. tritt ans Ende bereits fertiger Verbalformen, die

dabei der vor Objektssuffixen erforderlichen Allomorphik gehor¬

chen (nochmals: Arnold 1990: 239-252). In der Regel sind sie

selbst endungslos, mit Ausnahme einerseits der als Neubildung

dem NWA eigentümlichen 1. PI. c. des Präteritums (fathn/lah-lele

„wir öffneten es/ihn/sie ihm"), andererseits der nur in

Gubb'adin geläufigen, für 3.Sg. f, 2.Sg. m. und l.Sg. c. des Prä¬

teritums einheitlichen Formierung auf -ic-lel- (fathic-lele „sie, du,

ich öffnete[st] es usw. ihm", s.u.). Von Infigierung eines -/-

kann, wie man sieht, vorerst keine Rede sein (zu den Verba III.

infirmae s.u., die in Ma'lüla obligatorische, in Bax'a fakultative,

zusätzliche Wandlung des -n- der Flexionsendung der l.Pl.

des Präteritums zu -/-: fathlahleli/fathnahleli „wir öffneten es

usw. ihm" tritt auch vor einfachem Dativsuffix auf:

fathlahle/fathnahle „wir öffneten ihm" [Arnold 1990: 227], hat

mit Sicherheit rein lautlichen Hintergrund und entfällt für die

Argumentation; s. auch u.). -lel-Zlil- ist vielmehr als komplexes

Suffix zu fassen und zu analysieren.

Die Analyse erweist den zweiten Bestandteil, -/- -I- Personal¬

suffix, als den gewöhnlichen Träger des abhängigen, pronomina¬

len Dativs (dessen realiter in solchen Verbindungen auftretende

Kurzformen in 2. Sg. und l.Pl. [s.o.] für den Moment beiseite, s.

aber u.) bzw., wenn suffixlos vor unmittelbar folgendem Substan¬

tiv im Dativ, als Verweis auf dessen Determiniertheit. Die funk¬

tionale Restlast, d.i. zum einen die akkusativische Vertretung be¬

liebiger drittpersoniger Personalpronomina, zum anderen die

Kennzeichnung der Determination eines nachfolgenden Substan¬

tivs im Akkusativ, konzentriert sich mithin in dem Elemente -le-

/-li-. Da nun alle übrigen verbalen Determinativbildungen des

NWA eindeutig auf ältere Syntagmen mit vorwegnehmenden Per-

(6)

sonalpronomina zurückführbar (Correll 1978: 141; vgl. die dort

gegebene Literatur), folglich sekundär sind, wird man dies auch

für -lel-/-lil- ansetzen, fürs weitere dessen rein pronominale Auf¬

gaben in den Vordergrund rücken und sich daher auf die Fest¬

stellung beschränken, daß der Komplex einen doppelten Satz ab¬

hängiger Pronomina enthalte: vertreten durch -le-/-li- Akkusative

der 3. Person, durch -/- -f Suffix hingegen beliebigen Dativ, -le-

/-li- ist weiter zerlegbar, in /- und -e-/-i-. Tentativ schreiben wir

letzterem die pronominale Bedeutung zu, fassen ersteres als eine

Art Trägermorphem, suchen nach einer Stelle im neuwestaramäi¬

schen Verbalsystem, die es gestattet oder gestatten konnte, auch

den Akkusativ des Personalpronomens mit Hilfe von (-)/- einzu¬

führen, und werden tatsächlich, ohne uns auch nur aus der Syn¬

chronie des NWA hinausbegeben zu müssen, fündig: Die „parti¬

zipialen Tempora" nehmen Dativ wie Akkusativ formal ununter¬

schieden und nur syntaktisch bestimmt über -/- zu sich (zum

Namen Correll 1978: 43-44 [43, 13 ist „5." in „4." zu verbes¬

sern]; bei Arnold „Präsens" und „Perfekt"; für die entsprechen¬

de Konstruktion in der spätentwickelten, daher hier nicht beizieh-

baren l.Pl. des Präteritums s. Spitaler 1938: 217). Für den Dativ

selbstverständlich (/- ist die alte Dativpräposition), ist das Ver¬

fahren auch beim Akkusativ im älteren Aramäisch bekanntlich

weithin geläufig; seinen Ursprung hat es letztlich in der mittels

der ganz üblichen Dativkonstruktion vorgenommenen Umschrei¬

bung eines Genitivus objectivus beim Partizip, die bei dessen Ein¬

rücken ins verbale Prädikat, wo es indeterminiert zu halten war,

nötig wurde (vgl. Correll 1980: 34).

-lel-/-lil- bringt zugleich Akkusativ und Dativ zum Ausdruck.

Die ältere Sprache hätte bei ins Prädikat getretenem Partizip ent¬

sprechender Rektion durch zweimalige Setzung von /- -I- Depen¬

denz reagiert. War letztere pronominal, und wählt man zum De¬

monstrationszweck in beiden Fällen die 3.Sg. m., so mußte sich

die Folge leh leh ergeben. Diese, nach den fürs NWA gültigen

Lautgesetzlichkeiten behandelt und analog dem einfachen Dativ¬

pronomen via Klitisierung zum Suffix entwickelt, mußte in -lele,

d.h. einer realen neuwestaramäischen Form u.a. der gleichen Be¬

deutung, resultieren, -le-le beinhaltet das erforderliche -le-. Das

Suffix -le der 3.Sg. m. ist unter Berücksichtigung der Kombina¬

torik durch jedes andere dativische ersetzbar. Das gleiche würde

man nun allerdings auch für den in -le- dargestellten Akkusativ

erwarten; li leh „mich ihm" oder Ihön leh „sie ihm" usw. sind

(7)

doch ohne weiteres denkbar. Nichtsdestoweniger erscheint aus¬

schließlich -le-/-li-, in welchem nach der hier gegebenen Deutung

allein das Suffix der 3.Sg. m. stecken kann; die Variante -li- ist

teils morphologisch (vor -s der 2. Sg. f. und, synchron gesehen, -/,

bzw. -lay der l.Sg.), teils lautlich (vor -// der l.Sg.) bedingt und

hat mit dem alten li „mir" (bzw., nach Partizip, „mich") nichts

zu tun; Akkusative der 1. und 2. Person werden über das /-Infix

grundsätzlich nicht ausgedrückt; ebensowenig Genus und Nume¬

rus der repräsentierten 3. Person, Beschränkung also auf der ei¬

nen, Verallgemeinerung auf der anderen Seite. Erstere erklärt sich

am einfachsten unter Berufung auf die Statistik: Kombinationen

von Akkusativ der 1. oder 2. Person mit beliebigem Dativ („mich,

dich ihm", „mich dir" usw.) sind infolge ihrer hohen semanti¬

schen Spezifizierung gegenüber solchen mit Akkusativ der 3. un¬

gleich seltener, können sich daher leichter der Klitisierung und

eventuell anschließender Suffixbildung entziehen; Restriktionen

ganz ähnlicher Art bei kiitischen Pronomina zeigen beispielsweise

das Französische und das Spanische (es genügt der Blick in eine

bessere Grammatik). Generalisierung der offenbar „neutralen"

3.Sg. m. (die damit also auch die Funktionen von 3.Sg. f und

3. PI. m. und f übernimmt; vgl. spanisch se lo doy, portugiesisch

dou-lho „ich gebe es ihm/ihr/ihnen") ist in der Entwicklungsge¬

schichte des NWA keineswegs unerhört; sie liegt der Herausbil¬

dung der determinativen Verbformen wie der des neuen „Status

constructus" zugrunde (noch einmal Correll 1978:141 samt dort

gegebener Literatur; Spitaler 1938: 112). Ihr Eintreten wurde in

unserem Falle von zwei Seiten her gefördert: -le-/-li- ist sowohl

ana- als auch kataphorisch; sein Bezug ist entweder bereits ge¬

nannt und bekannt, oder er muß alsbald nachgetragen werden,

so daß ein schlichter „determinierender Hinweis" ihn tatsächlich

ausreichend zu vertreten vermag. Es versteht sich, daß nach Ab¬

schluß des Prozesses das ursprüngliche Suffix der 3.Sg. m. nicht

länger als solches empfunden werden konnte (s. auch u.).

Plausibel machen läßt sich diese Herleitung allerdings nur für

das Strukturmuster -lel-/-lil-. Es muß daher allen übrigen voraus¬

gegangen sein. Wie bereits vermerkt, liefert es noch keine Erklä¬

rung für die /-Infigierung. Es ist zusammengesetztes Suffix, tritt

demzufolge naturgemäß ans Ende der jeweils vollständigen Verb¬

form. Dieser Zustand ist als ursprünglich vorauszusetzen; seine

einstige Realität beweist die in Gubb'adin erhaltene Gemein¬

schaftsbildung für l.Sg., 2.Sg. m. und 3.Sg. f auf -iclel- gegen-

(8)

über den infigierenden -////-, -licl-/licl- und -lall- der benachbarten

Sprachen; sie zeigt darüber hinaus, daß, wo möghch, vor dem

Suffix das in Verbindung mit den Akkusativpronomina obhgato¬

rische AUomorph des Verbs zu stehen hatte (hier: -ic-, -ic- und

-ac-, Arnold 1990: 200; der Zusammenfall der beiden ersten er¬

klärt sich über Kürzung des zweiten bei Enttonung, die auffällige

Einbeziehung der 3.Sg. f mag, wofern nicht ebenfalls lautlich zu

deuten, das Ergebnis der Neigung des Dialekts zu Beschränkung

der Zahl seiner Doppelsuffixformen sein, etwa durch Aufgabe der

Genusunterscheidung im PI. oder Übertragung von am alten fini¬

ten Verb entstandenem -lül- aufs Partizip [= Präsens]: fathlüle

„sie öffnen es ihm" m. und f anstelle des „normalen" fathlille/i

in Bax'a, in Ma'lüla daneben noch Lfathlalle). Nur indirekt hier¬

her gehört die Verwendung von -lel-/-lil- an der l.Pl. des Präte¬

ritums; sie erwies sich in jedem Falle als unumgänglich, da die

Infixgestalt der Endung: *-llahl-, aus der Fügung mit -n/lahl-,

der Normalform mit einfachem, formal dativischem Suffix, sich

von eben dieser letzteren schwerlich hinreichend unterschied,

und ist denn auch Gemeingut des NWA.

Ich fasse zusammen :

Aus der zunächst gewiß nur klitisierenden Verbindung zweier

aufeinanderfolgender Dativpronomina, deren erstes auf die 3.

Person beschränkt und innerhalb dieser auf Sg. m. generalisiert

wurde, mit dem Verb konnte ein Doppelsuffix der benötigten

Bedeutung entstehen, das gegebenenfalls einheitlich allerorts zu

benutzen war.

Diese Erkenntnis erlaubt nunmehr die Rückkehr zu den selb¬

ständigen Dativen der Personalpronomina: Deren ursprüngliche

Form, li usw. (s.o.), hätte an sich sehr wohl erhalten zu bleiben

vermocht. Zur Gewinnung des determinativen Werts in der Pos¬

sessivwendung hätte bereits die Opposition zum stets indetermi¬

niert bezogenen il- genügt. Nun läßt sich aber ein nachgerade

penetrantes Bedürfnis der NWA-Sprecher konstatieren, die De¬

terminationsverhältnisse in ihrer Sprache so deutlich wie nur ir¬

gend möglich formal zu bezeichnen (nochmals Arnold 1990:

298-305; Correll 1978: 10-16). Oben stellten wir fest, daß die

heutigen Dativbildungen in der Bedeutung „haben" Determina¬

tion für das Possessum beinhalten, welches noch dazu wenigstens

(9)

semantisch als Akkusativ zu begreifen ist. Mit anderen Worten:

Sie verbinden einen determinierten Akkusativ mit einem Dativ

(dem des Possessors). Was also liegt näher als die Annahme, sie

seien nach dem ja vollkommen funktionsgleichen Suffix -lel-, des¬

sen zweiter Bestandteil, wenn seinerseits mit Suffixen versehen,

überdies ja nur ihre eigene enttonte Gestalt wiedergibt, umgebil¬

det worden. Das erklärt einerseits den Grund für das Eindringen

von le-, dessen Aufgabe es ist, die Determination hörbar zu

charakterisieren, erhellt andererseits dessen Herkunft. Freilich

sind Rückwirkungen nicht ausgeblieben: Die verkürzten Dativ¬

suffixe 2.Sg. m. und f, sowie l.Pl. {-x, -s, -h), die ihre Entstehung

ja der Mißdeutung nun gerade der ihnen entsprechenden, nie¬

mals „reduplizierten", selbständigen Dativformen verdanken

(Spitaler 1938: 55), wurden auf -lel-/-lil- und weiterhin jeden

langvokalischen Auslaut übertragen. Zum Abschluß gekommen

sein dürfte der Gesamtvorgang noch vor der „Aufsplitterung" von

-lel-/-lil-, das durch diese ja an Attraktionskraft verlieren mußte,

in die Vielzahl der aktuell vorliegenden /-Infix-Endungen.

Deren Behandlung steht noch aus. Es genügt beinahe schon der

Hinweis auf die oben referierte SpiTALER'sche Deutung über die

Formen der Verba III. infirmae (1938: 54); sie ist nur dahinge¬

hend abzuändern, daß nicht etwa das selbständige Dativprono¬

men, vielmehr das Doppelsuffix -lel-/-lil- sich diesen verbindet.

Die, historisch gesehen, rein verbalen Kategorien (Arnolds „Prä¬

teritum", „Subjunktiv", „Imperativ", früher „Perfekt", „Imper¬

fekt", „Imperafiv", vgl. Correll 1978: 43) zeigen dabei das vor

den akkusativischen Objektssuffixen gebräuchliche AUomorph,

welches bei III. infirmae im Falle sonstiger Endungslosigkeit auf

den zweiten Wurzelkonsonanten ausgeht (Arnold 1990: 271-272,

275; Ma'lüla und Gubb'adin wenden dieses Verfahren auch aufs

Gleichzeitigkeitspartizip [= Präsens] an: kar-lele „er liest es für

ihn"; Bax'a wahrt die ältere Bildung: kari-lele). In ahk-lele „er

erzählte es ihm" ist also einerseits dieses AUomorph, andererseits

das Doppelsuffix zu sehen. Kontrastiert man nach Spitalers Vor¬

gang ahk-lele mit nur dativisch suffigiertem ahke-le „er erzählte

ihm (irgendetwas)", welches in e alten Auslautvokal erhält (zu

dessen Qualität Spitaler 1938: 222), so sieht man, mit welcher

Leichtigkeit die Identifikation dieses mit dem in -lele enthaltenen

-e-, das doch durch keinerlei Opposition mehr gedeckt war, vor¬

genommen werden konnte. Diese wiederum führte notwendiger¬

weise zur Wertung des vorausgehenden -/- als Infix. Damit aber

(10)

war ein Mechanismus erzeugt, der, auf andere Verbformen und

-klassen übertragbar, zugleich die Synchronregel zur Erstellung

doppelsuffigierter Bildungen liefert und besagt:

Füge in bereits dativisch suffigierten Formen -/- vor den dem

Suffix vorausgehenden Vokal.

Das erfaßt auch die 2. PI. des Präteritums: m. fathiclulle, f

fathiclalle „ihr öffnetet es ihm" (vgl. Arnold 1990: 227, 241), die

ja insofern vom Schema abweicht, als das Infix nicht wie sonst

hinter den letzten Radikal zu stehen kommt, sondern in die En¬

dung aufgenommen wird.

Die Ausnahme bildet das nur in Gubb'adin bewahrte, ältere

-iclel- für l.Sg., 2. Sg. m. und 3.Sg. f (s.o.).

Zwei Unterregeln präzisieren:

1. Ist das Verb endungslos, so steht -lel-/-lil- ; gegebenenfalls

ist das vor Akkusativsuffixen auftretende AUomorph zu

benutzen.

2. Auf -n/lah der l.Pl. des Präteritums folgt -lel-/-lil-.

Bibliographie

Arnold, Werner: 1989. Lehrbuch des Neuwestaramäischen. Wiesbaden: Harras¬

sowitz. (= Semitica Viva. Series Didactica, 1).

Ders.: 1989 a. Das Neuwestaramäische. L Texte aus Bax'a. Wiesbaden: Harras¬

sowitz. (= Semitica Viva, 4/1).

Ders.: 1990. Das Neuwestaramäische. V. Grammatik. Wiesbaden: Harrassowitz.

(= Semitica Viva, 4/V).

Bergsträsser, Gotthelf (Hrsg.): 1915. Neuaramäische Märchen aus Ma'lüla.

Hauptsächlich aus der Sammlung E. Prym 's und A. Socin 's. Nachdruck Nendeln :

Kraus 1966. (= AKM 13,2).

Correll, Christoph: 1978. Untersuchungen zur Syntax der neuwestaramäischen Dialekte des Antilibanon. Wiesbaden: Steiner. (= AKM 44,4).

Ders.: 1980. Einige Überlegungen zur Erklärung der fakultativen Verwendung for¬

mal akkusativischer pronominaler Objekte in dativischer Funktion im Äthiopischen (Ge'ez). In: ZDMG 130, 24-34.

Dillmann, August: 1899. Grammatik der äthiopischen Sprache. Nachdmck Graz:

Akad. Druck- u. Verlagsanstalt.

Spitaler, Anton: 1938. Grammatik des neuaramäisehen Dialekts von Ma'lüla (An¬

tilibanon). Nachdruck Nendeln: Kraus 1966. (= AKM 23,1).

Till, Walter C. : 1955. Koptische Grammatik (Saidischer Dialekt). Leipzig: Har¬

rassowitz. (= Lehrbücher für das Studium der orientalischen Sprachen, 1).

(11)

in Armenien und Palästina im Mittelalter

Von Igor Evariste Kutük-Garudo Modra/Slowakei

Ana Kutlikovä ad memoriam illustrem

In zwei früheren Arbeiten (Kutli'k-Garudo, I.E., 1987; Kut¬

li'k-Garudo, I.E., 1988) wurde aufgrund onomastischer, insbe¬

sondere namengeographischer, und auch anderer Untersuchun¬

gen versucht. Genaueres über die Chronologie der großen Migra¬

tionszüge der Zigeuner* nach ihrem Exodus aus dem Indischen

Subkontinent herauszufinden bzw. daraus das Erforderliche zu

erforschen, um das Notwendigste darüber zusammenfassend aus¬

sagen zu können. Diese Studien betrafen teils den nach Europa

sich ergießenden, immer breiter und stärker werdenden Wande¬

rungsstrom der Zigeuner vom Indus bis ins Innere der südlichen

Balkanhalbinsel, teils die sich vom Hauptwanderungsstrom ab¬

zweigenden, sich verhältnismäßig früh von ihm loslösenden und

nach Süden abweichenden, weiter nach Ägypten vordringenden

Emigrationsschübe der Zigeuner.

Während der Vorarbeiten zu diesen Studien fielen besonders

bei vergleichender Untersuchung des palästinischen und des ar¬

menischen Zigeunerdialekts, also der von den Dom (arab. Na¬

war) gesprochenen Mundart, dem Dömari einerseits, und des

Dialekts der Lom oder der Bosaj, Phosaj, wie sie im Armenischen

heißen, andererseits, schon bald gewisse Besonderheiten auf, die

es erlaubten, hier einige Schlüsse zu ziehen, die nicht ohne Inter¬

esse für die Romistik und wohl auch für die Zigeunervölkerkunde

sein dürften.

* Der heutzutage bereits auch bei Zigeunern etwas anrüchige Terminus „Zigeu¬

ner" wird weiter im Text überall dort angewandt, wo von diesem Ethnikum als Ganzem die Rede ist und die Roma, Sinti, Kaie, Dömeni und die Lomavtik' nicht unterschieden zu werden brauchen.

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