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Die Zeichnungen im Codex Destailleur D (HDZ 4151) der Kunstbibliothek Berlin Preuÿischer Kulturbesitz zum letzten Projekt Antonio da Sangallos des Jüngeren für den

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Die Zeichnungen im Codex Destailleur D (HDZ 4151) der Kunstbibliothek Berlin Preuÿischer Kulturbesitz zum letzten Projekt Antonio da Sangallos des Jüngeren für den

Neubau von St. Peter in Rom Band I

Text und Quellen

von der Fakultät I Geisteswissenschaften der Technischen Universität Berlin

genehmigte Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Philosophie

D 83

vorgelegt von Bernd Kulawik Berlin aus

6. August 2002

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Berichter: Prof. Dr. Wolfgang Wolters

Berichter: Prof. Dr. Christof Thoenes (Bibliotheca Hertziana/Rom) Berichter: Prof. Dr. Robert Suckale

Tag der Wissenschaftlichen Aussprache: 08. Februar 2002

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Abstract

Die Zeichnungen zum letzten Projekt Antonio da Sangallos des Jüngeren für den Neubau von St. Peter in Rom im Codex Destailleur D (HDZ 4151) der Berliner Kunstbibliothek Preuÿi- scher Kulturbesitz erweisen sich als detaillierteste Zeugnisse dieses umfangreichen Bauvorhabens.

Sie entstanden überwiegend nach Vorlagen aus dem Umkreis des Architekten Anfang der 1540er Jahre vor Ort im Rahmen eines umfangreicheren Unternehmens zur Dokumentation antiker stadt- römischer Groÿbauten sowie zeitgenössischer Architektur, dessen Ergebnis der Berliner Codex sowie weitere Blätter in Wien, New York, Stockholm und London sind. Anhand der Zeichnungen zum St.-Peter-Projekt lassen sich nicht nur weit reichende Aufschlüsse über Sangallos Absichten hinsichtlich der Gestaltung und Ausführung selbst kleinster Details gewinnen, sondern ebenso über die Arbeitsteilung während des Planungs- und Ausführungsprozesses innerhalb der Fabbrica di San Pietro, die durch hier erstmals publizierte Bauunterlagen aus dem Archivio storico der Reverendissima Fabbrica di San Pietro in Vaticano bestätigt und ergänzt werden. Sie ermöglichen es auch, eine Identikation des bisher nur als `Anonymus Destailleur (D)' bekannten Zeichners vor- zuschlagen. Aufgrund ihrer Detailgenauigkeit und ihrer rekonstruierbaren Stellung im Planungs- und Baugeschehen vermitteln die Zeichnungen, welche die Planungen für die tatsächliche Bauaus- führung und nicht nur für das erhaltene groÿe Holzmodell dokumentieren, sowohl Erkenntnisse über eines der bedeutendsten Bauvorhaben der Renaissance selbst, als auch in wohl einzig- artiger Weise über den weit fortgeschrittenen Entwicklungsstand architektonischer Planungs- und Darstellungsmethodik sowie den Wissenstransfer zwischen Architekt und Ausführenden im Sangallo-Umkreis.

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Danksagung

Die Arbeit konnte nur dank der groÿzügigen Unterstützung einer Vielzahl von Personen entstehen, die hier sämtlichst aufzuzählen nicht möglich ist.

Allen voran sei jedoch Prof. Dr. Christof Thoenes gedankt, auf den nicht nur die Anregung zur Beschäftigung mit den bearbeiteten Zeichnungen zurück geht, sondern der die Arbeit mit regem Interesse und nicht ermüdender Geduld begleitete, stets selbst für die entlegensten Hypothesen ein oenes Ohr (und korrigierende Anmerkungen bereit) hatte und mich an den neuesten Ergebnissen seiner eigenen Forschungen teilhaben lieÿ. Ohne seine groÿzügige Unterstützung und das Vertrau- en in die Möglichkeit des Gelingens wäre die Arbeit nicht nur nicht beendet, sondern vermutlich nie in Angri genommen worden: Dass ich als Musikwissenschaftler, der kunsthistorische Lehrver- anstaltungen bis dato lediglich aus Interesse aber ohne konkretes Ziel besucht hatte, überhaupt den Mut fand, zur Promotion in dieses Fach zu wechseln und hierfür ein Thema aus der St.-Peter- Forschung zu wählen, ist meinem Betreuer und Lehrer Prof. Dr. Wolfgang Wolters zu verdanken, der buchstäblich jederzeit für Fragen und Hilfestellungen aller Art zur Verfügung stand und für den `Seiteneinsteiger' dabei besonders viel Geduld aufbrachte.

Ihren Ursprung nahm die Arbeit jedoch in einem Seminar bei Prof. Dr. Horst Bredekamp im Wintersemester 1995/96, welches die Ausstellung Architekturmodelle der Renaissance begleitete.

Hierfür wie für sein kritisches Interesse am Fortschritt der Arbeit und sein Verständnis für manche unerwartete Entwicklung sei ihm an dieser Stelle ebenfalls herzlich gedankt.

Wichtige Anregungen verdanke ich den Gesprächen mit Prof. Dr. Rudolf Preimesberger, dem ich für sein aufmerksames Interesse und jegliche groÿzügige Unterstützung hiermit herzlichst dan- ken möchte.

Trotz der vielseitigen Unterstützung dieser Arbeit durch die genannten und viele weitere Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftler habe einzig und allein ich all jene Mängel zu verantworten, derer ich mir schon jetzt bewusst bin bzw. auf die andere noch stoÿen mögen.

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) unterstützte die Anfertigung der Arbeit durch die Vermittlung eines sechsmonatigen Stipendiums des italienischen Auÿenministeriums, welches es mir ermöglichte, von Oktober 1997 bis März 1998 in Florenz und Rom Sammlungen und Archive sowie das Kunsthistorische Institut und die Bibliotheca Hertziana für das Studium von Zeichnungen, Quellen sowie Sekundärliteratur und nicht zuletzt für die Kontakte mit anderen Wissenschaftlern aus der ganzen Welt zu nutzen. Die weitere Arbeit am Dissertationsprojekt wurde anschlieÿend von April 1998 bis September 2000 durch ein Stipendium des Landes Berlin nach dem Nachwuchsförderungsgesetz (NaFöG) ermöglicht. Für Beratung und Unterstützung sei in diesem Zusammenhang besonders Frau Hördt von der TU Berlin gedankt.

Den Mitarbeitern der von mir genutzten Bibliotheken, besonders der Kunstbibliothek Berlin unter Leitung von Prof. Dr. Bernd Evers, aber auch den schon erwähnten deutschen Forschungs- bibliotheken in Florenz und Rom sei an dieser Stelle für ihre Unterstützung und Geduld gedankt.

Ohne die Hilfe der Mitarbeiter in der Zeichnungssammlung der Florentiner Uzien und vor al- lem im Archivio storico der Reverendissima Fabbrica di San Pietro in Vaticano hier möchte ich ganz besonders herzlich der unermüdlichen Suor Teresa Todaro danken wäre die Arbeit aber schlichtweg nicht zu realisieren gewesen.

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6

Abschlieÿend möchte ich meiner Mutter und meinem Vater für die (nicht nur) nanzielle Un- terstützung danken, die ich häuger als beabsichtigt in Anspruch nehmen konnte. Meiner Mutter danke ich darüber hinaus für Aufmunterung und Geduld bei der scheinbar nicht enden wollenden Arbeit an der Fertigstellung der Dissertation.

Ganz besonders möchte ich mich jedoch bei meiner Schwester Karin und ihrem Ehemann Michael bedanken: Ihre moralische und vor allem auch groÿzügige nanzielle Unterstützung er- möglichte es mir überhaupt, die Arbeit nach dem Diebstahl meines ersten Computers mitsamt der wichtigsten Materialien im Sommer 1998 fortzusetzen. Zugleich konnte ich aber auch jederzeit auf beider Kenntnisse in allen computerbezogenen Fragen zurück greifen. Nur so war es mir überhaupt möglich, die Arbeit mit LYX und LATEX2εunter Linux zu schreiben und zugleich die Vorteile frei- er, quelloener Software ganz allgemein kennen und schätzen zu lernen. Damit eröneten sie mir nicht nur ein neues, spannendes Interessengebiet, sondern zugleich auch beruiche Perspektiven, die sich inzwischen in der vielleicht bestmöglichen Konstellation verwirklicht haben. Herzlichsten Dank für dies alles!

Berlin, am 1. August 2002 Bernd Kulawik

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Vorwort

Ich hoe mit Hilfe der Handzeichnungen, mit deren Studium und vor allem mit deren Filiation ich noch beschäftigt bin, denn die Materie ist auÿerordentlich schwierig und verlangt eine unablässige Prüfung und Revision der gewonnenen Ergebnisse, die Bauentwicklung darlegen zu können; [...]

Karl Frey [Frey 1913, S. 30]

Die Arbeit kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht als vollständig abgeschlossen angesehen werden: Neben den vielen Wiederholungen von Indizien und Argumenten, die sich durch ein sy- stematisches System von Querverweisen ersetzen lassen und damit zur Reduktion der Textmenge beitragen, sind es vor allem die Katalogeinträge zu den nicht St. Peter betreenden Blätter des Codex Destailleur D (HDZ 4151), sowie zu den nicht in Berlin bendlichen Blätter aus seinem Umkreis, die vor allem Aufnahmen antiker Bauten sowie einiger zeitgenössischer Bauten aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zeigen, welche noch nicht in endgültiger Fassung vorleigen, weshalb ihre Wiedergabe hier vorerst weitgehend als provisorisch anzusehen ist. Da aber für die Argumentation zur Identikation des Zeichners und zur Einordnung des gesamten Codex in den Kontext der Entstehungszeit auch einige dieser Blätter von Bedeutung sind, wurden sie z. T. schon in der hier dargebotenen, vorläugen Form mit aufgenommen. Für eine Veröentlichung des Ge- samtkatalogs wird dieser entsprechend auszuarbeiten sein: Die Katalogisierung aller Blätter aus dem Umkreis des Codex Destailleur D bisher mindestens 200 Blätter, mit weiteren Funden ist jedoch zu rechnen , ihre historische Einordnung in das Antikenstudium im Rom der 1540er Jahre sowie die Untersuchung des vermuteten archäologischen Projektes, das zu ihrer Entstehung führte, sollen im Anschluss an das Promotionsverfahren erfolgen.

Allerdings legt die abzusehende Fülle des Materials eine andere als die übliche Veröentlichung in Form eines gedruckten und nur unter gröÿtem nanziellen Aufwand ausreichend zu illustrieren- den Katalogs nahe: Die bisher bekannten ca. 200 Blätter enthalten mehr als 1.000 Einzelzeichnun- gen, so dass der Katalog mit den ausführlichen Beschreibungen schon jetzt allein 1.600 Druckseiten ohne Abbildungen umfassen würde: Selbst wenn nicht alle Zeichnungen so ausführlich bespro- chen werden (können) wie die St.-Peter-Blätter, ist für den vollständigen Katalog ein Umfang von mindestens 2.000 Druckseiten zu erwarten.

Deshalb wurde der Katalogtext im Hinblick auf eine mögliche Publikation als PDF1- oder HTML-Datei2, vorzugsweise jedoch als Datenbank im Internet angelegt: Die sich daraus für die einzelnen Katalogeinträge als Datensätze ergebenden, z. T. stereotypen Wiederholungen im vorlie- genden Text sind zwar bedauerlich, für eine später leichtere Umformatierung jedoch notwendig. 3 Da i. d. R. nicht mit einer vollständigen und sequentiellen Lektüre des gesamten Katalogtextes

1PDF = Portable Document Format: ein für die Publikation von Texten im Internet oder in druckvorbereitenden Dateien gebräuchliches Standardformat der Firma Adobe, das das zu erwartende Druckbild beschreibt.

2HTML = Hypertext Markup Language: Eine Auszeichnungssprache, die für die Publikation von Texten im Internet entwickelt wurde und die Navigation innerhalb von Dokumenten und deren Verbindung untereinander über so genannte Links erlaubt.

3Vgl. hierzu die Überlegungen im Kapitel 18 Datenbankprojekte (S. 273).

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gerechnet werden muss, erschienen diese Wiederholungen zudem vertretbar.

Eine derart umfangreiche und daher schwer überschaubare Textmenge, vermehrt um Fotogra- en aller Blätter mit zusätzlichen Detailaufnahmen, die aufgrund der Gröÿe und des Detailreichtums vieler Zeichnungen angebracht erscheinen, sowie mit rekonstruierenden graphischen Darstellungen zu Detailproblemen4, dem relativ kleinen Kreis möglicherweise interessierter Archäologen und Ar- chitekturhistoriker in Druckform zur Verfügung stellen zu wollen, wäre nicht nur extrem kostenin- tensiv, sondern hätte vor allem auch wie anhand ähnlicher Publikationen leicht nachzuvollziehen ist eine nur schlechte Benutzbarkeit zur Folge, da die zusammengetragenen Informationen kaum ausreichend über Indizes erschlossen werden können. Die jetzige Form der Arbeit erweist sich trotz unterschiedlicher erprobter Ansätze zur übersichtlichen Ordnung des gesamten Materials nicht als die optimale, sondern höchstens als die am wenigsten unhandliche, da sie durch die Verteilung auf zwei Bände, denen noch ein Band mit Abbildungen hinzuzufügen wäre, einen Vergleich der allge- meinen Textteile mit den Zeichnungskommentaren unter gleichzeitiger Ansicht der Zeichnungen zumindest theoretisch erlaubt. Aber auch dabei bleibt das Problem bestehen, nicht mehrere Zeich- nungskommentare gleichzeitig einander gegenüber stellen zu können. Darüber hinaus wäre in einer Druckfassung ein befriedigender Vergleich der zumeist unzureichenden da zu kleinen Abbildungen oder die Einarbeitung von Korrekturen praktisch ausgeschlossen.

Es bietet sich demnach an, die Ergebnisse der Arbeit und hier besonders den Katalog der Zeich- nungen in Form einer Datenbank, die möglichst über das Internet frei zugänglich sein sollte, zur Verfügung zu stellen, was nicht nur bedeutend kostengünstiger geschehen kann und die Benutzung erleichtert, sondern vor allem auch jederzeit Korrekturen und Erweiterungen, auch durch andere Wissenschaftler, prinzipiell erlaubt. Eine solche Datenbank könnte zudem durch internationale Zusammenarbeit beliebig um weitere Einträge zu neuen Funden oder anderen Zeichnungsgruppen ergänzt werden und böte somit alle Voraussetzungen, um zu einem wichtigen Forschungswerk- zeug sowohl der Architektur- und z. B. Sammlungsgeschichte als auch der Archäologie zu werden.

Darüber hinaus lässt sich dieses Datenbankprojekt mit demjenigen verknüpfen, das am Ende der vorliegenden Arbeit zur Geschichte von St. Peter vorgeschlagen wird, indem es als die dort vor- gesehene Teildatenbank für Architekturzeichnungen und andere bildliche Darstellung zu St. Peter fungiert.5

Das im April 2001 gestartete Verbund-Projekt ` Prometheus' zur Vernetzung von kunsthisto- rischen und archäologischen Bilddatenbanken über das Internet bietet besonders günstige Voraus- setzungen zur Realisierung dieses Katalogprojektes, indem eine entsprechende Datenbank in den Prometheus-Verbund eingebunden und so gleichzeitig einem gröÿeren Nutzer- bzw. Interessen- tenkreis zugänglich gemacht werden kann.

Seit 1. Oktober 2001 arbeite ich an der Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut) in Rom an Konzeption und Aufbau einer Internet-Datenbank für Architekturzeichnungen mit. Diese Da- tenbank bietet sich also in hervorragender Weise dazu an, die Katalogeinträge der vorliegenden Arbeit zum Codex Destailleur D aufzunehmen und somit zu publizieren, zumal besonders die Er- fahrungen hinsichtlich der Beschreibungskriterien und ihrer Umsetzung in eine dierenzierte Da- tenbankstruktur, wie sie im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelt wurden, in die Konzeption dieses Projektes von Anfang an einieÿen können und sollen. Die Anbindung dieser Datenbank an den Prometheus-Verbund ist vorgesehen und wird ebenfalls schon während der Planungsphase berücksichtigt.

Berlin und Rom, im Oktober 2001 Bernd Kulawik

4Besonders die das Gros der Zeichnungen ausmachenden unmaÿstäblichen und daher nicht proportionsgerechten Maÿaufnahmen lassen nicht nur eine entsprechend verbesserte und damit nicht nur besser lesbare, sondern auch leichter vergleichbare graphische Darstellung als sinnvoll erscheinen.

5Vgl. Kapitel 18, S. 273.

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Abkürzungsverzeichnis

AD Anonymus Destailleur

AFP in der Sekundärliteratur gelegentlich verwendete Kurzform für ARFSP ARFSP Archivio storico der Reverendissima Fabbrica di San Pietro

Bl. Blatt

Bll. Blätter

CDD Codex Destailleur D (HDZ 4151, Bl. 1120) KdAD Kopist des Anonymus Destailleur

MdAD Mitarbeiter des Anonymus Destailleur

N Nord(en)

NO Nordost(en)

NW Nordwest(en)

O Ost(en)

o oncia / oncie, bei Antikenzeichnungen i. d. R. jedoch once des piede française p palmi romani, bei Antikenzeichnungen i. d. R. jedoch piede française

RFSP Reverendissima Fabbrica di San Pietro

S Süd(en)

SO Südost(en)

SW Südwest(en)

W West(en)

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Inhaltsverzeichnis

Abstract . . . 3

Danksagung . . . 5

Vorwort . . . 7

Abkürzungsverzeichnis . . . 9

I Einleitung und Thesen 15

1 Einleitung 17 2 Thesen zur Interpretation der Zeichnungen 21 2.1 Die Zeichnungen des CDD sind Originale. . . 22

2.2 Entstehungsort der meisten Zeichnungen ist Rom. . . 22

2.3 Die Entstehungszeit liegt vor 1547. . . 23

2.4 Anwesenheitsdauer des Anonymus Destailleur . . . 24

2.5 Nähe des AD zum Planungsprozess von St. Peter . . . 24

2.6 Bauausführung als Ziel der Planungen für St. Peter . . . 25

2.7 Sangallos neues Konzept der Lichtführung . . . 25

2.8 Zimmermannstätigkeit des Anonymus Destailleur . . . 26

2.9 Mögliche Identikation des Anonymus Destailleur . . . 27

2.10 Antikenstudien entstanden bis ca. 1545. . . 29

2.11 Antikenstudien entstanden im Auftrag . . . 30

2.12 Nähe des Codex zur Accademia della virtù . . . 30

II Der Codex Destailleur D 33

3 Literaturübersicht 35 3.1 Hippolyte Destailleur (1863): Französische Künstler . . . 36

3.2 Paul Letarouilly (1849/66): Bauten des modernen Rom . . . 36

3.3 Paul Letarouilly (1882): Vatikan und St. Peter . . . 36

3.4 Heinrich von Geymüller (1883): Thermen und Pantheon . . . 37

3.5 Éugene Müntz (1886): Antiquitäten Roms . . . 38

3.6 Christian Hülsen (1886): Septizonium Severi . . . 38

3.7 H. v. Geymüller (1889): Franz. Renaissancebaukunst . . . 39

3.8 Peter Jessen (1890): Inhaltsangabe . . . 39

3.9 Christian Hülsen (1898): Caracalla-Thermen . . . 40

3.10 Peter Jessen (ca. 1898 1903): Beiheft zum Codex . . . 41

3.11 Roberto Paribeni (1927/28): Diocletians-Thermen . . . 41

3.12 Krencker u. a. (1929): Trierer Kaiserthermen . . . 42

3.13 Henri Stern (1953): Le Calendrier de 354 . . . 42

3.14 James S. Ackerman (1961): Michelangelo . . . 42

3.15 J. S. Ackerman (1962): Zu Frommel: Die Farnesina . . . 43 11

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12 INHALTSVERZEICHNIS

3.16 Heinz Spielmann (1966): Palladio und die Antike . . . 43

3.17 Ekhart Berckenhagen (1969): Hugues Sambin . . . 44

3.18 E. Berckenhagen (1970): Katalog franz. Zeichnungen . . . 44

3.19 Helke Kammerer-Grothaus (1971; 1974): Grabmäler . . . 44

3.20 Chr. L. Frommel (1973): Römischer Palastbau . . . 45

3.21 Arnold Nesselrath (1986): Typologie der Skizzenbücher . . . 45

3.22 Claudia Echinger-Maurach (1991): Julius-Grabmal . . . 46

3.23 Arnold Nesselrath (1993): Fossombroner Skizzenbuch . . . 47

3.24 Christof Thoenes (1994/1995): St.-Peter-Zeichnungen . . . 47

3.25 Lynda Fairbairn (1998): Katalog des Soane's Museum . . . 48

3.26 Georg Satzinger (2001): Michelangelos Julius-Grabmal . . . 50

3.27 Zusammenfassung . . . 50

4 Ursprüngliche Ordnung des Codex 51 4.1 Ursprüngliche Anordnung und Neuordnung . . . 51

4.2 Ursprüngliche Bindung . . . 52

4.3 Numerierung der Einzelzeichnungen . . . 52

4.4 Vorbemerkungen zur Rekonstruktion . . . 53

4.5 Rekonstruktion der ursprünglichen Bände . . . 55

5 Wasserzeichen und Papiere 65 5.1 Einleitung . . . 65

5.2 Bedeutung der Wasserzeichen im Codex Destailleur D . . . 66

5.3 Literatur . . . 67

5.4 Übersicht über die Wasserzeichen . . . 68

5.5 Tabellarische Übersicht über die Papiere . . . 83

5.6 Zusammenfassung . . . 84

6 Die Zeichner 85 6.1 AD = Anonymus Destailleur (Hauptzeichner) . . . 86

6.2 KdAD = Kopist des Anonymus Destailleur . . . 87

6.3 MdAD = Mitarbeiter des Anonymus Destailleur . . . 88

6.4 B = `Bleistiftzeichner' . . . 89

6.5 C = unbekannter französischer Zeichner (Bl. 63) . . . 90

6.6 D = zweiter Zeichner (Bl. 95; Bl. 109) . . . 90

6.7 E = zweiter Zeichner (Bl. 50r) . . . 91

6.8 F = weiterer Zeichner (Bl. 43r) . . . 91

6.9 Mögliche Ergänzungen . . . 91

6.10 Zum Verhältnis der Zeichner untereinander . . . 92

7 Zur Identität des Anonymus Destailleur 97 7.1 Hugues Sambin . . . 98

7.2 Jacob[us] Bos . . . 98

7.3 Jean Bullant . . . 100

7.4 Philibert de L'Orme . . . 102

7.5 Jean Goujon . . . 103

7.6 Jacques Androuet duCerceau d. Ä. . . 103

7.7 Guillaume Philandrier . . . 103

7.8 Étienne Dupérac . . . 104

7.9 Skizzenbücher im Metropolitan Museum of Art, New York . . . 104

7.10 Codex Destailleur A (OS 109) der Kunstbibliothek Berlin . . . 105

7.11 Vorläuge Charakteristik des Anonymus Destailleur . . . 105

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INHALTSVERZEICHNIS 13

8 Darstellungstechniken 107

8.1 Vorritzungen . . . 107

8.2 Vorzeichnungen . . . 108

8.3 Gebrauch von Lineal und Zirkel . . . 108

8.4 Lavierungen . . . 108

8.5 Schrauren . . . 109

8.6 Grundriss Aufriss Schnitt . . . 109

8.7 Zentral- und Orthogonalperspektive . . . 109

8.8 `Gebälkperspektive' . . . 110

8.9 Maÿstäblichkeit und Proportionalität . . . 111

8.10 Zusammenfassung . . . 111

9 Maÿgrundlagen 113 9.1 Verwendete Maÿsysteme . . . 113

9.2 Französischer bzw. Pariser Fuÿ mit p = 32,48 cm . . . 114

9.3 Palmo romano: p = 22,34 cm ±0,1 cm . . . 114

9.4 Palmo del modello (1/30 palmo romano ): p = 0,745 cm . . . 115

9.5 `Renaissancefuÿ' bzw. `Wiener Fuÿ' mit p = 31,61 cm . . . 116

9.6 Das antike römische Fuÿmaÿ . . . 116

10 Die Accademia della Virtù 119 10.1 Das Accademia-Projekt im Programm Tolomeis . . . 119

10.2 Arbeitsergebnisse der Accademia . . . 120

10.3 Mögliche Vorlagen oder Kopien . . . 125

III Sangallos St.-Peter-Projekt 129

11 Literaturübersicht 131 11.1 Giorgio Vasari: Vita Antonios da Sangallo d. J. . . 131

11.2 Heinrich von Geymüller . . . 132

11.3 Karl Frey (19101916): Quellenedition . . . 132

11.4 Gustavo Giovannoni (1959): Biographie Sangallos . . . 132

11.5 Christoph Luitpold Frommel (1964): Cappella Paolina . . . 133

11.6 Henry A. Millon / Craig H. Smyth (1969/1976/1994) . . . 134

11.7 S. Benedetti (1986.): Sangallos Modellprojekt . . . 135

11.8 Christof Thoenes . . . 136

11.9 Chr. L. Frommel (2000): Zum Modellprojekt . . . 137

11.10Horst Bredekamp (2000): Baugeschichte St. Peters . . . 139

12 Modell Zeichnungen Baugeschehen 141 12.1 Modell und Zeichnungen des Sangallo-Umkreises . . . 141

12.2 Modell und die Zeichnungen des Codex Destailleur D . . . 142

12.3 Modell und Baugeschehen . . . 142

13 Die Zeichnungen des Codex Destailleur D 143 13.1 Bedeutung . . . 143

13.2 Funktion . . . 151

13.3 Zur Chronologie der Zeichnungen . . . 152

14 Antikenrezeption im Modellprojekt 155 14.1 Tambourgestaltung . . . 155

14.2 Kegelgruppen . . . 157

14.3 Ionische Ordnungen . . . 157

14.4 Zusammenfassung . . . 159

(14)

14 INHALTSVERZEICHNIS

15 Bauakten der Fabbrica di San Pietro 161

15.1 Einleitung . . . 161

15.2 Quellenübersicht . . . 162

15.3 Material- und Lohnzahlungen . . . 167

15.4 Tagewerke der falegnami Labaccos Arbeitsbuch . . . 220

15.5 `Guielmo franciosio' in den Akten der Fabbrica . . . 262

16 Zum Nachwirken des Modellprojekts 267 16.1 Escorial: San Lorenzo el Real . . . 267

16.2 Paris: St. Denis: Grablege der Valois von Primaticcio . . . 267

IV Zusammenfassung und Ausblick 269

17 Zusammenfassung 271 18 Ausblick: Datenbank-Projekte 273 18.1 Katalog der Codex-Destailleur-D-Gruppe . . . 273

18.2 Datenbanken-Gruppe zu St. Peter . . . 274

Bibliographische Abkürzungen und Literaturverzeichnis 291

Tabellarischer Lebenslauf 320

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Teil I

Einleitung und Thesen

15

(16)
(17)

Kapitel 1

Einleitung

Die Beschäftigung mit dem letzten Projekt Antonio da Sangallos des Jüngeren für den Neubau von Sankt Peter wurde angeregt durch die Präsentation des dazugehörigen Modells in den Ausstel- lungen Renaissance The Representation of Architecture From Brunelleschi to Michelangelo im Palazzo Grassi, Venedig, sowie deren veränderte Wiederholung unter dem Titel Architektur- modelle der Renaissance im Alten Museum, Berlin, die der Verfasser im März 1994 in Venedig sowie ab Herbst 1995 in Berlin mehrfach besuchen konnte. Ein Seminar bei Prof. Horst Bredekamp bot Anregung und Gelegenheit, sich im Rahmen eines Referats und einer schnell im Umfang wachsenden Hausarbeit intensiver mit Sangallos Modell zu beschäftigen.1

Der Kontakt mit Prof. Christof Thoenes und seine ermunternde Kritik an der Hausarbeit führ- ten zu dem Entschluss, das Modellprojekt Sangallos im Rahmen einer Dissertation bei Prof. Wolf- gang Wolters genauer zu untersuchen. Als Ansatzpunkt erschienen die bisher nur von Thoenes erstmalig für die Kataloge dieser Ausstellungen genauer untersuchten Blätter des Berliner Codex Destailleur D (HDZ 4151)2 geeignet, in denen das Projekt Sangallos minutiös dargestellt ist: Ihr immenser Informationsgehalt versprach nicht nur eine erhebliche Erweiterung des Wissens über das bis dato gröÿte nachantike Bauprojekt sowie seine Bau- und Planungsgeschichte in einer von der bisherigen Forschung eher vernachlässigten Phase, sondern auch Einblicke in die Arbeit des vielleicht ersten, nach modernen Prinzipien arbeitenden `Architekturbüros'. Daneben lieÿ sich er- warten, dass die durch die Zeichnungen gegebene Möglichkeit zur genaueren Untersuchung des Sangallo-Projekts zu dessen Verständnis und `Rehabilitierung' beitragen konnte. Denn obwohl sicherlich kaum ein Bauvorhaben in der europäischen Neuzeit so gut dokumentiert ist wie die- ses, blieb es in der Architekturgeschichtsschreibung nahezu unbeachtet, was sich weniger darauf zurückführen lässt, dass es nicht bzw. nur in Teilen realisiert und kurz nach dem Tod des Archi- tekten durch seinen Nachfolger Michelangelo Buonarroti wieder weitest gehend zerstört wurde, sondern vor allem in der auf eben diesen Nachfolger zurückgehenden also sicherlich alles andere als unparteiischen ästhetischen Verdammung gründet.

Im Laufe der bisherigen Bearbeitungszeit wuchs das Thema allerdings schnell in unterschied- lichste Richtungen: So wurde schon bald klar, dass ein Verständnis der Zeichnungen nicht nur eine intensive Auseinandersetzung mit dem Modell selbst, sondern ebenso mit den bisher weit gehend unpublizierten zeitgenössischen Bauunterlagen aus dem Archivio storico der Reverendissima Fab- brica di San Pietro erfordern würde. Dabei erwiesen sich die Beschränkungen beim Zugang zu dem Modell in einem der sogenannten Ottagoni von St. Peter aufgrund der Baumaÿnahmen in Vorbereitung des Jubeljahres 2000 sowie während desselben leider als ebenso hinderlich, wie die Funde in den Akten der Fabbrica als bedeutsam und hilfreich: Aufgrund der aus den Zeichnungen abzuleitenden Charakterisierung und zu vermutenden zeitlichen Einordnung des Zeichners gelang es möglicherweise, in einem Tagewerksverzeichnis der am Modellbau beteiligten Zimmerleute ( fa- legnami ) unter Leitung von Sangallos engem Mitarbeiter Antonio Labacco eine Person als den

1Hierfür ebenso wie für fortgesetzte Unterstützung und ermunterndes Interesse am Fortgang der Arbeit bin ich Herrn Prof. Bredekamp sehr dankbar.

2In dieser Arbeit gelegentlich abgekürzt als CDD.

17

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18 KAPITEL 1. EINLEITUNG von Hermann Egger in seinem Katalog der Antikenzeichnungen in der Graphischen Sammlung Albertina, Wien3, so benannten Anonymus Destailleur , den Hauptzeichner des Codex Destailleur D, namhaft zu machen. Auch wenn dieser Name Guielmo francioso bisher keine weiteren Schlüsse zu- oder Verbindungen, besonders zu namhafteren französischen Architekten der Zeit, erkennen lässt, so steht doch zu hoen, dass die weitere Bearbeitung des Codex Destailleur D und der groÿen Zahl an Zeichnungen aus seinem Umkreis hier zu genaueren Erkenntnissen führt.

Als ein weiteres bedeutsames vorläuges Resultat kann die vorläug nur als Hypothese zu for- mulierende Erkenntnis angesehen werden, dass der gesamte Codex Destailleur D und besonders die vielen Zeichnungen mit Vermessungen antiker stadtrömischer Bauten kaum nur das Ergebnis der interessierten Arbeit eines Einzelnen bzw. einer kleinen Gruppe oder aber sogar nur eine Kom- pilation nach anderweitig bekannten Vorlagen sein können, sondern oensichtlich eine zielstrebige, umfangreiche Vermessungskampagne zur Voraussetzung hat, die Anfang der 1540er Jahre in Rom stattgefunden haben muss und daher eine Nähe zur Accademia della Virtù vermuten lässt. Denn nur von dieser sind die Absichten zu einer solchen Aktion überliefert. Sollte sich dieser Verdacht im Zuge der abschlieÿenden Katalogisierung der Zeichnungen bestätigen lassen, läge uns mit dem Codex Destailleur D und den zugehörigen Zeichnungen das Dokument für die erste, nach noch heute als modern anzusehenden Prinzipien durchgeführte und daher durchaus `archäologisch' zu nennende Forschung vor, die in der Lage zu sein scheint, das Bild vom `Studium der antiken Ar- chitektur in den Zeichnungen der Spätrenaissance'4 und damit die Frühgeschichte der klassischen Archäologie erheblich zu verändern. Eine Fortsetzung der Arbeit an den Zeichnungen erscheint daher dringend wünschenswert. Dass diese nicht von einem Einzelnen geleistet werden kann, ist ebenso aufgrund der Menge der Zeichnungen wie der Komplexität des Themas der stadtrömischen Topographie und ihrer Geschichte absehbar.

Ein weiterer, anfangs aufgrund der Veröentlichungen von Karl Frey5 erheblich in seinem Umfang unterschätzter Bereich, der eigentlich ein eigenes Forschungsprojekt erforderte, stellt die Auswertung der Bauunterlagen im Archivio storico der Reverendissima Fabbrica di San Pietro dar:

Die dort erhaltenen Informationen erlauben sowohl eine minutiöse Rekonstruktion des täglichen Baugeschehens spätestens seit dem Neubeginn der Arbeiten unter Papst Paul III. Farnese als auch eine Identizierung vieler Materiallieferungen aus Rom und damit ex negativo detaillierte Erkenntnisse über die Ausplünderung antiker Bauten für die Errichtung der neuen Basilika. Als Ironie der (Bau-)Geschichte erscheint es dabei fast, dass derselbe Zeichner, der die Caracalla - Thermen noch kurz vor ihrer weit gehenden Zerstörung in den 1540er Jahren mit einer Genauigkeit vermaÿ, die erst im 19. Jahrhundert wieder erreicht wurde, an eben dieser Zerstörung vermutlich tatkräftig als beteiligt war: Vermutlich derselbe ` Guielmo franciosio ', der kurzzeitig im Frühjahr 1545 in den Listen der falegnami bei der Herstellung des Modells erscheint und aufgrund dessen mit dem Anonymus Destailleur identiziert werden könnte, taucht danach bis Anfang 1547 in der Gruppe jener muratori der Fabbrica di San Pietro auf, die in den Caracalla-Thermen oensichtlich die Gewinnung von Baumaterial für St. Peter durch Abriss der antiken Bausubstanz betrieben!

War zu Beginn der Arbeit noch davon auszugehen, dass die Zeichnungen zu St. Peter das Projekt Sangallos in einem Stadium ungefähr zum Zeitpunkt der Fertigstellung des groÿen Holz- modells zeigen, so stellte sich zunehmend heraus, dass sie in vielen Details untereinander Abwei-

3Egger, Hermann: Kritisches Verzeichnis der Sammlung architektonischer Handzeichnungen der K. K. Hof- Bibliothek 1. Teil: Nr. 1331 = Aufnahmen der antiken Baudenkmäler aus dem XV. XVIII. Jahrhunderte.

Wien: Kaiserlich-Königliche Hof- und Staatsdruckerei, 1903 = [Egger 1903]

4Eine ausführliche Katalogisierung des Codex Destailleur D und der Zeichnungen aus seinem Umfeld sowie eine weitere Untersuchung der Entstehungszusammenhänge könnte in diesem Sinne durchaus sowohl chronologisch als auch methodengeschichtlich an Hubertus Günthers Habilitationsschrift, Das Studium der antiken Architektur in den Zeichnungen der Hochrenaissance (= [Günther 1988a]) anschlieÿen, die ausgehend vom sog. Kasseler Codex aus dem Umkreis Sebastiano Serlios die Geschichte der Antikenstudien vor allem des auf diesem Gebiet besonders aktiven Sangallo-Peruzzi-Umkreises in Rom bis ca. 1540 nachzeichnet.

5Vgl. Frey, Karl: Zur Baugeschichte des St. Peter Mitteilungen aus der Reverendissima Fabbrica di S. Pietro . In: Jahrbuch der Königlich Preuÿischen Kunstsammlungen 31 (1910) Beiheft, S. 195 = [Frey 1911];

ders.: Zur Baugeschichte des St. Peter Mitteilungen aus der Reverendissima Fabbrica di S. Pietro (Fortsetzung) . a. a. O. 33 (1913) Beiheft, S. 1153 = [Frey 1913] und

ders.: Zur Baugeschichte des St. Peter Mitteilungen aus der Reverendissima Fabbrica di San Pietro (Fortsetzung und Schluÿ). a. a. O. 37 (1916) Beiheft, S. 22136 = [Frey 1916]

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19 chungen aufweisen, welche nur als Veränderungen zwischen unterschiedlichen, wenn auch nahe beieinander liegenden Planungsstufen sinnvoll interpretiert werden können, wobei einerseits nicht ausgeschlossen werden muss, dass die Zeichnungen ungefähr zeitgleich, aber nach z. T. schon ver- alteten Vorlagen entstanden.6 Andererseits kann anhand einiger Details aber auch eine Mitarbeit des Zeichners am Planungsverfahren selbst in hohem Maÿe wahrscheinlich gemacht werden: Sollte diese allerdings nur auf Indizien basierende Hypothese hinreichend bewiesen worden sein, so wirft sie ein neues Licht auf die Arbeitsteilung innerhalb des sicherlich gröÿten und vielleicht auch bedeutendsten `Architektur-Groÿbüros' schon in der Renaissance.

Insgesamt ist die Arbeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt also nur als eine Zwischenstufe zu se- hen, von der zukünftige Arbeiten in verschiedene Richtungen auszugehen haben. Vor allem ein detaillierter Vergleich aller Quellen zum letzten St.-Peter-Projekt Sangallos, also

der Zeichnungen in den Florentiner Uzien

der Zeichnungen in Berlin, Stockholm, London, Madrid7

der Akten des Archivio storico der Reverendissima Fabbrica di San Pietro des Modells selbst

der Salamanca-Stiche

der Unterlagen der Modellrestaurierung(en) sowie bauhistorischer Untersuchungen an St. Peter selbst

könnte zwar ein nahezu erschöpfendes Wissen über dieses Projekt und damit das Bau- und Pla- nungsgeschehen an St. Peter erbringen, ist aber von einem Einzelnen kaum zu leisten und hinsicht- lich des Verhältnisses von Aufwand und Ergebnis angesichts der Nichtrealisierung des Projekts zumindest fragwürdig.

Andererseits erscheint es verlockend, ein Projekt derart detailliert zu untersuchen, das zweifellos nicht nur das gröÿte der Renaissance ist, welches ein solch ausgereiftes Planungsstadium und sogar seine teilweise Realisierung erreichte, sondern zugleich aufgrund der Materialfülle das mit Abstand am besten dokumentierte Projekt überhaupt darstellt. Somit kann seine Erforschung über den Wissensgewinn zum aktuellen Bauwerk selbst Wichtiges zu einer Architekturgeschichtsschreibung, verstanden auch als einer Geschichte der Methoden und Techniken der Architektur, beitragen.

6Dass es sich durchweg um Fehler und Irrtümer des Zeichners handelt, kann natürlich trotz allem nicht denitiv ausgeschlossen werden, ist aber als heuristischer Ansatz für die Interpretation und vor allem die Chronologie und Filiation von Architekturzeichnungen wie anderen Dokumenten wenig hilfreich und wurde hier daher nicht weiter berücksichtigt.

7Dabei ist mit der Aundung weiterer, bisher nicht identizierter Blätter zu rechnen.

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20 KAPITEL 1. EINLEITUNG

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Kapitel 2

Thesen zur Interpretation der Zeichnungen

Inhaltsangabe

2.1 Die Zeichnungen des CDD sind Originale. . . 22

2.2 Entstehungsort der meisten Zeichnungen ist Rom. . . 22

2.3 Die Entstehungszeit liegt vor 1547. . . 23

2.4 Anwesenheitsdauer des Anonymus Destailleur . . . 24

2.5 Nähe des AD zum Planungsprozess von St. Peter . . . 24

2.6 Bauausführung als Ziel der Planungen für St. Peter . . . 25

2.7 Sangallos neues Konzept der Lichtführung . . . 25

2.8 Zimmermannstätigkeit des Anonymus Destailleur . . . 26

2.9 Mögliche Identikation des Anonymus Destailleur . . . 27

2.10 Antikenstudien entstanden bis ca. 1545. . . 29

2.11 Antikenstudien entstanden im Auftrag . . . 30

2.12 Nähe des Codex zur Accademia della virtù . . . 30

Methodische Voraussetzungen

Die hier im Folgenden angenommene gröÿtmögliche Fallibilität der Thesen bzw. ihre skeptische In- fragestellung mag z. T. übertrieben erscheinen, soll aber der wissenschaftlichen Redlichkeit halber nicht zugunsten armativer Behauptungen als unrealistisch oder vollkommen abwegig `unterschla- gen' werden: Hinter solchen Formulierungen verbergen sich leider nicht zu selten Ungenauigkei- ten oder ungesicherte Annahmen. Angesichts der während der Arbeit immer wieder beobachteten Oberächlichkeit in Datierung und Zuschreibung von Zeichnungen sowie in der den Auftraggebern oder Künstlern aufgrund selbst wiederum fraglicher Zeichnungsanalysen unterstellter Intentionen, erscheint es wichtig darauf hinzuweisen, dass alle im Rahmen der Arbeit gemachten Beobachtun- gen mehrdeutig bzw. in verschiedenen und leider nicht selten gegensätzlichen Richtungen inter- pretierbar sind, die hier vorgeschlagenen Interpretationen also immer nur eine zudem gerade nicht (wie es umgangssprachlich häug irreführender Weise heiÿt) gewisse, sondern zumeist so- gar ungewisse Wahrscheinlichkeit, jedoch wohl in keinem Fall vollständige Gewissheit für sich beanspruchen können. Im Unterschied zur mathematischen Wahrscheinlichkeitstheorie 1wird hier

1Die Wahrscheinlichkeit für das Zusammentreen mehrerer Ereignisse wird deniert als das Produkt der Wahr- scheinlichkeiten für das Eintreen jedes einzelnen Ereignisses. Da diese selbst jeweils Zahlen vom Maximalwert 1 (für vollständige Gewissheit) sind, wäre demzufolge die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit einer Hypothese oder Schlussfolgerung z. B. über Enstehungsort, Entstehungzeit, Autor und Verwendungszweck einer Architekturzeich- nung ein Produkt aus Werten, die selbst jeweils kleiner als Eins sind: Die Wahrscheinlichkeit der Hypothese läge also auf jeden Fall unter der Wahrscheinlichkeit jeder Einzelvermutung.

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(22)

22 KAPITEL 2. THESEN ZUR INTERPRETATION DER ZEICHNUNGEN jedoch davon ausgegangen, dass die Wahrscheinlichkeit einzelner Interpretationen steigt, wenn diese mit bestimmten anderen eine konsistentere Verbindung ergeben als mit deren Gegensätzen.

Insofern stellen die hier vorgeschlagenen Analysen und ihre Interpretationen ein nur durch sich selbst bzw. ihre eigene Wahrscheinlichkeit und nur wenige, in der Realität (der Zeichnungen) zu ndende Indizien gestütztes Netz von Hypothesen dar, das zwar bei Wegfall einiger `Knoten' noch tragfähig sein mag, insgesamt aber jederzeit fallibel bleibt.

Im Folgenden werden die Kernthesen bzw. -hypothesen der gesamten Arbeit sowohl bezüglich des Codex Destailleur D und seines Hauptzeichners, des so genannten Anonymus Destailleur als auch bezüglich der St.-Peter-Zeichnungen und ihrer Beziehungen zu Sangallos Projekt und zur tatsächlichen Bauausführung kurz formuliert und begründet, da auf sie im Verlaufe der Arbeit immer wieder Bezug genommen werden soll.

Da die Thesen aufeinander aufbauen wäre es zwar konsequent, bei einem bestimmten Indiz jeweils alle durch es bestätigten oder unterstützten Thesen zu vermerken, darauf wurde jedoch aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet: Es ndet sich also jeweils nur das Stichwort der

`höchstwertigen' These als Randnotiz angegeben, wodurch gleichzeitig signalisiert wird, dass alle in dieser bereits vorausgesetzten Thesen ebenfalls gestützt werden.

2.1 Die Zeichnungen des CDD sind Originale.

2.1.1 These

Bei sämtlichen Zeichnungen des Codex Destailleur D und besonders natürlich denjenigen zum St.-Peter-Projekt Antonios da Sangallo des Jüngeren handelt es sich um Originale im doppelten Sinne: Sie sind zum überwiegenden Teil nicht als Kopien nach annähernd identischen Vorlagen entstanden, und sie stellen keine Fälschungen oder verfälschende Kompilationen dar.

2.1.2 Begründung

Voraussetzung nahezu der gesamten Arbeit muss natürlich die nur auf den ersten Blick triviale Annahme sein, dass es sich bei den Zeichnungen des Codex Destailleur D tatsächlich um Zeichnun- gen aus dem 16. Jahrhundert handelt und nicht um später entstandene Originale bzw. Kopien oder gar um Fälschungen noch späterer Zeit auf älterem Papier. Dass solche Fälle nachweisbar sind, er- scheint bedeutsam genug, diese Möglichkeit prinzipiell zuzulassen ausgeschlossen werden kann sie nur unter Zuhilfenahme physikalischer und chemischer Methoden, jedoch lassen sich in den Zeichnungen selbst genügend Anhaltspunkte nden, die für die Richtigkeit dieser These sprechen und m. E. nur unter Annahme erheblich komplexerer Zusatzbedingungen zu Gegenargumenten uminterpretiert werden könnten.

2.2 Entstehungsort der meisten Zeichnungen ist Rom.

2.2.1 These

Der Hauptzeichner des Codex Destailleur D war zum Zeitpunkt der Entstehung der Zeichnun- gen in Rom anwesend; es handelt sich somit nicht um später oder gleichzeitig an anderen Orten entstandene Originale oder Kopien nach römischen Vorlagen. Der Nachweis der tatsächlichen An- wesenheit des Zeichners ist wichtig zur Sicherung des Quellenwertes der Blätter und damit der aus ihrer Analyse abgeleiteten Schlussfolgerungen. Diese These gilt natürlich nur im übertragenen für jene Zeichnungen (Antikenstudien, Zeichnungen zu Bramantes Gehäuse der ` Casa Sancta ' im Dom von Loreto), deren Objekte sich nicht in Rom benden und die deshalb entweder als Kopien anzusehen sind oder auf Reisen des Zeichners entstanden sein dürften.

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2.3. DIE ENTSTEHUNGSZEIT LIEGT VOR 1547. 23

2.2.2 Begründung

Da es bisher keinesfalls als vollkommen gesichert gelten kann, dass die Blätter tatsächlich in Rom entstanden, zumal sich keine entsprechenden Aufschriften oder Datierungen unter den Beischriften des bzw. der Zeichner/s nden lassen, muss der Nachweis über Indizien geführt werden: Zum einen zählt zu diesen die Tatsache, dass nach den bisher publizierten Wasserzeichenkatalogen Rom als einziger Ort in Frage kommt, an dem die Papiere mit den im Codex Destailleur D erscheinenden Wasserzeichen während eines längeren Zeitraums im 16. Jahrhundert verfügbar gewesen sein kön- nen. Da aber die Lokalisierung und vor allem die Abbildung vergleichbarer Wasserzeichen z. B. bei Briquet2oft nicht als ausreichend angesehen werden kann, wäre eine Stützung (oder Widerlegung) dieser These vor allem von dem Wasserzeichenkatalog zu erwarten, den Heinrich Wurm für den dritten Band des `Corpus' der Sangallozeichnungen ' erstellt, welcher jedoch bisher noch nicht veröentlicht ist.3

Weitere Argumente zur Stützung der These ergeben sich aus inhaltlichen Besonderheiten der Einzelzeichnungen, auf die an entsprechender Stelle im Text verwiesen wird. Zumindest im Falle von Bl. 61r ist die Anwesenheit des Zeichners durch seine eigenen Äuÿerungen belegt, da er hier von selbst durchgeführten Vermessungen spricht: Dies schlieÿt jedoch natürlich nicht aus, dass die Zeichnungen selbst erst nachträglich auf der Grundlage von Skizzen entstanden. Ein Beispiel für ein oensichtlich nicht auf genauer, persönlicher Kenntnis des Gegenstandes beruhendes Blatt stellt Bl. 111r dar: Die vielen Ungenauigkeiten und Fehler gegenüber dem ausgeführten Kuppelfuÿ- gesims Michelangelos schlieÿen eine Autopsie durch den Zeichner weitestgehend aus und sind ein Argument für die Annahme, dass er zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Gesimses schon nicht mehr in Rom weilte bzw. zumindest keinen Zugang zur Fabbrica mehr hatte.

2.3 Die Entstehungszeit liegt vor 1547.

2.3.1 These

Die Zeichnungen des Codex Destailleur D, vor allem aber diejenigen zum St.-Peter-Projekt San- gallos, entstanden in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Herstellungsprozess des Modells, also bis spätestens einschlieÿlich 1546, oder stellen Kopien nach Vorlagen aus der Werkstatt dar nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maÿen jedoch nach dem Modell selbst.

2.3.2 Begründung

Danach hatte der Zeichner anscheinend keinen Zugang mehr zu diesen Quellen, was auf seine Abwesenheit von Rom schlieÿen lässt. Dementsprechend müssen seine Antikenstudien ebenfalls zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen gewesen sein. Sollte der Zeichner mit dem `Guielmo franciosio' in den Akten der Fabbrica identisch sein, so wäre seine Anwesenheit in Rom bis ca. Mitte 1547 nach- gewiesen, jedoch nicht länger, was sich also mit der hier als These formulierten Schlussfolgerung aus den Darstellungen seiner Zeichnungen in Übereinstimmung bringen lieÿe. Der Zeichner nimmt viele Veränderungen, die sich am St.-Peter-Projekt ergeben haben und am Modell selbst, in den Stichen Salamancas oder sogar am Bau nachweisbar sind bzw. waren, nicht mehr in seine detailreichen Blätter auf. Als Ursache hierfür könnte zwar ein geradezu schlagartig auftretendes Desinteresse angenommen werden das im schärfsten Kontrast zum vorher zu beobachtenden Interesse des Zeichners stünde und daher selbst wiederum erklärungsbedürftig wäre, wahrscheinlicher dürfte jedoch eine Abwesenheit des Zeichners vor der Fertigstellung des Modells im Herbst 1546 und der Veröentlichung der Stiche Salamancas in den folgenden Jahren sein. Weitere Argumente lieÿen sich vermutlich aus den Veränderungen der aufgenommenen antiken Bauten ableiten, die sich auf

2Vgl. [Briquet 1923]

3Als `Corpus der Sangallozeichnungen ' bzw. kurz: `Corpus' werden hier gelegentlich zusammenfassend die von Nicolas Adams und Christoph Luitpold Frommel herausgegebenen Bände der Reihe ` The Drawings of Antonio da Sangallo the Younger and His Circle ' bezeichnet. Bisher sind erschienen: [Sangallo (1994)] und [Sangallo (2000)].

Der dritte Band mit den Antikenstudien und dem Wasserzeichenkatalog steht leider noch aus.

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24 KAPITEL 2. THESEN ZUR INTERPRETATION DER ZEICHNUNGEN die Folgejahre datieren lassen: So könnte besonders ein Vergleich des in den Zeichnungen dar- gestellten Zustands der Caracalla-Thermen mit den Materiallieferungen infolge der dort 1546/47 begonnenen Abbrucharbeiten, für die sich umfangreiche Belege im Archivio storico der Fabbrica di San Pietro benden, hier sichere Indizien liefern. Diesen umfangreichen Vergleich durchzufüh- ren war bisher jedoch nicht möglich. So sprechen vor allem inhaltliche Gründe wie besonders die oben schon erwähnten deutlichen Abweichungen zwischen der Zeichnung auf Bl. 111r und dem dort weitgehend fehlerhaft dargestellten Kuppelfuÿgesims Michelangelos für eine Abwesenheit des Zeichners nach 1547.

Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit dieser These lieÿe sich in dem Umstand sehen, dass die umfangreichen Antikenstudien anscheinend keinerlei Einuss auf die im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts zunehmend Publikation von Stichen der antiken Monumente hatten sie dem- nach den Autoren dieser Stiche vermutlich unbekannt oder zumindest unzugänglich gewesen sein dürften.

2.4 Anwesenheitsdauer des Anonymus Destailleur

2.4.1 These

Die Anwesenheit des Zeichners an der Fabbrica di San Pietro lässt sich vermutlich auf einen relativ kurzen Zeitraum zwischen Frühjahr 1545 und Herbst 1546 eingrenzen.4

2.4.2 Begründung

Da der Zeichner weder die späteren leichten Veränderungen des St.-Peter-Projekts bzw. die Ab- weichnungen, die sich aus dem fertigen Modell und den Stichen Salamancas ergeben, notierte, noch die Zeit gefunden zu haben scheint, die unterschiedliche Planungszustände bzw. aus anderen Gründen einander widersprechenden Zeichnungen zu systematisieren und `korrekten' Reinzeich- nungen zusammen zu fassen, liegt die Annahme nahe, dass sich der Zeitraum seines Zugangs zu den Unterlagen der Fabbrica auf einen relativ kurzen Zeitraum eingrenzen lässt, während er zudem nicht nur mit der Anfertigung der Zeichnungen beschäftigt gewesen sein dürfte. Aufgrund des Pro- jektstandes in den Zeichnungen lassen sich hierfür die Jahre wahrscheinlich machen. Dabei wird der Beginn dieses Zeitraums dadurch bestimmt, dass der Zeichner nur Planungsstufen wiedergibt, die in engster Beziehung zum ausgeführten Modell stehen, mit dessen Bau erst im Sommer 1539 begonnen wurde. Setzt man voraus, dass das Projekt einerseits zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht vollständig ausdeniert war und sich andererseits statt dessen eine Reihe von Änderungen an diesem oder am Modell selbst hier vor allem aus herstellungstechnischen Gründen erst in den letzten Monaten ergeben zu haben scheint, als der Zeichner vermutlich nicht mehr anwe- send war, so ist aufgrund der hinsichtlich des Gesamtprojektes eher geringfügigen Abweichungen zwischen den in dem Modell und den in den Zeichnungen dokumentierten Planungsstufen sowie innerhalb dieser selbst wohl mit ausreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sie in einem relativ kurzen Zeitraum entstanden, der einen deutlich längeren für die umfassende Planung des Gesamtprojekts voraussetzt.

2.5 Nähe des AD zum Planungsprozess von St. Peter

2.5.1 These

Der Zeichner hat nicht nur Zeichnungen aus bzw. dem Umkreis der Sangallo-Werkstatt kopiert und dabei unterschiedliche Planungsstufen festgehalten, sondern war in Teilbereichen auch aktiv an der Planung für Details beteiligt.

4Wenn es sich bei dem in unterschiedlichen Akten auftauchenden ` Guielmo franciosio ' jeweils um einunddieselbe Person handeln sollte, hat sich sein Aufenthalt an der Fabbrica bis 1547 erstreckt: Allerdings wurde er dann nicht mehr im Umkreis des Baus selbst eingesetzt, sondern arbeitete in den Caracalla-Thermen.

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2.6. BAUAUSFÜHRUNG ALS ZIEL DER PLANUNGEN FÜR ST. PETER 25

2.5.2 Begründung

Deutliche Unsicherheiten in einzelnen Teilbereichen der St.-Peter-Zeichnungen, die nicht nur auf das Fehlen von Vorlagen zurückzuführen sind, sondern sich durch ihr tastendes Suchen nach De- taillösungen charakterisieren lassen, scheinen Grund genug zu der Annahme zu bieten, dass der Zeichner mit der Lösung von Teilaufgaben betraut war, die vor allem in der Abstimmung von Maÿen und Proportionen innerhalb vorgegebener Rahmenbereiche bestanden haben. Das paralle- le Festhalten verschiedener Varianten für die Lösung von architektonischen Detailproblemen lässt sich kaum als bedenkenloses Kopieren divergierender Vorlagen ansehen, da die Skizzenhaftigkeit einiger dieser Zeichnungen hier auf einen Entwurfs- und weniger einen Kopierprozess deutet. Aus dem so ebenfalls zu deutenden Erprobungscharakter der Darstellung eines Lehrgerüsts für die Einwölbung der Kreuzarme lässt sich zudem schlieÿen, dass der Zeichner an deren Konstruktion beteiligt gewesen sein könnte und also vermutlich wie auch aufgrund anderer Indizien angenom- men werden kann Zimmermann und nicht Architekt war.

2.6 Bauausführung als Ziel der Planungen für St. Peter

2.6.1 These

Die Zeichnungen St. Peter geben nicht (nur) Planungen für das Modell selbst wieder, sondern solche für den tatsächlich auszuführenden Bau und orientieren sich in den dargestellten Bereichen weitgehend an dem zur alsbaldigen Ausführung bestimmten Teilen des realen Bauwerks, also nicht nur am Fortschritt des Modells.

2.6.2 Begründung

Die Zeichnungen enthalten nicht nur viele Details, die am Modell nicht realisiert wurden und auch kaum sinnvoll realisiert werden konnten, da sie am ausgeführten Modell nicht oder nur unter teilweiser Demontage sichtbar gewesen wären, sondern in der Genauigkeit der Maÿangaben bis zu 1/24 eines palmo romano gehen sie weit über das im Modellmaÿstab von 1 : 30 Realisierbare hinaus: Entsprechende Maÿangaben von 0,31 mm [!] lieÿen sich mit den damaligen Werkzeugen im Maÿstab des palmo del modello sicherlich im Rahmen einer `Kleinserie' wie den Säulen oder Gesimsen der Ordnungen weder in Holz reproduzierbar realisieren, womit ihre Angabe in den Zeichnungen also obsolet wäre, noch auch als Zeichnungen selbst, denn die Federstrichstärke liegt in den allermeisten Zeichnungen dieser Zeit bei ca. 0,5 mm.

Da eine solche Genauigkeit sowohl in den Maÿangaben als auch in der Planung von Teilbe- reichen, deren Realisierung am Modell anscheinend nie sinnvoll vorgesehen gewesen sein kann, einerseits für die Anfertigung des Modells viel zu aufwändig erscheint, andererseits jedoch die in den eindeutig auf den realen Bau bezogenen Vermessungen, Entwurfs- und Detailzeichnungen der Uzien gebrauchten Maÿe anscheinend nie unter 1/12 palmo romano hinabreichen, liegt es nahe, in den Zeichnungen des Codex Destailleur D bzw. deren Vorlagen Planungen für die tatsächliche Bauausführung zu vermuten.

2.7 Sangallos neues Konzept der Lichtführung

2.7.1 These

Die Zeichnungen zeigen ebenso wie das Modell, dass der Innenraum des auszuführenden Baus sehr dunkel geworden wäre genau dies wurde u. a. von Michelangelo kritisiert. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Fehler oder Irrtum Sangallos, sondern wie viele Einzelheiten und Detailver- änderungen in den durch die Zeichnungen des Codex Destailleur D nachweisbaren Planungsstufen zeigen um einen oenbar bewusst herbeigeführten Zustand, der sich zwar möglicherweise aus der

`Not' der beabsichtigten statischen Stabilität des Gesamtbauwerks ergab, letztlich als ästhetische Konsequenz jedoch beabsichtigt war: Ihre Funktionalität im Zusammenhang mit der Nutzung des

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26 KAPITEL 2. THESEN ZUR INTERPRETATION DER ZEICHNUNGEN Innenraums lässt sich als Lichtregie in einem Sinne bezeichnen, wie sie erst von den Baumeister des Barock im gröÿeren Maÿstab eingesetzt wurde.5

2.7.2 Begründung

Eine Vielzahl von konstruktiven und entwerferischen Maÿnahmen Sangallos scheinen direkt dar- auf ausgerichtet gewesen zu sein, den Innenraum partiell zu verdunkeln: Verfolgt man dabei, welchen Teilen Licht entzogen und welche besonders beleuchtet werden, so kristallisiert sich ein Schema heraus, das in einer eindeutigen Hierarchisierung der Raumelemente, Blickachsen und Überschneidungen besteht, welche in der am stärksten hervorgehobenen Beleuchtung des Petrus- Grabes gipfelt: Neben den Apsiden als den Enden des von Haupt- und Querschi gebildeten griechischen Kreuzes werden durch die Fenster über den Nebeneingängen sowie die diesen axial annähernd entsprechenden groÿen Lichtönungen in den Haupttonnen die Nebenarmachsen, al- lerdings schwächer, beleuchtet. Die an ihren Kreuzungspunkten liegenden Nebenkuppeln bleiben sogar ohne eigenes Licht, obwohl eine Scheitelbeleuchtung durchaus realisierbar gewesen wäre, wie gerade aus einer Schnittdarstellung des vorliegenden Codex' deutlich wird. Auf diese Weise erhält das von den Nebenarmen gebildete, den Zentralraum umlaufende Quadrat weniger den Charak- ter eines die Endpunkte als Ruhestationen verbindenden Systems als vielmehr eine Betonung des Wegecharakters, der hier möglichen Umgangsprozessionen sicherlich entgegenkam.

Zugleich lässt dieser Teil der Lichtführung eine selbst auch nur geringfügige `Konkurrenzsi- tuation' zwischen Haupt- und Nebenkuppeln gar nicht erst aufkommen: Die Hauptkuppel und damit das unter ihr liegende Petrusgrab bleibt eindeutiges und einziges Zentrum des Gesamten- sembles. Auch nach auÿen hin treten die Nebenkuppeln ganz im Gegensatz zur Intention der von Michelangelo künstlich hervorgehobenen Aufbauten nicht in Erscheinung.

In der Hauptkuppel wiederum sind im Tambour zusätzliche Lichtschächte eingeschnitten, die das einfallende Licht direkt auf das Petrusgrab leiten: Auch wenn aufgrund der geographischen Breite kein direkter Einfall des Sonnenlichtes durch diese Schächte auf das Zentrum möglich ge- wesen wäre, so reichte das indirekt einfallende und an ihren Wänden gebrochene Licht und zwar erst vor dem Hintergrund der weitgehenden Verdunkelung des restlichen Innenraums sicherlich aus, das Petrusgrab in ein den Eintretenden hell erscheinendes Licht zu tauchen und somit dessen einzigartige Bedeutung zu betonen. Eine geschlossener Baldachin über dem Grabaltar wie derje- nige Berninis hätte diesen Eekt zunichte gemacht, und es scheint demnach kein Zufall zu sein, dass in keinem der Entwürfe für das Modellprojekt eine Kleinarchitektur über dem Altar auch nur angedeutet ist.

2.8 Zimmermannstätigkeit des Anonymus Destailleur

2.8.1 These

Der sog. Anonymus Destailleur war mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Architekt, wie aufgrund der von ihm überlieferten Architekturzeichnungen bisher angenommen wurde, sondern Zimmermann.

2.8.2 Begründung

Seine Zeichnungen lassen weder auf eine entsprechende Schulung schlieÿen, wie sie für einen Archi- tekten zu erwarten wäre, noch überwiegen in ihnen die typischen, besonders im Sangallo-Umkreis gebräuchlichen Techniken. Seine extrem genauen Vermessungen der Deckendekorationen für die Tonnengewölbe von St. Peter sowie anderer Bauten lassen eher darauf schlieÿen, dass er nicht nur ein ausgesprochenes Interesse für solche Baudetails hatte, sondern hier sogar teilweise selbst mit der Ausführung der Formen beschäftigt war, zumindest aber zu diesen und nicht nur zu den

5Dass Sangallo sich mit Problemen der Lichtführung beschäftigt hat, klingt auch in einer Äuÿerung Hubertus Günthers an, der die Experimente Antonio da Sangallos mit der Lichtführung erwähnt (vgl. [Günther 1988b, S. 237]), allerdings ohne deutlich zu machen, auf welche Bauten er sich hier möglicherweise bezieht.

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2.9. MÖGLICHE IDENTIFIKATION DES ANONYMUS DESTAILLEUR 27 Entwurfszeichnungen Zugang hatte. Aus den Unterlagen im Archivio storico der Fabbrica di San Pietro geht hervor, dass mit der Ausführung dieser Formen, die als Einschalungen auf den Lehrgerüsten befestigt wurden, die Zimmerleute aus dem Umkreis des Antonio Labacco betraut waren, welche dafür die Arbeiten am Modell unterbrechen bzw. auf die Morgen- und Nachtstun- den verlegen mussten. Auch die Beteiligung des hier mit dem Anonymus Destailleur versuchsweise identizierten `Guielmo franciosio' an der Ausführung des Modells erscheint für einen Architekten kaum denkbar, erforderte andererseits jedoch zweifellos die Kenntnisse eines Zimmermanns oder anderweitig mit der z. T. ligranen Holzbearbeitung vertrauten. Der Ausführungszeitraum zumin- dest des Ostarmgewölbes um 1545 und des Südarmes um 1546 deckt sich gut mit dem vermuteten Anwesenheitszeitraum des Anonymus Destailleur.

2.9 Mögliche Identikation des Anonymus Destailleur

2.9.1 These

Mehrere Indizien sprechen dafür, dass der von Hermann Egger mit dem Notnamen ` Anonymus Destailleur ' benannte Hauptzeichner des Codex Destailleur D mit dem in den Unterlagen der Fabbrica di San Pietro mehrfach erwähnten `Guielmo franciosio' zu identizieren, über dessen Identität sich bisher jedoch kaum weitere Aussagen machen lassen. Da er jedoch durch die im Wortsinne federführende Teilnahme an der umfangreichen Vermessungskampagne zur Aufnah- men der antiken stadtrömischen Bauten mit weiteren Aktivitäten assoziiert werden kann, dürfte über die Untersuchung dieser Kampagne und ihrer Hintergründe auch eine Klärung seiner Identität zu erwarten sein.

2.9.2 Begründung

Aus dem bisher aufgrund der Notizen in den Zeichnungen Bekannten sowie der teilweise darauf beruhenden Thesen ergibt sich folgendes Prol des Anonymus Destailleur:

• Er sprach Französisch, vermutlich als Muttersprache: Seine Mischung aus Französisch und Italienisch ist von der Forschung eindeutig als ein französisch verbrämtes Italienisch inter- pretiert worden: Eine solche `Einfärbung' des Italienischen lässt sich nur erklären, wenn man annimmt, dass das Französische die Ausgangssprache des Schreibers ist: Eine hypothetische Erklärung als eine Art `Rücksichtnahme' auf einen französischsprachigen Adressaten scheidet aus.

• Er war über einen längeren Zeitraum (vermutlich mehr als zwei Jahre) in Rom anwesend:

Diese Annahme resultiert aus einer groben Abschätzung des zur Herstellung der Zeichnungen notwendigen zeitlichen und organisatorischen Aufwands.

• Die Anwesenheit an St. Peter beschränkte sich auf vermutlich deutlich weniger als zwei Jahre:

Die Entstehungszeit der Zeichnungen (bis auf Bl. 78r/v) beschränkt sich einen Zeitraum, zu dessen Beginn die Planung des Modellprojekts in groÿen Zügen als abgeschlossen angesehen werden dürfte und der vor der eigentlichen Fertigstellung des Modells bzw. dem Ende der Arbeiten daran, denn es kann im erhaltenen Zustand trotz aller Detailgenauigkeit nicht als fertig angesehen werden im Sommer/Herbst 1546 endete.

Die Zeit, in der er Zugang zu den Planungsunterlagen hatte, dürfte nur verhältnismäÿig kurz gewesen sein, da die geringfügigen Abweichungen der dargestellten Planungsstadien untereinander dies nahe legen.

• Diese Tätigkeit lag vermutlich am Ende seines gesamten Romaufenthaltes (vgl. oben These 4: Dauer).

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28 KAPITEL 2. THESEN ZUR INTERPRETATION DER ZEICHNUNGEN

• Er hat bei den Antikenzeichnungen mit ebenfalls französischen Mitarbeitern zusammen ge- arbeitet, deren z.T. nur leicht abweichende Handschriften sich in den Blättern des Codex De- stailleur D und seines Umkreises nden: Hierzu gehören zumindest der sog. Kopist (KdAD) und der hier sog. Mitarbeiter (MdAD) des Anonymus Destailleur.

• Er war vermutlich nicht Architekt, sondern eher Zimmermann (vgl. oben These 8: Zimmer- mann).

Im Vergleich dazu lässt sich zu dem in den Akten des Archivio storico der Reverendissima Fabbrica di San Pietro genannten `Guielmo franciosio' festhalten:

• Er war aufgrund seiner Bezeichnung in den Akten oensichtlich Franzose oder zumindest französischsprachig.

• In den Akten der Fabbrica lässt er sich mit Unterbrechungen für den von Anfang 1545 bis Mitte 1547 nachweisen.

• Er arbeitete jedoch nur im Jahre 1545 einige Wochen unter der Leitung Labaccos als Zim- mermann, sein Zugang zu den Bauunterlagen dürfte sich auf diesen Zeitraum oder etwas länger erstreckt haben.

• Er erscheint danach in der ersten Jahreshälfte 1547 in der Gruppe, die in den Caracalla- Thermen tätig war, wobei besonders bemerkenswert ist, dass diese Gruppe nach seinem Verschwinden aus den Arbeitslisten noch über einen längeren Zeitraum dort tätig war.

• Er wird zumeist gemeinsam mit wechselnden anderen Franzosen genannt, mit denen er aber das auällig Merkmal gemeinsam hat, häug nicht wie alle anderen Arbeiter die gesamte wöchentliche Arbeitszeit als anwesend verzeichnet zu sein.

• Er lässt sich entsprechend seines Einsatzes und seiner Bezahlung nicht als Architekt oder Zimmermannsmeister, sondern nur als einfacher Arbeiter mit Zimmermannskenntnissen cha- rakterisieren.

Dies alles legt nahe, dass es sich bei dem `Guielmo franciosio' in den Akten der Fabbrica um den Anonymus Destailleur handelt: Nicht nur konnte bisher kein bekannterer französischsprachiger Architekt oder Stecher überzeugend mit dem Anonymus identiziert werden, sondern es erscheint auch in den Unterlagen der Fabbrica sonst niemand auf, auf den sich die oben gegebene Charak- terisierung anwenden lieÿe.

Zudem machte eine solche Identizierung des Anonymus Destailleur mit einer eher `unbedeu- tenden' Person verständlich, warum sich weder Nachrichten über seine Vermessungstätigkeit der antiken Bauten an prominenter Stelle erhalten zu haben scheinen, noch er in den Zeichnungen des engeren Sangallo-Umkreises erscheint: Als Zuarbeiter und `Gehilfe' war er oenbar zu unbedeu- tend, um entsprechende Spuren im engeren Umkreis des Leitenden Architekten zu hinterlassen, aus dem die Blätter der Uzien stammen.6

Ein unscheinbares Indiz aus den Unterlagen der Fabbrica di San Pietro könnte diese Annah- me zusätzlich stützen: In den Tagewerkslisten sowohl der Zimmerleute, die unter Labacco mit der Herstellung des Modells und der Lehrgerüste beauftragt waren, als auch der Arbeiter, die in den Caracalla-Thermen unter der Leitung von Meister Nardo, einem Verwandten Sangallos, arbeiteten, sind `Guielmo franciosio' und die mit ihm gemeinsam genannten Franzosen nahezu durchgehend mit weniger Arbeitstagen pro Woche als ihre übrigen Kollegen vertreten: Während letztere i. d. R. 6 Tage pro Woche arbeiteten, wird Guielmo oft nur an 5 Tagen, gelegentlich sogar

6Für diese lässt sich mit guten Gründen annehmen, dass sie sozusagen im privaten `Büro' oder `Studio' des Architekten entstanden und nicht in die Fabbrica oder die Zimmermannswerkstatt gelangten, wo ihre Verwendung zu entsprechendem Verschleiÿ oder vermutlich sogar Verlust geführt hätte: Tatsächlich scheinen sich aus dem Bau- zusammenhang selbst neben den Zeichnungen des Anonymus Destailleur ja keine Blätter erhalten zu haben, während sich diejenigen aus den Uzien durch ihren Entwurfscharakter oder aber die erkennbaren pentimenti als noch nicht oder nicht mehr für die Weiterverarbeitung in der Fabbrica ansehen lassen.

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2.10. ANTIKENSTUDIEN ENTSTANDEN BIS CA. 1545. 29 noch seltener verzeichnet. Es erscheint denkbar, als Ursache hierfür eine anderweitige, zusätzliche Beschäftigung anzunehmen. Im Falle sowohl St. Peters als auch der Caracalla-Thermen wäre es daher eine naheliegende Vermutung, dass Guielmo die durch die Bauarbeiten gegebenen guten Möglichkeiten zur Vermessung der Bauten oder zur Anfertigung von Kopien nach vorhandenen Zeichnungen nutzte: Im Falle der Caracalla-Thermen wäre es z. B. vorstellbar, dass der Zimmer- mann Guielmo bei der Errichtung von Gerüsten beschäftigt war, die für Teilabrisse sicherlich notwendig waren und ihm zugleich Zugang zu den höhergelegenen Bauteilen ermöglichten.

2.10 Antikenstudien entstanden bis ca. 1545.

2.10.1 These

Aus dem vermuteten Entstehungszeitraum der St.-Peter-Blätter und der Anwesenheit des Zeich- ners in Rom lässt sich schlussfolgern, dass die St.-Peter-Zeichnungen gegen Ende seines Aufent- haltes entstanden bzw. er nach deren Fertigstellung keine Gelegenheit mehr hatte, die Unterlagen der Sangallo-Werkstatt zu konsultieren. Will man kein persönliches Zerwürfnis des Zeichners mit dem Sangallo-Umkreis aber seine weitere Anwesenheit in Rom unterstellen, so bedeutet dies, dass auch die stadtrömischen Antikenzeichnungen überwiegend zuvor, also spätestens bis 1546 entstan- den sein müssen. Ausnahme hiervon könnten die Studien zu den Caracalla-Thermen sowie einige zeitgenössische Bauten wie das Julius-Grabmal Michelangelos sein.

2.10.2 Begründung

Wäre der Zeichner nach der Anfertigung der St.-Peter-Blätter noch lange genug in Rom gewesen, um die umfangreichen Bauaufnahmen der Antiken anzufertigen, so lieÿe sich kaum erklären, warum er seinen zuvor oenbar uneingeschränkten Zugang zu den Unterlagen des Sangallo-Umrkreises, und hier insbesondere der Modellwerkstatt bzw. dem Kreis der Zimmerleute, nicht weiterhin ge- nutzt haben sollte, um die Veränderungen festzuhalten, die sich gegenüber den von ihm bis dato dargestellten Planungzuständen ergeben hatten.

Darüber hinaus scheint der palmo romano ihm zuerst bei der Anfertigung der St.-Peter- Zeichnungen als Arbeitsgrundlage gedient zu haben: Einige Unbeholfenheiten in der Verwendung und `Rückfälle' in die Schreibweise der Teilmaÿe des anscheinend zuvor durchgängig von ihm verwendeten französischen Fuÿmaÿes deuten ebenso darauf hin wie die Tatsache, dass der palmo romano im Codex Destailleur D mehrfach im Maÿstab 1 : 1 abgebildet ist, was auf eine mangelnde Vertrautheit der Zeichner mit diesem Maÿ schlieÿen lassen könnte.

Damit dürften die Antikenstudien sich in die späten 1530er bzw. frühen 1540er Jahre datie- ren lassen, denn die weitgehende stilistische Einheitlichkeit schlieÿt eine sich über mehr als ein Jahrzehnt hinziehende Entstehung sicherlich aus. Der genannte Zeitraum wäre nicht nur für eine einfache Datierung der Studien und übliche historische Einordnung wichtig, sondern könnte ihnen einen geradezu einmaligen Status verleihen als Ergebnisse der vermutlich sowohl umfangreichsten als auch methodisch einheitlichsten und aufwendigsten Vermessungskampagne der Renaissance. 7

7Während die mögliche Beziehung zum Antikenprojekt der vitruvianischen Accademia della Virtù unten er- örtert wird, bleibt die Untersuchung des Verhältnisses zu den Antikenstudien Palladios einer eigenen Arbeit vor- behalten, die jedoch erst nach Wiedererönung des gegenwärtig seinen Standort wechselnden Royal Institute of British Architects und dem Studium der dortigen Palladio-Zeichnungen nach dem Herbst 2001 möglich sein wird.

Als grundlegende Hypothese kann schon jetzt formuliert werden, dass Palladios Zeichnungen trotz der vor al- lem von Heinz Spielmann beobachteten Unterschiede zu denen des Codex Destailleur D vermutlich auf dieselbe Kampagne zurückgehe und sich die genannten Abweichungen als nachträgliche `Korrekturen' Palladios und seiner Mitarbeiter interpretieren lassen, die bei der teilweise um Jahrzehnte später liegenden Erstellung der meisten der heute erhaltenen Zeichnungen aufgrund der Aufzeichnungen aus Palladios römischem Aufenthalt zu Anfang der 1540er Jahre vorgenommen wurden.

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30 KAPITEL 2. THESEN ZUR INTERPRETATION DER ZEICHNUNGEN

2.11 Antikenstudien entstanden im Auftrag

2.11.1 These

Der Codex Destailleur D entstand vermutlich nicht aus einem bloÿ eigenen Interesse des Zeichners an antiken und zeitgenössischen Bauten, sondern aufgrund eines Auftrags.

2.11.2 Begründung

Der Aufwand zur Erstellung der Zeichnungen in der vorliegenden Qualität, besonders bei der Vermessungen der antiken Bauten, lässt sich kaum auf die Initiative eines Einzelnen zurückfüh- ren, der noch dazu wenn die Identizierung des Anonymus Destailleur mit `Guielmo francioso' zutrit eher als Zuarbeiter denn als selbständig agierender Handwerker oder gar Architekt zu charakterisieren ist. Schon der zeitliche und organisatorische sowie nanzielle Aufwand für eine derartige Vermessungsaktion lassen dies unwahrscheinlich erscheinen. Eher ist in ihm jemand zu sehen, der teilweise alleine oder aber häuger als Leiter eines kleinen Vermessungstrupps mit der Ausführung der Zeichnungen beauftragt wurde. So setzen die Zeichnungen zweifellos metho- dische Überlegungen voraus, die einem Zimmermann in der Mitte des 16. Jahrhunderts wohl nicht ohne Weiteres zuzutrauen sein dürften.

Weiterhin deuten auf einen Auftraggeber einige seiner Notizen und Kommentare in den Zeich- nungen, die sich in z. T. rechtfertigendem oder aber erläuterndem Ton an eine anscheinend sozial höher stehende Auftraggeberpersönlichkeit zu wenden scheinen. Hierbei kann es sich kaum um Antonio da Sangallo d. J. selbst handeln, da weder dessen in den Florentiner Uzien erhaltene Zeichnungen für die Anfertigung der Antiken- und der St.-Peter-Blätter herangezogen wurden, noch sich in ihnen umgekehrt Spuren und Hinweise auf die Auswertung der Zeichnungen des Anonymus nden.

Die Verwendung sowohl des französischen Fuÿmaÿes als Maÿgrundlage als insbesondere auch der französischen Sprache deuten dagegen auf einen französisch(sprachig)en Auftraggeber hin. In dem genannten Zeitraum erscheint in Rom für diese Funktion Guillaume Philandrier als besonders prädestiniert: Nicht nur war er über seine Beteiligung an der Accademia della Virtù oder Vitru- viana an Antiken stark interessiert, sondern er könnte auch den Kontakt zu Sangallo bzw. seiner Werkstatt vermittelt haben, was dem Anonymus die Herstellung der St.-Peter-Zeichnungen erst ermöglichte. Auf diesem Wege lieÿe sich auch eine methodische Unterweisung des Anonymus ver- muten, die ihren Niederschlag in einer Ausführung der Antiken- wie der St.-Peter-Zeichnungen gefunden hat, welche weitestgehend den damals modernsten, auf Sangallo sowie Raael und Pe- ruzzi zurückgehenden Überlegungen entsprach.

2.12 Nähe des Codex zur Accademia della virtù

2.12.1 These

Der Codex Destailleur D lässt sich möglicherweise mit dem von Claudio Tolomei überlieferten Pro- jekt der Accademia della Virtù, auch gelegentlich nach ihrem Interessenschwerpunkt als Accademia Vitruviana bezeichnet, identizieren.

2.12.2 Begründung

Es wäre kaum vorstellbar, dass eine umfangreichere Vermessungaktion antiker Bauten sowie die Aufnahme wichtiger zeitgenössischer Projekte, die zudem überwiegend vom führenden römischen Architekten der Zeit stammten, durch einen Franzosen und seine Mitarbeiter in der Mitte der 1540er Jahre in Rom stattgefunden haben kann, ohne dass die Accademia della Virtù davon Kenntnis erlangt und vielleicht sogar darauf Einuss genommen haben könnte, zumal der Aus- führende zum Sangallo-Umkreis zeitweilig enge Kontakte gehabt haben muss. Eher erscheint es denkbar, dass Personen aus dem Umkreis z. B. des Guillaume Philandrier mit de r Durchführung

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