• Keine Ergebnisse gefunden

Verkehr der Studierenden

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Verkehr der Studierenden "

Copied!
17
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

ü b e r

d e n g e s e l l i g e n

Verkehr der Studierenden

m i t d e n

gebildeten Ständen, .

g e h a l t e n

bei dem feierlichen Rectoratswechsel

am 15. S e p t e m b e r 1814

i m grossen Hörsaale d e r Kaiserl. Universität z u Dorpat

B IB l- IO I lt D , M , S t y A i » i

P r o f e s s o r . X

D o r p a t ,

Lei M, G. G r e n z i u s , UinVers. Buchdrucker.

(2)

a c h e i n e t wichtigen und beschwerli­

chen R e i s e , erinnert man sich utn so ö f t e r e r u n d lebhafter d e r a n g e n e h m e n u n d widrigen Vorfälle, je l e h r r e i c h e r sie f ü r d i e Zukunft s i n d . I n einem s e h r ähnlichen Falle befand ich m i c h , als i c h das Rectorat Seiner Magnificenz, meinem hochverehrten H e r r n Nachfolger, abtrat.

O f t denke ich d e n Erfahrungen nach, welche ich auf d e r schwierigen Laufbahn, d i e ich im Vorigen J a h r e betreten muss­

t e , zu sammeln Gelegenheit hatte. So manche Gegenstände lernte ich näher, vielseitiger und lebendiger k e n n e n , als sie gemeinhin d e r todte Buchstabe dar- stellt. Bleibend und e r h e b e n d ist m i r das A n d e n k e n a n diese L a u f b a h n , da ich so viel Gutes u n t e r so vielen Schwie­

(3)

rigkeiten dennoch gedeihen sah. Sie zeigte mir so manches Schöne u n d W a h r e , ent­

wölkt von allem N e b e l des I r r t h u m s u n d Vorurtheils, so manches E d l e , frei u n d rein von Selbstsucht u n d Dünkel ; a b e r auch d e n Kampf der Veredlung unter d e m Joche d e r Sinnlichkeit, d e n Kampf d e r Sinnlichkeit mit d e r V e r n u n f t , so wie d e n des Gewissens mit d e m Temperament- und d e r Leidenschaft. Sie lehrte mich so manche Hindernisse k e n n e n , welche d e r Kultur im F e l d e d e r Wissenschaften ent­

gegenstehen , und noch lange nicht genug beachtet sind.

I c h hoffe demnach keine gleichgül­

tige Unterhaltung z u w ä h l e n , wenn ich v o n einem Bedürfnisse h ö h e r e r Lehran­

stalten r e d e , das auf d e n meisten U n i ­ versitäten bisher nicht befriedigt wurde.

E s eignet sich schon dadurch z u r öffentli­

chen Mittheilung, da e s nicht blos denje­

nigen interessirt, d e r im Gebiete des Wis­

sens würken und bilden s o l l , sondern je­

d e n , d e r an d e r guten Sache A n t h e i l n i m m t , u n d von Gemeingeist beseelt ist.

Zwar bietet die h o h e F e i e r des Tages,

(4)

d e r d e r Scheitel unseres g l o r r e i c h e n M o n a r c h e n d i e K r o n e aufsezte, d i e E r mit unsterblichen Verdiensten um d i e W e l t geschmückt hat, einen reichern Stof d a r , wenn ich die Empfindungen auszu­

sprechen wagte , v o n welchen heute s e i n e glücklichen Unterthanen erfüllt s i n d ; al­

lein d e r erhabene Gegenstand macht e s m i r , b e i d e m M i s s t r a u e n , d a s i c h i n meine Kräfte sezze, z u r Pflicht, i h n geüb­

t e m T a l e n t e n u n d einem glücklichern R e d ­ n e r zu überlassen; damit ich n i c h t , d u r c h unvollkommne Umrisse, das grosse G e - m i i l d e v e r z e i c h n e ; d a m i t d e r h e i f s g e ­ l i e b t e V a t e r R u f s l a n d s , d e r S c h u z « g e i s t d e r M e n s c h h e i t , würdiger ver­

herrlicht w e r d e * ) .

E s sey m i r also e r l a u b t , b e i d e n e r ­ wähnten I d e e n z u v e r w e i l e n , d i e a u c h o h n e Rednerschwung d e r Bemerkung nicht unwerth s i n d , da sie d i e intellectuelle u n d moralische Bildung bezwekken.

* ) Der gleich nach mir auftretende trefliche Redner S. Magnif. der Ferr Rector, hatte diesen Gegenstand zum Thema seiner Rede gewählt.

(5)

E i n s e h r wesentliches Bedürfniss d e r meisten Universitäten > das bisher nicht a u s dem grossen Gesichtspuncte betrachtet w u r d e , aus d e m e s , seiner Natur nach, hätte geschehen müssen , ist ein richtiges, besser, als bis jezt organislrtes Verhältnifs d e r Studierenden, in Hinsicht des gesel­

ligen Verkehrs mit d e n gebildeten Stän­

d e n . Sie leben z u abgesondert von d e n übrigen Staatsbürgern. W i e nachtheilig dieses Verhältnifs sey, wird schon dadurch einleuchtend, wenn man bedenkt, w i e s e h r e s von aller W e l t - u n d Menschenkennt­

nis« und Selbstkenntniss entblösst, u n d d e n h o h e n Beruf des Gelehrten erwägt, dass v o n ihm alle Kultur, wie v o n d e n Strah­

l e n d e s L i c h t s , sich überall verbreiten soll. W a s d e r Akkerbau d e r E r d e ist, sind d i e Wissenschaften d e m M e n s c h e n ; sie können n u r dann segenreiche F r ü c h t e b r i n g e n , w e n n alle Einflüsse auf s i e , auf i h r G e d e i h e n einwürken. Nichts in d e r ganzen N a t u r ist isolirt; A l l e s steht i n Verhältnissen; Alles i n nahen und fernen V e r b i n d u n g e n . E s liegt in ihren Gesez- z e n , wechselseitig auf unsere U m g e b u n -

(6)

7

bungen zu würken. W i r sollen e b e n da­

durch d e n Genufs d e s L e b e n s fühlen, u n d unsere Bestimmung schazzen Jemen. U n ­ s e r e Umgebungen können uns daher, nach d e m Maafse ihrer E i n w ü r k u n g e n , entwe­

d e r vervollkommenen, o d e r verderblich werden. D e r Studierende bedarf zwar e i ­ n e r gewissen Enthaltsamkeit v o n dein z u häufigen Geräusch des geselligen L e b e n s , u m ungestört u n d kräftig, mit ruhigem S i n n e , seinen h ö h e r e n Geistesthätigkeiten z u inhaeriren; a b e r e r darf auch kein iso- lirtes L e b e n f ü h r e n , w e n n wahre Kultur, seiner Bestimmung gemäss, das Ziel sei- nes Strebens seyn soll. E b e n so natürlich ist e s , dass e r , wie jedes A l t e r , wie jeder S t a n d , sich vorzugsweise, zu d e m Seini­

gen h ä l t ; a b e r es ist desfaJls nicht weniger nothwendig, mit jedem A l t e r , mit jeder Menschenclasse Umgang zu pflegen. E r s t d i e s e r U m g a n g erhebt uns auf d e n höchsten Staudpunct, v o n welchem wir d e n hell­

sten Blick, die weiteste Umsicht erhalten, v o n welchem d i e schimmernden T a u - schungen i n d e n Erscheinungen schwin­

d e n , u n d d e r ächte Glanz d e r W a h r h e i t

(7)

u n d Lebensweisheit h e r v o r g e h t ; auf e i n e n Standpunct, von welchem wir den M e n ­ s c h e n im M e n s c h e n , von welchem wir u n s selbst vielseitiger kennen l e r n e n , v o n d e m alle unsere Bemühungen f ü r d i e Zu­

kunft zum W ü r k e n und Schaffen ausgehen müssen. J e weiter hingegen wir uns v o n diesem h o h e n Standpuncte e n t f e r n e n , je tiefer wir i n das einförmige L e b e n herab- s i n k e n , um so mehr ist diese Einförmig«

keit d e r Entwiklung unseren Anlagen u n d Kräfte e n t g e g e n ; um so weniger werden wir das Z i e l dieses Strebens erreichen.

D e r Mensch erschlafft unter jeder Einför­

migkeit d e r Eindrükke. Vergebens wird m a n , bei einem solchen M e n s c h e n , auf h o h e Thätigkeit, auf wahre E n e r g i e des Geistes u n d Characters, selbst d e r physi­

schen Kralte Anspruch machen können.

D e r Organismus wird z u einem Uhrwerke herabgestimmt, d e r in abgemessener A u f ­ einanderfolge, e i n e bestimmte A n z a h l von Thätigkeiten vollzieht, u n d hierauf weiter keine h ö h e r e A n s p r ü c h e an sich machen lässt. D e r Verstand wird beschränkt und kurzsichtig, das U r t h e i l schief u n d ein-

(8)

9

seitiff, u n d unsere Seelen vermögen v e r ­ fallen in L e t h a r g i e , weil sie immer n u r an einförmigen Gegenständen u n d auf ei­

nerlei Weise geübt werden. W i r werden schwach, selbstsüchtig, engherzig und par­

t e i i s c h , indem wir uns gewöhnen, u n s n u r unserem alltaglichen Interesse zu überlas­

s e n . W i r gerathen endlich in Widerspruch mit uns selbst, und erfüllen nicht allePflich- ten, welche wir d e m Staate als Staatsbürger schuldig sind. Mannigfaltigkeit d e r V e r ­ hältnisse h i n g e g e n , Mannigfaltigkeit d e r U m g e b u n g e n , d e r Reizze d i e auf u n s w ü r k e n , bewürkt auch rnanichsaitige U e ­ b u n g und Vollkommenheit. D i e A b w e c h ­ selung d e r Gegenstände, welche dabei statt findet, unterhält unsere Kräfte, u n d verhütet die Schwäche, welche durch ein­

förmige Reizze erfolgt. W e n n wir daher»

einige Z e i t , unsere Denkkraft angestrengt h a b e n : s o wird erhöhte Thätigkeit der.

Phantasie in ihrem freien, regsamen Spiele f ü r uns e i n e genussrciche E r h o l u n g , i n d e r w i r , zu n e u e n Uebungen des V e r ­ standes n e u e Kräfte aammlen. Des wahre, vollkommene L e b e n beruht auf einer rieh-

(9)

tigen Abwechselung d e r Thätigkeiten, u n d e i n e r w e i s e n , allseitigen harmonischen U e b u n g derKräfte. Daher Menschen, d i e i n vielfältigen Verhältnissen standen u n d ein vielseitiges L e b e n f ü h r t e n , auch in vie­

l e r Rüksicht d i e gebildesten, d i e vollkom­

mensten s i n d , welche d i e Handlungen an­

d e r e r am richtigsten zu würdigen wis­

s e n ; hingegen d i e j e n i g e n , welche einför­

mig l e b t e n , Alles o h n e U m s i c h t , aus ih­

r e r engen S p h ä r e , einseitig und unrich­

tig beurtheilen. Daher auch Reisen, d u r c h die Verschiedenheit d e r auf uns würken- d e n U m g e b u n g e n , ausschliesslich auf d e n G e i s t , so aufklärend und wohlthätig wür­

ken. — So ist auch d e r abwechselnde gesellige V e r k e h r nicht minder lehrreich, für d e n denkenden M e n s c h e n . J e d e r n e u e Gegenstand veranlasst uns , unser Denkvermögen zu schärfen , und führt z u Resultaten, d i e höchst wichtig sind.

I s t d e r gesellige Verkehr mit d e n gebildeten S t ä n d e n , lebendig u n d auf d e n rechten T o n gestimmt, so würkt e r ganz vorzüglich auf unsere S i t t e n , u n d auf das, was f ü r anständig g i l t ; d e n n i n d e m wir

(10)

l 1

i n den äusseren freien H a n d l u n g e n , u n ­ serer Natur n a c h , immer mit d e n e n , mit welchen wir Umgang pflegen , z u r U e b e r ­ einstimmung geneigt s i n d , n e h m e n wir auch unmerklich i h r e Sitten u n d i h r e Denkungsart a n , d i e eben so unmerklich unsern Charactcr bilden. Unsere Sitten sind d e r Ausdruk unserer inneren Sittlich­

keit, das sittliche Rewufstseyn muss d e m ­ nach dadurch auch klarer, und unsere in­

n e r e Sittlichkeit auch reiner werden. E s ist daher seelenerquikkend für den isolir- ten F r e m d l i n g , die freundschaftliche H a n d eines Mannes von Geist und H e r z zu fin­

d e n , die ihn i n einer unbekannten W e l t leitet, und zum geselligen Vergnügen d e n Eingang öffnet.

E s ist für jedes A l t e r nachtheilig, w e n n e i n e bestimmte Absonderung statt findet, wie es noch in unsern Zeiten i n d e r Schweiz, besonders in Bern, geschah, wo fast jedes Stufenjahr seinen eigenen angewiesenen gesellschaftlichen Cirkel hat­

te. D i e Nachtheile sind unausbleiblich.

D e r T o n d e r jüngeren W e l t wird unsittli­

c h e r , da viele gute E i n d r ü k k e , die i h r ge-

(11)

(leiblich seyn w ü r d e n , verloren g e h e n ; d e r Character wird partheiisch, da sie n u r i n ihren Commilitonen T h e i l n a h m e u n d Freundschaft erblikken, u n d in älteren P e r s o n e n oft n u r i h r e s t r e n g e n , mitunter leidenschaftlichen, ungerechten Richter gewahr werden. D e r Character älterer Menschen wird nicht weniger fehlerhaft, e r wird ebenfalls selbstsüchtig u n d uner­

träglich. da es i h n e n zur Gewohnheit wird, n u r diejenigen zu d u l d e n , die mit i h n e n alles gemeinschaftlich fühlen, und gemein­

schaftliche Sache machen. Bei solchen Verhältnissen ist a n keinen Gemeingeist, a n kein Gemeinwohl, a n keine wahre Kul­

t u r , a n kein Forischreiten z u r Wahrheit—•

z u diesem Heiligthume d e r Menschheit, z u denken. W e n n bejahrte P e r s o n e n auch v o n manchen Vorurtheilen zurükkommen, v o n manchen freier werden ; so kleben sie d a n n desto stärker a n d e n e n , welche sie z u hegen pflegen. D a h e r sie gewöhnlich die vergangene Zeit l o b e n , und d e n g e . genwärtigen Geist des Zeitalters herabzu­

würdigen pflegen.

B e i d e m männlichen A l t e r , das ge­

(12)

13

m e i n h i n , ü b e r diesen T o n bejahrter P e r . K o n e n, sich zu f o r m a l i s i r e n gewohnt ist, das i h r e kältere V e r n u n f t , für Schwach­

h e i t , ihre Abgeschiedenheit, für Selbst­

sucht h ä l t , bemerkt m a n , dass eben diese M ä n n e r , eben diese R i c h t e r , noch grös­

sere Egoisten als diejenigeu s i n d , welche sie ihrem T a d e l unterwerfen , dass sie oft, n o c h weit abgeneigter s i n d , mit d e r jün­

geren W e l t in gesellige .Verhältnisse z u treten, da es doch i h n e n zunächst obliegt, das, was sie in i h r e r Bildung Männern v e r ­ d a n k e n , ihrer jüngeren W e l t wieder als Schuld abzutragen. Sie richten sie oft weit strenger, als jene Alten, u n d verlan­

gen von Jünglingen dieselbe Umsicht, die­

selbe Geseztheit, dieselbe Mäfsigung, den­

selben G l e i c h m u t h , d e r ihnen Erfahrung u n d nicht selten physische A bs pannung geben. Alles ist ihnen z u leichtfertig, o h n e zu erwägen, dass e b e n diese L e i c h t ­ fertigkeit und jugendliche Uebereilung, durch Zeit und Anwuchs d e r Kräfte, d u r c h i h r e Folgen u n d Nachtheile, den Stoff zur Vervollkommnung geben. J e d e Ueberei­

lung giebt i h n e n E r f a h r u n g ; jeder F e h l ­

(13)

tritt überzeugt sie von ihren Mangeln E s liegt i m ewigen P l a n e , dass unsere F e h l e r z u r Quelle unserer Bildung wer­

d e n . Lasst uns daher die Mängel nicht mit platten Gemeinsprüchen belegen, u n d n i c h t m e h r v o n i h n e n f o r d e r n , a l s w i r , i n i h r e n J a h r e n , geleistet haben. Lasst u n s durch Gemeingeist auf die B l ü h t e n , auf d i e Hoffnungen des Staats einwürken, u n d nicht vergessen , was wir ihnen , z u r B e . Förderung des Gemeinwohls, als Staats­

bürger, schuldig sind. E s ist unsere B e ­ s t i m m u n g , e s ist unsere P f l i c h t , d u r c h das Beispiel unseres eigenen Betragens, auf sie z u würken. D i e grössere Summe unserer Erfahrungen verpflichtet uns, o h n e S t o l z , o h n e A n m a s s u n g e n , o h n e z u im- p o n i r e n , o h n e Kaltsinn, i h n e n niizlich z u w e r d e n . Ueberzeugt sie bei jeder Gele­

g e n h e i t , dass i h r d e n Musen u n d i h r e n Geweihten hold seyd. — D a u n werden auch d i e Verhältnisse des Jünglings zum G a n z e n , ihm i n e i n e m milderen L i c h t e erscheinen, u n d z u H a r m o n i e e n l e i t e n , i n welchen allmählig alle Disso­

nanzen vorhalien. Das Gefühl d e r E h r e r ­

(14)

'5

bietung gegen ältere L e u t e , die schon s o Manches erfahren und dem Staate gelei­

stet h a b e n , wird nicht wegvernünftelt werden. Sie w e r d e n , wie P l i n i u s , von seinem jungen F r e u n d e J u n i u s , anführt, ihre grösste Klugheit darin s e z z e n , dass sie andere für klüger h a l t e n , als sich se l b st ; ihre grösste Gelehrsamkeit darin s u c h e n , dass sie von andern etwas lernen wollen. Sie werden nicht vergessen, de­

n e n , die d e m Staate ihre Schulden bereits abgetragen, den Rest ihres L e b e n s , in wel­

c h e m gemeiniglich, als Farnilienhäupter u n d Staatsbürger, die Sorgen wachsen und d e n Genussdes L e b e n s m i n d e r n , sogeniessbar als möglich z u machen, u n d nach dem Bei­

spiele d e r spartanischen Gesandten, das uns dieGeschichte aufbewahrt hat, die Huldigun­

g e n zollen, die ihrem Alter, und ihren V e r - diensten gebühren. Sie werden den R a t h d e r A l t e n , die kältere V e r n u n f t , die War­

n u n g des Erfahrnen schäzzen l e r n e n , da R e i n h e i t des Herzens schon das grosse Zauberband i s t , das uns unwillkührlich z u m Greise, so wie zum Kinde, hinzieht.

D o c h ich behaupte dieses A l l e s n u r von

(15)

dem wahrhaft Geweihten d e r M u s e n , ich r e d e nicht von d e n e n , welche Geschrnak finden im So n d e r b ar en, u n d in d e m , was nicht anständig, nicht sittlich ist. Diese gehören nicht z u u n s ; d e n n wer in d e r T h a t Wahrheit s u c h t , d e r ist auch in sich sittlich, bei d e m muss auch die E r k e n n t ­ niss vorzüglich E i n g a n g f i n d e n , die i h n das Niedrige verwerfen l e h r t , und d e m G u t e n u n d Schönen nachzustreben be­

geistert.

E s erhellet demnach aus d e m bisher Gesagten, dass d e r gesellige Verkehr mit d e n gebildeten Ständen, z u r wahren Kul­

tur, wesentlich nothwendig s e y ; dass e s Pflicht jedes Staatsbürgers u n d zunächst d e r e r s e y , welche im Gebiete des Wis­

sens würken und bilden s o l l e n , nach V e r ­ mögen u n d Kräften beizutragen, diesem Bedürfnisse e i n Genüge zu leisten. Bis­

h e r war e i n solcher Verkehr, auf den m e i ­ sten Universitäten, die in kleinen Städten existirten, nicht z u Stande gekommen, theils wegen Unbemitteltheit d e r Einwoh­

n e r ü b e r h a u p t , theils d e r akademischen L e h r e r insbesondere, und d e r geringen

(16)

17

A n z a h l derjenigen H ä u s e r , z u welchen d e r a n g e h e n d e Gelehrte Zutritt haben konnte. Selbst in Göttingen w ur de die­

s e r Umgang n u r zum T h e i l dadurch e r ­ r e i c h t , dass d i e R e g i e r u n g auf i h r e Kosten einige P r o f e s s o r e n , mit d e n S t u d i e r e n d e n Gesellschaften halten liess *), das zweckmäs­

sigste M i t t e l , d u r c h welches dieses Bedürf­

niss, in kleinen Städten, o h n e grosse Kosten, befriedigt werden k ö n n t e , ist wohl o h n ­ streitig d i e E r r i c h t u n g e i n e r geschlosse­

n e n Gesellschaft, i n welcher* u n t e r stren­

g e n Gesezzen d e r Sittlichkeit, jedem d e r Zutritt eröffnet w i r d , d e r sich nach diesen z u achten wünscht. A b e r ich wiederhole e s : nach strengen G e s e z z e n , da M a n g e l an Sitten u n d Anständigkeit sich durch­

aus n i c h t verträgt * mit d e r A u s f ü h r u n g ih- r e r Zwekke. Falsche Kultur zerstört, w a h r e stärkt u n d unterhält alles G u t e . W e r sich d e n M u s e n w e i h t , muss als Veredelter, A n d e r e n seines A l t e r s , als Beispiel u n d

* ) Weber über Errichtung und Einrichtung der Universitäten. Berlin, 1805. S. 109. Zwei Profcssores mussten wöchentlich auf Kosten der Begierung Gesellschaften halten,

3

t*

fifO foamatukcgi

(17)

M u s t e r , auch In seinen äusseren freien H a n d l u n g e n h e r v o r l e u c h t e n . E r k e n n e u n d b e h e r r s c h e d i c h s e l b s t , dies ist d i e F r e i h e i t des W e i s e n ! D a n n wird sich e i n e n e u e Kraft des Geistes, v o m göttlichen U r q u e l l b e l e b t , u n d e i n reines H e r z , das Sitte l i e b t , entwikkeln, u n d mit W o n n e werden wir erblikken, wie u n s e r e schönen Blühten zu noch schöne­

r e n F r ü c h t e n reifen.

M ö c h t e doch bald aus dieser Mitte, d e r erste Schimmer d e r leitenden W a h r ­ h e i t t a g e n ! M ö c h t e sie doch zum G e , meingeist b e l e b e n , u n d . d e n Egoismus ent- w u r z e l n , d e r alles Streben, n u r zum eige­

n e n Vortheil zurückführt!

S o w e r d e n wir auch i n d i e r e r H i n ­ s i c h t , i m G e i s t e d e s e r h a b e n e n u n d g r o s s e n W e l t b ü r g e r s h a n d e l n , u n d das heutige F e s t u m s o würdiger feiern, w e n n w i r , mit e r n e u e r t e n heiligen E n t ­ s c h l ü s s e n , n a c h S e i n e m B e i s p i e l e » u n s bceiscrn u n d unsere Thatkraft verstär­

k e n , w a h r e K u l t u r u n d Gemeinwohl z u fördern,

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

The interaction of basic quan- tum optics research, applied photonics, material sciences and mechanical enginee- ring is a unique advantage of the photonics research at and around

Für den Großteil der Bevölkerung ist das Internet mittlerweile nur noch schwer oder gar nicht mehr aus dem alltäglichen Leben wegzudenken. Wir nutzen digitale Medien, um uns

Diese reichen über jede kommunale Grenze hinaus und sind darum ein geeignetes Thema für das Netzwerk „PrimA – kommunale Prävention im Nordwesten“. 21

Zu ihrem Verantwortungsbereich zählen die gesamte Breite aller denkbaren Kriminalitätsphänomene und die dazu erforderlichen ermittlungsunterstützenden Prozesse – dieses

Nach Ihrer Präsentation stellt die Prüfungs- kommission weitere Fragen zu Ihrem Thema. Diese Tipps helfen Ihnen, sich auf die

12 Wegen der großen Bedeutung des Werks sei hier die schöne Stelle zitiert, in der der Leser eingangs mit der Brisanz der Zweifelsfälle vertraut gemacht wurde: "Es gibt

□ Autofahrer □ Fahrradfahrer □ Beide gleich □ Unmöglich zu sagen.. 9a) Es gibt in Karlsruhe ja spezielle Fahrradstraßen, also Straßen, in denen Fahrradfahrer den

Mit Hilfe der Satzbausteine kannst du versuchen,. selbst Sätze