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Archiv "Krise der Ausbildung, Dilemma der Prüfung" (11.06.1981)

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DEUTSCHES

Ä As RZTE BLATT

rz.tliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Krise der Ausbildung, Dilemma der Prüfung

Lebhafte Debatte zum gesamten ärztlichen Themenkreis

Nachdem der markanteste Tagesordnungspunkt des 84. Deutschen Ärztetages in Trier abgehakt war und sich die Wogen ausgiebiger und kontrovers-kämpferischer Diskussionen über geeignete Wege zur Förderung der allgemeinärztlichen Versorgung geglättet hatten (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 23/1981, Seiten 1127 ff.), bot der Tagesordnungspunkt „Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer"

ausgiebig Gelegenheit, den aktuellen und grundsätzlichen Problem- haushalt der Gesundheits- und Sozialpolitik sowie der ärztlichen Berufspolitik zu debattieren. Grundlage der Diskussion war der von Vorstand und Geschäftsführung vorgelegte „Tätigkeitsbericht '81"

der Bundesärztekammer, in welchem auf insgesamt 364 Seiten über Aufgabenbereiche der Geschäftsführung, die Aktivitäten der Füh- rungsgremien, Ausschüsse und Ständigen Konferenzen der Bundes- ärztekammer berichtet worden ist.

Hatten die vorausgegangenen Ärztetage wegen der außerordentli- chen Problemfülle der angeschnittenen Themen des Tätigkeitsbe- richtes zu zeitraubenden und lebhaften Debatten geführt, so konn- ten die zu insgesamt neun Themenkomplexen gebündelten 24 Anträge dieses Mal in sachlich-nüchterner Atmosphäre diskutiert und relativ rasch und problemlos verhandelt werden. Die Beschluß- anträge konzentrierten sich auf die unterschiedlichsten Themenbe- reiche, die unter den übrigen, vorangegangenen Tagesordnungs- punkten überhaupt nicht oder nur bedingt angesprochen werden konnten oder deren Akzentuierung über den Tätigkeitsbericht hin- aus den Delegierten als notwendig erschien. Allerdings bezogen sich einige Sachanträge auch auf Themen, die nicht unmittelbar im Tätigkeitsbericht angesprochen worden sind (die Vorstandsvorlage zur Änderung der „Geschäftsordnung der Deutschen Ärztetage", die auf den nächsten Ärztetag in Münster vertagt worden ist, hatte die Anträge ausschließlich auf den Tätigkeitsbericht konzentriert wissen wollen).

Das Prüfungsdebakel bei den Ärztlichen Vorprüfungen 1981 erhitzte die Gemüter auch beim Trierer Ärztetag. Die „gestandenen Ärzte" im Ärzteparlament bezeichneten es als „skandalös", daß von den rund

84. Deutscher Ärztetag

Die 250 ärztlichen Dele- gierten haben am 21. und 22. Mai 24 Beschlußanträ- ge zu neun Themenkom- plexen beraten. Insgesamt faßte der Ärztetag 18 Reso- lutionen; fünf Vorlagen wurden an den Vorstand der Bundesärztekammer zur weiteren Bearbeitung überwiesen; lediglich ein Antrag ist abgelehnt wor- den. Die zuvor vom 84.

Deutschen Ärztetag gefaß-

ten Beschlüsse zum Thema

Allgemeinmedizin sind be-

reits in Heft 23/1981, Sei-

ten 1130 und 1131, veröf-

fentlicht worden.

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4700 Examenskandidaten zur Ärztlichen Vorprüfung im Frühjahr 56,2 Prozent durchgefallen waren.

Professor Sewering drückte es drastisch aus: „Die Studenten wurden regelrecht reingelegt."

Die äußeren Begleitumstände der hohen Durchfallquote bei der letz- ten ärztlichen Vorprüfung sind sattsam bekannt: Seit dem Au- gust-Termin 1979 gilt eine 60-Pro- zent-Bestehensregel ohne „Auf- fangklausel". Bereits vor der No- vellierung der Approbationsord- nung (vom 3. April 1979) hatte das für die Konzeption der Prüfungs- fragen nach dem M-C-System zu- ständige Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungs- fragen (IMPP) in Mainz das Bun- desministerium für Jugend, Fami- lie und Gesundheit vor einer sol- chen Verschärfung der Beste- hensregel gewarnt. Nach den vom Mainzer Institut erarbeiteten Un- terlagen hätten die damals geplan- te und schließlich sanktionierte Regel bei früheren Examen Mißer- folgsquoten bis zu rund 41 Pro- zent in den Vorprüfungen „produ- ziert". Dennoch habe man die aus- ländischen Erfahrungen ignoriert und die Auffang- beziehungsweise Gleitklausel gänzlich gestrichen.

Prof. Dr. Hans Joachim Sewering, Präsident der Ärztekammer Bay- erns, München, wies auf die aus- ländischen Erfahrungen, insbe- sondere USA, Kanada, England und Japan hin, wo das M-C-Sy- stern für Medizinstudenten keine starren Bestehensregeln kennt. In den USA hat man darüber bereits mehr als 30 Jahre gute Erfah- rungen.

Sofort- und Übergangs- maßnahmen verlangt

Erst kürzlich hatte der vielgeschol- tene Direktor des Mainzer Insti- tuts, Dr. jur. Hans-Joachim Krae- mer, vorgerechnet, daß bei Beibe- haltung einer 18-Prozent-Auffang- klausel beim März-Termin 1981 nicht 56,2 Prozent, sondern viel- mehr nur 18,8 Prozent der Medi- zinstudenten durchgefallen wä- ren. Dies unterstreicht, wie not-

wendig es ist, die 1970 geschaffe- ne Approbationsordnung für Ärz- te, die auf eine wesentlich ge- ringere Studentenzahl zugeschnit- ten war, grundsätzlich zu revidie- ren und möglicherweise zu einer praktikableren „Gleitklausel" zu- rückzukehren.

Insofern wurde insbesondere von Delegierten aus den Reihen des Marburger Bundes als Sofort- und Übergangsmaßnahme eine Emp- fehlung der Gesundheitsminister- konferenz (GMK) vom 28. April und 13. Mai 1981 begrüßt, wonach eine relative Bestehensgrenze wieder eingeführt und untaugliche Prüfungsfragen ausgesondert werden sollen. Die GMK hatte be- kanntlich eine „Reparatur" der Prüfungsergebnisse vorn März 1981 empfohlen, und dabei fol- gende Sofortmaßnahmen ver- langt:

> Jedem Prüfling der ärztlichen Vorprüfung sollen 31 Fragen als richtig beantwortet angerechnet werden. Dadurch sollen die Teil- nehmer des März-Termins nicht schlechter gestellt werden als die Kandidaten der Vorprüfungen seit Einführung der festen Bestehens- regel.

> Die Landesprüfungsämter für Medizin und Pharmazie sollen die Prüfungsergebnisse nach diesen Gesichtspunkten erneut ermitteln und den Kandidaten die Prüfungs- ergebnisse mitteilen.

> Kandidaten, die nach Korrektur der Prüfungsergebnisse die Prü- fung dennoch nicht bestanden ha- ben, sollen eine zusätzliche Wie- derholungsmöglichkeit erhalten.

Die Diskussionen im Ärztetags- plenum verdeutlichten, daß ein Herumkurieren an Symptomen keinen Ausweg aus der verfahre- nen Situation bietet. Einerseits, so argumentierten einige Delegierte, sei das Prüfungsdebakel sicher auch eine Folge der reformierten Oberstufe an den Gymnasien, wo die Möglichkeit der Abwahl wichti- ger Fächer besteht, um zu einer möglichst guten Abiturnote zu ge-

langen. Das extreme Resultat sei auch dadurch zustande gekom- men, daß der Anteil der früher ver- wendeten Fragen von bisher durchschnittlich 25 Prozent auf 21 Prozent gesenkt worden ist. Mut- maßungen, die verschärften Prü- fungen seien ein wirklicher oder vermeintlicher zweiter Numerus clausus, um die „Ärzteschwem- me" abzuwehren oder sie zumin- dest auf ein vertretbares Maß im Hinblick auf die späteren vermin- derten Berufserwartungen zu re- duzieren, wies Präsident Vilmar zurück. Die Bundesärztekammer habe sich zwar für die 60-Prozent- Bestehensregel, aber nicht für die Abschaffung der sogenannten Gleitklausel ausgesprochen.

Dr. med. Gerhard Löwenstein, Er- ster Vorsitzender der Kassenärztli- chen Vereinigung Hessen (Frank- furt), setzte sich in einem Antrag vehement dafür ein, die naturwis- senschaftlichen Fächer in den Gymnasien aufzuwerten und diese für obligatorisch zu erklären, denn schließlich seien sie eine essen- tielle Grundlage für ein immer noch naturwissenschaftlich aus- gerichtetes Medizinstudium. Die- ser Argumentation widersprach Prof. Dr. med. Jan-Dieter Murken (Ottobrunn), der eine Rundumbil- dung aller Gymnasiasten forderte.

Die Meinungsströmungen der De- legierten oszillierten zwischen der Auffassung, das Multiple-choice- Verfahren aus dem Medizinstu- dium ganz zu verbannen, bis hin zu der als im Massenstudium nicht realisierbar bezeichneten Mei- nung, während des gesamten Stu- diums mündlich zu prüfen und am Schluß noch eine mündliche Hauptprüfung „daraufzusetzen"

(so Dr. med. Hans-Joachim Lutz, Germering). Der „Schock" der ho- hen Durchfallquote beim Früh- jahrsphysikum dürfe jedoch nicht dazu führen, so eine andere Mei- nung, das „Kind mit dem Bade auszuschütten". Und Professor Ulrich Kanzow, Solingen, steuerte ein Bonmot bei: „Gute Abiturno- ten schaden niemandem; Intelli- genz ist für das Medizinstudium vorteilhaft."

1182 Heft 24 vom 11. Juni 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Ursachen der Ausbildungs- und Prüfungsmisere beseitigen Bei der Beurteilung beider alterna- tiven Anträge zu dem Komplex

"Ausbildung" meinten die Dele- gierten mehrheitlich, daß der von Frau Professor Dr. med. Meta Alexander und Kollegen (Ärzte- kammer Berlin) eingebrachte An- trag einen entscheidenden Nach- teil hätte, nämlich die Verantwor- tung für die Prüfung den Hoch- schulen fast ausschließlich zu übertragen.

Nachdem die Meinungen ausge- tauscht waren, kristallisierte sich mehrheitlich· ein Votum für den von Professor Dr. med. Wilhelm Heim (Präsident der Ärztekammer Berlin und Mitglied des Präsi- diums der Bundesärztekammer) eingebrachten Entschließungsan- trag heraus:

..,.. Im Beschluß Nr. 1 (mit 112 ge- gen 88 Stimmen bei 3 Enthaltun- gen gebilligt) werden die Verant- wortlichen aufgefordert, die Ursa- chen des derzeit stark kritisierten Ausbildungs- und Prüfungswe- sens zu beseitigen. Uberhastete NoveNierungsbeschlüsse sollten dabei vermieden werden. Da- durch, daß einzelne Hochschulen

Beim 84. Deutschen Ärztetag ging es gar nicht so heiß her, wie die "Hemdsär- meligkeit" vieler Delegierter während der Plenarberatungen (Bild oben) ver- muten läßt; vielmehr waren die Außen- und Innentemperaturen sommerlich heiß. Ein Hoch verzeichnete auch die Öffentlichkeitswirkung dieses Ärzteta- ges, an dem mehr als hundert Journali·

sten der Fach· und Tagespresse teil- nahmen. Bild Mitte rechts: Der Präsi- dent der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages, Dr. Karsten VII·

mar, bei einem der zahlreichen Inter- views dieser Veranstaltungswoche. Bild unten: Reges Frage- und Antwortspiel bei einer der mittäglichen Pressekonfe- renzen des Ärztetages in Trier

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an der Prüfung beteiligt werden, soll eine Rückkoppelung über Lehr- und Lerninhalte für Lehren- de und Lernende bewirkt werden.

Darüber hinaus würde dadurch si- chergestellt werden, daß die in der Approbationsordnung vorgesehe-

nen studienbegleitenden prakti- schen Prüfungen auch tatsächlich durchgeführt werden. Die bishe- rige Bestehensregel soll um ei- ne angemessene Standardabwei- chung ergänzt werden.

An den Vorstand überwiesen wur- de ein Antrag von Dr. med. Georg Martin und Kollegen, der für ein ausgewogeneres Verhältnis von mündlichen zu schriftlichen Prü- fungen votierte. Es solle sicherge- stellt werden, daß die schriftliche und mündliche Prüfung aller Ab- schnitte der ärztlichen Prüfung in ihrer Gewichtung je 50 Prozent ausmachen. Dabei sollten schlechte Ergebnisse des einen durch einen anderen Prüfungsteil kompensiert werden können, hieß es in der Entschließung. Unterstri- chen wurde dieses Anliegen durch zwei angenommene Entschließun- gen, die auf die Verwirklichung des Hauptbeschlusses drängten und den Vorstand der BÄK auffor- derten, beim nächsten Deutschen Ärztetag über die Realisationser- folge zu berichten (Präsident Vil- mar: eine Selbstverständlichkeit, die nicht nur den Vorstandsgre- mien, sondern jedem Mandatsträ- ger an der Basis aufgetragen ist).

Befürwortet wurde auch ein von Dr. med. Ingo Döker (Delegierter der Bayerischen Landesärztekam- mer, Unterhaching) eingebrachter und begründeter Antrag; dieser setzt sich dafür ein, daß in den Studienplänen und im Lehrange- bot der Hochschulen eine eigen- ständige Hauptvorlesung „Ärztli- che Rechts- und Berufskunde" an- geboten wird.

Zu dem Komplex „Ausbildungs- und Prüfungsreform" wurden vier weitere Anträge an den BÄK-Vor- stand überwiesen. Drei Anträge zielten auf eine praxisnähere Aus-

richtung des derzeitigen Prü- fungsverfahrens und auf eine Be- seitigung der bei den diesjährigen ärztlichen Vorprüfungen zutage getretenen offensichtlichen Män- gel.

Der überwiesene Antrag von Prof.

Dr. med. Werner Stucke und Kolle- gen (Ärztekammer Niedersachsen) konstatierte: „Das Medizinstu- dium sollte so gestaltet sein, daß im Verlaufe des Studiums, aufbau- end auf einem Grundwissen, Kön- nens- und Verhaltensqualitäten vermittelt werden." Dieser Satz unterstreicht den Grundtenor vie- ler Diskussionsbeiträge: Nicht der

„Einser-Abiturient", nicht der Stu- dent, der Lehrbuchwissen perfekt auswendig lernt und einen Kreuz- worträtseltest gut besteht, wird voraussichtlich ein „guter" Arzt, sondern derjenige, der bereits während des Studiums beweist, daß er manuelle Fertigkeiten be- sitzt, sich sozial engagieren kann und naturwissenschaftliche sowie psychosoziale Zusammenhänge rasch analysieren und umsetzen kann.

Klare Bekenntnisse

zu wichtigen Grundsatzfragen In mehreren weiteren fast einmü- tig angenommenen Entschließun- gen, bezieht der Ärztetag Position zu aktuellen gesundheits- und be- rufspolitischen Fragen.

Scharf kritisiert wurde die Praxis des Bundesverteidigungsministe- riums, die Weiterbildung zum Ge- bietsarzt zu einer „Fachaus- bildung" umzufunktionieren. In keinem anderen Bereich sei die Weiterbildung eine „Fachausbil- dung", kommentierte der für die Annahme plädierende Geschäfts- führende Arzt der Bundesärzte- kammer Dr. Hans-Peter Brauer. In mehreren Eingaben hat die Bun- desärztekammer bereits auf sol- che Miß-Titulierung hingewiesen und rasche Abhilfe verlangt. Das Plenum stellte fest: Sanitätsoffi- ziere sind nach der Approbation (der Bestallung) und nach Beför-

derung zum Stabsarzt keine „Aus- zubildenden" oder „Fachauszubil- denden". Mehr Einsicht in die all- gemeine Rechtspraxis, so ein wei- terer Kommentar, wäre ein Beitrag zur Behebung des Ärztemangels bei der Bundeswehr.

Mit „Glanz und Gloria" durchge- fallen ist ein Antrag von Prof. Dr.

med. Horst Kuni (Marburg), der die Weiterbildungsordnungen derge- stalt geändert wissen wollte, daß sich der weitergebildete Arzt ent- weder „Arzt für Allgemeinmedi- zin" (Allgemeinmediziner) oder

„Praktischer Arzt" titulieren kann.

Diesen Vorschlag werteten viele Delegierte als eine Diskriminie- rung des heute weithin anerkann- ten und draußen erfolgreich täti- gen praktischen Arztes.

Aktive Sterbehilfe abgelehnt

Wie „Selbstgänger" hieß der Deutsche Ärztetag einige Ent- schließungsanträge gut, die sich mit dem Komplex „Sterbehil- fe, Zwangsbehandlung/Zwangser- nährung" sowie der „ärztlichen Schweigepflicht" befaßten.

Die Entschließungsanträge, von Delegierten aus Kreisen des Mar- burger Bundes vorbereitet und im Plenum begründet, lehnen die von der neugegründeten Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben e. V. (nach Eigenangaben derzeit rund 1000 Mitglieder) geforderte Erlaubnis auf einen „Gnadentod"

ab. Die aktive Tötung eines Men- schen könne und dürfe nicht zu einer ärztlichen Aufgabe erklärt werden. Unberührt bleibe aller- dings die Aufgabe des Arztes, Hilfe beim Sterben zu leisten. Nach Mei- nung des Ärztetages gehört es zu den selbstverständlichen ärztli- chen Aufgaben, dafür zu sorgen, daß Menschen in Würde sterben können. Er warnte aber davor, je- de intensivtherapeutische Maß- nahme pauschal als „unwürdige Handlungen an Sterbenden" zu definieren und so die Öffentlich- keit zu verunsichern.

1184 Heft 24 vom 11. Juni 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Ebenso nachdrücklich wandte sich der Ärztetag gegen Zwangs- behandlungen und damit auch ge- gen Zwangsernährung durch Ärzte .

.,.. Die Pflicht eines Arztes, Leben zu erhalten, finde dort ihre Gren- zen, wo ein eindeutiger und freier Entschluß eines Menschen vorlie- ge, ärztliche Behandlungen nicht anzunehmen oder sich sogar aktiv zu widersetzen.

ln einem Appell an alle Ärzte in der Bundesrepublik wandten sich die Delegierten des 84. Deutschen Ärztetages gegen jeden Versuch, die ärztliche Schweigepflicht aus- zuhöhlen. ln einer darauf zielen- den Entschließung (von Dr. med. Otfrid P. Schaefer, Kassel, einge- bracht) wird auf das steigende In- teresse an Daten für die Planung des Gesundheitswesens hingewie- sen. Es dürfe nicht zu einer Miß- achtung des Rechts des Patienten an seinen eigenen Daten kommen. Das Problem besteht vor allem darin, daß Daten ausgewertet und für wissenschaftliche Zwecke ver- wendet würden, für die sie ur- sprünglich gar nicht erhoben wor-

den sind. !>

Trier als Tagungsort gefiel allen Ärztetagsteilnehmern und -gästen sehr. ln impo- nierendem Rahmen veranstaltete die Landesregierung einen Empfang. Bild oben:

Sozialminister Dr. Georg Gölter bei der Begrüßung im Kurfürstlichen Palais. Bild unten: Empfang der Bezirksärztekammer Trier im Rheinischen Landesmuseum in Anwesenheit des neuen Trierer Bischofs Dr. Spital

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tient und Arzt ein „therapeuti- sches Bündnis" bildeten. Informa- tion und Prognosen sollten dem Patienten dosiert eröffnet werden.

Überwiesen wurden zwei Anträge, die speziell die kontrollierte Nach- sorge von krebskranken Patienten (u. a. Krebsnachsorgepaß und Ter- minkalender) beinhalteten.

Krankenhausfinanzierung:

Mitspracherechte für Ärzte Zwei mit großer Mehrheit ange- nommene Anträge bündeln die ärztlichen Essentials zur Ände- rung des Krankenhausfinanzie- rungsgesetzes von 1972: In einem von Frau Dr. med. Ingrid Hassel- blatt, Frankfurt, formulierten An- trag werden die Gesundheits- und Sozialpolitiker aufgefordert, die Ärzteschaft (einschließlich der Be- legärzte) bei allen wesentlichen Fragen der Krankenhausfinanzie- rung und -planung unmittelbar als Sachverständige und Hauptbetrof- fene zu beteiligen. Anhörungs- rechte allein genügten nicht. Die Ärzteschaft erwartet, daß die am 5. Juni 1981 im Bundesrat be- handelte Novelle eines „Kranken- haus-Kostendämpfungsgesetzes"

(KHKG) substantiell geändert und den ärztlichen Anliegen voll Rech- nung getragen wird.

Auch für die Ärzte in der pharma- zeutischen Industrie wurden volle Mitspracherechte verlangt. Es müsse gesetzlich festgelegt wer- den, daß die Verantwortung für den Inhalt von Arzneimittelinfor- mationen und die Einhaltung der diesbezüglichen Vorschriften des Arzneimittelgesetzes (AMG) einem Arzt zu übertragen sei.

Schließlich begrüßte der Ärztetag einen Antrag, der sich für einen verbesserten Krankentransport in

Fußgängerzonen einsetzt.

Und zu guter Letzt wird die Tarif- vergünstigung nach § 34 Einkom- mensteuergesetz (Nebentätigkeit) als unverzichtbar und im Ver- gleich zu den übrigen Berufsgrup- pen auch als steuerlich gerecht- fertigt bezeichnet. HC

18 Resolutionen:

Von „Ausbildung"

bis „Weiterbildung"

Keine übereilten Beschlüsse

bei der Novellierung der Approbationsordnung

❑ „Die Ergebnisse der ärztlichen Vorprüfungen in diesem Jahr ver- deutlichen die schon seit Jahren be- kannten Schwierigkeiten der Ausbil- dungssituation in der Bundesrepu- blik Deutschland, die durch Mängel im Ausbildungssystem und -die be- kanntermaßen zu hohen Studenten- zahlen verursacht worden sind. In der aktuellen Frage der Neuordnung des Prüfungswesens bei der Ausbil- dung zum Arzt warnt der 84. Deut- sche Ärztetag davor, durch überha- stete Novellierungsbeschlüsse nur Symptome zu kurieren, nicht aber Ursachen zu beseitigen.

Da während des Studiums der Me- dizin die ursprünglich geplanten studienbegleitenden praktischen Prüfungen wegen der viel zu hohen Studentenzahlen nicht in der vorge- sehenen Form durchgeführt werden können, bleiben allein die schriftli- chen Prüfungen nach dem Antwort- Wahl-Verfahren als Leistungskon- trolle, die aber in der jetzigen Form einen negativen Einfluß auf das Lernverhalten der Studenten haben.

So erfordern die Prüfungsvorberei- tungen die Konzentration auf Ge- genstand- und Fragenkataloge, Skripten und weiteres prüfungsrele- vantes Material, das die systemati- sche, breitangelegte Wissenserar- beitung erschwert.

Eine Novellierung der Approba- tionsordnung für Arzte und die An- wendung des schriftlichen Prü- fungssystems sollte diesen grund- sätzlichen Einwänden Rechnung tragen und folgende Aspekte be-

rücksichtigen:

An den bevorstehenden Weltärzte- tag in Lissabon richtete der Ärzte- tag eine Resolution, in der sich die deutschen Ärzte mit allen Ärzten solidarisch erklären, die einen Zwang zur Teilnahme an Hinrich- tungen oder Folterungen sowie ei- ne Anwendung von psychischem und physischem Zwang ablehnen.

Überhaupt spielten medizinisch- ethische Fragen bei diesem Ärzte- tag eine wesentliche Rolle. Es wurde angeregt, daß sich künftige Ärztetage mit dieser Thematik aus- führlich befassen sollten.

Eine Lanze für die Vorsorge Die gesundheitliche Aufklärung als Voraussetzung für wirksame Früherkennungsmaßnahmen wur- de in einem umfassenden Antrag unterstrichen. Die Krankenkassen sollten Scheine, die zur kostenlo- sen Teilnahme an Vorsorgeunter- suchungen berechtigen, dem Ver- sicherten unaufgefordert zu dem Zeitpunkt zusenden, an dem wie- der eine Untersuchung fällig ist.

Der vom Arbeitskreis der „Großen Krebskonferenz" beim Bundesmi- nisterium für Jugend, Familie und Gesundheit entwickelte Fragebo- gen, mit dem Warnzeichen für Krebserkrankungen festgestellt werden können, sollte von allen Ärzten benutzt und ihnen kosten- los zur Verfügung gestellt werden, weil er die Inanspruchnahme von Untersuchungen als das bisherige Merkmal fördern könne.

Dr. med. Werner Viergutz (Bun- desvorstandsmitglied des NAV), Delegierter der Ärztekammer Nordrhein, erläuterte den Frage- bogen und wies darauf hin, daß tunlichst das Wort „Krebs" ver- mieden wurde, um den medizini- schen Laien unnötige Krebsangst zu nehmen. Dr. med. Jürgen Bausch (Delegierter der Ärztekam- mer Hessen; Bad Soden) regte ei- ne Aktion „Kosten-Nutzen-Analy- se" an, um festzustellen, ob die Vorsorgeaktion wirksam sei und keine psychischen Schäden dar- aus resultierten. Entscheidend bei der Durchsetzung von Früherken- nungsprogrammen sei, daß Pa-

1186 Heft 24 vom 11. Juni 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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