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Archiv "Resorptionsverzögerung als viertes therapeutisches Prinzip der Diabetesbehandlung" (18.02.1983)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin KONGRESS-BERICHT

Über manche Einzelheiten des auf der Grenze zwischen experimen- teller und praktisch anwendbarer Medizin stehenden Themas gab -es kontroverse Meinungen. Über einige auch heute bereits für die Praxis wichtige Grundlagen be- stand jedoch Einmütigkeit; über sie wird im folgenden berichtet.

In den westlichen Ländern werden ziemlich einheitlich 60 Prozent der Kohlenhydrate als Polysaccharide in Form von Stärke, etwa 10 Pro- zent als das Disaccharid Laktose und etwa 30 Prozent als das Disac- charid Sucrose aufgenommen.

Die Aufnahme von Ballaststoffen hat sich in den europäischen Län- dern in den letzten hundert Jah- ren beträchtlich vermindert. Ver- schiedene ernährungsabhängige Krankheiten werden damit in Zu- sammenhang gebracht. So ist in Japan, wo die Aufnahme an Bal-

laststoffen fast das Dreifache der hiesigen Menge beträgt, der Dia- betes seltener, allerdings im Zu- nehmen begriffen.

Bisher ist es weder mit Diät noch mit oralen Antidiabetika noch mit Insulin gelungen, die Spätkompli- kationen der Diabetiker an den Gefäßen sicher zu beeinflussen.

Zu den drei genannten Prinzipien wird in Zukunft ein viertes Prinzip treten, das der reduzierten Nah- rungsaufnahme die verminderte Assimilation oder die Verzögerung der Assimilation anfügt. Dies war der eigentliche Gegenstand des

Symposiums. Schon jetzt nimmt man an, daß sich durch dieses vierte Prinzip möglicherweise bei vielen Diabetikern der Übergang von der oralen Behandlung auf die Insulinpflichtigkeit hinausschie- ben läßt.

Als therapeutisches Prinzip stehen einerseits Quell- und Ballaststoffe wie Guar (Tagesdosis etwa 3mal 5 g), Pektine, Tragacanthin, Ka- raya, Johannisbrot, Kleie u. a. zur Verfügung. Diese hemmen — mög- licherweise einerseits durch eine vermehrte Wassersekretion in den Darm, andererseits durch Bele- gung von Kontaktflächen — die Aufnahme von Proteinen und Koh- lenhydraten, bei denen neben der physikalischen Diffusion auch ein aktiver Transport durch die Darm- epithelien eine Rolle spielt. Damit wird die Resorption mehr vom oberen in den unteren Dünndarm verlegt; auch kommt es bei Über- tritt von Kohlenhydraten in den Dickdarm durch mikrobielle Ver- änderungen zur Bildung von kurz- kettigen organischen Säuren, die vom Organismus verwertet wer- den. Die dadurch bedingten kalo- rischen Verluste sind jedoch so gering, daß eine Therapie bei der Fettsucht auf diese Weise nicht gelingt.

Eine andere Möglichkeit, die Assi- milation von Kohlenhydraten zu verzögern, besteht in der Hem- mung von Alpha-Amylasen oder Alpha-Glukosidasen, wie sie vor allem von Puls entwickelt wurde.

Die Inhibitoren stammen zum Teil aus Getreide-Polypeptiden, neuer- dings aus Bakterienkulturen. Be- sonders wirksam ist der Alpha- Glukosidase-Hemmer Acarbose (Bay 4521). Nach Äußerungen der Referenten kann er auch langfri- stig über viele Monate hinweg oh- ne nennenswerte Nebenerschei- nungen angewandt werden. Die anfangs lästige Flatulenz und Stei- gerung der Darmmotilität verliert sich nach einiger Zeit Ob es zu echten Hypoglykämien kommen kann, wurde bestritten. Im Gegen- teil besteht die Möglichkeit, die re- aktive Hypoglykämie beim Dum- ping-Spätsyndrom durch Acarbo- se zu bessern.

Acarbose wirkt hemmend auf die meisten Kohlenhydrat-spaltenden Enzyme (Glukosidasen) wie Glu- ko-Amylase, Dextranase, Saccha- rase. Die (praktisch wenig bedeut- same) Isomaltase wird nicht beein- flußt, während die Maltase zwar gehemmt wird, aber im Darm im etwa Zehnfachen des normalen Bedarfs vorliegt, so daß die In-vi- vo-Hemmung nur relativ ist und dementsprechend höhere Dosen als bei Hemmung anderer Glukosi- dasen erforderlich sind.

Sowohl mit Acarbose wie auch mit den genannten Ballaststoffen kommt es zu einer Verzögerung und Verminderung der postpran- dialen Hyperglykämie, deren Ein- fluß auf spätere Gefäßkomplikatio- nen heute unbestritten ist. Am stärksten wirksam ist die Kombi- nation von Acarbose mit quellfähi- gen Ballaststoffen wie Guar und Pektinen.

Das zur Zeit in klinischer Erpro- bung befindliche Präparat von Acarbose wird vor der Mahlzeit in Tagesdosen von 100 bis 400 mg eingenommen. Die Vermeidung des Blutglukoseanstiegs bei Dia- betikern läßt sich sehr gut am Ab- fall des HbA, c im Blut nachweisen.

Unter der Behandlung mit Acarbo- se fallen auch die Triglyceride ab, während das Cholesterin nicht si- cher beeinflußt wird.

Resorptionsverzögerung

als viertes therapeutisches Prinzip der Diabetesbehandlung

Bericht über das 17. Ludwig-Heilmeyer-Symposium

der Gesellschaft für Fortschritte auf dem Gebiet der Inneren Medizin am 26. und 27 November 1982 in Düsseldorf

(Wissenschaftliche Leitung: Prof. W. Creutzfeldt/Göttingen)

64 Heft 7 vom 18. Februar 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Neue Erkenntnisse wurden auch von dem mit der Silbermedaille ausgezeichneten Creutzfeldt-Assi- stenten R. Ebert über das soge- nannte GIP vorgetragen.

Dieses wird nach Brown nicht mehr wie ursprünglich als Gastric in hibitory polypeptide (offensicht- lich eine Nebenwirkung dieses Hormons), sondern nach der heu- te im Vordergrund stehenden Hauptwirkung als Glukose-depen- dent- /nsu I n-Releasing- Peptide bezeichnet.

GIP wirkt nur bei erhöhter Blutglu- kose, darüber hinaus nur, wenn diese auf dem enteralen Weg, nicht auf dem parenteralen Weg zugeführt wurde.

Es handelt sich somit eher um ei- nen „Potentiator" als um einen

„Initiator" des Insulins. Einige herzwirksame Stoffe ganz ver- schiedener chemischer Struktur wie „Segontin®", „Intensain®, fer- ner Strophanthin-Derivate vermin- dern die Sekretion von GIP. Im Ge- gensatz zu Glukose vermögen Mannose und der Antimetabolit 2- Deoxyglukose die Sekretion von GIP nicht zu stimulieren.

Gallensäuren sind für die Fettre- sorption einschließlich der Fett- löslichen Vitamine A, D, E und K unerläßlich. Deren Resorption fin- det in geringem Umfang durch passive ionische Diffusion, in grö- ßerem Umfang durch nichtioni- sche Diffusion und aktiven Trans- port statt.

Die Gallensäuren rezirkulieren im enterohepatischen Kreislauf etwa 10 bis 12x. Methylzellulose unter- bricht die Rezirkulation der Gal- lensäuren; in noch stärkerem Ma- ße geschieht das beim bekannten lonenaustauscher Cholestyramin.

Auch das nicht resorbierbare Anti- biotikum Neomycin führt über ei- ne Störung der Mizellenbildung zur Störung der Gallensäuren-ver- mittelten Fettresorption. Insge- samt brachte das Symposium so- mit neben einer Fülle interessan-

Diabetesbehandlung

ter experimenteller Aspekte Infor- mationen über die praktisch wich- tige Bedeutung der Ballaststoffe, die sozusagen künftig vierte Mög- lichkeit der Diabetesbehandlung über eine Erhöhung der Quell- und Ballaststoffe sowie über die Zuführung spezifischer Alpha-Glu- kosidase-Inhibitoren wie z. B.

Acarbose.

Die zuletzt genannte Substanz wird zur Zeit klinisch geprüft. Bei den Quell- und Ballaststoffen sind noch einige Schwierigkeiten, die von den Lebensmittelgesetzen her gegeben sind, zu überwinden.

Das Symposium stand unter der wissenschaftlichen Leitung von Professor Dr. W. Creutzfeldt, Göt- tingen. Als Referenten traten vor- zugsweise neben Gästen aus Bel- gien, Finnland, England, den USA derzeitige oder frühere Mitarbeiter der Göttinger Medizinischen Kli- nik auf.

Einzelheiten können in den „Fort- schritten auf dem Gebiet der Inne- ren Medizin" (in Englisch) nach- gelesen werden, die voraussicht- lich im Frühjahr 1983 vom G. Thie- me-Verlag in Stuttgart herausge- bracht werden dürften. — Während der Drucklegung dieses Berichts erschienen im „New England Journal of Medicine" 307 (1982) 1413 ff. sowie 1444 eine Übersicht von Bo-Linn u. a. und ein Editorial von Rosenberg, nach denen bis- her in den USA rund 100 verschie- dene „Stärkeblocker" klinisch ge- prüft worden sind.

Die auch auf dem Symposium in Düsseldorf skeptisch beurteilten Alpha-Amylase-Hemmer (Stärke- blocker) führten in einem kontrol- lierten Versuch nicht zu einer ver- mehrten Ausscheidung kalorisch verwertbarer Kohlenhydrate aus Stärke.

Professor Dr. med. Rudolf Gross Medizinische

Universitätsklinik Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 5000 Köln 41

FÜR SIE GELESEN

Prognose

der Divertikelkrankheit

Die Divertikulose ist eine ausge- sprochene Alterskrankheit. Jen- seits des 70. Lebensjahres lassen sich bei 30 bis 40 Prozent der Be- völkerung Divertikel nachweisen.

Die Prognose der Erkrankung hängt vom spontanen Verlauf, Art und Umfang von Komplikationen sowie von prophylaktischen und therapeutischen Maßnahmen ab.

Durch faserreiche Ernährung, Ver- meiden von Obstipation sowie Er- haltung oder Wiedergewinnung des Idealgewichts kann eine un- eingeschränkte Lebenserwartung erzielt werden.

Bei symptomloser, zufällig ent- deckter Divertikulose ist bei ent- sprechenden prophylaktischen Maßnahmen nur in etwa 1 Prozent mit Komplikationen wie Blutung, Perforation oder Abszedierung zu rechnen.

5 Prozent aller Divertikelträger ha- ben ohne Nachweis lokaler Kom- plikationen erhebliche Schmerzen im linken Unterbauch.

Ursache ist eine vermehrte spasti- sche Aktivität der hypertrophi- schen Dickdarmmuskulatur, bei der gelegentlich nur eine Myoto- mie nach Reilly Beschwerdefrei- heit bringt.

Bei Komplikationen der Divertikel- krankheit hingegen beträgt die Le- talität bei Wahleingriffen 2 Pro- zent, nach Eingriffen wegen koti- ger Peritonitis 20 Prozent.

Nur etwa ein Drittel aller Patienten mit einer Divertikulitis wird unter einer konservativen Therapie auf Dauer beschwerdefrei. Die ad- äquate chirurgische Therapie be- steht in der Exstirpation des Sig- ma unter Antibiotikaprophylaxe bzw. -therapie.

Bünte, H.: Prognose der Divertikelkrankheit, Lebensversicherungsmedizin 7 (1982) 161-162. Chirurgische Klinik mit Poliklinik der Universität Münster

Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 7 vom 18. Februar 1983 67

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