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Thermochemische Vergasung von Biomasse

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1.2010 | LANDTECHNIK

ENERGIETECHNIK

Marten Grau und Frank Tetzlaff

Thermochemische Vergasung von Biomasse

Die verstärkte Nutzung von Biomasse zur Bereitstellung von Energie und Ausgangsstoffen für die chemische Industrie wird derzeit diskutiert. Die Prozesse der thermochemischen Umset- zung spielen hierbei eine Schlüsselrolle. In diesem Beitrag werden anhand einer Versuchs- beschreibung zu einer Anlage zur thermochemischen Gasifi kation von Biomasse wichtige Kriterien der Anlagen- und Prozessführung erläutert.

Schlüsselwörter

Vergasung, Pyrolyse, Biomasse

Keywords

Gasifi cation, pyrolysis, biomass Abstract

Grau, Marten and Tetzlaff, Frank

Thermo chemical gasifi cation of biomass

Landtechnik 65 (2010), no. 1, pp. 58-61, 1 table, 2 fi gures, 4 references

The intensifi ed usage of biomass for generating energy and raw materials for chemical industry is discussed now. Hereby the processes of thermo chemical conversion play a key role.

In this contribution important criteria for process manage- ment and facility control are shown and explained through an experiment description.

Der Aufschluss kohlenstoffhaltiger Rohstoffe unter Nut- zung der thermochemischen Vergasung ist für Materialien wie Kohle oder Erdöl weitestgehend erforscht und großtechnisch im Einsatz. Für die Agrarwirtschaft ist es jedoch von Interesse, eigene Rohstoffe, primäre und sekundäre, für eine vornehmlich energetische Nutzung einzusetzen. Grund hierfür sind zum einen der Erlass des Energieeinspeisegesetzes und zum an- deren die Möglichkeit einer zusätzlichen Einnahmequelle für die Landwirtschaftsbetriebe. Häufi gster Einsatzstoff in bereits realisierten Bioenergienutzungsanlagen ist Holz. Im experi- mentellen Status ist derzeit die Verwertung von Sekundärroh-

stoffen, z. B. Festmist oder Gärrückstände aus Biogasanlagen.

Durch die Vielfalt des nutzbaren Biomassespektrums aus der Agrarwirtschaft und die unterschiedlichen Vergasungseigen- schaften der Rohstoffe ist die Adaptierung der Anlagentechno- logie zwingend erforderlich [1].

Kenngrößen und Qualitätsparameter

Für den Betrieb einer Anlage zur thermochemischen Umset- zung kohlenstoffhaltiger Rohstoffe werden zur qualitativen und quantitativen Beurteilung der Prozesseffi zienz in erster Linie zwei Kriterien herangezogen: erstens der Kaltgaswirkungsgrad und zweitens die Kohlenstoffumsetzungsrate. Durch beide Pa- rameter erhält man eine grobe Abschätzung für die Effi zienz der thermochemischen Umwandlung. Die Maximierung beider Parameter ist ein Ziel. Jedoch geben die Kennzahlen keine In- formation über die Gaszusammensetzung oder die Gasqualität.

Beispielsweise werden bei Vergasungsprozessen mit einem ho- hen Methangehalt meistens auch hohe Kaltgaswirkungsgrade erreicht. Die Kohlenstoffumsetzungsrate hingegen ist ein quan- titatives Maß für die Ausnutzung des eingesetzten Rohstoffes.

Moderne Wirbelschicht-Vergasungsanlagen arbeiten in Berei- chen größer 97 % [2].

Die Entfernung fester Partikel aus dem Rohgas des Verga- sungsprozesses ist obligatorisch. Dafür stehen verschiedene Technologien zur Verfügung, wie z. B. Zyklonabscheidung, Heißgasfi lterung, Elektro- und Gewebefi ltration und Gaswä- schen. Der Anteil fester Partikel im Rohgas ist unter anderem abhängig von der Art und Weise des Vergasungsverfahrens:

Gegenstrom-, Gleichstrom-, Flugstrom- und Wirbelschichtver- fahren. Die Partikelkonzentrationen im Rohgas können dabei von 0,1 g/Nm³ bei Gleichstromvergasern bis zu 100 g/Nm³ bei Wirbelschichtanlagen reichen [3].

Anlagenbeschreibung

Für die Durchführung der Versuche wurde die Biomassenut- zungsanlage der Universität Halle genutzt. Die Anlage ist vor- rangig für den Einsatz von Holzhackschnitzeln geeignet. Die

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Eingangsleistung des Vergasungsreaktors beträgt 200 kW.

Unter dieser Angabe ist die Menge an chemisch gebundener Energie je Zeiteinheit zu verstehen, welche bei vollständiger und verlustfreier thermochemischer Umsetzung des Rohstoffes Holz bereitgestellt werden kann. Das Verhältnis zwischen einge- tragener Energiemenge und durch das Produktgas verfügbarer chemischer Energiemenge wird durch den Kaltgaswirkungs- grad dargestellt. Unter der Verwendung anderer Einsatzstoffe kann die maximal mögliche Eingangsleistung variieren, da die Größe der Reaktionsräume und die Nennleistung der Gasauf- bereitungs- und Förderaggregate begrenzt sind. Prinzipiell ist diese Anlagenkonstruktion für viele schüttfähige biogene Ener- gieträger geeignet.

Die Anlage ist funktionell in drei Abschnitte eingeteilt:

Produktgaserzeugung,

Produktgasaufbereitung und

Produktgas- und Wärmeanwendung (

Abbildung 1).

Die thermochemische Zerlegung des Rohstoffes Holz erfolgt in einem atmosphärischen Vergaser mit stationärer Wirbel- schicht. Die Hauptreaktionszonen für die Entgasung/Pyrolyse des Holzes und die dann nachfolgende Vergasung der Pyro- lyseprodukte sind räumlich voneinander getrennt. Durch die Verwendung stufenlos regelbarer Förderschnecken sind die Verweilzeiten der Biomasse in den Reaktionszonen variier- bar. Diese Funktionalität ermöglicht auch eine Anpassung des Gaserzeugungsprozesses auf wechselnde Brennstoffeigen- schaften. Die Gasreinigung erfolgt in zwei Stufen: erst trocken in einem Zentrifugalabscheider und nachfolgend nass in einer Gaswäsche. In letzterem Anlagenteil fi ndet gleichzeitig eine weitere Produktgaskühlung statt. Das Gas kann direkt zur Stromerzeugung in einem BHKW genutzt werden. Alternativ ist eine direkte Nutzung des Produktgases in einem Wärmeer- zeuger möglich. Zur zusätzlichen Nutzung der bereitgestellten Wärme steht eine Absorptionskälteanlage bereit, um bei Bedarf

Abb. 1

Anlagenschema BENA 200 Fig. 1: Facility scheme BENA 200

Storage bin Vorratsbehälter Gasifi er Vergaser HE (Heat exchanger) Wärmeüberträger

Cyclone Zyklon

LRM (Liquid Ring Machine) Flüssigkeitsringmaschine Gas testing probe Messgasentnahme

TAB (Thermal after burning) Thermische Nachverbrennung ACM (Absorption cooling machine) Absorptionskälteanlage BHPP (Block heat and power plant) Blockheizkraftwerk Cooling tower Kühlturm

Emergency water Notwasser

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Kälte zu liefern. Die Anlage stellt eine praxistaugliche Konfi gu- ration dar, wie sie typischerweise in Landwirtschaftsbetrieben eingesetzt werden kann.

Versuchsbeschreibung

Für den Versuch wurden Holzhackschnitzel der Größe G30 ver- wendet. Die Größe des Materials beeinfl usst maßgeblich die Um- setzungsgeschwindigkeit. Für den hier vorgestellten Reaktortyp sind Einsatzstoffe mit einer mittleren Kantenlänge von 5-30 mm gut geeignet. Der Durchsatz des Rohstoffes wurde auf 38 kg/h (atro) eingestellt. Bei diesem Durchsatz und einem Heizwert von 5,1 kWh/kg entspricht dies einer Eingangsleistung von 194 kW.

Die Holzfeuchte wurde mit 28 % bestimmt. Durch die Konstruk- tion des Vergasungsreaktors ist der Einsatz dieses feuchteren Materials problemlos möglich. Die Holzhackschnitzel werden im Reaktor vor Beginn der Entgasungsreaktionen getrocknet.

Der freigesetzte Wasserdampf wird mit den Pyrolysegasen in das Wirbelbett gefördert. Der Gesamtprozess wurde in Richtung eines möglichst hohen Kohlenstoffumsetzungsgrades und einer Maximierung des Kaltgaswirkungsgrades eingestellt.

Ergebnisse

In Abbildung 2 ist der zeitliche Verlauf der Gaszusammenset- zung dargestellt. Es handelt sich hierbei um ein Schwachgas mit einem mittleren Heizwert von 5,4 MJ/Nm³ im stationären Be- reich. Der Volumenstrom des Produktgases betrug 95 Nm³/h.

Der erreichte Heizwert liegt im mittleren Bereich für Reakto- ren, welche mit Außenluft als Prozessgas arbeiten. Der niedrige Heizwert ist auf den hohen Anteil an Stickstoff im Gas zurück- zuführen. Höhere Heizwerte werden bei der Verwendung von reinem Sauerstoff oder auch Wasserdampf als Vergasungsmit- tel erreicht.

In Tabelle 1 sind die gemessenen Gesamtstaubgehalte vor und nach den Gasreinigungsstufen dargelegt. Der Vergaser weist hierbei für einen Wirbelbettreaktor einen niedrigen Par- tikelgehalt in Höhe von 3,7 g/Nm³ auf. Dieser Wert konnte auch in anderen Versuchen annähernd erreicht werden. Am einge- setzten Zyklon werden überwiegend Grobpartikel abgeschie- den. Die Abscheiderate betrug 2,55 g/Nm³.

Die nachfolgende Gaswäsche wird mit Rapsmethylester (Biodiesel) betrieben. Dort werden neben Restpartikeln und Feinstäuben auch kondensierbare Bestandteile abgeschieden.

Der Reststaubgehalt im Produktgas wurde mit 46 mg/Nm³ be- stimmt.

Neben der Ascheabscheidung an der Gasreinigung wird auch aus dem Wirbelbett ausgeglühte Asche ausgetragen. Der Zyklon stellt die Abreinigungsstufe mit dem höchsten Anteil an Asche bzw. Partikeln in Höhe von 52 % dar.

Der Einsatz des gereinigten Gases in Gasturbinen oder in Brennstoffzellen ist aufgrund des Restpartikelgehaltes nicht zu empfehlen. Hierfür wären weitere Reinigungsmaßnahmen notwendig.

Produktgaszusammensetzung Fig. 2: Product gas composition Abb. 2

Methan methane

Wasserstoff hydrogen Heizwert

heat vaule

0.0 5.0 10.0 15.0 20.0 25.0 30.0

08:30 09:30 10:30 11:30 12:30 13:30 14:30 15:30

Versuchszeit - test time Gas Konzentration [Vol.%] gas concentration

0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0

Heizwert [MJ/Nm³] heat value Kohlenmonoxid

carbon monoxide

Kohlendioxid carbon dioxide Sauerstoff

oxygen

Heizwert heat value

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Tab. 1

Gesamtstaubgehalte [mg/Nm³]

Table 1: Particle loads [mg/Nm³]

Vergaserausgang Gasifier outlet

Zyklonausgang Cyclone outlet

Ausgang Gaswäsche Gas scrubber outlet

3 700 1 150 46

Der Kaltgaswirkungsgrad betrug im Mittel des Versuches 73 %. Die Biomasse wurde mit einem Kohlenstoffumsetzungs- grad von 98 % konvertiert. Eine Verbesserung des Kaltgaswir- kungsgrades wäre durch eine weitere Auskopplung von Wärme aus dem Produktgas für den Vergasungsprozess theoretisch möglich. Die dafür zusätzlichen Wärmeübertrager würden je- doch den zu überwindenden Druckverlust im Gasstrom vergrö- ßern. Für die Gasförderung müsste durch die zusätzlichen Ein- bauten mehr Energie aufgewendet werden als man durch den verbesserten Kaltgaswirkungsgrad im Vergaser erhalten wür- de. Aus diesem Grund wird der reduzierte Kaltgaswirkungs- grad für diese kleine Anlage akzeptiert.

Schlussfolgerungen

Die thermochemische Vergasung landwirtschaftlicher Biomas- sen in kleinen Anlagen unter gutem Wirkungsgrad und sehr guter Brennstoffausnutzung ist technisch möglich. Eine dezen- trale Anwendung in Landwirtschaftsbetrieben ist denkbar [4].

Für eine Überführung in die breite Praxisanwendung sind je- doch Langzeitversuche notwendig, welche eine hohe Betriebs- verfügbarkeit der vorgestellten Vergasungstechnologie bele- gen. Des Weiteren ist die Verwendung anderer Rohstoffe außer konventionellem Holz zu untersuchen.

Literatur Bücher sind durch gekennzeichnet

Schüssler, I. et al: Schwachstellenanalyse an BHKW-Vergaseranlagen.

[1]

Abschlussbericht, TU Dresden, 2009

[2] Higman, C. and van der Burgt, M.: Gasifi cation. 2nd Edition. Elsevier Inc., 2008

[3] Kaltschmitt, M. und H. Hartmann: Energie aus Biomasse. Springer Verlag, Berlin, 2001

Grau, M.: Thermo Chemical Processes for Biomass Conversion. Procee- [4]

ding of BECOTEPS Workshop 2 “Opportunities for new business concepts with the combined non-food biomass chains under the KBBE umbrella”, Brussels, October 7-8, 2009

Autoren

Dipl. Ing. agr. Marten Grau ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Universität Halle- Wittenberg, Julius-Kühn-Str. 23, 06112 Halle,

E-Mail: marten.grau@landw.uni-halle.de

Dr.-Ing. Frank Tetzlaff ist Wissenschaftler am Forschungs- und Bera- tungszentrum für agrartechnische Systeme (FBZ AS e.V.) Halle, Julius- Kühn-Str. 23, 06112 Halle

Danksagung

Die Untersuchung ist Teil des Projektes „Phytoremediation schwermetall- belasteter Auenböden“, welches aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), Karlsruhe, fi nanziert wurde, Förderkenn- zeichen 02WT0871.

Referenzen

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