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Archiv "NS-Euthanasie: Kind Knauer oder so ähnlich" (28.11.2008)

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A2584 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 48⏐⏐28. November 2008

M E D I E N

Die „Kindereuthanasie“ in der NS-Zeit wurde, so die herrschende Meinung, durch einen Leipziger „Fall“ an- gestoßen. Der Vater eines stark behinderten Neuge- borenen habe bei Hitler um Gewährung des „Gnaden- tods“ nachgesucht. Hitler habe seinen Leibarzt („Be- gleitarzt“) Karl Brandt zur Beurteilung in die Univer- sitätskinderklinik Leipzig geschickt, der habe sein Einverständnis mit der Tötung ge- geben und wegen der Rechtsfolgen beruhigt. Das Kind sei sodann in der Klinik durch eine Injektion getötet worden. In der Folge sei in der Kanzlei des Führers die „Euthana- sie“ an Kindern 1938/39 bürokra- tisch ausgearbeitet worden.

Der Leipziger „Fall“ ist in der Li- teratur als „Kind Knauer“ bekannt.

Hans Hefelmann, der in der Kanzlei

des Führers die „Kindereuthanasie“

verwaltete, nannte den Namen, er könne aber auch so ähnlich gelautet haben; auch Werner Catel, der Leip- ziger Klinikchef, erinnerte sich an den Fall Knauer. Catel will aber bei dem Brandt-Besuch in Urlaub ge- wesen sein. Die Injektion habe sein Assistent Dr. Kohl vorgenommen.

So weit, so bekannt. 1975 aber brachte der Journalist Philippe Aziz einen anderen Namen ins Gespräch, er will sogar mit den Kindseltern ein Interview geführt haben. Der Frank- furter Medizinhistoriker Benzen- höfer stützte sich in Veröffentlichun- gen, erstmals 1998 im Deutschen Ärzteblatt, darauf, musste aber 2007 zurückrudern. Er glaubt heute, von Aziz belogen worden zu sein. Der freilich kann nicht mehr befragt werden, er starb 2002, sodass dieser kleine Wissenschaftskrimi leider ungeklärt bleibt.

Benzenhöfer nimmt die uner- freuliche Geschichte zum Anlass, die Quellen zu den Anfängen der NS-(Kinder-)Euthanasie penibel zu

sichten und lässt den Leser an die- sem Werkstattprozess teilhaben.

Das ist das eigentlich Interessante an dieser Veröffentlichung. Auf ge- drängtem Raum erfährt man einiges über die Rolle der Kanzlei des Füh- rers, deren Planungsgruppe für die

„Kindereuthanasie“ und die Grün- dung des „Reichsausschusses zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“, schließlich auch die Vor- bereitungen für die „Erwachsenen- euthanasie“ (T4).

Die Untersuchung bestätigt, dass

„der Führer“ unmittelbar an den Entscheidungen zur „Euthanasie“

beteiligt war. Sie lässt zudem erken- nen, dass „Euthanasie“ nicht streng geheim gewesen sein kann. Denn am langwierigen bürokratischen Prozess waren Ärzte und Verwal- tungsleute in derart großer Zahl be- teiligt, und allen war klar, an was sie beteiligt waren, dass der als Eu- thanasie bezeichnete Krankenmord allenfalls formal als „geheim“ ein- zustufen ist. Norbert Jachertz MONITORING

Von allergrößtem Nutzen

„Verlassen Sie sich auf Ihr Gespür, und nutzen Sie die Technik!“ So lau- tet das Motto dieses hervorragenden Buchs. Die fortschreitenden tech- nischen Entwicklungen – gerade auf dem Gebiet der Mikroelektronik – bedingen Fortschritte in der operati- ven oder intensivmedizinischen Versorgung einer zunehmend multi- morbiden und älteren Patienten- klientel. Umso mehr sollte sich der Anästhesist, egal ob im OP oder auf der Intensivstation tätig, mit dem modernen Monitoring vertraut ma- chen, da die sprichwörtlichen fünf Sinne in kritischen Situationen nicht mehr ausreichen.

Das Werk ist dabei von allergröß- tem Nutzen, denn es schildert in 27 Kapiteln anschaulich die physika- lisch-technischen Grundlagen, die praktische Anwendung der moder- nen Messtechniken und seine Be-

deutung für die Patientensicherheit.

Die Abschnitte sind übersichtlich geordnet; die Tabellen und Abbil- dungen vermitteln einprägsam die Wissensinhalte. Hilfreich sind die hervorgehobenen Textpassagen, die das Wesentliche pointieren, Tipps und praxisrelevanten Hinweise.

Dass heutzutage Monitoring mehr als Blutdruckmessung über eine arterielle Kanüle oder ZVD- Messung beinhaltet, wird bei der Lektüre sehr schnell klar. Begriffe oder Techniken wie Picco, Indigo-

zyaningrünplasmaverschwinderate, isovolumetrische Kontraktionszeit oder Kolmogorov-Sinai-Entropie bleiben keine unverständlichen Ge- heimnisse. Der klinische Bezug tritt dabei allerdings nie in den Hinter- grund, zum Beispiel durch die Be- schreibung der Therapieprinzipien beim frühen septischen Schock. So- mit ist dieses Buch auch hinsicht- lich der Facharztprüfung zu emp- fehlen. Auch Limitationen einzel- ner Methoden werden aufgeführt.

Gemäß dem Wahlspruch „Wer viel misst, misst viel Mist“, zeigen die Herausgeber, worauf man bei der korrekten Interpretation achten muss, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.

Fazit: Ein gelungenes Buch, wel- ches in keinem anästhesiologischen Bücherregal fehlen sollte. Stefan Wirz

Andreas Hoeft, Helfried Metzler, Thomas Pasch (Hrsg.): Monitoring in Anästhesie und Intensiv- medizin. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2008, 468 Seiten, broschiert, 79,95 Euro

Udo Benzenhöfer:

Der Fall Leipzig (alias Fall „Kind Knauer“) und die Planung der NS-

„Kindereuthanasie“.

Klemm & Oelschläger, Münster 2008, 152 Seiten, kartoniert, 14,80 Euro NS-EUTHANASIE

Kind Knauer oder so ähnlich

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