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Deutsche Schafwolle - Dämmstoff der Zukunft?

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NACHWACHSENDE ROHSTOFFE

260

58 LANDTECHNIK 4/2003

Hansjörg Wieland und Franz-Josef Bockisch, Braunschweig

Deutsche Schafwolle - Dämmstoff mit Zukunft?

D

ämmstoffe aus Schafwolle gibt es schon seit längerer Zeit auf dem Markt.

Diese Produkte (meist als Vliese) werden aufgrund der guten Dämmeigenschaften meist in die Wärmeleitfähigkeitsgruppe (WLG) 040 eingeordnet und sind damit durchaus vergleichbar mit konventionellen Dämmstoffen. Im Vergleich mit diesen Pro- dukten weisen diese Dämmstoffe aufgrund ihrer besseren Wasserspeichermöglichkeiten (Bild 1) jedoch ein besseres Feuchteaufnah- me- und -abgabeverhalten auf (Bild 2). Dies führt zu einem positiven Einfluss auf das Raumklima. Verwendet werden hierfür je- doch im Allgemeinen hoch aufgearbeitete Fasern, die einen aufwendigen Reinigungs- prozess durchlaufen haben. Weiter kommt hinzu, dass Schafwolle aufgrund seiner an- deren chemischen Struktur, es handelt sich gegenüber Dämmstoffen aus pflanzlichen nachwachsenden Rohstoffen um ein Poly- peptid - nicht um ein Polysaccharid - einen besonderen Schutz benötigt. Wie allgemein bekannt, sind Textilien aus Wolle anfällig ge- gen Kleidermotten und Teppichkäfer, glei- ches gilt für Dämmstoffe aus Wolle oder Mischungen daraus. Deshalb wird vom Ge- setzgeber ein Test auf Mottensicherheit vor- geschrieben. Um eine Zerstörung der Dämmstoffe zu verhindern, ist meist der Einsatz von insektiziden Stoffen wie etwa Mittin-FF notwendig.

Die Folge ist ein deutlich erhöhter Preis gegenüber anderen Produkten aus konven- tionellen als auch nachwachsenden oder recycelten Rohstoffen wie Flachs, Hanf oder Zellulose. Zelluloseflocken (Einblasdämm- stoffe) sind schon für 50 bis 60 € pro m3zu kaufen, während Schafwolldämmstoffe erst ab ~ 180 € pro m3erhältlich sind. Wie die Er- gebnisse der Studie zu “Möglichkeiten und Chancen von heimischen nachwachsenden Rohstoffen zur Nutzung als Dämm-Materi- al” zeigten, hat jedoch der Preis einen we- sentlichen Einfluss auf das Käuferverhalten.

Dies wirkt sich trotz gestiegenem Umwelt- bewufltsein auf die Absatzmengen von Dämmstoffen aus Schafwolle negativ aus.

Ein möglicher Ansatzpunkt wäre eine Re- duktion der Aufarbeitung der Schafwolle und damit eine deutliche Kostenreduktion.

Gedacht wird an die Verwendung einer nur vom Schmutz befreiten Rohwolle, dann könnte auch Wolle von Schafrassen verwen- det werden, die sich kaum oder gar nicht für die Herstellung von Textilien eignet.

Untersuchungen zur Wärmeleitfähigkeit (WLF)

Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit einer Firma, die im Bereich Dämmstoffe aus nach- wachsenden Rohstoffe und Sanierung tätig ist, wurden erste Versuche zur Nutzung von Rohwolle unternommen. Eine Möglichkeit besteht im Einsatz von Schafwolle als Ein- blasdämmstoff in Verbindung mit pflanzli- chen Kurzfasern etwa von Hanf oder Flachs.

Durch die Mischung dieser beiden Kompo- nenten können die Eigenschaften (Wärme- leitfähigkeit, Einblaseigenschaft, Dichte, Feuchteverhalten) der späteren Produkte verändert und damit auch verbessert werden.

Schafwolle wird schon seit Jahr- tausenden zur Herstellung von Tex- tilien verwendet. Der größte Teil der hierfür verwendeten Wolle wird aus dem Ausland importiert, da diese billiger ist als Wolle aus ein- heimischer Produktion. Die deut- schen Schafhalter haben dadurch Probleme ihre Schafwolle abzu- setzten. Teilweise können die durch das Scheren anfallenden Kosten nicht durch den Verkauf erlöst wer- den. Ein verbessertes Einkommen könnte sich jedoch durch eine Ver- marktung von Wolle ergeben, die sich nicht zur Textilherstellung eig- net. Hierfür bietet sich eine Ver- wendung im Dämmstoffbereich an, da Schafwolle gute isolierende Ei- genschaften besitzt.

Dipl.-Biol. Hansjörg Wieland ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Prof. Dr. F.-J. Bockisch ist Instituts- leiter am Institut für Betriebstechnik und Baufor- schung, der Bundesforschungsanstalt für Landwirt- schaft (FAL), Bundesallee 50, 38116 Braunschweig;

e-mail: franz.bockisch@fal.de

Schlüsselwörter

Schafwolle, nachwachsende Rohstoffe, Dämmstoff, Wärmeleitfähigkeit, Feuchtigkeitsverhalten

Keywords

Sheep wool, renewable raw materials, insulation material, thermal conductivity, reaction to moisture

Bild 1: Wassergehalt von Schafwolle in Abhän- gigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Vergleich zu anderen natürlichen oder recycel- ten Materialien

Fig. 1: Moisture content of sheep wool dversus temperature and humidity in comparison with other natural or recycled materials

(2)

Erste Versuche wurden zum Einfluss der Mischung auf die Wärmeleitfähigkeit vorge- nommen. Hierzu sind verschiedene Mi- schungen von Schafwolle und Hanffasern untersucht worden. Die Messungen erfolg- ten nach DIN 52 612. Hierbei wird zuerst die WLF der Proben im feuchten Zustand (λ10; f.) gemessen, nach anschließender Trocknung wird die WLF im trockenem Zustand (λ10; tr.) berechnet. Abschließend erfolgt ein pau- schaler Aufschlag für einen Feuchtigkeitsge- halt von 20 %, dieser ergibt den Wert für λZ und die Eingruppierung in die WLG. Die Er- gebnisse zeigten, dass sich ein erhöhter An- teil an Schafwollfasern positiv auf eine ver- besserte Wärmeleitfähigkeit auswirkt. Bei gleicher Materialdichte von 30 kg/m3 im nicht getrockneten Zustand wiesen Mi- schungen von 50/50 Gew. % (λZ = 0,055 W/m•K) eine um etwa 18 % höhere WLF ge- genüber Mischungen von 60/40 Gew. % (λZ

= 0,047 W/m•K) auf. Dies korreliert mit Er- gebnissen, nach denen Dämmstoffe aus rei- ner Wolle meist eine niedrigere Wärmeleit- fähigkeit bei gleicher Dichte haben als Dämmstoffe aus pflanzlichen Fasern (Flachs und Hanf).

Ein weiterer Untersuchungsschwerpunkt war der Einfluss der Dichte auf die Wärme- leitfähigkeit. Ziel ist die Bestimmung der optimalen Dichte im Verhältnis zur Wärme- leitfähigkeit. Getestet wurde zuerst eine 50 % Mischung von Schafwolle und Hanffa- sern. Die Wärmeleitfähigkeit fällt von einem Wert von λ10; tr. = 0,047 W/m•K bei 22,3 kg/m3 Trockengewicht (TG) auf 0,032 W/m•K bei 62,5 kg/m3. Die Kurve zeigt ei- nen sigmoiden Verlauf. Schon bei einer Dichte von 40 kg/m3TG wird ein Wert von 0,037 erreicht (Bild 3). Dies würde eine Ein- gruppierung in die Wärmeleitfähigkeits- gruppe (WLG) 045 ermöglichen. Dichten von über 60 kg/m3TG sogar in die WLG

040, vergleichbar mit Dämmstoffen aus rei- ner Wolle, etwa Fasermatten. Aufgrund der Ausgangsmaterialien kann hier mit einem geringeren Preis gerechnet werden.

Bei der Verwendung von Schafwolle/

Pflanzenfaser-Gemischen als Einblasdämm- stoff werden die Fasern miteinander vermah- len, bis sie die gewünschte Feinheit haben.

Hiermit kann man Einfluss auf das Rück- stell- und das Setzungsverhalten der Produk- te nehmen. Ein wichtiger Punkt, wenn man sieht, welchen Einfluss die Dichte auf die Wärmeleitfähigkeit hat. Eine weitere Mög- lichkeit der Verwendung von Schafwolle ist der Einsatz gesäuberter Langfasern als Dämmstrick (zur Wanddämmung oder Fu- gendämmung bei Türen und Fenstern) ohne die Beimengung von Pflanzenfasern, die ei- ne hierfür notwendige Länge nur bei hoher Qualität erreichen. Dies wäre für diese An- wendung zu teuer.

Für die Dämmstricke werden die Schaf- wollfasern mit Hilfe eines Haltefadens ver- drillt und erreichen so eine als Dämmstoff verwendbare Form. Eine Probe dieses Mate- rials aus Grobwolle wurde auf seine Dämm- eigenschaften getestet. Bei einer Dichte von etwa 35 kg/m3 TG wurde eine WLF von λ10; tr.= 0,034 gemessen, das Material gehört also in die WLG 040 und weist damit bei ge-

ringerer Dichte eine niedrigere Wärmeleit- fähigkeit als der Einblasdämmstoff auf, ver- braucht jedoch mehr Schafwolle pro m3.

Fazit

Da Schafwolle aus deutscher Produktion kaum noch Absatz findet und deshalb dieses Material sehr preiswert ist, bietet es sich für die Herstellung von Dämmstoffen an, die den Anforderungen des Marktes an Qualität und Preis gerecht werden. Der Marktanteil von Schafwollprodukten am Dämmstoff- markt (Gesamtvolumen ~ 33 Mio. m3/Jahr) beträgt zurzeit nur etwa 0,2 %. Schafwolle kann auch in Verbindung mit pflanzlichen Fasern zu preiswerten und damit konkur- renzfähigen Produkten verarbeitet werden.

Erste Untersuchungen zur Wärmeleitfähig- keit verschiedener Verarbeitungsformen so- wie die bisherigen Erkenntnisse zu Eigen- schaften (Feuchteverhalten) von Schafwolle zeigen, dass hier ein gangbarer Weg für die Nutzung dieser Schafwolle möglich ist. Des Weiteren könnten Produkte entwickelt wer- den, die aufgrund der auf das Notwendigste beschränkten Verarbeitung eine gute Ökobi- lanz aufweisen würden und neben den Ener- gieeinsparungen bei der Produktion und der Nutzung eine positive CO2-Bilanz hätten.

Literatur

[1] Murphy, D. P. L., F.-J. Bockisch und A. Schäfer-Menuhr (Hrsg.): Möglichkeiten und Chancen von heimi- schen nachwachsenden Rohstoffen zur Nutzung als Dämm-Material. Landbauforschung Völken- rode, Sonderheft 203, (1999), ISBN 3-933140-25-0 [2] Bockisch, F.-J., H. Wieland, W. Groth und D. P. L.

Murphy: Beurteilung der raumklimatischen Wirkungen von Dämmstoffen aus nachwachsen- den Rohstoffen. Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 221, (2000), ISBN 3-933140-43-9.

[3] Ahlgrimm, H.-J., F.-J. Bockisch, H. Böhme, A. Bramm, U. Dämmgen, G. Flachowsky, O. Heinemeyer, F.

Höppner, D.P.L. Murphy,J. Rogasik, M. Röver und S.

Sohler:Bewertung von Verfahren der ökologi- schen und konventionellen landwirtschaftlichen Produktion im Hinblick auf den Energieeinsatz und bestimmte Schadgasemissionen. Landbau- forschung Völkenrode, Sonderheft 211, (2000), ISBN 3-933140-33-1

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Bild 2: Feuchte- auf- und -ab- nahmeverhalten von Schafwoll- dämmstoffen im Vergleich zu einem Flachs- und einem Min- eralfaserprodukt Fig. 2: Moisture absorption and moisture diffusi- on of sheep wool in compar- son with insulati- on materials made from a flax product and a mineral wool product Bild 3: Abhängigkeit der Wärme- leitfähigkeit eines Einblasdämm- stoffes bestehend aus 50 % Schafwollfasern und 50 % Hanffasern von der Dichte Fig. 3: Thermal conductivity versus density of a „blow-in“

insulation materia,l made from 50 % sheep wool fibre and 50 % hemp fibre

Referenzen

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