Phlebologie
Jahrzehntelanger Erfahrungsschatz
Wolfgang Hach, Mitautoren:
Jörg Dieter Gruß, Viola Hach- Wunderle, Michael Jünger: Ve- nenChirurgie.Leitfaden für Ge- fäßchirurgen, Angiologen, Der- matologen und Phlebologen.
Schattauer GmbH, Stuttgart, 2006, XIII, 370 Seiten, 347 Abbildungen in 528 Einzeldarstellungen, 62 Ta- bellen, gebunden, 129 A
Das Buch enthält mehr, als der Titel ankündigt. Es bietet eine umfassende synoptische Darstellung der wichtigsten phlebologischen Krankheits- bilder. Ob Varikosis, tiefe Bein- venenthrombose, das post- thrombotische Syndrom oder das Ulcus cruris – jedes die- ser Kapitel bietet detaillierte Informationen über den neu- esten Stand der Diagnostik sowie der konservativen und interventionellen Therapie auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Leitlinien- empfehlungen.
Das chirurgische Vorgehen wird ausführlich geschildert und gut in ein Gesamtkon- zept zur Behandlung venöser Erkrankungen eingegliedert.
Dabei wird großer Wert auf die Abhandlung der häufig- sten Erkrankungen, wie Vari- kosis und venöse Thrombo- sen, gelegt. Seltenere Krank- heitsbilder, wie zum Beispiel venöse Malformationen, wer- den ebenfalls angesprochen.
Diagnostik und Therapieop- tionen dieser seltenen Er- krankungen werden entspre- chend ihrer klinischen Be- deutung kurz beschrieben.
Insgesamt würde ein kürzer gefasster Text die Lektüre der
Venenchirurgie erleichtern.
Zahlreiche farbige Abbildun- gen ergänzen jedoch den Text, sodass ein sehr guter Überblick über operationsre- levante Details, wie zum Bei- spiel die topographische Ana- tomie, möglich ist.
Das besondere an diesem Buch ist aber, dass es sich dar- in nicht erschöpft. Es enthält den jahrzehntelangen Erfah- rungsschatz eines der innova- tivsten phlebologischen All- round-Klinikers, der ganz we- sentlich das moderne patho- physiologische Verständnis der Venenkrankheiten der letzten 30 Jahre geprägt hat.
Überzeugend sind besonders die pathophysiologischen Be- gründungen für die Indikati- onsstellung und Beurteilung venenchirurgischer Eingriffe auf der Grundlage der Rezir- kulationskreise, deren Gültig- keit Hach selbst in vielen sei- ner wissenschaftlichen Arbei- ten belegt hat.
Bei der Bewertung ver- schiedener diagnostischer Me- thoden, insbesondere beim Vergleich Phlebographie ver- sus farbkodierte Duplex- sonographie, sind die Aussa- gen des Autors allerdings nicht ganz ausgewogen. Man merkt, hier spricht ein Alt- meister der Phlebographie, der diese Methode durch sei- ne eigenen Arbeiten mit zu einem jahrzehntelangen dia- gnostischen Goldstandard ge- macht hat. Im Vergleich dazu sind die Ausführungen zur Farbdopplersonographie we- niger überzeugend. Und so bleibt die vergleichende Wer- tung dieser beiden Methoden recht subjektiv. Für den kli- nischen Alltag sollte uns be- wusst sein, dass die Phlebo- graphie heute nicht mehr flächendeckend auf dem ho- hen Niveau angeboten wird, das Hach zu Recht einfordert.
Das kann auf Dauer nicht ohne Einfluss auf die Aus- wahl der zur Verfügung ste- henden diagnostischen Ver- fahren bleiben.
Insgesamt ist das Buch ein wahrer Genuss für den Leser, aufgelockert auch durch pro- funde Exkurse in die Ge- schichte der Phlebologie und
durch aufschlussreiche Kasui- stiken, die die Aussagen des Autors besonders lebendig machen. Und es ist eine Fund- grube für alle, denen es um ein tieferes Verständnis von Diagnostik und Therapie der Venenkrankheiten geht.
Arndt Dohmen, Georg Trummer Friedhelm Beyersdorf
Medizinsoziologie
Interdisziplinärer Blick
Johannes Siegrist: Medizinische Soziologie.6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Urban & Fi- scher Verlag, Elsevier GmbH, München, 2005, VIII, 392 Seiten, 54 Abbildungen, 18 Tabellen, kar- toniert, 29,95 A
Der Weg in den Olymp der Medizinischen Fakultäten war für die Medizinsoziologie durchaus steinig. Ihre stetig gewachsene Akzeptanz lässt sich mit der Überzeugungs- kraft und der Beharrlichkeit von Wissenschaftlern wie Jo- hannes Siegrist erklären,einem seit den 1970er-Jahren natio- nal wie international renom- mierten Medizinsoziologen und Begründer des Zusatz- studiengangs Public Health in Düsseldorf.
Vor kurzem erschien die sechste Auflage seines grund- legend überarbeiteten und in erster Auflage bereits 1974 er- schienenen Lehrbuchs „Me- dizinische Soziologie“. Wenn- gleich orientiert an den Erfor- dernissen ärztlicher Ausbil- dung, profitieren nicht nur Studierende der Medizin und der Gesundheitswissenschaf- ten/Public Health von dieser
anregenden und profunden Darstellung medizinsoziolo- gischer Erkenntnisse. Der Autor richtet sich in gleicher Weise an Ärzte in Fort- und Weiterbildung und an alle, die an theoretischen und empiri- schen Grundlagen einer in- terdisziplinären Versorgungs- forschung interessiert sind.
Die Leser erfahren in sechs Kapiteln Wissenswertes über die Geschichte und die Auf- gaben der Medizinsoziolo- gie, über ihre methodischen Grundlagen und ihre zentra- len Erklärungsansätze über gesellschaftliche Einflüsse auf Gesundheit und Krankheit und deren Bewältigung. Ein weiteres Kapitel beschreibt die deskriptive und theoretische Basis der Soziologie zur Ana- lyse moderner Gesellschaften.
Darüber hinaus beschäftigt sich das Lehrbuch mit Fragen ärztlicher Professionalisierung und dem globalen Trend ei- ner zunehmenden Deprofes- sionalisierung der Ärzteschaft.
Es widmet sich ausführlich der Arzt-Patient-Beziehung und fordert im Schlusskapi- tel durch die Darstellung neue- ster Erkenntnisse über Prä- vention und Rehabilitation zur Auseinandersetzung mit aktuellen Diskussionen im Gesundheitswesen auf.
Johannes Siegrist gilt seit langem als überzeugter und überzeugender Wanderer in fachübergreifenden Welten – erinnert sei an seinen Beitrag zur „Sozialen Ungleichheit von Gesundheit und Krank- heit in Europa“ auf dem 108.
Deutschen Ärztetag 2005.
Mit der sechsten Auflage sei- nes erfolgreichen Lehrbuchs belegt er eindrucksvoll, dass Individualmedizin und Public Health einander ergänzen und die Beantwortung zen- traler Fragen in unserem Ge- sundheitswesen die Integrati- on beider voraussetzt. Man wünscht dieser gelungenen Neuauflage des erfolgreichen Lehrbuchs viele Leser. Die- se erwartet eine spannende Lektüre und die lohnende Schärfung eines interdiszi- plinären Blicks auf die Medi- zin und auf das Gesundheits- system. Edith Meier
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 15⏐⏐14. April 2006 AA1001
B Ü C H E R