• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Widrigkeiten des Alltags - Ärger: Freund oder Feind?" (04.07.2008)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Widrigkeiten des Alltags - Ärger: Freund oder Feind?" (04.07.2008)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 274. Juli 2008 [111]

B E R U F

O

ft genug ärgert man sich über Patienten, Kollegen und sich selbst. Gerade im Berufsalltag erge- ben sich dabei für Ärztinnen und Ärzte aber auch viele „Chancen“, eine andere (positivere) Sichtweise der Ereignisse zu trainieren. Jedoch bleiben viele Menschen häufig in ihrem Groll hängen, anstatt zu ei- nem fairen Umgang mit dem Ge- genüber und sich selbst zu finden.

Zunächst gilt es, typische Situa- tionen für einige Zeit gut wahrzu- nehmen. Das Gemeinsame an allen Situationen könnte zum Beispiel sein, dass man sich nicht respektiert oder gekränkt fühlt. Oder man wird zu häufig bei der Arbeit gestört.

Vielleicht wird das unerwünschte Gefühl nur durch immer dieselbe Person ausgelöst. Denkbar ist auch, dass sich der Arzt ausgenutzt fühlt, nicht ausreichend Anerkennung be- kommt oder das Gefühl hat, dass er immer alles selbst machen muss. Je nachdem, was man beobachtet, gilt es, unterschiedlich zu reagieren.

Grundsätzlich sind zwei mögli- che Situationen, die regelmäßig Är- ger auslösen, zu unterscheiden: die, an denen man selbst etwas ändern kann und andere, denen man macht- los gegenübersteht. Bei letzteren, wie beispielsweise dem Wetter oder den (Weiter-)entwicklungen in der Gesundheitspolitik, hilft es nur noch, die Dinge möglichst gelassen hinzunehmen.

In seinem Buch „Was Deine Wut Dir sagen will: Überraschende Ein- sichten – Das verborgene Geschenk unseres Ärgers entdecken“ (Junfer- mann Verlag) konzentriert Marshall Rosenberg alles auf die Frage der zugrunde liegenden Bedürfnisse:

Wenn ich meine und die meines Gegenübers verstehe, führt das nicht nur zu weitgehender Entspan- nung, sondern gibt gleichzeitig sehr

gute Hinweise, wo es anzusetzen gilt. Wut und Ärger entstehen durch Bewertungen. Die Handlung des an- deren Menschen ist also nur der Auslöser des Grolls, nicht seine Ursache. Zuerst gilt es, die eigenen Vorstellungen und Urteile als Ursa- che wahrzunehmen, danach die da- hinterstehenden Bedürfnisse.

Ein weiterer Aspekt in der Be- trachtung des Alltagsgefühls Ärger:

Kann ich durch meinen Ärger etwas vermeiden? Manche Menschen kön- nen sich dermaßen effektiv ärgern, dass sie vollkommen vergessen, zu handeln. So vermeiden sie Arbeit, der Nachteil dabei ist, dass sie die Ursache nie beseitigen.

Der Autor des Buchs „Ärger, Angst und andere Turbulenzen – Wie Sie sich von den Grausamkei-

ten des Alltags nicht unterkriegen lassen“ (Gabal Verlag), Wolfgang Junge, gibt Tipps, wie sich Ärgern vermeiden lässt:

>Erst das Bewusstmachen und Verändern von inneren Grundwer- ten erlaubt auch eine Veränderung der Verhaltensgewohnheiten. Des- halb lohnt es sich, einige Grund- überzeugungen zu hinterfragen und gegebenenfalls durch vernünftigere zu ersetzen. Eine Grundüberzeu- gung könnte sein: „Patienten wider- spricht man nicht“, eine andere: „Ein guter Arzt handelt immer selbst- und kostenlos“. Beides zwingt zu einer erstarrten Haltung, man ist der Situa- tion ausgeliefert.

>Ärger entsteht auch, wenn das Wort „muss“ zu häufig beim inneren

Denken auftaucht. Ersetzt man es durch „möchte“, verändert sich eine druckauslösende Forderung zu einer freien Entscheidung.

>Die Katastrophenskala von eins bis 100: Das Schlimmstdenkbare ist etwa der Tod eines geliebten Men- schen. Ordnet man die geschehenen Dinge ein, ist man fähig, das Ge- schehen zu relativieren.

>Schuldgefühle verhindern we- der, dass der auslösende Fehler nicht wieder passiert, noch wird er da- durch ungeschehen.

„Wenn uns jemand ärgert, sollten wir zwischen dem Menschen an sich und seiner aktuellen Haltung unterscheiden“ – der Dalai Lama kennt zwar die persönlichen Her- ausforderer nicht, meint aber sicher auch diese. Manche Kollegen ha- ben irgendeine Ange- wohnheit, die einen re- gelmäßig aufregt. Va- riiert man sein eigenes Verhalten lange genug, ist schließlich auch der Verursacher in der Lage, anders zu agie- ren, aus seiner Sicht: zu reagieren.

Schließlich lehnt man sein Team oder die Patienten nicht grundsätz- lich ab, sondern nur ein bestimm- tes Verhalten. Wenn beide Partner wieder in ausgeglichener Stimmung sind, hilft oft ein Gespräch – gerade, wenn es immer wieder um dieselben Auslöser geht.

Wir haben die Wahl: Entweder ärgert man sich weiter und lässt das Gefühl an Anderen aus (die dafür so gar nicht dankbar sind), oder man macht sich die eine oder andere ge- nannte Idee zunutze und fängt ge- duldig und beharrlich mit der Um- setzung an. Herausforderungen wird es immer genug geben. I Ute Jürgens E-Mail: KomMed@freenet.de

WIDRIGKEITEN DES ALLTAGS

Ärger: Freund oder Feind?

Ärger ist definiert als eine spontane, innere, emotionale Reaktion hochgradiger Unzufriedenheit mit einer Situation, einer Person oder einer Erinnerung, die der Verärgerte verändern möchte. Ein solcher Verdruss kann durchaus sinnvoll sein.

Wer Ärger zulässt, glaubt daran, dass man das Leben noch verändern kann.

Verena Kast in ihrem Buch „Vom Sinn des Ärgers“ (Kreuz Verlag)

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wenn ich mindestens vier Jahre als approbierter Arzt in meinem Fachbereich tätig war, kann ich die Niederlassung beantragen: eine verlockende Perspektive, die sich mir dann mit

Musste Levinas schließlich einsehen, dass seine universale Ethik der Begegnung mit dem Anderen (Rede mit Gott) nur dann ihren sozialen Charakter vollstndig entfaltet, sofern sie

In Patientenbefragungen wird heute immer wieder zum Ausdruck ge - bracht, dass der Arzt zu wenig Zeit für den Kontakt zum Patienten auf- bringt und die Information der Pati-

Vor circa drei Jah- ren haben wir in unserem Bürogebäude an der Lingsforter Straße einen soge- nannten „Ruheraum“ eingerichtet, in dem sich Mitarbeiter zurückziehen oder auch

Empfänger genau verglichen: Je größer diese Übereinstimmung, desto Erfolg verspre- chender ist die Organtransplantation. Häufig reicht jedoch selbst eine genaue Untersu- chung

Beliebte Tricks im Waffenarsenal auf der Jagd nach guten Risiken: Kassen lassen die ausgefüllten Anmeldeformulare älterer Leute ver- schwinden; Kassen legen Anmeldeformularen für

§ 45 SGB V besteht der Anspruch auf Vergü- tung für die Dauer von 10 Tagen, und nur wenn das Kind noch keine 12 Jahre alt ist. Außerdem besteht gemäß § 45 SGB V ein Anspruch auf

auf Schleimhäuten (z.B. im oder in der Nähe des Auges, in Mund, Nase oder Genitalien) u. Knochenmarkstransplantat-Empfänger) (Arzt aufsuchen!); Kdr. unter 12 J.;