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Archiv "Fehlermeldesysteme: Schweiz als Vorreiter" (23.01.2004)

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ehandlungsfehler bleiben auch im ärztlichen Alltag nicht aus. Geredet wird darüber jedoch selten, weil sie noch immer negativ behaftet sind. Pas- sieren Fehler, müssen Ärzte allein da- mit zurechtkommen – noch. Denn Wis- senschaftler vom Institut für Allge- meinmedizin der Universität Kiel pla- nen nach ersten Erfahrungen mit einer internationalen Pilotstudie, ein flächen- deckendes Fehlerberichtssystem für Hausarztpraxen einzuführen.Auch Bun- desärztekammer (BÄK) und Kassen- ärztliche Bundesvereinigung (KBV) diskutieren eine Ausweitung des schwei- zerischen Fehlermeldesystems „Critical Incident Reporting System“ (CIRS) auf Deutschland.

„Anonymität gewährleistet“

Das Zwischenfall-Berichtssystem, das vom Department Anästhesie der Uni- versitätskliniken Basel unter Leitung von Prof. Daniel Scheidegger ent- wickelt wurde1, konnte zunächst nur in- tern genutzt werden. Nach zwei großen ärztlichen Behandlungsfehlern forderte die Schweizer Presse eine landesweite Nutzung von CIRS. Inzwischen können sämtliche Berufsgruppen aus dem Ge- sundheitswesen auf der Internetseite www.cirsmedical.org anonym über kri- tische Zwischenfälle berichten. Alle Angaben, die von berechtigten Nutzern gemacht werden, können eingesehen und elektronisch diskutiert werden.

„Dabei sind die Fragen zum Berichter- statter und Verursacher so allgemein gehalten, dass sich keine Rückschlüsse auf eine bestimmte Person ziehen las- sen“, sagte Prof. Daniel Scheidegger ge- genüber dem Deutschen Ärzteblatt.

Die Gefahr, dass Cirsmedical-Daten in einem Strafprozess gegen eine Person

verwendet werden könnten, schließt der Schweizer damit aus. Darüber hin- aus lösche das Basler Universitätsre- chenzentrum, bei dem die Daten einge- hen, umgehend die Adresse des Absen- ders. „Die Universität hat als unabhän- gige Einrichtung kein Interesse daran, etwas mit den Daten anzufangen“, so Scheidegger.

Die Eingabemaske enthält nur weni- ge Fragen zum Berichterstatter und zum Patienten, wohingegen das Ereig- nis und die Einschätzung des Zwischen- falls ausführlicher beschrieben werden müssen. So hat der Berichterstatter bei- spielsweise anzugeben, wo sich der kri- tische Zwischenfall ereignet hat, zu wel- cher Berufsgruppe sich der Verursacher zählt, welcher Zwischenfall vorliegt und wie der Verursacher mit der Situation umgegegangen ist. Darüber hinaus soll eingeschätzt werden, was zu dem Zwi- schenfall geführt hat und welche Team- und Zeitfaktoren dabei eine Rolle ge- spielt haben könnten. Die Daten wer- den gesammelt, strukturiert und ausge- wertet. Eine Veröffentlichung der Er- gebnisse liegt bisher aufgrund der unzu- reichenden Datenmenge noch nicht vor, ist jedoch geplant.

Zumindest in diesem Punkt sind die Kieler Allgemeinmediziner weiter:

Denn ein Ziel der weltweit ersten inter- nationalen Studie zum Thema „Feh- lermanagement in Hausarztpraxen“2 war die Ermittlung des Fehlerspek- trums. Neben Hausarztpraxen aus sechs weiteren Ländern nahmen 20 Praxen aus Deutschland teil. Insgesamt konn- ten 601 Fehler über einen gesicherten Server in London berichtet werden, da- von 168 von deutschen Praxen. Die

Auswertung zeigte, dass in 73,2 Prozent der berichteten Vorfälle richtig geplan- te Aktionen fehlerhaft abgewickelt wurden.Weitere 25 Prozent resultierten aus mangelnden Kenntnissen oder Fer- tigkeiten. Die größte Bedeutung hatten Medikationsfehler. Als Ursache für die Behandlungsfehler wurden in 46 Fällen Teampannen und in 21 Fällen Hektik im Arbeitsprozess angegeben.

Das Institut für Allgemeinmedizin an der Universität Kiel unter Leitung von Prof. Dr. med. Ferdinand M. Ger- lach arbeitet zur Zeit an einem deut- schen CIRS-Pendant für Hausärzte.

Voraussetzung für den Erfolg des ge- planten Fehlerberichtssystems müsse sein, dass sich Hausarztpraxen schritt- weise ein Grundrepertoire an Techni- ken zur Fehlervermeidung aneignen, so Gerlach. Als „Träger“ des deutschen Pendants hält er eine Institution für sinnvoll, die in den Augen der Nutzer vertrauenswürdig und unabhängig ist und den notwendigen Datenschutz ge- währleisten kann. Wie beim Schweizer System sollte der Träger außerdem da- zu in der Lage sein, die Fehler systema- tisch zu analysieren, um sie in aufberei- teter Form an alle Beteiligten zwecks Fehlervermeidung in der eigenen Pra- xis zurückzumelden. Mögliche Modelle und Trägerschaften für das deutsche Fehlerberichtssystem bespricht das Kieler Institut im Frühjahr unter ande- rem im Expertenkreis Patientensicher- heit des Ärztlichen Zentrums für Qua- lität in der Medizin (ÄZQ) in Köln.

Klärung rechtlicher Fragen

Auch das ÄZQ beschäftigt sich seit zwei Jahren verstärkt mit dem Manage- ment von Behandlungsfehlern. „Ge- spräche mit der Schweizer Seite werden bereits geführt“, so der stellvertretende Leiter des ÄZQ, Dr. med. Christian Thomeczek. Im Frühjahr werden KBV und BÄK zusammentreffen, um rechtli- che Detailfragen einer Ausweitung des Schweizer Systems auf Deutschland zu erörtern. Ob es dann künftig fachgrup- penspezifische Fehlerberichtssysteme, etwa für Hausärzte, oder gemäß dem Schweizer Modell eines für alle Berufs- gruppen im Gesundheitswesen geben wird, bleibt abzuwarten. Martina Merten P O L I T I K

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A162 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 423. Januar 2004

Fehlermeldesysteme

Schweiz als Vorreiter

Was sich im Nachbarland wachsenden Zuspruchs erfreut, ist auch in Deutschland im Gespräch: ein anonymes Online- Berichtssystem für (haus-)ärztliche Behandlungsfehler

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1, 2:Das Baseler und das Kieler Institut erhielten beide den

ersten Berliner Gesundheitspreis 2002 zum Thema „Wie können Behandlungsfehler in Medizin und Pflege zukünf- tig besser vermieden werden?“ (siehe DÄ, Heft 18/2003).

Referenzen

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