M 312/2008 BVE 29. April 2009 BVE C Motion
0807 von Allmen, Thun (SP-JUSO)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 26.11.2008
Anpassung Selbstdeklarationsformular
Antrag:
Das Selbstdeklarationsformular / Bestätigungen der Anbietenden ist wie folgt abzuändern:
Punkt 2 neu:
Sie sind verpflichtet, bei allenfalls beigezogenen Subunternehmen die unten von Ihnen eingeforderten Bestätigungen einzuverlangen und zu kontrollieren, bevor Sie einen Vertrag unterzeichnen.
Punkt 2 alt lautete, Zitat:
„Sind Sie bereit, bei allenfalls beigezogenen Subunternehmen die unten von Ihnen eingeforderten Bestätigungen einzuverlangen und zu kontrollieren, bevor Sie einen Vertrag unterzeichnen?“
Punkt 7 letzter Satz neu:
Die Nachweise dürfen nicht älter als 6 Monate sein. Anbietende mit Geschäftssitz ausserhalb der Schweiz legen analoge Bestätigungen aus Ihrem Land bei, oder unterstellen sich freiwillig einer Kontrolle indem sie die Unterlagen den zuständigen Organen zustellen.
Punkt 7 letzter Satz alt lautete, Zitat:
„Die Nachweise dürfen nicht älter als 1 Jahr sein. Anbietende mit Geschäftssitz ausserhalb der Schweiz legen analoge Bestätigungen aus Ihrem Land bei.“
Begründung:
Es ist der heutigen Zeit nicht mehr angebracht, dass Subunternehmen nicht zwingend die Nachweise wie die Erstunternehmen zu erbringen haben. Schwarzarbeit, sowie Lohn- und Sozialdumping nehmen zu und werden durch solche Bittstellerformulierungen nur noch begünstigt. Es kann auch nicht angehen, dass der Staat hier nicht seine Ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpft, indem wie in Punkt 2 neu eingebracht, die Erstunternehmen verpflichtet werden diese Beweise einzufordern. Nur so ist die Marktverzerrung weiter einzudämmen.
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Ebenfalls sind die Nachweise aufgrund meinen Umfragen bei Arbeitgebervertretern aus Paritätischen Berufskommissionen halbjährlich zu erbringen, da ein Jahr als eine viel zu grosse Zeitspanne erachtet wird. Während einem Jahr kann derart viel ändern, dass auch dies nicht mehr dem heutigen Zeit-Tempo entspricht. Auch da geht es darum, dass der Staat seine Möglichkeiten ausschöpft um den lauteren Wettbewerb zu schützen und zu stützen.
Antwort des Regierungsrates
Der Regierungsrat hat Verständnis für die Anliegen des Motionärs. Diese beziehen sich allerdings nicht auf ein offizielles Selbstdeklarationsformular des Kantons, sondern auf ein Formular, das auf der Beschaffungs-Website der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion (BVE; www.be.ch/beschaffungswesen) als Muster-Dokument für andere Beschaffungsstellen aufgeschaltet ist. Die Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (ÖBV) sieht kein offizielles Selbstdeklarationsformular vor und dem Regierungsrat ist nicht bekannt, wie viele unterschiedliche Selbstdeklarationsformulare im Kanton Bern zur Anwendung kommen. Die rund 500 bis 600 Gemeinden und anderen Beschaffungsstellen können die Formulare im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften frei gestalten.
Um dem Anliegen des Motionärs zu entsprechen, würde es deshalb nicht genügen, das Musterformular der BVE anzupassen, sondern die Verwendung eines offiziellen Formulars müsste auf Verordnungsstufe zwingend vorgeschrieben werden.
Anpassungsantrag zu Punkt 2: Sprachliche Verdeutlichung
Der Regierungsrat stimmt dem Motionär darin zu, dass Subunternehmen dieselben Arbeitsstandards einhalten müssen wie die beauftragten Erstunternehmen. Dazu bedarf es jedoch keiner Anpassung des Selbstdeklarationsformulars, da bereits Artikel 9 Absatz 2 ÖBG die Beschaffungsstellen verpflichtet, vertraglich sicherzustellen, dass alle an der Ausführung des Auftrags beteiligten Unternehmen das Selbstdeklarationsblatt wahrheitsgetreu ausgefüllt haben. Zu dieser Bestimmung gibt es im Übrigen auf der Beschaffungs-Website der BVE eine Muster-Formulierung für den Vertragstext.
Die bereits heute gesetzlich verlangte Sicherstellung durch Vertrag geht weit über die vom Motionär geforderte sprachliche Verdeutlichung auf dem Selbstdeklarationsformular hinaus. Es besteht daher bezüglich des Selbstdeklarationsformulars kein Handlungsbedarf.
Anpassungsantrag zu Punkt 7: Gültigkeitsdauer der beigelegten Nachweise
Der Regierungsrat geht ebenfalls davon aus, dass eine kürzere Gültigkeitsdauer der Nachweise grundsätzlich mehr Gewähr dafür böte, dass zwischenzeitlich keine wesentlichen Veränderungen eingetreten sind. Beste Gewähr bieten an sich Nachweise, die unmittelbar vor dem Zuschlag zu erbringen sind. Dass dies in einigen Kantonen so praktiziert wird, war dem sozialpartnerschaftlich zusammengesetzten Beirat für das öffentliche Beschaffungswesen bekannt, als er sich im Jahr 2000 für das seither im Kanton Bern angewandte Modell mit der Gültigkeitsdauer von einem Jahr entschied. Der Beirat liess sich dabei vor allem von folgenden Überlegungen leiten:
− Der Beirat ging davon aus, dass sich die meisten Firmen an die gesetzlichen Vorschriften halten. Mit den Nachweisen sollen die verhältnismässig wenigen
"schwarzen Schafe" aufgespürt werden – ohne grossen zusätzlichen administrativen Aufwand.
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− Bei mehrmals jährlich eingeforderten Nachweisen wäre der administrative Aufwand sowohl für die Unternehmen als auch für die Behörden, welche die Nachweise ausstellen, deutlich grösser als bei der als vernünftig empfundenen Jährlichkeit.
− Eine Nachweiserbringung beim Zuschlag würde den Beschaffungsprozess verlängern.
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Aufgrund dieser Überlegungen des Beirates wurde in Artikel 20 Absatz 2 ÖBV eine Gültigkeitsdauer der Nachweise von maximal einem Jahr statuiert, was sich seitdem bewährt hat. Im Übrigen hat der Grosse Rat am 7. April 2008 mit der Überweisung der Motion Sommer "Gegen die Beilageflut im öffentlichen Beschaffungswesen" (M 229/07) den Auftrag erteilt, die Menge der einzureichenden Nachweise durch die Schaffung einer Zertifizierungsstelle einzuschränken. Würde die Gültigkeitsdauer der Nachweise im Sinne der Motion auf sechs Monate verkürzt, entspräche dies einer Verdoppelung des administrativen Aufwandes für die Firmen und für die im Aufbau begriffene Zertifizierungsstelle. Dies würde dem Ziel der Motion Sommer entgegenlaufen.
Obwohl der Regierungsrat die vom Motionär konkret vorgeschlagene Lösung ablehnt, erachtet er es als wichtig, dass die Thematik weiterhin beobachtet wird, insbesondere auch im Zusammenhang mit der Neueinführung der Zertifizierungsstelle. Er ist deshalb bereit, die Motion in der abgeschwächten Form des Postulates anzunehmen.
Antrag: Annahme der Motion als Postulat
An den Grossen Rat