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1 B e r i c h t e B a n k w i r t s c h a f t l i c h e V e r b u n d s y s t e m e a l s s t r a t e g i s c h e N e t z w e r k e z w i s c h e n M a r k t u n d H i e r a r c h i e — V e r b ä n d e a l s f o k a l e O r g a n i s a t i o n e n i m F i

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Academic year: 2022

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B e r i c h t e

Bankwirtschaftliche Verbundsysteme als strategische Netzwerke zwischen Markt und Hierarchie

— Verbände als fokale Organisationen im Finanz-Verbund —

von Dipl.-Kfm. Dipl.-Hdl. Dietmar Grichnik und Dr. Christoph J. Börner

1 Perspektivenwechsel in der aktuellen Verbund-Diskussion 2 Grundlegung für die Adaption des Netzwerkkonzepts 2.1 Analysefokus: Bankwirtschaftliche Verbundsysteme 2.2 Analyseraster: Strategische Netzwerke

3 Netzwerkstruktur bankwirtschaftlicher Verbundsysteme 3.1 Verbundorganisationen als hybride Organisationsformen 3.2 Verbände als fokale Elemente im Verbundsystem

4 Strategisches Management bankwirtschaftlicher Verbundsysteme 4.1 Kollektive Strategien im Verbund

4.2 Zentrale Managementfunktion des Verbandes 5 Synthese

Literaturverzeichnis

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1 Perspektivenwechsel in der aktuellen Verbund-Diskussion Der in der Bankwissenschaft schon traditionelle Diskurs über die Verbund- systeme der genossenschaftlichen Bankengruppe und der Sparkassenor- ganisation gewinnt derzeit vor dem Hintergrund sich grundlegend wan- delnder Umfeldbedingungen der gesamten Bankwirtschaft eine neue Bri- sanz. Reformüberlegungen, die — über Jahrzehnte — tradierte und ge- genüber externen Einflüssen verteidigte „Prinzipien“ der beiden Verbund- systeme grundlegend in Frage stellen, werden einerseits — in bekannter Form — von den Wettbewerbern eingefordert,1 andererseits aber — und das verleiht der Diskussion eine neue Qualität — in der eigenen Organisa- tion kritisch hinterfragt und punktuell bereits nachhaltig durchbrochen. Ak- tuelle Beispiele für das Diffundieren der horizontalen und vertikalen Ar- beitsteilung im öffentlich-rechtlichen Finanz-Verbund der Sparkassenorga- nisation sind die Fusion von Südwestdeutscher Landesbank, Landeskre- ditbank und Landesgirokasse zur Landesbank Baden-Württemberg sowie die von der sächsischen Landesregierung geplante Integration der sächsi- schen Sparkassen, der Landesbank Sachsen und der Sächsischen Auf- baubank in eine Finanz-holding.2 Auch das genossenschaftliche Selbst- verständnis der gemeinsamen Zweckerfüllung im Verbund mit der im In- stitutssicherungssystem verankerten Solidarität wankt derzeit vor dem Hintergrund gravierender Sanierungsfälle einzelner Primärgenossen- schaften. Am Markt erfolgreiche Genossenschaftsbanken fordern risiko- adjustierte Beitragszahlungen für den Sicherungsfonds und ein effektive- res Risikomanagement sowie Strukturveränderungen der — den Verbund im wesentlichen — tragenden Regionalverbände in ihrer multiplen Funkti- on als Berater, Prüfer und Sanierer der Mitgliedsbanken.3 Zur Disposition in der teilweise ideologisch-emotional geführten Strategiediskussion ste- hen mithin die — die bankbetrieblichen Verbünde konstituierenden — E-

1 Zu denken ist hier beispielsweise an den immerwährenden Streit um den öffentlichen Auftrag der Sparkassen in Verbindung mit dem Wettbewerbsvorteil der geringeren Eigenkapitalkosten.

2 Vgl. Milbradt, G.: Ein systemverträglicher Weg zur Sparkassen- Neuordnung, in: Börsen-Zeitung vom 11. März 1999, Nr. 48, S. 11f.

3 Lambert, K.: Der Genossenschaftsverband — ein modernes Dienst- leistungsunternehmen, in: ZfgK, 1998, H. 18, S. 1002ff. und Brixner, U.: Besinnung auf die bewährten Stärken des Verbundes, in: Börsen- Zeitung vom 16. September 1998, Nr. 177, S. B6f.

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lemente der Subsidiarität, der Solidarität und der Dezentralität zugunsten einer gesteigerten Verbundeffizienz.4

Dominieren in der aktuellen Diskussion — induziert durch die zum Teil diametralen Interessenlagen der Beteiligten — fragmentarische Vor- re- spektive Nachteilhaftigkeitsanalysen, verspricht ein Perspektivenwechsel auf die Ebene einer ganzheitlichen Netzwerk-Betrachtung der Verbund- systeme ein differenzierteres Bild. Den Ansatzpunkt für die Auswahl des Netzwerkansatzes als Analyseraster für das Untersuchungsobjekt „Bank- wirtschaftliches Verbundsystem“ bildet dabei das nahezu identische Defi- niendum der grundlegenden Termini „Verbundsystem“ und „Strategisches Netzwerk“. So erfaßt das Verbundsystem allgemein den als freiwilligen, auf Dauer angelegten Zusammenschluß mehrerer rechtlich und ökono- misch selbständiger Unternehmen zum Zwecke einer gemeinsamen Teil- aufgabenerfüllung5 — mithin als eine Form der Unternehmenskooperati- on.6 Dabei bilden die rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unterneh- men die Elemente des Verbundsystems, dessen Bestand durch die selbstauferlegten Konventionen, insbesondere mit dem Regionalprinzip und dem Subsidiaritätsprinzip, gewährleistet wird.7 Analog erfaßt die dem Rubrum „Strategische Netzwerke“ subsumierte Organisationsform recht- lich selbständige, wirtschaftlich aber interdependente Unternehmen und Organisationen, die sich auf Teilaspekte einer Wertschöpfungskette spe- zialisiert haben und gemeinschaftliche — kollektive — Strategien verfol- gen.8

Erst durch einen Perspektivenwechsel von der Position eines Verbund- beteiligten — als integralem Netzwerkelement — auf die Metaebene des Netzwerkbetrachters wird der Verbund mithin in seiner gesamten Struktu- rierung, Funktionalität und Steuerung erfaßbar. Dergestalt fokussiert die

4 Vgl. Büschgen, H.E.: Finanz-Verbund und Finanz-Konzern in der Diskussion, in: Mitteilungen und Berichte des Instituts für Bankwirt- schaft und Bankrecht an der Universität zu Köln, Abt. Bankwirtschaft, 20 Jg. (1989), Nr. 58, S. 2 und aus der Perspektive der Praxis Schröder, G.A.: Zukunftsfähigkeit des Verbundes sichern, in: B.Bl.

1998, H. 11, S. 510.

5 Vgl. Lehmann, H.: Wesen und Formen des Verbundbetriebes. Ein Beitrag zur betriebswirtschaftlichen Morphologie, Berlin 1965, S. 41f.

6 Gleichwohl sind dem Zusammenschluß auch Elemente der Konzent- ration immanent, so daß Büschgen in diesem Zusammenhang von einer hybriden Form des Unternehmenszusammenschlusses spricht.

Vgl. Büschgen, H.E.: Finanz-Verbund..., a.a.O., S. 4.

7 Vgl. hierzu Boele, A.: Internationalisierung bankwirtschaftlicher Ver- bundsysteme. Methodisches Konzept auf Basis des Transaktions- kostenansatzes, Wiesbaden 1995, S. 12f.

8 Vgl. Bresser, R.K.F.: Geleitwort, in: Sydow, J.: Strategische Netzwer- ke. Evolution und Organisation, Wiesbaden 1992, S. Vf.

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Netzwerkperspektive mit der Kooperation eine wirtschaftliche Koordinati- onsform im Kontinuum zwischen den idealtypischen Polen der Marktsteue- rung qua kompetitiver Koordination und der Unternehmenssteuerung qua hierarchischer Koordination.9 Übertragen auf das Untersuchungsobjekt der bankwirtschaftlichen Verbundsysteme ist es mithin Ziel der Netzwerkana- lyse, aus systemischer Perspektive die strategische Koordination der Ver- bundbeteiligten und des Verbundsystems als Ganzen aus der Struktur der Verbundelemente im Kontext der neuartigen Umweltdynamik zu erklä- ren.10 Entsprechend gilt es, zunächst den Analysefokus und das Analyse- raster in ihren Besonderheiten zu skizzieren, sodann das Netzwerkkon- zept auf die spezifische Struktur bankwirtschaftlicher Verbundsysteme an- zuwenden, um die Bedeutung der Verbundelemente und –beziehungen im Rahmen der strategischen Verbundsteuerung aufzudecken und auf ihren strategischen fit11 mit der veränderten bankwirtschaftlichen Umfelddyna- mik zu prüfen.

2 Grundlegung für die Adaption des Netzwerkkonzepts

Im Fokus der Analyse stehend sollen die bankwirtschaftlichen Verbund- systeme in ihren Spezifika erfaßt werden, bevor sie der perspektivisch neuen Modellierung durch das — auch kurz darzustellende — Netzwerk- konzept zugeführt werden können.

2.1 Analysefokus: Bankwirtschaftliche Verbundsysteme

Die öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Finanz-Verbünde im deutschen Universalbankensystem stehen in ihrer — organisch gewach- senen — dezentralen Struktur vor der Frage ihres strategischen fit zur veränderten Umfelddynamik. Beide bankwirtschaftlichen Verbundsysteme realisieren auf Basis ihres gemeinsamen „ideologischen“ Fundaments eine Bindungsintensität zwischen den Verbundelementen, die größer ist als eine rein vertraglich fixierte Allianz zwischen kooperierenden Unterneh- men, gleichwohl aber geringer ist als die unternehmenspolitische Bindung

9 Vgl. Hinterhuber, H.H.; Stahl, H.K.: Unternehmensnetzwerke und Kernkompetenzen, in: Management von Unternehmensnetzwerken.

Interorganisationale Konzepte und praktische Umsetzung, hrsg. von K. Bellmann und A. Hippe, Wiesbaden 1996, S. 90f.

10 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke. Evolution und Organisation, Wiesbaden 1992, S. 121.

11 Der „strategische fit“ ist Leitgedanke des modernen strategischen Management, das eine Koordination aller Führungssubsysteme im Unternehmen (Intra-System-fit), die Koordination innerhalb der Sub- systeme (z.B. Intra-Organisations-fit) und die Abstimmung des Ge- samtsystems „Unternehmung“ mit der zielrelevanten Umwelt (Sys- tem-Umwelt-fit) postuliert. Vgl. Bea, Franz X.; Haas, Jürgen: Strate- gisches Management, Stuttgart u.a. 1995, S. 14ff. und S. 569.

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in einem Finanz-Konzern, wie er in der Bankengruppe privater Kreditban- ken dominiert.12 Ein Spektrum verschiedenartiger Koordinationsmecha- nismen mit unterschiedlicher Bindungskraft kennzeichnet in beiden Ver- bünden die mehr oder minder homogenen Strukturen und Beziehungs- muster, die das Verhältnis der Banken — insbesondere auch die Wettbe- werbsstellung — untereinander regeln und geschlossen als öffentlich- rechtliche und genossenschaftliche Bankengruppe im Wettbewerbsumfeld auf dem Bankenmarkt positionieren sollen.13

Die stärkste Bindungswirkung in beiden Verbünden entfaltet der gesetzli- che Zwang zur Mitgliedschaft in einem regionalen Bankenverband14: Zum einen sind die öffentlich-rechtlichen Sparkassen zusammen mit ihren Ei- gentümern, den kommunalen Gebietskörperschaften, kraft Gesetz Mitglie- der der regionalen Sparkassen- und Giroverbände.15 Zum anderen kon- stituiert das Genossenschaftsgesetz in § 54 Abs. 1 eine Pflichtmitglied- schaft für jede Genossenschaft — und damit auch für jede Genossen- schaftsbank — in einem regionalen respektive fachlichen Prüfungsver- band.16 Weder öffentlich-rechtliche Sparkassen noch Kreditgenossen- schaften können ohne Aufgabe ihrer Existenz auf Dauer aus dem jeweili- gen Verbund ausscheiden und sich den damit zusammenhängenden Ver- pflichtungen — insbesondere dem öffentlichen Auftrag17 im Sparkassen- wesen und dem Förderungsauftrag18 im Genossenschaftswesen — ent-

12 Vgl. Büschgen, H.E., Finanz-Verbund..., a.a.O., S. 5.

13 Vgl. Börner, C.J.: Öffentlichkeitsarbeit von Banken. Ein Manage- mentkonzept auf der Basis gesellschaftlicher Exponiertheit, Wiesba- den 1994, S. 149.

14 Vgl. Grichnik, D.: Bankenverbände als Nonprofit-Organisationen. Be- sonderheiten des Systemwandels, in: MUB, hrsg. von H.E. Büsch- gen, 29. Jg. (1998), Nr. 80, S. 66.

15 Vgl. Keil, E.: Regionale Sparkassen- und Giroverbände, in: HWS, Bd. 3, hrsg. von Deutscher Sparkassenverlag GmbH, Stuttgart 1981, S. 429.

16 Vgl. auch Wick, H.-J.: Genossenschaftsverbände in der Bundesre- publik Deutschland, in: HdG, hrsg. von Mändle, E. und Winter H.-W., Wiesbaden 1980, Sp. 838.

17 Hierzu zählt die bankwirtschaftliche Versorgung der gesamten Be- völkerung und der Gewährträger ihrer Region nach dem Grundsatz der Gemeinnützigkeit. Vgl. § 3 Sparkassengesetz.

18 So obliegt den Genossenschaften nach § 1 Genossenschaftsgesetz die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mit- tels eines gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs.

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ziehen.19 Diese Zwangsgemeinschaften der öffentlich-rechtlichen und ge- nossenschaftlichen Banken vermitteln nach außen ein jeweils einheitliches Gebilde, das bestimmten Regeln der Arbeitsteilung und Koordination un- terliegt und den Handlungsspielraum der Verbundbeteiligten unterschied- lich stark einschränkt.20

Bindend für beide Verbundsysteme ist sodann der Koordinationsmecha- nismus der Kooperation bzw. arbeitsteiligen Zusammenarbeit jenseits von Markt und Hierarchie. Die ursprünglich als Solidargemeinschaften bzw.

Selbsthilfeeinrichtungen für den gewerblichen Mittelstand respektive die landwirtschaftlichen Betriebe gegründeten Volks- und Raiffeisenbanken inkorporieren als Primärgenosssenschaften ihres Verbundes originär den Kooperationsgedanken der genossenschafltichen Philosophie.21 Aber auch den ursprünglich von den Sparkassen und ihren Gewährträgern (Städte, Gemeinde und Landkreise) als Selbsthilfeorganisationen gegrün- deten regionalen Sparkassen- und Giroverbände in gemeinschaftlichem Eigentum ist ein genossenschaftlicher Kooperationscharakter inhärent.22 Aus dieser cooperative identity, der — auf dem öffenltichen Auftrag re- spektive dem Förderungsauftrag fußenden — jeweiligen Gruppenideolo- gie,23 basieren die in beiden Verbundsystemen gleichermaßen zentralen Prinzipien der Arbeitsteilung.

Als Ausdruck der vertikalen Arbeitsteilung regelt das Subsidiaritätsprinzip die Beziehungen zwischen den Verbundbanken auf der Primärstufe des Verbundsystems (Sparkassen bzw. Volks- und Raiffeisenbanken) und den übergreifenden Zentral- und Spitzeninstituten (Landesban- ken/Girozentralen und Deutsche Girozentrale bzw. genossenschaftliche Zentralbanken und DG-Bank). In vertikaler Kooperation ergänzen die Zentralbanken die Leistungserstellung der Primärbanken, indem sie —

19 Zwar ist nach § 54a Genossenschaftsgesetz ein Verbandsaustritt der Genossenschaft grundsätzlich möglich, sie muß aber in einer be- stimmten Frist die Mitgliedschaft in einem anderen genossenschaftli- chen Verband erwerben.Vgl. zu den Sparkassen Langschied, J.: Der Sparkassenverbund. Entwicklung und Gegenwartsprobleme, Wies- baden 1993, S. 143.

20 Vgl. Langschied, J.: Der Sparkassenverbund, a.a.O., S. 155.

21 Vgl. Büschgen, H.E.: Bankbetriebslehre. Bankgeschäfte und Bank- management, 5. Aufl., Wiesbaden 1998, S. 94f. und auch Börner, C.J.: Öffentlichkeitsarbeit..., a.a.O., S. 150f.

22 Vgl. Langschied, J.: Der Sparkassenverbund, a.a.O., S. 76ff. und Mura, J.: Geschichte der Sparkassen- und Giroverbände, in: HWS, Bd. 2, hrsg. von Deutscher Sparkassenverlag GmbH, Stuttgart 1981, S. 274ff.

23 Schuster, L.: Die Genossenschaftsbank im Spannungsfeld zwischen Ideologie und wirtschaftlichem Erfolgszwang, in: ÖBA, 1997, H. 4, S. 246.

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formal quasi als übergroße Tochtergesellschaften agierend — nur solche Geschäfte betreiben, die den untergeordneten Banken kapazitäts- oder regionalitätsbedingt allein nicht möglich sind. Ergänzend organisiert das Regionalitätsprinzip die horizontale Arbeitsteilung zwischen den Verbund- banken auf der jeweiligen Stufe des Verbundsystems. So operieren die Primärbanken bzw. die Zentralbanken idealtypisch getrennt nach geogra- phisch abgegrenzten Geschäftsgebieten und werden durch die Verbund- unternehmen beim Angebot eines umfassenden Leistungsprogramms im Sinne eines Allfinanzangebotes unterstützt.

Mit der abnehmenden Bedeutung der identitätsstiftenden Bindung qua öffentlichem Auftrag bzw. Förderungsauftrag und dem gleichzeitig in den Vordergrund gerückten Erfordernis erhöhter Effizienz im intensivierten Bankenwettbewerb zeigen die tradierten Verbundstrukturen nunmehr Auflösungserscheinungen. Wenngleich die Homogenität in beiden Ver- bünden nie den Grad erreichte, wie er von der idealtypischen Umsetzung der Arbeitsteilung qua Regionalprinzip und Subsidiaritätsprinzip ursprüng- lich angestrebt wurde,24 so reagierten doch beide Verbundsysteme auf die bisherigen Veränderungen im Umfeld mit geschlossenen strategischen Richtungswechseln, die die tradierten Ordnungsprinzipen nicht nachhaltig in Frage stellten. Jüngste Konzentrationsbewegungen im Zuge des ver- stärkten Wettbewerbs auf dem Bankenmarkt erzeugen jedoch eine Um- felddynamik, denen die starren Verbundstrukturen in der bestehenden Form nicht mehr gewachsen zu sein scheinen. Der Zwang zur Nutzung von Synergiepotentialen und Kostendegressionseffekten durch Schaffung entsprechend größerer Einheiten zur Erstellung und zum Vertrieb von Bankleistungen zwingt die Verbundpartner zu Verwerfungen der horizon- talen und vertikalen Trennlinien. Die sächsische Finanz-holding und die südwestdeutsche Fusion in der Sparkassenorganisation sind Beispiele für eine Aufhebung der vertikalen Arbeitsteilung; die große Zahl der Fusionen der Primärgenossenschaften als Folge zahlreicher Schieflagen zeigen In- effizienzen der genossenschaftlichen Koordinations- und Kontrollmecha- nismen. Diese werden von betriebswirtschaftlich erfolgreichen Genossen- schaftsbanken zur Diskussion gestellt, da sie ihren Markterfolg durch hohe Beitragszahlungen an die verbundeigene Institutssicherung — zur De- ckung der Verluste aus zum Teil Mißmanagement anderer Genossen- schaftsbanken — gefährdet sehen. Entsprechend sollen die Institute ge- messen an ihrer eingegangenen Risikopositionen am Beitragsvolumen des Sicherungsfonds beteiligt werden. Gleichwohl scheinen diese Ten- denzen noch nicht den Höhepunkt der Diffusionserscheinungen zu mar- kieren, zeichnen sich doch bereits neue Entwicklungen zu verbund- re- spektive gruppenübergreifenden Fusionen auch mit privaten Banken ab.25

24 Vgl. Börner, C.J.: Öffentlichkeitsarbeit..., a.a.O., S. 150.

25 Aktuelles Beispiel ist die Fusionsdiskussion von Sparkasse und Volksbank in Marktredwitz.

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Die diesen Veränderungen inhärenten Konzentrationstendenzen werfen die Frage nach der effizienten Koordination und Steuerung im Verbund auf. Das Idealbild des demokratischen Willlensbildungsprozesses im bankwirtschaftlichen Verbundsystem zeigt einen diametralen Verlauf zum zentralisierten Entscheidungsprozeß im Finanz-Konzern (vgl. Abbil- dung 1). Im idealtypischen Verbund fehlt eine zentrale Instanz mit Wei- sungs- und Kontrollbefugnis, wie sie im Konzern mit der Konzernspitze gegeben ist. Statt dessen laufen die Beteiligungsstrukturen und die damit verbundenen Leitungs- und Weisungsbefugnisse von der Basis — den Sparkassen bzw. Kreditgenossenschaften — zur Spitze und damit invers zu den Beteiligungsverhältnissen und Weisungskompetenzen im Kon- zern.26 Während sich im Konzern das Problem der Willensdurchsetzung auf die adäquate Motivation und Koordination der Mitarbeiter im Gesamt- unternehmen durch die Konzernführung im Rahmen von Arbeitsverträgen und Mehrheitsbeteiligungen konzentriert,27 entscheiden im Verbund die (Delegierten der) Verbundunternehmen von unten nach oben — meist oh- ne Mehrheitsbeteiligungen — in einem demokratischen Willensbil-

26 Vgl. Schierenbeck, H.: Organisation..., S. 167ff.

27 Vgl. Langschied, J.: Der Sparkassenverbund, S. 131f. und grundle- gend Frese, E.: Grundlagen der Organisation. Konzept — Prinzipien

— Strukturen, 7. Aufl., Wiesbaden 1998, S.7ff.

zentrale

Entscheidungsstrukturen Konzern

Tochter- gesellschaften

Verbundsystem

Sparkassen/

Kreditgenossen- schaften

dezentrale

Entscheidungsstrukturen

Beteiligungs- verhältnisse

Leitungs- und Weisungs- befugnisse

Abb. 1: Schematischer Vergleich des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses im Konzern und im Verbund1

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dungsprozeß über die Verbundpolitik.28 Ergebnis ist ein langwierigere Ent- scheidungsfindung und die Realisierung eines „kleinsten gemeinsamen Nenners“, der anders als bei der eindeutigen Zielvorgabe im Konzern — der Nutzenoptimierung für die Konzernspitze — den Interressenpluralis- mus aller Verbundbeteiligten abbilden soll und muß.29 Der Konzern scheint so flexibler auf volatilen Märkten agieren und reagieren zu können.

Gleichwohl sind weder im realen Konzern noch im realen Verbund diese idealisierten Strukturen umgesetzt.

Im Konzern schaffen Informationsasymmetrien zwischen Vorstand und Aktionären dispositive Handlungsspielräume der Manager, die eine Kon- trolle durch die Eigentümer erforderlich machen. Im Verbund existieren — die im Modell ausgeblendeten — (regionalen) Bankenverbände, denen als

„Quasi-Konzernspitzen“30 unter anderem typische Funktionen von Kon- zernstäben attestiert werden.31 Wenngleich den Regionalverbänden die Weisungskompetenz einer Konzernspitze fehlt, besitzen sie auf Basis der mit der Zwangsmitgliedschaft verbundenen Prüfungshoheit sowie durch ihre Beratungstätigkeit Einflußpotentiale, die ihnen bei der Führung der einzelnen Mitgliedsbank, aber auch bei der Steuerung des gesamten Fi- nanz-Verbundes eine exponierte Stellung zuweist. Anders als beim Kon- zern besitzt der Verband als Träger der Willensbildung im Verbund32 aber kein operationalisierbares Formalziel, dessen Erreichungsgrad als Effi- zienzkriterium für die im Verband koordinierte Verbundzusammenarbeit dienen könnte.33 Im Zielsystem der Verbände dominieren die Sachziele in bezug auf die von den Mitgliedsbanken ausgegliederten — an den Ver-

28 Vgl. Syndikus, W.: Willensbildung im kreditgenossenschaftlichen Verbund, Köln 1993, S. 3.

29 Vgl. Büschgen, H.E.: Finanz-Verbund..., a.a.O., S. 17f. und generell Olson, M.: Die Logik des kollektiven Handelns. Kollektivgüter und die Theorie der Gruppen, 2. Aufl., Tübingen 1985.

30 Wagener, E.: Regionalprinzip — Arbeitsteilung — Sparkassenver- bund, in: ZfgK, 1983, H. 9, S. 374; Genossenschaftsverbände cha- rakterisiert Martin als „Stabstelle im Finanzverbund“, Martin, F.:

Wettbewerbliche Neuorientierung von Kreditgenossenschaften, Ber- lin 1994, S. 22.

31 Vgl. Langschied, J: Der Sparkassenverbund, a.a.O., S. 147ff.

32 Vgl. Geiger, W.; Möder, J.: Willensbildung in der Sparkassenorgani- sation, in: HWS, Bd. 4, hrsg. von Deutscher Sparkassenverlag GmbH, Stuttgart 1981, S. 415.

33 Vgl. Reiners, J.: Bankwirtschaftliche Verbundsysteme und ihre Stabi- lität, Wiesbaden 1977, S. 43ff.

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band delegierten — homogenen Teilaufgaben.34 Erscheint eine — von einigen Verbandsfunktionären geforderte35 — zentrale Verbundsteuerung mangels einer übergeordneten Instanz mit eindeutig definierten Zielen, deren Erreichen durch entsprechende Weisungen, Anreize und Kontrollen

— wie im Konzern — angestrebt wird, mithin illusorisch, stellt sich die zentrale Frage, wie der Verbund effizient funktionieren kann.

2.2 Analyseraster: Strategische Netzwerke

Die in den Verbundsystemen gewahrte — und als Wettbewerbsvorteil an- gesehene — organisatorische Dezentralität bedarf mithin einer Ergänzung durch zentralisierte Steuerungsmechanismen, die die verbundimmanente Problematik der Entwicklung und Realisierung einer verbundweit einheitli- chen, potentielle Synergie- und Skaleneffekte ausschöpfende Wettbe- werbsstrategie ermöglicht.36 Das Konzept des strategischen Netzwerkes bietet hier Ansatzpunkte zur Analyse, ob bzw. welche zentralen Steue- rungselemente in den Finanz-Verbünden gegeben sind.

Grundlegend definiert SYDOW in Anlehnung an JARILLO ein strategisches (Unternehmungs-) Netzwerk als eine

• auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende,

• polyzentrische, gleichwohl von einer oder mehreren Unterneh- mungen strategisch geführte

• Organisationsform ökonomischer Aktivitäten zwischen Markt und Hierarchie,

• die sich durch komplex-reziproke, eher kooperative denn kompeti- tive und relativ stabile Beziehungen

• zwischen rechtlich selbständigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abhängigen Unternehmungen auszeichnet.37

Diese Arbeitsdefinition grenzt die strategischen Netzwerke von anderen Formen interorganisationaler Netzwerke ab, die gerade für die Anwend- barkeit des Netzwerkkonzeptes auf die bankwirtschaftlichen Verbundsys-

34 Vgl. Grochla, E.: Betriebsverband und Verbandbetrieb. Wesen, For- men und Organisation der Verbände aus betriebswirtschaftlicher Sicht, Berlin 1959, S. 24ff. und zum Bankenverband als Nonprofit- Organisation Grichnik, D.: Bankenverband, a.a.O., S. 54ff.

35 Keßler, H.: Strukturfragen der Sparkassenorganisation, in: Sparkas- se, 105. Jg. (1988), S. 348.

36 Vgl. Büschgen, H.E.: Finanz-Verbund ..., a.a.O., S. 28.

37 Vgl. Sydow, J.: Netzwerkorganisation. Interne und externe Restruktu- rierung von Unternehmungen, in: WiSt, 24. Jg. (1995), H. 12, S. 630;

Jarillo, J.C.: On strategic networks, in: Strategic Management Jour- nal, 9. Jg. (1988), H. 1, S. 32.

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teme von Relevanz sein können: Erstens sind strategische Netzwerke trotz ihrer intermediären Postion zwischen Markt und Hierarchie immer marktorientiert, das heißt, sie müssen vorwiegend aus erwerbswirtschaftli- chen Unternehmen bestehen. Netzwerke, die (nur) aus Nonprofit- Organisationen (z.B. Verbänden) gebildet werden (z.B. Politiknetzwerke), sind damit ausgegrenzt. Zweitens muß das netzwerkartige Arrangement eine strategische Bedeutung für alle darin kooperierenden Netzwerkunter- nehmungen haben, das heißt, die Kooperation in rein operativen — dem Kerngeschäft der beteiligten Unternehmen nicht zurechenbaren — Aufga- ben generiert kein strategisches Netzwerk.38 Drittens muß in einem derart konzipierten Unternehmensnetzwerk mindestens ein Unternehmen — die sog. fokale Unternehmung — dauerhaft die strategische Führerschaft ü- bernehmen, das heißt, sog. regionale Netzwerke als räumliche Agglome- ration spezialisierter zumeist kleinerer oder mittlerer Unternehmen mit de- zentraler Steuerung sind abzugrenzen.39

Die Grenzziehung zwischen dem strategischen Netzwerk und anders ge- arteten Interorganisationsbeziehungen40 ist dabei eine idealtypische,41 die das in der Realität zu beobachtende breite Spektrum strategischer Netz- werkformen zwischen Markt und Hierarchie typologisiert. Realiter wird jede netzwerkartige Kooperationsform immer Elemente der marktlichen, der hierarchischen und der kooperativen Koordination kombinieren.42 Die spe- zifische Konfiguration eines strategischen Netzwerkes ist jeweils Ausdruck

38 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 82.

39 Regionales wie strategisches Netzwerk sind Idealtypen, realiter ver- mischen sich beide Netzwerktypen. Sog. industrial districts wie das Silicon Valley oder die Emilia Romagna werden als regionale Netz- werktypen genannt. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 47ff.

40 Der Begriff der Interorganisationsbeziehungen soll hier als Oberbeg- riff für strategische Netzwerke verstanden werden, umfaßt er doch neben der Beziehung von Unternehmen auch die der Nonprofit- Organisationen, aus dessen Forschungsbereich er urspünglich ent- stammt. Sydow und Windeler konstatieren hierzu, daß es sinnvoll er- scheint angesichts aktueller Veränderungen der Organisationsfor- men im Nonprofit- als auch im For-profit-Bereich den Charakter der Austauschbeziehungen zwischen mehreren Organisationen zunächst offen zu lassen. Vgl. Sydow, J.; Windeler, A.: Über Netzwerke, virtu- elle Integration und Interorganisationsbeziehungen, in: Management interorganisationaler Beziehungen, hrsg. von J. Sydow und A. Win- deler, Opladen 1994, S. 2.

41 Vgl. Sydow, J.: Netzwerkorganisation, S. 630.

42 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 103.

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einer konkreten — realisierten — kollektiven Strategie43 der am Netzwerk beteiligten Unternehmen.44 Kollektive Strategien sind nach BRESSER sys- tematische Vorgehensweisen, die von mehreren Organisationen gemein- schaftlich entwickelt und implementiert werden; sie dienen der Stabilisie- rung und Beherrschung interdependenter Aufgabenumwelten.45 Damit ergänzen oder ersetzen sie die Wettbewerbsstrategien der Einzelunter- nehmen, die sich auf einzelne Geschäftsbereiche (Geschäftsbereichs- strategien in der individuellen Aufgabenumwelt) oder das gesamte Unter- nehmen respektive den Konzern (Unternehmungs- bzw. Konzernstrate- gien in der generellen Umwelt) beziehen, mit dem Hauptzweck, Umweltva- riationen reaktiv absorbieren zu können respektive interdependete Orga- nisations- bzw. Aufgabenumwelten proaktiv mitzugestalten.46 Das proakti- ve Schaffen einer geeigneten Organisationsumwelt reduziert die Ent- scheidungsunsicherheit47 und generiert durch die erhöhte strategische Flexibilität einen relativen Wettbewerbsvorteil der Netzwerkbeteiligten.48 Kollektive Strategien zielen so auf horizontale und/oder vertikale Koopera- tionen von Unternehmungen und können damit als Resultante mehrerer

— kompatibler — unternehmerischer Wettbewerbsstrategien die Wettbe-

43 Kollektive Strategien bezeichnen generell ein zwischen Unterneh- mungen abgestimmtes strategisches Verhalten. Nach Astley und Fombrun, den Promotoren des Begriffs in der Managementfor- schung, kann dabei die kollektive Strategie als Ergebnis beabsich- tigten oder unbeabsichtigten Verhaltens von Netzwerkorganisationen aufgefaßt werden. Vgl. Astley, W.G.; Fombrun, C.J.: Collective Stra- tegy: Social Ecology of Organizational Environments, in: Academy of Management Review, 8. Jg. (1983), Nr. 4, S. 576ff.

44 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 270.

45 Vgl. Bresser, R.K.F.: Kollektive Unternehmensstrategien, in: ZfB, 59. Jg. (1989), H. 5, S. 545.

46 Vgl. Bresser, R.K.F.: Kollektive Unternehmensstrategien, a.a.O., S. 545; Astley, W.G.; Fombrun, C.J.: Collective Strategy:..., a.a.O., S. 580; Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 268f.

47 So sind Organisationen bemüht, ihre Umweltinterdependenzen zu beeinflussen und die daraus resultierende Entscheidungsunsicher- heit zu reduzieren. Vgl. allgemein Cyert, R.M.; March, J.G.: A beha- vioral theory of the firm, Prentice Hall, Englewood Cliffs, N.J. 1963.

48 Vgl. Bresser, R.K.F.: Kollektive Unternehmensstrategien, a.a.O., S. 547.

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werbsposition der fokalen Unternehmung und/oder des gesamten Netz- werks verbessern.49

Essentiell für das Konzept des strategischen Netzwerks ist die auch als

„hub firm“ bezeichnete — im Brennpunkt des Netzwerks agierende — fo- kale Unternehmung. Als Nukleus des strategischen Netzwerkmanagement definiert sie den Markt, auf dem das Netzwerk agiert. Die hub firm betreibt eine aktive Netzwerksteuerung, indem sie Art und Inhalt der kollektiven Strategie, mit der der gemeinsame Markt bearbeitet wird, bestimmt und Form und Struktur der Netzwerkorganisation konfiguriert.50 Gleichwohl ist das Netzwerk ex definitione polyzentrisch und wird nur dann entstehen und Bestand haben, wenn die Netzwerkunternehmen für die Einschrän- kung strategischer Freiheitsgrade ökonomische Vorteile aus der Mitglied- schaft im strategischen Netzwerk erwarten bzw. realisieren.51 Als Gründe für eingegangene Netzwerkarrangements nennen die Unternehmen:

(1) Zugang zu (internationalen) Märkten und (technischen) Ressour- cen,

(2) Spezialisierungsvorteile durch Konzentration auf bestimmte Akti- vitäten in der Wertschöpfungskette,

(3) Kostenvorteile durch statische (Fixkostendegressionseffekte) oder durch dynamische (Erfahrungskurveneffekte) Skaleneffekte (eco- nomies of scale),

(4) Verteilung der Risiken und

49 In praxi werden kollektive Strategien die Wettbewerbsstrategien in der Regel ergänzen. Zu bedenken ist, das sie aber nicht nur kom- plementär, sondern auch konfliktär zu den Wettbewerbsstrategien sein können; so zum Beispiel über die Preisgabe wettbewerbsrele- vanter Informationen. Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 269.

50 „Essential to this concept of strategic network is that of ‚hub firm‘, which is the firm that, in fact, sets up the network, and takes a pro- active attitude in the care of it.“ Jarillo, J.C.: On strategic networks, a.a.O., S. 32; Vgl. Sydow, J.: Netzwerkorganisation, a.a.O., S. 630.

51 Für den Erfolg von Netzwerkarrangements muß für alle Partner ein Anreiz-/Beitrags-Gleichgewichtet gegeben sein. Vgl. Backhaus, K.;

Meyer, M.: Strategische Allianzen und strategische Netzwerke, in:

WiSt, 22. Jg. (1993), H. 7, S. 333.

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(5) Zeitvorteile durch schnelle Produktentwicklung und –verwertung der Leistung im Markt.52

Diese interdependenten Kooperationsmotive implizieren in ihrer Gesamt- heit das Potential zur Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit der Unter- nehmen auf marktliche und technische Umweltveränderungen und damit die sog. strategische Flexibilität.53

Unternehmen bilden mithin Netzwerkorganisationen durch (begrenzte) Internalisierung und (begrenzte) Externalisierung ökonomischer Aktivitä- ten. Bei der Funktionsexternalisierung (contracting-out) werden bis dato von einer Unternehmung wahrgenommene betriebliche Funktionen durch die Beschaffung am Markt ersetzt, während bei der Funktionsinternalisie- rung das Unternehmen zusätzliche, bis dato über den Markt bezogene Leistungen selbst erstellt (Fremdbezug statt Eigenerstellung). Im Extrem mündet die Internalisierungsstrategie in der Substitution marktlicher durch hierarchische Koordination (vertikale und horizontale Integration) und vice versa die Externalisierungsstrategie in der Ersetzung von Hierarchie durch Markt (Grenzfall: virtuelle Unternehmung54). Im strategischen Netzwerk verfolgen die Unternehmen dagegen nur begrenzt — quasi — sowohl die Strategie der Funktionsinternalisierung als auch die Strategie der Funkti- onsexternalisierung, bestehen im Netzwerk doch einerseits noch Einfluß- möglichkeiten auf die im Rahmen der kollektiven Strategie zu planende Funktionswahrnehmung, die andererseits aber auch dem Einfluß der an- deren Netzwerkbeteiligten unterliegt.55

52 Vgl. Backhaus, K.; Meyer, M.: Strategische Allianzen..., a.a.O., S. 331; Porter, M.E.; Fuller, M.B.: Koalitionen und globale Strategien, in: Globaler Wettbewerb: Strategien der neuen Internationalisierung, hrsg. von M.E. Porter, Wiesbaden 1989, S. 375f.; Picot, A.; Reich- wald, R.; Wigand, R.T.: Die grenzenlose Unternehmung. Information, Organisation und Management, 3. Aufl., München et.al. 1997, S. 279.

53 „Strategische Flexibilität soll die Fähigkeit einer Unternehmung ge- nannt werden, sich unter Nutzung organisationaler und interorgani- sationaler Flexibilitätspotentiale gewandelten Umweltsituationen an- zupassen.“ Sydow, J.: Unternehmungsnetzwerke, a.a.O., S. 34.

54 Einen Grenzfall der Vernetzung und „Entgrenzung“ markiert die vir- tuelle Unternehmung mit folgenden Vernetzungsspezifika: (1) Die Unternehmensvernetzung vollzieht sich aufgaben- bzw. projektbezo- gen; (2) Basis für die unternehmensübergreifende Koordination ist eine informationstechnische (IT-)Vernetzung; (3) die kundenspefi- sche Leistungserstellung und der Vertrieb erfolgen idealerweise zum Zeitpunkt der Nachfrage; (4) das Unternehmensnetzwerk wird dem Leistungsabnehmer im allgemeinen nicht transparent. Vgl. Scholz, C.; Sydow, J.: Banken und Sparkassen: Von der Netzwerkkooperati- on zur Virtualisierung, Berlin 1996, S. 10.

55 Vgl. Sydow, J.: Netzwerkorganisation, a.a.O., S. 631.

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Ein netzwerkartiges Arrangement basiert somit auf der Vernetzung kom- plementärer (Wert-)Aktivitäten der Netzwerkunternehmungen56 in einer unternehmensübergreifenden Wertkette zur Umsetzung der kollektiven Strategie.57 Gegenüber der reinen In- bzw. Externalisierung ökonomischer Aktivitäten versuchen die Netzwerkunternehmen eine Symbiose zwischen Markt und Hierarchie zu realisieren, indem sie zum einen in puncto Trans- aktionskosten vs. Produktionskosten58 und zum anderen in puncto strate- gische Bindung vs. strategische Flexibilität ein „Mehr“ gegenüber der rein marktlichen (vertraglichen) bzw. der rein hierarchischen (technokratischen) Koordination anstreben. Dieses „Mehr“ der symbiotischen Beziehungen organisierter Arbeitsteilung kann nach HINTERHUBER/STAHL aus niedrigeren Kosten bzw. Risiken und/oder einem höheren Gesamt-output resultieren.59 Voraussetzung ist eine optimierte Netzwerkorganisation, die in strukturel- ler Dimension und in kultureller Dimension zur zentralen Aufgabe für das Netzwerkmanagement wird.60 Strukturell gilt es, die Wertaktivitäten nach den aus den jeweiligen Kernkompetenzen abgeleiteten Ressourcen der Netzwerkunternehmen im kollektiven Leistungserstellungsprozeß zu integ- rieren. Kulturell gilt es, aufbauend auf gemeinsamen Wertorientierungen und Grundvorstellungen über die Funktionswahrnehmung eine Identität des Unternehmensnetzwerkes (network identity) neben der individuellen Unternehmensidentität (corporate identity) zu etablieren. Im Sinne einer Clan-Organisation61 schafft ein derart konzipiertes Netzwerk Zielkon-

56 Vgl. Sydow, J.; Windeler, A.: Über Netzwerke,..., a.a.O., S. 2.

57 Porter, M.E.; Fuller, M.B.: Koalitionen und globale Strategien, a.a.O., S. 372ff.

58 Produktionskosten resultieren aus dem Ressourceneinsatz (Produk- tionsfaktoren) des Leistungserstellungsprozesses im Unternehmen.

Transaktionskosten entstehen dagegen am Markt aus Unsicherhei- ten über die Umwelt, die Transaktionsmerkmale und das Verhalten der Transaktionspartner; es sind Kosten des den Leistungsprozeß steuernden Informationsprozesses in der Anbahnungs- und Durch- führungsphase der Transaktion. Vgl. ausführlich Williamson, O.E.:

Markets and Hierarchies: Analysis and Antitrust Implications. London 1975 und Coase, R. H.: The Nature of the Firm, in: Economia, 1973, Vol. 4, S. 386ff.

59 Vgl. Hinterhuber, H.H.; Stahl, H.K.: Unternehmensnetzwerke..., a.a.O., S. 95.

60 Vgl. zum folgenden Sydow, J.: Unternehmungsnetzwerke, Bremen 1991, S. 13ff.

61 Organisationsform, die durch gemeinsame Wertvorstellungen, viel- schichtige Verbindungen und Zielkongruenz zwischen den Organisa- tionsmitgliedern Komplexität und Unsicherheit reduziert und so eine Organisationskultur zur Verhaltensorientierung schafft. Vgl. Ouchi, W.G.: Markets, Bureaucracies, and Clans, in: Administrative Science Quaterly, 1980, S. 134ff.

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gruenz und Vertrauen62 und wirkt so der Gefahr opportunistischen Ver- haltens und damit verbundener Transaktionskosten entgegen.63 Mit der Koordinationsform der Hierarchie teilt das Unternehmensnetzwerk die strukturelle und die kulturelle Organisiertheit der Beziehungen, mit dem Markt die über den Preis gesteuerte Option zum Netzwerkeintritt bzw. -aus- tritt.64

Daraus lassen sich für das Management derart interorganisationaler Be- ziehungen — einer Quasi-Unternehmung —, vier basale Funktionen ab- leiten:

(1) die Selektion geeigneter Interaktionspartner,

(2) die Regulation der Aktivitäten wie der Beziehungen zwischen den Organisationen,

(3) die Allokation der Ressourcen zwischen den Organisationen und (4) die ökonomische Evaluation der interorganisationalen Beziehun-

gen.

Dabei ist die Wahrnehmung dieser Funktionen elementar mit speziellen Managementproblemen verbunden:

(1) die Festlegung der Domäne interorganisationaler Zusammenar- beit,

(2) die Ziehung und Erhaltung der Grenzen organisationaler und inte- rorganisationaler Systeme (trotz tendenzieller Entgrenzung im Netzwerk),

(3) die Koordination eines prinzipiell polyzentrischen Systems und (4) die Handhabung spezifisch ausgeprägter Spannungsverhältnisse:

Differenzierung vs. Integration, Kooperation vs. Wettbewerb, Au- tonomie vs. Abhängigkeit, Vertrauen vs. Kontrolle.65

Mit dem Zweck, die Netzwerkorganisation funktional zur ihrer Umwelt in Beziehung zu setzen, erfüllt das Netzwerkmanagement seine zentrale Aufgabe des „boundary spanning“, das heißt der Vernetzung komple- mentärer Kompetenzen der Netzwerkunternehmungen.66 Hierzu bedarf es

62 Thorelli, H.B.: Networks: Between markets and hierarchies, in: Stra- tegic Management Journal, 7. Jg. (1986), S. 38. Vgl. auch Jarillo, J.C.: On strategic networks, a.a.O., S: 33f.

63 Sydow, J: Strategische Netzwerke und Transaktionskosten, in: Ma- nagementforschung 2, hrsg. von W.H. Staehle und P. Conrad, Berlin et.al. 1992, S. 269.

64 Vgl. Sydow, Unternehmungsnetzwerke, a.a.O., S. 14.

65 Vgl. Sydow, J.; Windeler, A.: Über Netzwerke,..., a.a.O., S. 4ff.

66 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 308ff. und die dort zitierte Literatur.

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der Bildung und Pflege personaler Netzwerke, die mittels Kooptation67 die Grenzen der einzelnen Unternehmung transzendieren und als sog. net- working zur Stabilisierung von Netzwerkbeziehungen durch Ausgleich des Interessenpluralismus und Schaffung einer Vertrauensbasis im Netzwerk beitragen. Dies fordert einerseits eine ausgeprägte politische Kompetenz vom Netzwerkmanagement, andererseits macht gerade dieser politische Charakter die Netzwerkbildung zu einem niemals vollkommen beherrsch- baren Instrument der Führung.

3 Netzwerkstruktur bankwirtschaftlicher Verbundsysteme Die Netzwerkperspektive deckt implizite Verbundstrukturen auf, die aus der Postion eines einzelnen Verbundbeteiligten nicht sichtbar werden. Mit dem Strukturmuster eines Netzwerks rückt die Interaktion der am arbeits- teiligen Leistungsprozeß beteiligten Verbundorganisationen in den Mittel- punkt der Betrachtung. Neben der effizienten Gestaltung und Regelung dieser Prozesse im Verbundsystem wird in einer komplexen und dynami- schen Umwelt die Frage der Verbundgrenzen neu definierbar.68 Zudem wird der Träger des Netzwerkmanagement — die fokale Organisation — im polyzentrisch strukturierten bankwirtschaftlichen Verbundsystem identi- fizierbar.

3.1 Verbundorganisationen als hybride Organisationsformen Als Ausgangspunkt der Netzwerkanalyse ist prima vista beiden bankwirt- schaftlichen Verbundorganisationen eine polyzentrische Netzwerkstruktur zu attestieren. Primärbanken, Zentralbanken, Verbundunternehmen, Re- gional- und Spitzenverbände bilden ein Konvolut mehr oder minder selb- ständiger Institutionen, deren faktische Stellung im Verbund nicht de- ckungsgleich ist mit den gesetzlichen bzw. statutarischen Beteiligungsver- hältnissen und Weisungsbefugnissen. Die dort postulierte dezentrale Ent- scheidungsfindung mit der damit verbundenen fehlenden strategischen Führerschaft und größeren Polyzentriertheit wäre für ein regionales, nicht aber für ein strategisches Netzwerk kennzeichnend.69 Gleichwohl sehen die Verbundbeteiligten bei den Verbänden auf regionaler Ebene ein stra-

67 Kooptation ist die Strategie, durch die Aufnahme von Entschei- dungsträgern einer Organisation in die Organe einer verbundenen Organisation personelle Verflechtungen zwecks Umwelkontrolle zu realisieren. Vgl. Sydow, J.: Netzwerkbildung und Kooptation als Füh- rungsaufgabe, in: HWF, hrsg. von A. Kieser, G. Reber, R. Wunderer, 2. Aufl., Stuttgart 1995, Sp. 1633f.

68 Vgl. zur Netzwerkperspektive Delfmann, W.: Das Netzwerkprinzip als Grundlage integrierter Unternehmensführung, in: Der Integrationsge- danke in der Betriebswirtschaftslehre, hrsg. von W. Delfmann, Wies- baden 1989, S. 95ff.

69 Vgl. Sydow, J.: Netzwerkorganisation, a.a.O., S. 630.

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tegisches Einflußpotential auf die Entscheidungsfindung einzelner Ver- bundbeteiligter durch ihre Prüfungs-, Beratungs- und Regulationsfunktion und auf die Verbundsteuerung insgesamt durch ihre zentrale Position zwi- schen Primärbanken und Zentralbanken bzw. den Verbundunternehmen und Spitzenverbänden.70 Ob der Regionalverband oder vielleicht der je- weilige Spitzenverband (oder aber ein anderes Netzwerkunternehmen) dabei die Funktion einer fokalen Organisation ausübt, und der Verbund damit ein notwendiges Kriterium für das strategische Netzwerk erfüllt, wird im folgenden noch zu prüfen sein.

Unbestritten besitzt der Finanz-Verbund als Ganzes eine strategische Be- deutung für die darin kooperierenden Organisationen, beschränkt sich doch die Zusammenarbeit in beiden Verbundsystemen nicht auf rein ope- rative Aufgaben. Zwar kooperieren die Verbundbanken über Verbandsre- chenzentren vor allem auch im technisch-operativen Bereich, in der Spar- kassenorganisation waren sie sogar mit der Gründung der ersten Girover- bände und deren Girozentralen die Initialzündung für eine verstärkte Ko- operation.71 Mit der Konzeption der Finanz-Verbünde als Allfinanzanbieter geben die Primärbanken darüber hinaus aber einen Teil ihrer unternehme- rischen Souveränität auf, um mit der Kooperation ihre Handlungsmöglich- keiten zu erhöhen.72 Dieses von BOETTCHER als „Paradox der Kooperati- on“73 bezeichnete Phänomen erscheint aus der Netzwerkperspektive mit Blick auf das erzielbare „Mehr“ hybrider Organisationsformen zwischen Markt und Hierarchie erklärbar.74 Die Globalisierung auf den Finanzmärk- ten machte es zudem erforderlich, internationales Großkundengeschäft und Investment-banking-Aktivitäten auf die als Gemeinschaftseinrichtun- gen getragenen Zentralbanken auszugliedern. Die Entscheidungsfreiheit auf lokaler Ebene wird so ergänzt durch die Bündelung der Kapazitäten auf regionaler Ebene, die für einen Know-how-Transfer und kostensen- kende Abwicklung sorgen.75 Strategische Bedeutung für die einzelnen Primärbanken besitzen überdies die indirekt über die Regionalverbände getragenen Spitzenverbände. Auf Bundesebene setzen diese die Eck- punkte für den gemeinsamen Marktauftritt der jeweiligen Bankengruppe und nehmen zusammen mit den zuständigen Regionalverbänden und den

70 Vgl. Güde, U.: Die einzelne Sparkasse im Verbund und Verband, in:

ZfgK, 1992, H. 9, S. 371f.

71 Vgl. Geiger, H.: Verbund in der Sparkassenorganisation, in: HWS, Bd. 4, hrsg. von Deutscher Sparkassenverlag GmbH, Stuttgart 1981, S. 258f.

72 Vgl. Langschied, J.: Der Sparkassenverbund, a.a.O., S. 1.

73 Boettcher, E.: Kooperation und Demokratie in der Wirtschaft, Tübin- gen 1974, S. 42.

74 Siehe hierzu Abschnitt 2.2 in diesem Beitrag.

75 Scholz, C.; Sydow, J.: Banken..., a.a.O., S. 22; Geiger, H.: Ver- bund..., a.a.O. S. 265.

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europäischen Dachverbänden die Interessenvertretung gegenüber dem deutschen bzw. europäischen Gesetzgeber, der Öffentlichkeit und Ver- bänden der Marktgegenseite wahr.76

Die Marktorientierung der beiden Finanz-Verbünde in Konkurrenz unter- einander und zur privaten Bankengruppe manifestiert sich in den bankge- schäftlichen Aktivitäten auf der Primär- und Zentralbankebene sowie im Tätigkeitsfeld der Verbundunternehmen.77 Dieses auch im Verbund selbst nicht mehr negierte Übergewicht der erwerbswirtschaftlichen Ausrichtung

— neben der bedarfswirtschaftlichen Funktion der Sparkassen und Lan- desbanken sowie Genossenschaftsbanken im Rahmen ihrer gruppenspe- zifischen Aufträge — erfüllt die notwendige Netzwerkbedingung der Marktfokussierung. Bei der intermediären Position zwischen Markt und Hierarchie überwiegen marktliche Elemente in beiden Verbünden, auch wenn die Verbundbeteiligten — im Unterschied zur privaten Bankengrup- pe — nach wie vor nur in Ausnahmefällen im Wettbewerb zueinander ste- hen und damit auch das Kriterium der zwar teilweisen kompetitiven, über- wiegend aber engen kooperativen Beziehungen in einem strategischen Netzwerk erfüllen.78 Gleichwohl beanspruchen die rein bedarfswirtschaft- lich ausgerichteten Organisationen im Verbund implizit eine Führungsrolle:

Die Regionalverbände — wie auch die Spitzenverbände — sind von ihrer Konzeption Nonprofit-Organisationen und damit Hilfsbetriebe ihrer Mit- gliedsunternehmen;79 in beiden Verbundsystemen zeigen sie jedoch Züge fokaler Steuerungselemente.

3.2 Verbände als fokale Elemente im Verbundsystem

Durch seinen Nonprofit-Charakter ist für den Verband der Status als hub firm im Sinne einer — erwerbswirtschaftlich orientierten — fokalen Unter- nehmung im Netzwerk „Finanz-Verbund“ ex definitione ausgeschlossen.

Die verbandstypisch fehlende Gewinnorientierung, oder — positiv ausge- drückt — die Orientierung an den Mitgliederbedürfnissen (Sachzieldomi- nanz),80 schränkt die strategische Führerschaft der Regional- oder Spit-

76 Vgl. Grichnik, D.: Bankenverbände, a.a.O., S. 57 und S. 70ff.

77 Vgl. Schröder, G.A.: Der Sparkassenverbund im Wettbewerb, in:

Sparkasse 114. Jg. (1997), H. 12, S. 572ff.; Hoppenstedt, D.H.: Ak- tuelle Fragen und Ziele der Sparkassenorganisation, in: Sparkasse, 116. Jg. (1999), H. 1, S. 16ff.

78 Vgl. Langschied, J.: Der Sparkassenverbund, a.a.O., S: 1f.

79 Vgl. Schwarz, P.: Erfolgsorientiertes Verbands-Management. Band 1:

Grundlagen der Verbandsbetriebslehre und der Verbandsführung, Sankt Augustin 1984, S. 55.

80 Mit Grochla kann man den Verband(s)betrieb als betriebswirtschaftli- chen „Kern“ des Wirtschaftsverbandes bezeichnen. Vgl. Grochla, E.:

Betriebsverband..., a.a.O., S. 175.

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zenverbände im Verbund prima vista ein. Anders als eine idealtypische hub firm besitzt der Regionalverband kein eigenes Gewinnkalkül und auch der Verbund insgesamt weist — wie bereits festgestellt — kein operatio- nalisierbares Zielsystem auf, an dem sich der Verband orientieren könnte.

Zudem fehlen ihm die statutarische Weisungskompetenz gegenüber den Verbundbanken und auch die weisungsgebenden Beteiligungsmehrheiten.

Letztere sind aber notabene keine Voraussetzung für die fokale Position in einem strategischen Netzwerk.81 Die „strategische Dimension“82 des Ver- bandsbetriebes bzw. Wirtschaftsverbandes83 bei der Formierung kollekti- ver Strategien im Verbund basiert vielmehr auf

den sog. reziproken Konnektivitäten im Verbund, die der Verband in sei- nen internen Handlungsstrukturen abbildet, und

auf der Trägerschaft der Willensbildung und der Verbundidentität durch den Verband. Beide Faktoren zusammen bilden das Potential zur strategi- schen Metakoordination, die ein fokales Element im Verbundsystem kenn- zeichnen muß.

(Ad 1) Reziproke Konnektivitäten bezeichnen gegenseitige Abhängigkei- ten der auf multiple Art miteinander vernetzten Elemente eines selbstor- ganisierenden — autopoietischen — Systems.84 Übertragen auf das bankwirtschaftliche Verbundsystem bedeutet dies: Die gegenseitigen Trä- gerschaftsstrukturen der Verbundorganisationen untereinander (Primär- banken — Zentralbanken; Banken — Bankenverbände; Bankenverbände, Zentralbanken — Verbundunternehmen) und die Prüfungs-, Beratungs- und Regelungsfunktion der Bankenverbände im Rahmen ihrer gesetzli- chen Prüfungshoheit und der damit verbundenen Zwangsmitgliedschaft der Verbundbanken aber auch im Rahmen der gruppeneigenen Instituts- sicherungseinrichtungen schaffen komplexe Interdependenzen. Diese ty- pische Eigenschaft autopoietischer Systeme verleiht dem Finanz-Verbund zwar eine netzwerkeigene Stabilität, reduziert aber gleichzeitig die Steue- rungsmöglichkeit des (inter-)organisationalen Wandels eines derartig e- volutionären Netzwerks. Ein mithin auf die „geplante Evolution“ ausge- richtetes — evolutionäres — Management setzt bei der positiven wie ne- gativen Selektion der Netzwerkunternehmungen durch die fokale Organi- sation an.85 Beim Bankenverband wird dieses marktliche Netzwerkelement durch die gesetzliche Zwangsmitgliedschaft der Primärbanken zumindest

81 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 80.

82 Walz, P.: Wirtschaftsverbände und kollektive Unternehmensstrate- gien, München 1994, S. 64.

83 Vgl. Schwarz, P.: Strukturelemente von Wirtschaftsverbänden, in:

Wirtschaftsverbände und ihre Funktion. hrsg. von E.-B. Blümle und P. Schwarz, Darmstadt 1985, S. 428ff.

84 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 255f.

85 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 255.

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in bezug auf den potentiellen Teilnehmerkreis eingeschränkt; welche Bank der Verband aufnimmt und welche Bedingungen er daran knüpft, kann er gleichwohl steuern.86 Des weiteren nimmt der Verband Einfluß auf die Konfiguration des strategischen Netzwerks „Verbund“, das er in seiner internen Handlungsstruktur umfassend abbildet: Die einzelnen Subsyste- me des Verbandes (Mitglieder-Subsysteme, Leitungs-Subsysteme, Reali- sations-Subsysteme)87 spiegeln die organisationale Wirklichkeit des Ver- bundes wider.

(Ad 2) Die bloße Existenz der damit im Verband institutionalisierten Kom- munikations- und Entscheidungsprozesse (Willensbildung) sichert die ex- plizite Formierung kollektiver Strategien88 der Netzwerkunternehmen und ist so notwendige Bedingung für die fokale Position des Verbandes im Verbund. Mangels — umfassender — gesetzlicher bzw. statutarischer Weisungskompetenz ist der Bankenverband aber zudem auf die Akzep- tanz der Entscheidungen des von ehrenamtlichen Vertretern der Mit- gliedsbanken und hauptamtlichen Verbandsfunktionären besetzten dualen Verbandsmanagement89 angewiesen, um die Willensdurchsetzung zu si- chern. Hierzu muß er als hinreichende Bedingung für seine fokale Position eine Verbund- bzw. Netzwerkidentität aufbauen und pflegen, um — nach JARILLO zentral für eine hub firm — für die übrigen Netzwerkunternehmen Vertrauen zu schaffen und Risiko zu internalisieren.90 WALZ formuliert ent- sprechend als originäre Verbandsbetriebsaufgabe die Gestaltung des in- ternen und externen Feldes — hier des Verbundsystems und seines Um- feldes — durch die „Stabilisierung von Erwartungen“ zunächst innerhalb des Verbandes.91 Dies erfolgt dergestalt, daß die Mitgliedsunternehmen Forderungen an den Verband richten, der seinerseits Einfluß auf die Mit- gliedsunternehmen und darüber hinaus auf umfeldrelevante Nicht- Mitglieder ausübt. Die Forderungen müssen Legalität — „Gesetzmäßig- keit“ — besitzen, das heißt gesetzlich und/oder statutarisch begründet sein, und — damit die Satzung nicht als Artefakt verkommt — zusätzlich

86 Umgekehrt ist der freie Ein-/Austritt in beiden Verbünden für die Pri- märbanken restringiert.

87 Vgl. Schwarz, P.: Management in Nonprofit-Organisationen, 2. Aufl., Bern et.al. 1996, S. 108ff. und Blümle, E.-B.: Verbände als Instru- mente der Unternehmensentwicklung, in: Unternehmenswachstum im kühleren Wirtschaftsklima, hrsg. von E. Borschberg, Bern 1977, S. 87ff.

88 Vgl. Walz, P.: Wirtschaftsverbände..., a.a.O., S. 63f.

89 Vg. zum dualen Verbandsmanagement Schwarz, P., Management ..., a.a.O., S. 108ff.

90 Vgl. Jarillo, J.C.: Strategic Netzworks, Creating the bounderless or- ganization, Oxford et. al. 1993, S. 149.

91 Vgl. zum folgenden ausführlich Walz, P.: Wirtschaftsverbände,..., a.a.O, S. 66f.

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durch Legitimität — „Anerkennung“ — seitens der Mitglieder gekennzeich- net sein. Für die Mitgliedsbanken der regionalen Pflichtverbände sind bei- de Attribute in besonderem Maße gegeben: Die gesetzliche Prüfungsho- heit und die statutarische Institutssicherung begründen legale Forderun- gen, die durch die im Verband getroffenen Mitgliedsentscheidungen in Verbindung mit der ausgeprägten Verbundideologie/-identität legitimiert werden. Damit generieren sie für die einzelne Mitgliedsbank die Erwar- tung, daß ihre an den Verband gestellten Forderungen als „autorisierte Prämissen“ für alle Verbundbanken Geltung erlangen und somit konklu- dente Verhaltensweisen im Verbund sichern. Wenngleich auch ohne Ver- band eine derartig gegenseitige Konditionierung möglich wäre, realisiert die Koordinationsform Verband sie zu niedrigeren Transaktionskosten, indem negative Effekte durch Sanktionierung von abweichendem Verhal- ten internalisiert werden.92 Zum Beispiel droht einer Mitgliedsbank im Rahmen der verbundeigenen Institutssicherung eine Sanktionierung durch den regionalen Bankenverband, die von Auflagen für die Geschäftsfüh- rung bis hin zur Fusion und damit zum Verlust der Selbständigkeit reichen können. Umgekehrt besitzten die Mitgliedsbanken auch bei fehlender Austrittsoption die Legitimation, Forderungen an den Verband zu richten und implizit durch Entzug ihrer materiellen (Beiträge) und immateriellen (Informationen, Know-how) Unterstützung auf die Nichtbeachtung hinzu- weisen. Dergestalt wird der Verband(sbetrieb) als formalisierte Hand- lungsstruktur genutzt, um implizite oder explizite Forderungen an die Mit- gliedsbanken zur richten und damit konditionierende Erwartungen zu be- gründen. Der Verbandsbetrieb fungiert mit dieser seiner originären Aufga- be als politisches Element im evolutionären Finanz-Verbundsystem und damit als Nukleus des strategischen Netzwerkmanagement.

4 Strategisches Netzwerkmanagement bankwirtschaftlicher Verbünde

Strategisches Netzwerkmanagement, verstanden als „Management von Evolution“93, wie es für die Verbundsysteme durch die Existenz reziproker Konnektivitäten der Netzwerkorganisationen identifiziert wurde, scheint zwei gegensätzliche Begriffe in sich zu vereinen: Auf der einen Seite „Ma- nagement“ im Sinne von Steuerung, Planung, Gestaltung und damit (Fremd-) Organisation (Allopoiesis) und auf der anderen Seite die durch

92 Vgl. Walz, P., Wirtschaftsverbände..., a.a.O., S. 66; Ringlstetter, M.J.: Organisation von Unternehmen und Unternehmensverbindun- gen, München et.al. 1997, S. 244ff.

93 Staehle, W.H.: Management. Eine verhaltenswissenschaftliche Per- spektive, 6. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 571. Andere Autoren bezeich- nen diesen Sachverhalt als „geplante Evolution“ (Kirsch) oder als

„Guidance“ (Knyphausen, Willke), dem „dritten Weg zwischen Pla- nung und Evolution“. Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 247.

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spontane Entwicklungsprozesse gekennzeichnete „Evolution“ und damit Selbstorganisation (Autopoiesis) von Systemen.94 Letztlich ist diese Di- chotomie aber nur ein präzises Abbild der Netzwerkrealität. Der Grad der Selbstorganisation steigt im Spektrum ökonomischer Koordinationsme- chanismen vom Unternehmen über das Netzwerk bis zum Markt.95 Fi- nanz-Verbünde als strategische Netzwerke, die aus eng miteinander ko- operierenden Verbundpartnern bestehen, dürften auch diesbezüglich als hybride Organisationsformen zwischen Markt und Hierarchie und entspre- chend einem evolutionären Management zwischen Selbstorganisation und Fremdorganisation zu charakterisieren sein. Nicht zuletzt auf diesem Spannungsfeld beruhen die Unsicherheiten in der Diskussion der Ver- bundbeteiligten, ob und wo eine strategische Führung im Verbund zu lo- kalisieren sei.96 Gleichzeitig ist strategisches Netzwerkmanagement Aus- druck des Zusammenspiels von Politik — mit den Assoziationen Macht, Interessen, Inkonsistenzen, Konflikte, Ungleichgewichte — und Evolution als Synonym für Harmonie, Konsistenz, Konsens und Gleichgewicht.

Scheinbar inkommensurabel reflektieren auch Politik und Organisati- on/Evolution das reale Spannungsfeld, indem sich kollektive Strategien als Verkettung der einzelnen Wettbewerbsstrategien der beteiligten Netz- werkunternehmen formieren. Kollektives Handeln im Verbund wird dem- nach nur dann zustandekommen, wenn basierend auf dem realiter existie- renden Konfliktpotential eine Konsensfindung umgesetzt wird.97

4.1 Kollektive Strategien im Verbund

In seiner Eigenart als strategisches Netzwerk ist der Finanz-Verbund ein

„political organism“98, das heißt, weniger noch als in Unternehmungen ist die Strategieformierung Ergebnis hierarchischer Weisungen. Die fokale Organisation muß neben Verhandlungsbereitschaft und –fähigkeit ein

94 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 245f. Die Existenz von Selbstorganisation begründet sich nach klassischem Verständnis aus einer Überforderung des Management und Unzweckmäßigkeit einer Organisation vor dem Hintergrund gestiegener Umweltkomple- xität und –dynamik und begrenztem Zugriff auf das für die (Fremd- )Organisation notwendige Prozeßwissen der Organisationsmitglie- der. Die moderne Systemtheorie sieht dagegen Autonomie, Komple- xität, Selbstreferenz und Redundanz als Erklärungsparameter für die Autopoiesis.

95 Letzeren führt Hayek als Musterbeispiel selbstorganisierender Pro- zesse an. Vgl. Hayek, F.A.v.: Die Theorie komplexer Phänomene, Tübingen 1972.

96 Vgl. Güde, U.: Die einzelne Sparkasse..., a.a.O., S. 370f. und Syndi- kus, W.: Willensbildung..., a.a.O., S. 4.

97 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 260f.

98 Thorelli, H.B.: Networks: ..., a.a.O., S. 40.

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ausgeprägtes Verständnis für die Struktur und Kultur der Netzwerkorgani- sation aufweisen. Die zentrale Kompetenz des Verbandes bzw. Ver- bandsbetriebes ist demnach auch im sog. networking auszumachen, das heißt im Aufbau und in der Pflege formeller und informeller Beziehungen zum Zwecke der Formulierung und Implementierung kollektiver Strukturen und Strategien, die im strategischen Netzwerk noch loser miteinander ver- bunden sind als in einzelnen Organisationen.99 In den beiden bankwirt- schaftlichen Finanz-Verbünden können sie gleichwohl als enger gekoppelt angenommen werden, weisen doch beide Bankengruppen die — für eine enge Bindung im Netzwerk so wichtige100 — ausgeprägte Netzwerkidenti- tät auf und damit die unabdingbare Voraussetzung für eine gemeinsame Strategieformierung. Das Zulassen von Konflikten ist hier auch in bezug auf die tradierten Verbundprinzipien vor dem Hintergrund dynamisch ver- änderter Umfeldbedingungen notwendig, um ein Auseinanderbrechen der Verbundkooperation zu verhindern.

99 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 274.

100 Vgl. Hinterhuber, H.H.; Stahl, H.K.: Unternehmensnetzwerke..., a.a.O., S. 111.

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Abb. 2: Positionierung des Verbandes als fokales Element kollektiver Strategieformierung im Verbund101

Die Formierung kollektiver Strategien im Verbund basiert mithin auf mikro- politischen Prozessen in den einzelnen Verbundorganisationen (Verbän- de, Verbundbanken bzw. –unternehmen) und — in gedanklicher Tren- nung102 — auf makropolitischen Prozessen zwischen diesen einzelnen Netzwerkelementen (vgl. in Abbildung 2 die politischen Systeme103 der Unternehmungen und des Verbandes).104 Die zu bildende kollektive Stra- tegie wird sich dabei immer nur auf Teilbereiche der Wertkette eines Netzwerkunternehmens beschränken.105 Die Kooperation der Primärban- ken im Verbund entsteht so — nach gemeinsamer Formulierung der Ver- bundstrategie — durch Quasi-Externalisierung gleichartiger Aufgaben (vgl.

in Abbildung 2 die schraffierten Flächen) an spezialisierte gemeinschaftlich getragene Einheiten: die Zentralbanken, die Verbundunterehmen und die

101 In Vereinfachung und Modifikation der Darstellung von Walz zur Stellung des Verbandsbetriebes in Wirtschaftsverbänden. Vgl. Walz, P.: Wirtschaftsverbände..., a.a.O. S. 70.

102 Durch die Kooptation, die personnelle Verflechtung, auf Basis der reziproken Konnektivitäten zwischen den einzelnen Netzwerkunter- nehmen, werden diese Prozesse in der Realität iterativ ablaufen.

103 Vgl. hierzu ausführlich Kirsch, W.: Unternehmenspolitik und strategi- sche Unternehmensführung, München 1991, S. 91

104 Vgl. Sydow, J.: Strategische Netzwerke, a.a.O., S. 257ff.

105 Vgl. Walz, P.: Wirtschaftsverbände..., a.a.O., S. 69f.

autorisierte Entscheidungen Unterstützung

Forderungen

politisches System

NETZWERKUNTERNEHMEN B

autorisierte Entscheidungen Unterstützung

Forderungen

politisches System

NETZWERKUNTERNEHMEN A

autorisierte Entscheidungen Unterstützung

Forderungen

politisches System

FOKALE ORGANISATION: VERBAND

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Verbände. Letztere internalisieren die übertragenen Aufgaben in be- grenztem Ausmaß (quasi), verbleibt doch die Möglichkeit der Einflußnah- me für die externalisierenden Banken im Rahmen der makropolitischen Verbundprozesse, aber auch durch hierarchische Koordination, so zum Beispiel qua Weisungsbefugnis der regionalen Sparkassen- und Girover- bände gegenüber den Verbundunternehmen im Auftrag der Sparkassen.

Zunehmend gefordert werden auch marktliche Koordinationsmechanis- men, um die verbundinterne Leistungserstellung an den Marktmechanis- mus zu koppeln und entsprechend effizient zu gestalten. Exemplarisch sei hier auf die IT-Kooperation im Sparkassenverbund verwiesen, die gleich- wohl nur einen begrenzten „Markt“ im Verbund realisiert; externe Anbieter bleiben (noch) weitgehend vor den Netzwerkgrenzen.

Mit der Entscheidung der Netzwerkunternehmen, sich auf bestimmte Kompetenzbündel zu konzentrieren, das heißt ihre unternehmensindividu- ellen Kernkompetenzen als Kombination aus Ressourcen und Fähigkei- ten106 als kollektives Erfolgspotential in die gemeinsame Marktstrategie einzubringen, ist jedoch noch kein Wettbewerbsvorteil realisiert. Denn wenngleich das Netzwerk gegenüber Markt und Hierarchie den Vorteil hat, höhere Freiheitsgrade nicht mit überbordender Komplexität erkaufen zu müssen, hat dieses strategische „Mehr“ seinen Preis. Anstelle einer blo- ßen Kategorisierung und Verkettung technischer Fähigkeiten bzw. Res- sourcen bei Nutzung der anderen Kompetenzen wahlweise über den Markt oder in hierarchischer Ordnung gilt es, durch die fokale Organisation die im Netzwerk vorhandenen Ressourcen auf verschiedenen Handlungs- ebenen zur Verfügung zu stellen und kontinuierlich entsprechend den Markterfordernissen weiterzuentwickeln.107 Im Finanz-Verbund kommt diese zentrale Aufgabe im Netzwerkmanagement dem Verband zu.

4.2 Netzwerkmanagement des Verbandes

Um die Wettbewerbsfähigkeit der Netzwerkunternehmen im Verbund nachhaltig zu verbessern, bedarf es eines auf die Wertsteigerung des Verbundes und seiner Mitglieder ausgerichteten Systems interaktiver und komplementärer Kernkompetenzen. Nach HINTERHUBER/STAHL ist damit maßgeblich die „hub firm“ betraut, die entsprechend einen hohen „organi- satorischen Reifegrad“ besitzen muß der sich durch die Realisierung eines fünfstufigen Kompetenzmodells generieren läßt:108 (1) Die epistemische Kompetenz bezeichnet das Vorhandensein von Expertenwissen, während (2) die heuristische Kompetenz den Transfer des Wissensvorrates auf

106 Vgl. Prahalad, C.K.; Hamel, G.: Nur Kernkompetenzen sichern das Überleben, in: Harvard Manager, 1991, Nr. 2, S. 66ff.

107 Vgl. Hinterhuber, H.H.; Stahl, H.K.: Unternehmensnetzwerke..., a.a.O., S. 102.

108 Vgl. ausführlich Hinterhuber, H.H.; Stahl, H.K.: Unternehmensnetz- werke..., a.a.O., S. 102ff.

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neue Handlungssituationen ermöglicht. (3) Die relationale Kompetenz be- zeichnet die Fähigkeit, durch „multipersonale“ Interaktionen zum Aufbau und Erhalt vielfältiger, langfristig angelegter interorganisationaler Bezie- hungen beizutragen. Auf diesen drei Kernkompetenzen der „hub firm“109 baut (4) die reputationale Kompetenz auf; die Fähigkeit zum Aufbau von

„Reputationskapital“ als Kombination aus Vertrauenswürdigkeit und Anse- hen. (5) Auf höchster Komplexitätsebene bzw. höchstem Reifegrad der Organisation besteht sodann die integrative Kompetenz der „hub firm“ zur Vereinigung der isolierten, individuellen Kompetenzen, die erst als Ganzes die verändernde Wirkung im Netzwerk entfalten können.

Wenngleich dieses idealtypische Kompetenzprofil in seiner Abstraktheit nur schwer auf ein konkretes Fallbeispiel übertragbar erscheint, kann für den Regionalverband im bankwirtschaftlichen Verbundsystem ein grobes Kompetenzprofil skizziert werden. Durch seine fokale Position im Netz- werkverbund und seine Realisations-Subsysteme (Geschäftsbetrieb, Ausschußbetrieb, angeschlossene Betriebe, Dachverbände)110 hat er Zugriff auf einen großen Wissensvorrat und zahlreiche Lösungsheuristiken für unterschiedliche bankwirtschaftliche Problemstellungen („Verband als

‚Nabel‘ — als ‚hub‘ — des Netzwerkmanagements“).111 Dieses Wissen stellt er mittels relationaler Kompetenz im Verbund verfügbar und über- brückt so im Rahmen des boundary spanning räumliche, sachliche und vor allem soziale Distanzen112 („Verband als Netzwerk-Moderator“). Wirksa- mes Instrument im Rahmen dieses boundary spanning ist — wie bereits festgestellt113 — die Kooptation, die der regionalen Genossenschaftsver- band und auch der regionalen Sparkassen- und Giroverband intensiv be- treibt. Zum einen beteiligen sich die Vertreter der Verbundbanken an der Arbeit der einzelnen Verbandssubsysteme;114 andererseits üben die Ver- bandsfunktionäre zahlreiche Mandate für und bei den Mitgliedsbanken aus („Verband als Netzwerk-Administrator“).115 In bezug auf die reputationalen Kompetenz sei auf die — konstatierte — besondere Legalität und Legiti-

109 Hierbei ist zu beachten, daß Kernkompetenzen grundsätzlich idio- synkratischer Natur sind, das heißt nur für eine individuelle — und nicht für das allgemeine Konstrukt — hub firm gelten. Vgl. auch Hin- terhuber, H.H.: Strategische Unternehmensführung, Bd. I, Berlin et.al. 1996, S. 11ff.

110 Vgl. Schwarz, P.: Management ..., a.a.O., S. 164ff.

111 Vgl. zu den Informationsasymmetrien Langschied, J.: Der Sparkas- senverbund, a.a.O., S. 81f.

112 Vgl. Hinterhuber, H.H.; Stahl, H.K.: Unternehmensnetzwerke..., a.a.O., S. 106.

113 Siehe hierzu auch Abschnitt 2.2 in diesem Beitrag.

114 Vgl. Schwarz, P.: Management ..., S. 108ff.

115 Vgl. Wagener, E.: Regionalprinzip..., a.a.O., S. 371.

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