Physikalische Chemie I Musterl¨osung ¨Ubung 11 FS 2009
Musterl¨ osung ¨ Ubung 11
Aufgabe 1: Gleichgewichte mit Stoffen in verschiedenen Phasen
a) Die Gleichgewichtskonstanten Ka sind f¨ur die gegebenen Reaktionen:
Ka = aCaSO4(s)·(aHF(g))2
aCaF2(s)·aH2SO4(aq) (1.1)
Ka = aSiF4(g)·(aH2O(l))2
(aHF(g))4·aSiO2(s) (1.2)
Ka = (aNaF(s))2·aH2O(l)·aCO2(g)
(aHF(aq))2·aNa2CO3(s) (1.3)
Ka = (aMnO−
4(aq))2·(aPb2+(aq))3·(aH+(aq))4
(aMn4+(aq))2·(aPbO2(s))3·(aH2O(l))2 (1.4) Ka = aMn2+(aq)·aSO2−
4 (aq)·aH2(g)
aMn(s)·aH2SO4(aq) (1.5)
b) Die Aktivit¨atakeines Stoffes kann als Produkt von jeweils einem idealen Term und einem Korrekturterm (dem entsprechenden Aktivit¨atskoeffizienten γ) ausgedr¨uckt werden. F¨ur die meisten Systeme kann in guter N¨aherung γ = 1 gesetzt werden.
• F¨ur einen gasf¨ormigen (g) Stoff k gilt
ak =γk· pk p ≈ pk
p .
Die hier getroffene N¨aherung ist, dass sich die Gasmischung in dem System wie eine ideale Mischung idealer Gase verh¨alt. Diese N¨aherung ist gut, wenn ein ausreichend niedriger Druck herrscht, wenn eine ausreichend hohe Temperatur herrscht (weit ¨uber dem Siedepunkt der Stoffe in der Gasphase) und wenn die Gasmischung keine stark miteinander wechselwirkenden Teilchenarten enth¨alt.
• F¨ur einen gel¨osten (aq) Stoff k gilt
ak=γk· mk
m ≈ mk m .
Die hier getroffene N¨aherung ist, dass sich die L¨osung in dem System druckunabh¨angig und ideal verh¨alt. Diese N¨aherung ist gut f¨ur verd¨unnte L¨osungen.
• F¨ur fl¨ussige (l) und feste (s) Stoffekgiltak =γk ≈1. Die hier getroffene N¨aherung ist, dass die Aktivit¨at von Fl¨ussigkeiten nicht von der Anwesenheit eines gel¨osten Stoffes beeinflusst wird und dass ak f¨ur Fl¨ussigkeiten und Feststoffe druckunabh¨angig ist.
Diese N¨aherung ist gut, wenn gel¨oste Stoffe nur in kleinen Mengen vorkommen und wenn im Druckbereich von p bisp keine Phasen¨uberg¨ange des Stoffesk stattfinden.
1
Physikalische Chemie I Musterl¨osung ¨Ubung 11 FS 2009
Mit diesen N¨aherungen werden die obigen Ka zu:
Ka = m
(p )2 · (pHF)2
mH2SO4 (1.6)
Ka = (p )3· pSiF4
(pHF)4 (1.7)
Ka = (m )2
p · pCO2
(mHF)2 (1.8)
Ka = (m )−7· (mMnO−
4)2(mPb2+)3(mH+)4
(mMn4+)2 (1.9)
Ka = (m ·p )−1· mMn2+mSO2−
4 pH2
mH2SO4 (1.10)
c) Das Prinzip von Le Chatelier sagt, dass ein Reaktionsgleichgewicht sich bei der Aus¨ubung eines ¨ausseren Zwanges immer so verschiebt, dass es dem Zwang ausweichen sucht.
• Da bei (1.1) gasf¨ormige Substanzen erzeugt werden, verschiebt sich das Gleichgewicht nach links bei einer Druckerh¨ohung.
• Da (1.2) exotherm ist, wird entsprechen mehr Produkt erzeugt, wenn die Temperatur gesenkt wird.
• Da bei (1.3) gasf¨ormige Substanzen erzeugt werden, verschiebt sich das Gleichgewicht nach rechts bei einer Drucksenkung.
• Wenn bei (1.4) der pH-Wert gesenkt wird, so entspricht dies einer Zugabe eines Produktes (H+) und das Gleichgewicht verschiebt sich nach links, weil durch die R¨uckreaktion die H+ Konzentration wieder verringert werden kann.
• Wenn bei (1.5) ein Reagens dazugegeben wird, das mit den Mn2+ Ionen einen un- l¨oslichen Niederschlag bildet (was bedeutet, dass das Produkt Mn2+ aus dem Reakti- onsgleichgewicht entfernt wird), so verschiebt sich das Gleichgewicht nach rechts, um entsprechend Produkt nachzubilden.
Aufgabe 2: Elektrochemie
a) In der elektrochemischen Zelle findet folgende Redoxreaktion statt:
Oxidation: Mg(s) *) Mg2+(aq) + 2 e− Reduktion: Cl2(aq) + 2 e− *) 2 Cl−(aq)
Gesamtreaktion: Mg(s) + Cl2(aq) *) Mg2+(aq) + 2 Cl−(aq)
b) Die Elektromotorische Kraft ist durch Gleichung (8.18) aus dem Skript gegeben als
EMK =EMK −RT
zF lnKa.
zF ist das Produkt der Faraday-Konstante (F = 96 485.34 C/mol) mit der Anzahl Elek- tronen, die bei der Redoxreaktion transferiert werden. Die gemessenen 3.633 V entsprechen der elektromotorischen Kraft EMK.
Um die elektromotorischen Kraft bei Standardbedingungen EMK zu berechnen, brauchen wir Ka (hier ist das nicht die Gleichgewichtskonstante, sonder ein allgemeiner Reaktions- bruch der Aktivit¨aten), wobei wir unter der Annahme idealer L¨osungen und Feststoffe
2
Physikalische Chemie I Musterl¨osung ¨Ubung 11 FS 2009
(siehe auch Aufgabe 1) schreiben k¨onnen:
Ka= aMg2+(aq)a2Cl−(aq)
aMg(s)aCl2(aq) =
cMg2+
c ·c
Cl−
c
2
1· cCl2
c
= (c )−2 ·cMg2+c2Cl−
cCl2 = 4000 Damit ergibt sich eine Standard-EMK von
EMK =EMK+ RT
zF lnKa = 3.633 V + 12.846 mV·ln 4000 = 3.740 V.
c) Die Spannung dieser Batterie f¨allt ab, wenn die Konzentration von Cl2 abnimmt. Es gilt
EMK = EMK −RT zF lnKa RT
zF lnKa = EMK −EMK
Ka = exp zF(EMK−EMK) RT
!
= exp
zF(3.74 V−3 V) RT
= 1.016·1025. Wenn wir bedenken, dass nur 0.001 mol/L Cl2 vorliegen, so kann man davon ausgehen, dass die viel gr¨osseren Konzentrationen von Mg2+ und Cl− nahezu konstant bleiben, wenn wir cCl2 ein wenig ¨andern. Daher k¨onnen wir schreiben:
Ka = (c )−2· ceqMg2+(ceqCl−)2 ceqCl
2
≈(c )−2· c0Mg2+(c0Cl−)2 ceqCl
2
= (1 mol/L)−2·4 mol/L·(1 mol/L)2 ceqCl
2
Auf diese Weisen bekommt man ceqCl2 = 3.937 ·10−25mol/L. Das ist ungef¨ahr noch ein Chlormolek¨ul in 4 L Fl¨ussigkeit. Der Spannungsabfall bei einer Batterie ist also sehr gering, auch wenn Sie schon beinahe verbraucht ist.
d) Der Zusammenhang zwischen elektromotorischer Kraft und der Gibbs-Energie ist der fol- gende:
∆rG =−z F EMK =−2·96 485.34 C/mol·3.74 V =−721.7 kJ/mol
Das ist ¨uber 100 kJ/mol mehr als die Standardbildungs-Gibbs-Energie. Die Werte sind unterschiedlich, weil die Bildungsenergien von Substanzen im Referenzzustand (also festem Mg, MgCl2 und gasf¨ormigem Chlor) ausgehen. Dass ∆rG noch mehr auf der Produktseite liegt, bedeutet, dass gel¨ostes MgCl2 deutlich stabiler ist als festes MgCl2.
e) Im besten Fall gewinnen wir aus elektrochemischen Prozessen gerade jene Arbeitsmenge, die |∆rG | entspricht, alsoWel = 721.7 kJ/mol.
Ein Carnot-Prozess zwischen den Temperaturen 300 K und 800 K besitzt einen maximalen Wirkungsgrad von η = 0.625. Mit der Verbrennungsw¨arme Qw = |∆fH(800K) | ergibt sich eine Arbeit von
η = |Wvol|
|Qw| |Wvol|=η|Qw|= 0.625·634.25 kJ/mol = 396.4 kJ/mol, also deutlich weniger als in einer elektrochemischen Zelle.
Aufgabe 3: Reaktionsthermodynamik
3
Physikalische Chemie I Musterl¨osung ¨Ubung 11 FS 2009
a) Dieses Gleichungssystem besteht aus drei linear unabh¨angigen Reaktionen. Es gilt bei- spielsweise:
(r4) = 12[(r1) + (r2)−(r3)] Kr4 = q
Kr1Kr2
Kr3
(r5) = 12[(r1)−(r2) + (r3)] Kr5 = q
Kr1Kr3
Kr2
(r6) = 12[(r1)−(r2)−(r3)] Kr6 = q
Kr1
Kr2Kr3
Somit ist es also m¨oglich, Gr¨ossen wie ∆rH , ∆rS oder ∆rG f¨ur Reaktionen (r4)- (r6) aus Linearkombinationen von (r1)-(r3) gem¨ass der linken Spalte zu erhalten. F¨ur Gleichgewichtskonstanten gelten die Beziehungen der rechten Spalte.
b) Mit dem Satz von Hess findet man folgende Werte bei 300 K:
Gr¨osse (r1) (r2) (r3) (r4) (r5) (r6)
∆rH /(kJ/mol) -545.10 158.80 436.00 -411.15 -133.95 -569.95
∆rS /(J K−1mol−1) 14.08 114.80 158.84 -14.98 29.06 -129.78
∆rG /(kJ/mol) -549.32 124.36 388.35 -406.66 -142.67 -531.02 Kp 4.4·1095 2.2·10−22 2.4·10−68 6.4·1070 6.9·1024 2.9·1092 c) Die Gr¨ossen ∆rG (300 K) und Kp(300 K) erh¨alt man mit folgenden beiden Gleichungen:
∆rG = ∆rH −T∆rS Kp = exp −∆rG RT
!
d) Da die W¨armekapazit¨aten cp der Stoffe bekannt sind, gilt:
Q1 =
Edukte
X cp·∆T = [cp(F•) +cp(H•)] ∆T = [cp(F•) +cp(H•)] (Tk−Th) = −30.47 kJ/mol Q2 = ∆r6H =−569.95 kJ/mol
Q3 =
Produkte
X cp·∆T =cp(HF)∆T =cp(HF)(Th−Tk) = 20.40 kJ/mol
e) Wir befinden uns in einem thermodynamischen Zyklus. Da H eine Zustandsfunktion ist, spielt der Weg, auf dem wir vom Anfangs- zum Endzustand gehen, keine Rolle. Deshalb ist die Reaktionsw¨arme ∆r6H (1000 K), die auf direktem Weg gemessen wird, exakt dieselbe wie wenn wir einen Umweg nehmen und zuerst die Edukte auf 300 K herunterk¨uhlen, die Reaktion durchf¨uhren und anschliessend die Produkte wieder auf 1000 K aufheizen, was netto der W¨armemenge Q4 entspricht. Diese Tatsache ist auch als Kirchhoff ’sches Gesetz bekannt.
∆r6H (1000 K) = Q4 =Q1+Q2+Q3
= ∆r6H (300 K) +X
i
νicp,i∆T
= ∆r6H (300 K) + ∆r6cp∆T
= −580.02 kJ/mol
Wir gehen dabei von der Annahme aus, dass alle cp temperaturunabh¨angig sind. Ausser- dem nehmen wir an, dass die Reaktion (r6) vollst¨andig abl¨auft, was angesichts der stark exothermen Reaktionsenthalpie sicher der Fall sein wird.
4