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Physiologische Aspekte der Traubenzonen- Entlaubung

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Academic year: 2022

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 8/06

6

RUDOLFFOX, STAATLICHELEHR- UNDVERSUCHSANSTALT FÜR

WEIN- UNDOBSTBAU, LVWO, WEINSBERG rudolf.fox@lvwo.bwl.de

D

ie Wert gebenden Inhaltsstoffe (Aroma, Farbe und Phenole) treten bei Europäertrauben haupt- sächlich in der Beerenhaut auf. Da eine gute Belich- tung ihre Bildung fördert, ist die gezielte Entblätte- rung als beeinflussendes Element vor allem bei Rot- wein sehr wichtig. Nur hier werden sie bei der Wein- bereitung auch wirkungsvoll extrahiert. Wie aus dem Kurvenverlauf der Beerentemperaturen an einem durchschnittlichen Septembertag (Abb. 1) ersichtlich wird, unterscheiden sich die Wärmeverhältnisse der belichteten Beeren erwartungsgemäss deutlich von denjenigen im Schatten. Dass diese höheren Tempe- raturen im Bereich unmittelbar unter der Schale zu höherer Farbausbildung beiträgt, zeigt Abbildung 2:

An der Ansatzstelle der Beere, die keine direkte Son- nenstrahlung empfängt und damit weniger warm

wird, ist auch eine weniger tiefe Verfärbung erkenn- bar. Ähnlich verhält es sich bei den mit den Farbpig- menten chemisch nah verwandten Phenolen und den Aromastoffen.

Stoffwechsel-Einflüsse

Eine lockere Laubwand dient nicht nur der Verbesse- rung der Belichtung, sondern auch der besseren Belüf- tung und der Abhärtung der Trauben. Sie verändert über die höheren Temperaturen im besonnten Anteil der Beerenschale den Stoffwechsel. Die Abhärtung der Beerenhaut ist mit eine der wichtigsten Vorausset- zungen für eine späte Lese. Robuste Beeren erlauben, das jahrgangs- und lagebedingte Maximum an Qualität herauszuholen. Die zeitige Auslichtung der Trauben- zone etwa ab abgehender Blüte bis kurz nach Schrot- korngrösse führt über die zu diesem Zeitpunkt noch reaktionsfähigen Epidermiszellen zu einem besonders ausgeprägtem Abhärtungseffekt und später zu we- WEINBAU

Physiologische Aspekte der Traubenzonen- Entlaubung

In der letzten Ausgabe der SZOW (Nummer 07/06) wurde über die technischen Aspekte der im- mer häufiger praktizierten Entlaubung der Traubenzone berichtet. Hier soll auf die pflanzenbau- lichen Gesichtspunkte der Entblätterung eingegangen werden. Der Kunde legt immer grösseren Wert auf hohe Weinqualität. Besonders geschätzt sind heute dichte Weine mit ausgeprägtem Sortencharakter, was Aroma aber auch Farbe angeht. Dies setzt als Ausgangsmaterial für die Weinbereitung unter guter Besonnung herangewachsene, gesunde Trauben mit optimalen Aro- ma-, Farbstoff- und Phenolgehalten bei möglichst spätem Lesetermin voraus.

5 10 15 20 25 30

0 4 8 12 16 20 24

Tageszeit (h) Temperatur (°C)

Luft (Schattenbeeren) Sonnenbeeren (Beerenhaut) Sonnenbeeren (Beerenfleisch) Optimalbereich für Farbstoff- und Aromasynthese

(nach Schultz 98) Abb. 2: Ort der Aroma-, Farb- und Phenolsynthese ist die Bee- renhaut, vor allem der gut belichtete Anteil.

Abb. 1: Temperatur- verlauf in Sonnen- und Schattentrauben bei Riesling im Sep- tember (durch- schnittlicher Tag).

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 8/06 7 sentlich geringerem Botrytisbefall, wie langjährige

Versuche belegen. Abbildung 3 zeigt eindeutig, dass frühere Entblätterungstermine eine bessere Wirkung gegen den Schwächeparasit Botrytis haben. Ab etwa Erbsengrösse verlieren die Epidermiszellen zuneh- mend die Möglichkeit, auf äussere Reize zu reagieren, das heisst der Abhärtungseffekt wird geringer.

Eine gute Belichtung bereits in frühen Stadien der Beerenentwicklung nutzt auch die Reaktionsfähig- keit der Enzymsysteme, die an der Bildung der Wert gebenden Inhaltsstoffe in der Beerenhaut beteiligt sind und damit neben der Abhärtung die Bildung der Vorläufersubstanzen von Aroma, Farbe und phenoli- schen Inhaltsstoffen beeinflussen. Letztere können zudem bei der Abwehr von Schadpilzen eine ent- scheidende Rolle spielen. Die verbesserte Laubwand- struktur in der Traubenzone führt zusätzlich zu einer wesentlich besseren Applikationsqualität beim Pflan- zenschutz, das heisst die Fungizide gelangen auch dorthin, wo sie wirken sollen. Einer der Hauptvortei- le der Entblätterung ist der ausgeprägte phytosanitä- re Effekt. Den in der Praxis gefürchteten Sonnen- brandschäden wird durch frühe Entlaubungstermine vorgebeugt. Bei Hagel muss jedoch in entlaubten Par- zellen mit grösseren Schäden an den Trauben gerech- net werden.

Einfluss der Entblätterung auf die Traubenqualität

In einer Clevner-Anlage (Pinot droit) wurden im Jahr 2004 neben dem Vergleich zwischen den Varianten

«Handentblätterung» und «Maschinenentblätterung»

auch Entlaubungsgeräte verschiedener Bauart in zwei Intensitätsstufen kurz nach der Blüte (23. Juni) einge- setzt (Abb. 4). Der aufrechte Wuchs der verwendeten Rebsorte erlaubt in Verbindung mit der vorangegan- genen guten Heftarbeit ein nahezu optimales Entblät- tern der Traubenzone. Kurztriebe waren ebenso we- nig vorhanden wie heraushängende oder schräg ste- hende Triebe. Die Entblätterungsintensität lag bei der Handentblätterung zwischen 2.6 und 4.2 entfernten Blättern pro Trieb (vgl. dazu den Beitrag von Martin Strauss in SZOW 07/06), bei den maschinellen Ver- fahren und höherer Intensitätsstufe zwischen 1.4 und 2.3 Blättern pro Trieb. Das teilweise An- oder Ab-

schneiden von Trauben bei gewissen Gerätetypen ist in diesem frühen Entwicklungsstadium erwünscht und trägt seinerseits über lockerere Trauben zu ge- ringerer Botrytisanfälligkeit bei.

Die beidseitige frühe und rigorose Entblätterung hat sich im Jahr 2004 verbessernd auf die Biegsamkeit der Ruten, tendenziell reduzierend auf die Einzelbee- rengewichte, jedoch stark reduzierend (> 20%) auf die Traubengewichte ausgewirkt. Entsprechend ge- ringer war der später ermittelte Botrytisbefall. Hier- bei war der Wirkungsgrad der Entblätterung in allen Varianten sehr hoch. Im Ertrag ergab sich parallel zu den kleineren Beeren sowie den geringeren Trau- bengewichten gegenüber dem nicht entblätterten Vergleich eine Verminderung. Das Mostgewicht von 100 °Oe wurde nicht beeinflusst Die Ergebnisse des Versuchsjahres 2005 waren sehr ähnlich.

In einem Versuch bei Blauburgunder, Klon Samt- rot, im Jahr 2005, wurden in den entblätterten Varian- ten ebenfalls leicht geringere Erträge und gleiche Mostgewichte, jedoch deutlich geringere Säuregehal- te ermittelt (Abb. 5). Die am intensivsten entblätterte Variante (in der Grafik nicht dargestellt) hatte dabei eindeutig die niedrigste Mostsäure. Dies unterstreicht die allgemein aktivierende Wirkung der besseren Traubenbelichtung – und damit der Temperatur – auf den Beerenstoffwechsel. Je nach angestrebtem Wein-

WEINBAU

0 2 4 6 8 10 1214 16 18 %

Befallsstärke in % Trendlinie

Erbsengsse Beginn Traubenschluss Beginn Beerenaufhellen

Ende Traubenschluss Weichwerden der Beeren zirka 55°Oe Kontrolle (nicht entbttert)

Abb. 3: Entblätterungsversuch Riesling 1998–2002: Botrytisan- fälligkeit in Abhängigkeit vom Entblätterungstermin.

Abb. 4: Maschinell optimal entblätterte Reben.

40 60 80 100 120 140

Kontrolle Hand Maschine

kg/a

Ertrag in kg/a

99.5

Mostgewicht in °Oe Säure in g/L

7.45

100.0

7.00 6.88

99.7

Abb. 5: Entblätterungs- versuch beim Blau- burgunder, Klon Samt- rot (29.06.2005).

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typ – und vor allem bei früh reifenden Sorten wie Mül- ler-Thurgau – ist allerdings die Absenkung der Säure- gehalte als eher unerwünscht einzustufen.

Wie die Traube, so der Wein …

Aus Abbildung 6 geht hervor, dass die bei Rotwein be- sonders stark qualitätsprägenden Inhaltsstoffe, na- mentlich der zuckerfreie Extrakt, die Gesamtphenole und die Farbsumme durch die Entblätterung deutlich anstiegen. Das Produkt aus der entblätterten Variante war schon wegen seiner deutlich dunkleren Farbe als hochwertigerer Rotwein erkennbar. Wie dem Netz- diagramm (Abb. 7) zu entnehmen ist, wurde er bei der deskriptiven Verkostung in den positiven Attribu- ten Brombeere, Phenolharmonie sowie Nachhaltig- keit/Körper gegenüber der Kontrolle als deutlich bes- ser eingestuft und erhielt folglich auch eine bessere Rangierung.

Sortengerecht vorgehen

Da vor allem bei Rotweinsorten die Entblätterung überwiegend Vorteile ergibt, stellt diese Massnahme ein wichtiges «gestaltendes Element» für die optimale (Rot-)Weinqualität dar. Logischerweise entstehen auch bei Weissweinsorten durch die Entblätterung höhere Beerentemperaturen. Hier kann es aber bei rigorosem Eingriff zu einem unerwünscht starken Äpfelsäureabbau sowie sortenuntypischen Aromaver- änderung kommen. Bei einem späten Entblätterungs- termin kann zudem über die geminderten Amino- säurewerte im Most die Neigung zur untypischer Alterungsnote zunehmen oder auch die Entstehung eines Kerosintons gefördert werden. Deshalb sollte bei den aromatischen Sorten Müller-Thurgau, Muska- teller, Traminer, Silvaner, Riesling sowie Sauvignon blanc eher weniger stark sowie vor allem an der Ost- seite ausgelichtet werden. Ausnahmen bei den Weiss- weinsorten bilden Grauburgunder, Weissburgunder und Chardonnay, die durchaus ebenfalls frühzeitig und kräftig ausgelichtet werden können, ohne im Sortentyp zu verlieren. Um Nachteile bezüglich Wein- qualität und Sonnenbrandgefährdung zu vermeiden, ist die Entlaubung in jedem Fall vorzunehmen, bevor

die Beeren Erbsengrösse erreichen. Spätere Termine wirken sich kaum noch abhärtend auf die Beerenhaut aus und ergeben praktisch keine Vorteile im Hinblick auf die Botrytisanfälligkeit.

WEINBAU

Aspects physiologiques de l’effeuillage des zones de raisins

L’effeuillage des zones de raisins est un élément de conduite important, surtout pour les cépages rouges, en vue d’obtenir une qualité de vin optimale. Pratiqué au bon moment et sur les cépages qui s’y prêtent, il a une influence très positive sur l’arôme, la couleur et les phénols, assure une acidité harmonieuse et accentue la typicité variétale. L’application de produits phytosanitaires s’en trouve également facilitée. Les raisins restent sains plus longtemps, ce qui permet de re- pousser les vendanges au profit, là encore, d’une qualité améliorée. Et une vendange saine signifie de nouveaux avan- tages au moment du traitement des raisins, puis de l’élevage des vins. L’inconvénient du surcroît de travail en pleine période de pointe estivale où l’on est déjà chargé, de même que le surcoût y liés sont pour le moins neutralisés par la meilleure qualité des vins et les économies réalisées au moment des vendanges. Au final, l’effeuillage se traduit par un gain d’arôme et de couleur dans le verre, pour le plus grand plaisir des amateurs de vin.

R

ÉSUMÉ

60 70 80 90 100 110 120 130 140 150

Extrakt Gesamtphenole Farbsumme

Kontrolle Handentblätterung*

*= kurz nach Blüte, kräftig = 3–4 Blätter/Trieb 1960 mg/L

21.7 2.5

Abb. 6: Auswirkung der Entblätterung auf qualitätsprägende In- haltsstoffe bei Rotwein.

200 4060 10080 120140 160 Brombeere

Erdbeere

Phenolharmonie bitter/ziehend

Nachhaltigkeit/

Körper

04-92-1 Konrolle Rangfolge: 1.8

04-92-2 Handentblätterung Rangfolge: 1.2

Abb. 7: Clevner Gundelsheim 2004, Degustation am 24. Februar 2005. Ergebnis der deskriptiven Verkostung bei Vergleich sowie entblättert.

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