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Stressoren und Ressourcen an Roboterarbeitsplätzen

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Academic year: 2022

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baua: Praxis kompakt

Stressoren und Ressourcen an Roboterarbeitsplätzen

baua: Bericht kompakt

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung gewinnt die Frage an Bedeutung, wie sich die Zusam- menarbeit mit Robotern auf die menschengerechte Arbeitsgestaltung auswirkt. Eine Auswertung der Befragung „Digitalisierung und Wandel der Beschäftigung“ beleuchtet diesen Zusammenhang.

Dabei zeigen sich unterschiedliche Arbeitsbedingungen bei der Arbeit mit robotischen Systemen im Vergleich zur Arbeit mit weniger flexiblen Produktionsmaschinen. So geht die Arbeit mit Robotern mit engeren Vorgaben und weniger Handlungsspielraum für die Beschäftigten einher, aber auch mit einem tendenziell höheren Termin- bzw. Leistungsdruck.

Zunehmender Einsatz flexibler Robotersysteme in Betrieben

Die Entwicklungen der „Industrie 4.0“ verändern durch die Einführung und Verbreitung neuer Technologien die Pro- duktionsarbeit. Eine Schlüsseltechnologie stellen dabei ro- botische Systeme dar. Gemäß der Definition in ISO 8373:

2012 sind Industrieroboter „automatisch gesteuerte, pro- grammierbare Mehrzweckmanipulatoren, die in drei oder mehr Achsen programmiert werden und für den Einsatz in industriellen Automatisierungsanwendungen entwe- der fest oder mobil befestigt werden können“ (IFR, 2020;

ISO-Standard). Diese ersetzen zunehmend die etablierten hochspezialisierten Produktionsmaschinen mit einem be- grenzteren Aufgabenspektrum (Statistisches Bundesamt, Tabelle 52911).

Die Gestaltung von Arbeitsplätzen, an denen Menschen mit Robotersystemen interagieren, muss nicht nur Sicherheitsfragen durch die Kollisionsgefahr zwischen Beschäftigten und Robotern berücksichtigen, sondern auch Herausforderungen in Bezug auf eine menschenzentrier- te Arbeitsplatzgestaltung. Aufgrund der flexiblen Einsatz- möglichkeiten robotischer Systeme können zunehmend unterschiedliche Arbeitsschritte durch die Technologie übernommen werden. Durch diese veränderte Aufgaben- teilung zwischen Mensch und Maschine ergeben sich Chancen, aber auch Risiken für die Anforderungen und Ressourcen der Bedienarbeitsplätze.

Um einen Überblick zu bekommen, mit welchen ver- änderten Anforderungen und Ressourcen die Arbeit mit Robotertechnologien aktuell einhergeht, wurden die

Arbeitsbedingungen an Roboterarbeitsplätzen mit denen solcher Arbeitsplätze verglichen, die mit weniger flexiblen Produktionsmaschinen ausgestattet sind.

Die Auswertungen basieren auf der aktuellen Befragung

„Digitalisierung und Wandel der Beschäftigung (DiWaBe)“, die 2019 von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gemeinsam mit dem Bundesinsti- tut für Berufsbildung (BIBB), dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) durchgeführt wurde (siehe Arntz et al. 2020). Für die vorliegenden Aus- wertungen wurden abhängig Beschäftigte bis einschließ- lich 65 Jahren berücksichtigt, soweit sie primär mit einer industriellen stationären Maschine arbeiten (n = 757).

In der betrieblichen Industriearbeit besteht ein erheblicher Unterschied in Bezug auf die Anforderungen und Ressour- cen zwischen Arbeitsplätzen mit hohen und niedrigen Fähigkeitsanforderungen. Die Polarisierungshypothese, die aktuell diskutiert wird, besagt, dass die zunehmende Digitalisierung den Unterschied zwischen Arbeitsplätzen mit hohen und niedrigen Anforderungsniveaus weiter verstärkt, da vor allem Teilaufgaben mit mittlerer Kom- plexität zunehmend automatisiert werden. Infolge des- sen verbleiben bei den Arbeitsplätzen mit den höheren Anforderungsniveaus vor allem die komplexen Nicht- routine-Aufgaben, während an Arbeitsplätzen mit ge- ringeren Anforderungsniveaus mehr einfache Resttätig- keiten bei den Beschäftigten verbleiben. Daher wurden die Auswertungen für Arbeitsplätze mit hohen und niedrigen Anforderungsniveaus getrennt durchgeführt.

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baua: Bericht kompakt

Stressoren und Ressourcen an Roboterarbeitsplätzen 2

Mehr Vorgaben durch Roboter

Abb. 2 Arbeitsbedingungen nach Arbeitsmittel. Abfrage der Arbeitsbedingungen über die Skala „immer“, „häufig“, „manch- mal“, „selten“, „nie“. Dargestellt (proportional, 5 = immer, 1 = nie) sind der Mittelwert und die Standardabweichung. Datenbasis:

DiWaBe-Befragung 2019; nur abhängig Beschäftigte 19–65 Jahre mit weniger als 200 Fehltagen innerhalb der letzten zwölf Mona- te. Gewichtete Werte; Fallzahlen (ungewichtet): 127 < 273.

In beiden Anforderungsgruppen nehmen die Befrag- ten eine größere Entscheidungshoheit durch robotische System war, d. h. robotische Systeme geben stärker bis ins Detail die auszuführenden Arbeitsschritte für die Be- schäftigten vor, als dies von Beschäftigten an Maschinen- arbeitsplätzen wahrgenommen wird. Auch wiederholen sich Arbeitsschritte in den Tätigkeiten von Roboternutze- rinnen und -nutzern stärker als bei Personen an Maschi- nenarbeitsplätzen.

Deutlich geringer fällt auch der Handlungsspielraum aus, den Roboternutzerinnen und -nutzer bezüglich der eige- nen Arbeitsmenge erleben–also der Möglichkeit, Arbeits- pakete in Grenzen mit mehr oder weniger Aufwand zu bearbeiten, um bspw. besondere Arbeitssituationen mit zu berücksichtigen.

Bei der Facette des Handlungsspielraums, sich selbst innerhalb der Arbeitstätigkeit neue Aufgaben zu suchen und zu erschließen, zeigen sich unterschiedliche Zusam- menhänge bei den verschiedenen Anforderungsniveaus.

So berichten Beschäftigte an Roboterarbeitsplätzen mit hohen Anforderungsniveaus einen leicht höheren Spiel- raum als Beschäftigte an vergleichbaren Arbeitsplätzen mit stationären Produktionsmaschinen. Bei den niedri- gen Anforderungsniveaus ist es umgekehrt: Hier geht die Nutzung robotischer Systeme mit weniger Möglichkeiten einher, neue Aufgaben zu erschließen.

1 2 3 4 5 5 4 3 2

Handlungspielraum

Hohes

Anforderungsniveau Niedriges Anforderungsniveau

Roboter Maschinen Vorgaben Entscheidung durch

Roboter/Maschine 3,5 2,3 2,1 3,2

Repitition 3,83,7 4,04,3

Handlungsspielraum

Arbeitsmenge 2,82,4 2,02,6

Handlungsspielraum neue

Aufgaben 3,13,0 2,22,6

Unterschiedliche Anforderungen und Unterstützung bei der Arbeit mit Robotern

Abb.1 Arbeitsbedingungen nach Arbeitsmittel. Abfrage der Arbeitsbedingungen über die Skala „immer“, „häufig“, „manch- mal“, „selten“, „nie“. Dargestellt (proportional, 5 = immer, 1 = nie) sind der Mittelwert und die Standardabweichung. Datenbasis:

DiWaBe-Befragung 2019; nur abhängig Beschäftigte 19–65 Jahre mit weniger als 200 Fehltagen innerhalb der letzten zwölf Mona- te. Gewichtete Werte; Fallzahlen (ungewichtet): 127 < 273.

In Bezug auf die Anforderungen an Bediener von stati- onären Produktionsmaschinen sowie Maschinen- und Roboternutzern finden sich teilweise unterschiedliche Zusammenhänge zwischen Jobs mit hohen und niedrigen Qualifikationsanforderungen.

So berichten Beschäftigte an Arbeitsplätzen mit höheren Anforderungsniveaus, die primär mit Robotern arbeiten, eine geringere physische Belastung z. B. durch das Heben und Tragen von schweren Lasten als solche Beschäftig- te, die an stationären Produktionsmaschinen arbeiten.

Gleichzeitig geben Roboternutzer in dieser Anforderungs- gruppe ein höheres Maß an Termin- bzw. Leistungsdruck an als Maschinennutzer.

In der Gruppe der Beschäftigten an Arbeitsplätzen mit niedrigeren Anforderungsniveaus berichten Roboternut- zer dagegen in beiden Anforderungsbereichen tendenziell höhere Werte als Maschinennutzer, sowohl hinsichtlich der physischen Belastungen als auch des Termin- bzw.

Leistungsdrucks.

Im Bereich der sozialen Unterstützung zeigt sich ein einheitliches Bild über die verschiedenen Anforderungs- niveaus hinweg. Hier berichten Roboternutzerinnen und -nutzer mehr Unterstützung durch Kollegen, aber weniger Unterstützung durch Vorgesetzte und Führungskräfte ver- glichen mit Maschinennutzerinnen und -nutzern.

1 2 3 4 5 5 4 3 2

Anforderungen

Unterstützung Termin/Leistungsdruck

Physische Belastung 3,1

3,4

Unterstützung Vorgesetzte

4,1 3,6

3,2 2,3

Unterstützung Kollegen

Hohes

Anforderungsniveau Niedriges Anforderungsniveau

Roboter Maschinen

4,2 3,3 3,5

2,0 3,2

3,5

3,6

4,1 3,3

4,4

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Impressum | Herausgeber: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Friedrich-Henkel-Weg 1–25, 44149 Dortmund, Telefon: 0231 9071-2071, E-Mail: info-zentrum@baua.bund.de, Internet: www.baua.de | Autorinnen und Autoren: M. Hartwig, S. Meyer, P. Rosen, A. Tisch, S. Wischniewski, Redaktion: D. Tschernow, Gestaltung: M. Marano | Foto: MicroStockHub/iStock.com | doi: 10.21934/baua:berichtkompakt20210528 | Juni 2021

baua: Bericht kompakt

Stressoren und Ressourcen an Roboterarbeitsplätzen

Fazit

Die Verbreitung von robotischen Systemen in der Produk- tion geht mit Chancen und Risiken für eine menschen- gerechte Gestaltung von Arbeit einher, da neue Aufga- benteilungen mit Veränderungen für das Erleben der Arbeitssituation einhergehen. Die Daten zeigen dabei eine Tendenz: Beschäftigte an Roboterarbeitsplätzen berichten im Durchschnitt von engeren Vorgaben, mehr Wieder- holungen identischer Arbeitsschritte und einem geringe- ren Handlungsspielraum. Entscheidungskompetenz und Handlungsspielraum können wichtige Ressourcen dar- stellen, um Belastungsspitzen und hohe Arbeitsanforde- rungen zu bewältigen. Daher stellt die beobachtete Kom- bination aus verringertem Handlungsspielraum, hoher Repetition und eher steigendem Zeit- und Leistungsdruck eine potentiell problematische Konstellation dar, die im Übermaß und insbesondere langfristig beeinträchtigende Wirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten haben kann.

Positiv sind die Zusammenhänge von Roboternutzung mit geringeren physischen Belastungen zu bewerten. Diese beschränken sich allerdings auf Beschäftigte mit einem höheren Anforderungsniveau, die unabhängig von der Roboternutzung geringeren physischen Belastungen aus- gesetzt sind.

Für die betriebliche Ausgestaltung von Arbeitsplätzen mit robotischen Systemen ist es insgesamt im Hinblick auf die psychosozialen Faktoren wichtig, auf die Balance von Anforderungen und Ressourcen zu achten–insbesonde- re an Arbeitsplätzen mit geringen Anforderungsniveaus.

So sollte ein gewisses Maß an Handlungsspielraum bei den Beschäftigten verbleiben–vor allem bei hohem Zeit- und Leistungsdruck. Umgekehrt sollte gerade bei engen Vorgaben und geringem Handlungsspielraum der Leis- tungsdruck ein kritisches Maß nicht übersteigen, da we- nig Spielräume bei den Beschäftigten vorhanden sind, um Belastungsspitzen flexibel zu bewältigen.

Literatur

Arntz et al. (2020). Digitalisierung und Wandel der Beschäftigung (DiWaBe): Eine Datengrundlage für die interdisziplinäre Sozialpolitikforschung. Daten- report und Forschungspotenzial. ZEW-Dokumentation 20-02, Mannheim. http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/

docus/dokumentation2002.pdf

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