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Schmid-Haas, P. (1993). Kronenverlichtung und Sterberaten bei Fichten, Tannen und Buchen. Forstwissenschaftliches Centralblatt, 112(1), 325-333. https://doi.org/10.1007/BF02742162

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9 1993 Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin ISSN 0015-8003

Aus der Eidgenossischen Forschungsanstalt fiir Wald, Schnee und Landschaft, girmensdorf

Kronenverlichtung und Sterberaten bei Fichten, Tannen und Buchen

Von P. SCHMID-HA.AS

Die Bedeutung eines M e r k m a l s ffir Diagnose und P r o g n o s e

Der Gesundheitszustand eines Baumes muf~ im wesenttichen auf Grnnd yon Gr6fle, Struktur, Farbe und Dichte seiner Krone beurteilt werden; in AusnahmefS.Iten sind Symptome an Stamm oder Wurzeln zu erkennen. Nadel-/Blattverluste und Vergilbungen sind die in den letzten Jahren am genauesten unterstichten einzetnen Merkmale.

Leider sind Nadel-/Blattverluste ein ziemlich unspezifisches PhS.nomen; sie lassen sich nicht klar auf eine Ursache zur/ickfiihren, ihr diagnostischer Weft wird daher h~iufig bezweifelt. Anderseits sind Nadel- und Blattverluste quantitativ und relativ objektiv ansprechbar. Die meisten der vorgeschlagenen Kronenstrukturmerkmale (LEsINSKI u.

LAXnMAa>" 1990) bereiten in wiederholten Waldinventuren jedenfalls gr6ffere Schwierig- keiten. Der diagnostische Weft eines Merkmals wird erst definitiv beurteilt werden k6nnen, wenn die Ursachen oder physiologischen ZusammmenhS.nge einer Sch~idigung erkannt sind.

Ebenso wichtig wie die Abki~iru,~g yon Art und Ursacb.e einer Sch~idigung ist die Kennmis des prognostischen Wertes eines Merkmals, sollte doch nicht nut die Art, sondern auch der Schweregrad einer Sch~idigung erkannt werden. Ein PhS.nomen ist nicht immer gravierend, wenn der Baum momentan schlimm aussieht, sondern nut, wenn die Prognose filr einen so aussehenden Baum schlecht ist. Nut die Kenntnis der nachfolgenden Entwicklung yon Biiumen mit einer bestimmten Merkmalskombination l.;ifft beurteiIen, wie schwerwiegend eine Sch.~digung ist.

Eine naheliegende Beurteilung des prognostischen Wertes eines Merkmals erfolgt auf Grund der weiteren Entwicklung dieses Merkmats selbst. Wenn sich ein Merkmal im allgemeinen nach kurzer Zeit wieder zuriickbildet, ist es ein weniger schlimmes Zeichen, als wenn h~iufig mit seiner immer st~rkeren AusprS.gung gerechnet werden muff.

Besonders wichtige Indizien for den Gesundheitszustand eines Baumes sind Gr6i~e und Verlauf des Zuwachses, selbstverstiindiich auch dann, wenn die Holzproduktion nicht primiires Ziel ist. Zwar ist ein kurzfristig gro~er Zuwachs oder eine Zuwachsbeschteuni- gung nicht immer Zeichen guter Gesundheit oder Stabilit~it; eine fiber mehrere Jahre anhahende markante Zuwachsverlangsamung ist aber umriigliches Zeichen einer Sch~idi- gung oder einer markanten Verschlechtert, ng der Umweltbedingungen dieses Baumes oder Bestandes.

Ein noch eindeutigeres Maff fiir den Grad einer Sch~idigung ist die Uberlebenswahr- scheinlichkeit eines Baumes. Wenn B[iume mit einem bestimmten Merkmal hS.ufiger ab- sterben als andere, hat dieses Merkmal einen wichtigen prognostischen Wert.

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K r o n e n v e r t e i l u n g u n d Z w a n g s n u t z u n g o h n e s t a r k e n S t u r m

In einem Teil der ertragkundlichen, regelm~i~ig gepflegten Versuchsfl~ichen wurden zwi- schen 1985 und 1991 j~hrlich oder in Abst~inden von h6chstens 4 Jahren a!le Kronen angesprochen (KELLER u. I..X~IJOF 1987; KEI.LE~ U. STARK 199l); gleichzeitig wurde notiert, welche B~.ume fiberlebt hatten, welche und aus welchern Grund zwangsweise genutzt worden oder abgestorben waren. Alle Ergebnisse sind von W. K~LLER zur Verfiigung gestellt worden.

Trotz der guten Kontrolle dieser Fl~.chen und der im allgemeinen sehr guten Zusam- menarbeit mit den lokalen Forstdiensten konnte nicht immer ausgeschlossen werden, dat~

bei Zwangsnutzungen nicht auch noch B/iume aus waldbaulichen Griinden gef~illt worden waren. Diejenigen Fl~ichen, in denen derartige Nutzungen nicht mit einiger Sicherheit ausgeschlossen werden konnten, wurden nicht in diese Untersuchung aufgenommen, ebensowenig Fl~ichen, in denen die B/iume :eitweise infolge zu starker Konkurrenz abgestorben sind. Um ganz sicher zu gehen, wurden auch alle Fl~chen ausgeschieden, in denen in den Beobachtungsjahren Durchforstungen oder Plenterungen durchgefiihrt wor- den waren, weil unter UmstS.nden nicht immer zwischen waldbaulich bedingten und erzwungenen Eingrift:en unterschieden werden konnte und well eventuell durch Eingriffe bedingte Folgesch~iden h{itten eintreten k6nnen.

In den verbleibenden Fl~ichen wurden, um die Daten nicht zu verf~ilschen, alte BS.ume ber/icksiehtigt. Diese sind aus den verschiedensten Grfinden (lokaler Sturm, StockfS.ule, Hailimaschbefall, Insekten, Blitz etc.) ausgefallen, manchmal konnten mehrere Ursachen gleichzeitig t:estgestellt werden, hS.ufig blieb die Ursache unbekannt. Die Auswertung wurde nur ffir die Gesamtheit alter Zwangsnutzungen und nicht for die einzelnen Ursachen getrennt durchgefi.ihrt, well die H~ufigkeiten ffir die einzelnen bekanmen Ursachen zu klein waren. Leider sind einige BSume, die bei der Ernte yon spontan abgestorbenen Nachbarn verletzt und deshalb ebenfalls genutzt worden waren, in den H~iufigkeiten der zwangsweise Enmommenen enthalten.

In 10 yon KELI.F_~ und IMHOF (1987) beschriebenen Pienterfl~ichen konnte das Oberle- ben oder Absterben von 1652 Fichten, 1157 Tannen und 35 Buchen w~ihrend bis zu sechs Jahren yon 1985 bis 1991 beobachtet werden. [nsgesamt wurden Fichten in 5622, Tannen in 5083 und Buchen in 174 Jahren beobachtet. In 2 gleichaltrigen Fichten-, 7 Buchen- und 13 gemischten Versuchsft~ichen wurden w~ihrend der gleichen Zeit 1207 Fichten, 493 Tannen und 1123 Buchen beobachtet; insgesamt Fichten in 3517, Tannen in 1977 und Buchen in 3290 Jahren. Die Fl~ichen befinden sich zu einem grof~en Tell im Mittelland und in den Voralpen, teilweise aber auch im Jura und in den Alpen. Sie sind verschieden stark und seit Jahrzehnten in einem regelmaf~igen Turnus durchforstet worden.

In den untersuchten Fl~ichen sind pro Jahr durchschnittiich 0,5 % der Fichten, 1,3 % der Tannen und 0,8 % der Buchen abgestorben oder erzwungenermaf~en genutzt worden.

Die Ausfaiirate ist bei Fichten, Tannen und Buchen stark abh~.ngig yon den Nadel-/

Blattvertusten (Abb. 1). Die empirisch ermittelten relativen HZiufigkeiten lassen sich gut durch eine logistische Funktion ausgleichen. Die Ausfallrate nimmt bei kleinen Nadelver- lusten nut langsam, dann abet immer rascher zu; der statistische Zusammenhang zwischen Nadelverlust und Ausfallrate ist hoch signifikant (p < 0,001).

In Dauer~'ersuchsfl~ichen in Osterreich errechnen sich aus den stehend tot aufgefunde- nen B~iumen allein Mortalit~itsraten von 0,01%, 0,05 %, 0,34 % und 4,03 % fiir die 6sterreichischen Kronenverlichtungsstufen 1 bis 4. Die Mortalk~itsraten verhaken sich somit wie 1:5:30:400 ffir die Gesamtheit aUer beobachteten Baumarren (STEaiBERGH<

1991). Die in der Schweiz festgestellten Relationen, 1:2:7:300 f/ir Fichten, 1:2:5:60 fiir Tannen und 1:1:3:60 fiir Buchen k6nnen in Anbetracht der methodischen Unterschiede weitgehend als BestS.rigung gelten.

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Abb. 1. Zwangsnutzungen in Plenter- und gleichaltrigen Hochw{ildern in Abhiingigkeit vom Nadel-/

Blattvcrlust. Ausgleichsfunktionen dutch gewichtete logistische Regressionen berechnet

Fig. l. Salvage cuttings in even-aged and uneven-aged forests in relation to needie or ]eave loss.

Smoothing functions were calculated by logistic regressions

Innerhalb der Best~inde wurde ink multipler logistischer Regression (SAS Prograrnm) neben Baumart und Nadel-/Blattverlust kein weiteres Merkmal gefunden, das einen signifikanten zusiitzlichen Beitrag zur Sch~itzung der Sterbewahrscheinlichkeit liefert.

Weder im Hochwald noch ira Plenterwald gibt die soziaie Stellung eines Baumes eine zusStzliche Information dariiber. Auch der Durchmesser in Brusth6he zeigt keinen zusatzlichen statistischen Zusammenhang mit der j~hrlichen Ausfallrate, weder fiir Fichte noch for Tanne oder Buche, weder im Plenterwald noch im gleichaltrigen Hochwald.

Die Ausfallraten sind in einzelnen Beobachtungsjahren etwas h6her als in anderen ausgefallen, doch die Aufzeichnungen geniigen bei weitem nicht, urn die Unterschiede auf bestimmte Witterungsmerkmale zurOckzufiihren. Auch zwischen den BeobachtungsfI~i- chen bestehen grot~e Unterschiede in der H6he der erzwungenen Nutzungen. In mehreren Fl~chen mutate in der Beobachtungsperiode kein einziger Baum zwangsweise enmommen werden. Diese Unterschiede k/Snnen abet, vielleicht well zu wenig Fl~ichen untersucht werden konnten, nicht auf eines oder mehrere der erhobenen Standortsmerkm.de zur/ick- gefiihrt werden. Sie sind auch nicht eindeutig yon den pflanzensoziotogischen Einheiten abh~ngig. Zwischen Plenterwald und gleichaltrigem Hochwald besteht bei gleichen Nadeb verlusten ebenfalls kein signifikanter Unterschied. Bei Buchen konnte zus~.tzlich der Einfluf~ der Durchforstungst~itigkeit untersucht werden; die Ausfatlraten unterscheiden sich nicht signifikant, weder bei Hoch- und Niederdurchforstung noch bei verschiedenen Durchforstungsst~irken. Allerdings sterben mitherrschende und beherrschte Buchen in m~.i~ig durchforsteten Best~inden nat~.irlich etwas h~iufiger ab.

In den gleichaltrigen Best~inden nimmt der Nadel-/Blattverlust mit dern Alter nicht zu;

bei gegebener Kronenverlichtung ist die Sterberate nicht einmal tendenziell mit dem Alter

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steigend, obwohl die Bestandesalter der untersuchten Fl~ichen im Bereich zwischen 80 und 210 Jahren streuen. Auch dieses erstaunliche Resultat best~itigt nur, was in Osterreich bereits festgestellt worden ist (ST~M~EROeR 1991).

K r o n e n v e r l i c h t u n g u n d S t u r m g e f ~ i h r d u n g

Im Forstbetrieb Lenzburg konnte statistisch einwandfrei nachgewiesen werden, dai~

Abteilungen, in denen die Kronen auf den Infrarot-Luftbildern als st~irker verlichtet eingestuft worden waren, durch die aut~erordentlichen Winterstiirme 1990 entgegen den Erwartungen durchschnittlich gr6t~ere Sch3.den (Verh~.Itnis von Zwangsnutzungsmenge zu Vorrat) erlitten als Abteilungen mit besser aussehenden Kronen (LXTr 199t). Im Forstbe~

trieb Zofingen wurde dieser Zusammenhang ffir Bestiinde, die auf dem Luftbild als verschieden stark gesch~idigt angesprochen worden waren, best~itigt (Daten E. STEINI~R 1991).

In Oberentfelden waren 1985 die Kronen aller vorherrschenden, herrschenden und mitherrschenden B~iume in 274 Kontroll-Stichprobefi~.chen von je 500 m 2 terrestrisch auf ihren Nadei-/Blattverlust angesprochen worden (FrscHER u. REt'rE~ 1985). Die Sttirme haben im Winter 1990 einen gro~en Teil dieses Waldes gesch~idigt, teilweise in der Form kleiner Fl~ichenwi~rfe, vor allem abet dutch einzelbaumweise Streusch~iden. Bei jedem Baum in den Probefl[ichen mit mehr als 50 Jahre alten Best~nden wurde festgestellt, ob er schon vor den St/.irmen genutzt, durch die Stiirme gef~illt oder stehengeblieben war.

Insgesamt sind durch die St/.irme 12 % der beobachteten Fichten, 13 % der Tannen, 2 % der Buchen und 3 % der fibrigen Baumarten geschS.digt worden. Leider konnte nicht mehr festgestellt werden, ob es sich jeweils ura einen Stammbruch, Stockbruch, Wurzelbruch oder Wurf gehandelt hatte.

Die statistische Auswertung mit multiplen logistischen Regressionen (SAS-Programm) hat ergeben, dad~ die Sturmgef~ihrdung eng mit den Nadelverlusten von Fichten und Tannen korreliert ist (ScHMID-H,~AS 1991). Aus Abbildung 2 ist ersichtlich, wie stark die Sturmgef~.hrdung yon Fiehten und Tannen schon bei sehr kieinen Nadelverlusten zunimmt. Fichten mit 15 bis 25 % Nade[verlust sind ungef~ihr 1,6 real, Tannen sogar 2,3 real so h~iufig yon den Stiirmen gebrochen oder geworfen worden wie diejenigen mit 0 bis 10 % Nadelverlust. Der Unterschied zwischen den beiden Kronenverlichtungsstufen ist ffir beide Baumarten nach dem Chi-Quadrat-Test statistisch signifikant (p < 0,05 f/;~r Fichte und p < 0,01 ffir Tanne). Da nur 2 Fichten und 20 Tannen mehr ais 25%

Nadelverlust aufgewiesen hatten, kann die st~irkere Gef~ihrdung dieser B~.ume nicht mit gen(igender Sicherheit beiegt werden. Anderseits sind sogar die Unterschiede innerhalb der ersten Stufe, also zwischen 0 und 10 % Nadelveriust, sowohl f[ir Fichte als auch fiir Tanne statistisch signifikant (p < 0,01). Keine einzige der 90 Tannen mit einem Nadelverlust von 0% ist vom Sturm gesch~idigt worden. Wenn die Kronenverlichtung yon 1989 statt derjenigen von 1985 bekannt w~ire, w~',rde sich vermutlich ein noch engerer Zusammen- hang mit den Sturmsch~iden 1990 ergeben. Da in diesern Forstbetrieb nut wenige S t u r m - sch~iden an Buchen festgestellt wurden, kann fiir diese Baumart nichts Entsprechendes ausgesagt werden.

Nachtriiglich ist dieser Zusammenhang auch f(ir nationale Waldschadeninventur fiber- priift worden (SAN.&SII.VA 1991). Gesamtschweizerisch wurden in der Klasse mit 15 bis 25 % Nadelvertust 2,5 mal so oft, in den Schadstufen mit mehr als 25 % Nadelverlust sogar 3,5 mad so oft Biiume vom Sturm gefiillt wie in der Klasse mit 0 bis I0 % Nadelverlust (Abb. 3). Die H~iufigkeitsunterschiede wiirden vermutlich etwas korrigiert, wenn die gef~illten B~iume auf alle B~iume im von den Sttirmen 1990 heimgesuchten Gebiet statt auf diejenigen in der ganzen Schweiz bezogen werden k6nnten. Auf jeden Fall sind damit die lokal ermittelten Zusammenh~inge f0.r die ganze Schweiz klar best~itigt worden.

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Abb. 2. Relative H~iufigkeit der yon den Winterstiirmen i990 in Oberentfelden gefiillten Fichten und Tannen in Abh~ingigkeit vom Nadelverlust im Sommer 1985

Fig. 2. Relative frequency of Norway spruce and European white fir felled by storms in 1990, in relation to needle loss in t985 (Community of Oberentfelden)

Abb. 3. Relative H~iufigkeit der yon den Winterstiirmen 1990 in der Schweiz gef~illten B~iume (alle Baumarten in Abh~ingig- keit vom Nadel-/Blatt~'erlust im Sommer 1989 (Sanasilva 1991) Fig. 3. Relative frequency of trees (all species) felled 1990 by storms in Switzerland, in rela- tion to needle/leave loss in 1989

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Folgerungen

Der fehlende statistische Zusammenhang zwischen den nicht dutch groge St~irme beding- ten Ausfallraten und den Bestandesaltern zwischen 80 und 210 Jahren, respektive den Stammdurchmessern im Plenterwald, zeigt, da~ das beobachtete spontane Absterben und die anderweitig erzwungene Nutzung yon B~iumen keine Aherserscheinungen sind, son- dern meist auf schwere Sch~.digungen der betroffenen Individuen zu~ckgefCihrt werden mfissen.

In der Schweiz kann ~.hnlich wie in Osterreich nachgewiesen werden, dat~ die j{ihrliche Sterberate bei schwacher Kronenver!ichtung erst langsam, bei st~irkerer Kronenveriichtung dann sehr rasch zunimmt. Kein einziges anderes Baum-, Bestandes- oder Standortsmerk- real konnte gefunden werden, das einen ~hnlich guten Zusammenhang mit der Ausfallrate zeigt. Sowohl im Plenterwaid wie auch im schlagweisen Hochwald kommt also den Nadel-/Blattverlusten fiir Fichten, Tannen und Buchen eine grofle prognostische Bedeu- tung zu.

Das besagt atlerdings nicht, daf~ die Kronenverlichtung und somit der Mangel an assimilierenden Organen schon bei relativ geringen Nadel-/Blattverlusten eine erh6hte Sterblichkeit vemrsachL Der statistische Zusammenhang ist einleuchtender dadurch zu erkl~iren, dag auf eine bestimmte Art geschw{ichte B?iume bei Strei~ einerseits etwas h6here Nadelverluste erleiden als andere und dat~ anderseits die Gefahr ihres Ausscheidens gr6i~er ist (Abb. 4).

Der Abwurf alter und beschatteter Nadeln ist eine physioiogisch sinnvotle Reaktion der B~.ume, weil damit die Transpiration eingeschr~inkt und anderweitig ben6tigte N~ihrstoffe zuriickgewonnen werden. Wenn aber B~.ume, die am wenigsten Nadeln verIieren, besser iiberleben als die andern, mul~ die Hypothese, nach weicher der vermehrte Abwurf yon beschatteten und alten Nadeln eine gesunde Reaktion der vitalsten B~iume bei gewissen Stre~belastungen darstetle, eindeutig verworfen werden. Dieser Hypothese widersprach schon, dag die Fichten und Tannen mit den geringsten Nadelverlusten meist seit liingerer Zeit weitaus am besten gewachsen waren (ScH,',nD-HA.~,S 1990).

In mehreren Forstbetrieben konnte durch detaillier'ce Erhebt, ngen und Anatysen nach- gewiesen werden, daf~ zumindest f~ir Fichten und Tannen schon bei geringer Kronenver- lichtung die Sturmgef~ihrdung mit den Nadelverlusten statistisch signifikant zunimmt.

Diese Beziehung ist fiir die Gesamtheit aUer Baumarten in der ganzen Schweiz ahnlich.

Abb. 4. Urs~ichliche Zusammenh~nge (Doppelpfeile), welche die ermitteken statistischen Beziehungen erkl~iren k6nnen. Damit wird bewul~t nur ein Tell der m6glichen urs~.chlichen Zusammenh~inge wiedergegeben; der Kausalnexus, das urs~icbliche Wirkungsgeflecht, kann in Wirklichkeit viel kom- plexer sein

Fig. 4. Causal relations (double arrows) explaining the statistical correlations. Deliberately, the possible relations are described only partial!y; in reali .W, the causal nexus may be much more complex

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Der eindeutige statistische Zusammenhang zwischen Kronenverlichtung und Sturmge- fa.hrdung bei Tannen und Fichten kann natiiriich nicht bedeuten, dai~ die fehlenden Nadeln direkt an der h6heren Sturmanfiilligkeit schuld sin& Lockere Kronen bieten dem Wind im Gegenteil weniger Widerstand und mfissen &her einer kleineren Kraf~ widerstehen. Der statistische Zusammenhang kann iiberdies auch nicht dadurch erklart werden, daf~ an Orten mit besonders grof~en Windstarken auch die Nadelverluste am hachsten seien. Eine (logistische) Kovarianzanaiyse zeigt namlich, dag der Zusammenhang zwischen Sturmge- fa.hrdung und Nadelveriust beim Vergleich der Baume innerhalb der gteichen Probefl~ichen sogar gr6fler ist als beim Vergleich der B;iume aus verschiedenen Probefliichen. lnsbeson- dere nebeneinander stehende Niume gleicher sozialer Stellung sind also verschieden stark gef~ihrdet, wen,1 die Kronenverlichtung unterschiedlich ist.

Wenn B~iume mit leicht verlichteter Krone weit Mufiger dureh Sttirme gescMdigt werden als B~iume mit dichter Krone, kann das nur durch eine Schwachung im Wurzel- oder unterem Stammbereich erktart werden (ScH,~IID-HAAs 1991). Diese Schwache muff so grog sein, dai~ die Minderbelastung der lichteren Krone mehr als kompensiert wird. Die Art dieser Schwache ist nicht bekannt. Irgenddn Einflufg k6nnte bei einem Teil der Baume zur Schwa.chung des Holzes, zu vermindertem Wurzelwaehstum oder zu beschleunigtem Absterben der Feinwurzeln geftihrt haben.

Zwar ist bei mehr als 50 % aller yon den Stiirmen cinzeln gebrochenen oder geworfenen Fichten, 13 % der Tannen und 19 % der Buchen F/iule an wichtigen Bruchsteilen festge- stellt worden (Sell,lID-HAAS u. BaCHOFE.N 1991). Die SturmscMden wqiren ohne F~iule- einflu~ also wesentlich kleiner gewesen, der Anteil der Fauie am gesamten Baumbestand bleibt abet unbekannr Aus methodischen Griinden konnte in den bisherigen Untersu- chungen auch nicht gekla.rt werden, ob die Fa.ulehaufigkeit mit den Nadelverlusten korreliert ist oder ob der statistische Zusammenhang zwischen Nadelverlusten und Sturm- gefiihrdung durch eine andere Schwachung erklart werden muff.

Die gleichgerichteten statistischen Zusammenhiinge zwischen Nadeiverlust und Sturm- ges sowie zwischen Nadelverlust und Sterberate ohne sichtbare 5ugere Einwir- kung legen nahe, dag auch die urs:ichlichen Zusammenhange zum Teil 5hnlich sein k6nnten. Eine Schwa.the im Wurzel- oder unteren St,'mambereich k6nnte auch die Sterbe- wahrscheinlichkeit ohne extreme Sturmeinwirkung erh6hen. Bei grof~en Nadelverh, sten sind die statistischen Zusammenhange mit der Sturmges und der Obrigen Mortali- tat verschieden, well offenbar andere ursiichliche Zusammenh{inge wichtig werden.

Eine ahnliche Vermutung ist schon in bezug auf den engen statistischen Zusammenhang zwischen dem mittleren Zuwachs eines Baumes in den letzten Jahrzehnten und seinem Nade!verlust ge~ivtt~ert worden. Eine Schwiiche im Wurzd- oder Stammbereich, welche die Sterberate erh6ht und den Nadelverlust vergr61;ert, k6nnte auch den Zuwachs reduzieren.

Sofern diese Hypothese stimmr, mfiflte die Schwache allerdings meist schon wahrend 15 und mehr Jahren bestanden haben, da die Zuwachsunterschiede weir zurfick reichen und oft keine rezenten Veranderungen des Zuwachses, die mit den Kronenveriichtungen im Zusammenhang stehen, nachweisbar sind.

Die Frage nach den primaren Ursachen bleibt auch in diesem Fall often. Sie mui~ aber neu formuliert werden, well die Frage, was die Schwiiche im Stammful~- oder Wurzelbe- reich verursacht habe, ein methodisch wesentlich anderes Vorgehen bedingt als die Frage nach den dlrekten Ursachen der Kronenverlichtungen.

Die Ansprache der Nadel-/Blattverluste hat sich in den untersuchten Waldern offenbar bew~ihrt, denn die statisrischen ZusammenMnge waren nicht erkla, rbar, wenn dieses Merkmal nicht schon bei kleiner Kronenverlichtung relativ gut erfaBt worden ware.

Von mehreren Autoren ist empfohlen worden, die Nadel-/Blattverluststufen 0-10 % und 15-25% zuzammenzufassen, well Baume dieser Stufen noch keine Schadigung aufweisen sollen. Diese Begrfindung erschien schon bei Untersuchungen der Zuwachse zweifelhaft, weil Baume dieser beiden Kronenverlichtungsstufen zwar ungefahr gleich

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h~iufig Zuwachseinbr/iche gezeigt, sich in der absoluten H 6 h e des Zuwachses der letzten Jahrzehnte abet sehr deutlich unterschieden haben. Der statistisch signifikante Unterschied in einer so bedeu~enden Gr6fge wie der SturmgefS.hrdung zeigt n u n eindeutig, datg diese beiden Kronenverlichtungsstufen nicht zusammengefal~t werden dtirfen. Im Gegenteil sollten in m6glichst viele Publikationen die HS.ufigkeiten in den 5 %-Klassen angegeben werden, in denen die Nadel-/Blattverluste richtigerweise meist sowieso erfaf~t werden.

Die statistischen Zusammenh~inge zwischen der Kronenverlichtung einerseits, j~ihrti- cher Ausfallrare, Srurmgefiihrdung und Zuwachs anderseits zeigen die grol3e prognostische Bedeutung des Nadel-/Blattverlusts bei den untersuchten Baumarten. Nadel- und Blatt- verluste mfissen daher unbedingt auch weiterhin bei jeder Waldschadeninventur angespro- chen werden. Selbstverst~indlich sollten trotzdem auch andere Merkmale erprobt und bei Bew~.hrung zusiitztich in die Waldschadeninvenmren integriert werden.

Die Z u n a h m e der B/iume mit mindestens 15 % Nadel-/Blattvertust yon 36 % auf 68 % aller B~.ume der Schweiz yon 1984 bis 1991 (S~N.~SU-VA 1991), die bisher n u r teilweise durch die Witterung erkl~.rt werden kann, mug um so mehr beunruhigen, als der Kronenverlichtung eine grof~e Bedeutung nicht n u r fiir die langfristige Prognose des Zuwachses, sondern auch ffir die Sturmgef~ihrdung und die Ausfallrate ohne extremen Sturmeinflut~ zukommt. Die zunehmende Kronenverlichtung scheint ein erh6htes Risiko for den Wald zu signalisieren.

Z u s a m m e n f a s s u n g

In Plenterw~ldern und in gleichaltrigen, regelm~ii]ig gepflegten Waldbest~inden in Mittelland, Vor- aipen, Jura und Alpen wurden die Kronen yon Fichten, Tannen und Buchen angesprochen nnd die B~iume dann w~ihrend mehrerer Jahre auf ihr Uber[eben oder Ausscheiden beobachtet.

Bei Fichten, Tannen und Buchen sind die jShrlichen Ausfallraten mit den angesprochenen Kronenverlichtungen korreliert. Der Einflnf~ der Kronenverlichtung auf die Ausfallraten ist ffir nile drei Baumarten statistisch signifikant. Keines der anderen angesprochenen Standorts-, Bestandes- und Einzetbaummerkmale triigt zus~itzlich zur Sch~itzung der Ausfallrate bei.

Auch die Fichten und Tannen, die von den Winterstiirmen 1990 gefS.lit worden sin& haben signifikant gr6gere Nadelverluste aufgewiesen als die s~ehengebliebenen. Die dutch Stiirme bedingten Sterberaten sind schon bei 10 % Nadelverlust bedeutend gr68er als bei 0 %.

Die engen statistischen ZusammenhS.nge zwischen der Kronenverlichtung, der Ausfallrate ohne extremen Sturmeinflui~ und der Sturmgef~ihrdung zeigen die groge Bedeutung des Nadel-/Blattver- lusts fiir die Prognose des Uber!ebens oder Ausscheidens vor allem bei Fichten nnd Tannen.

S u m m a r y

Crown transparency and mortality rates in spruce, fir and heed,

The crowns of spruces, firs, and beeches in selection forests and evenaged regularly managed stands in the Swiss Mittelland, the Pre-Alps, the Jura and the Alps were assessed, and the trees subsequently observed over several years in terms of survival or mortality.

The mortality rate was found to be statistically significant in relation to crown transparency. There ',','as no correlation indicating additional effects of other parameters estimated, i.e. site conditions, stand conditions, or features of individual trees.

Spruce and firs blown by the winter storms of 1990 displayed a significantly greater needle loss than those which survived. ~lortaliw rates due to storm damage were already considerably greater in trees with 10 percent needle loss than in those with 0 percent needle loss.

The close statistical relationships between crown transparency, mortality rates in the absence of extreme storms, and storm hazard show the great significance of leaf or needle loss for the survival or death of trees, especially for fir and spruce.

L i t e r a t u r

DoNe, P. H.; Kr, aMER, H., 1987: Zuwachsverlust in erkrankten FichtenbestSnden. Allg. Forst- u.

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Forstwes. 142, 109-131.

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Schweiz. Z. Forstwes. 142, 505--51.2.

SCHMID-HAAS, P.; BACHOFEN, H. 1991: Die Sturmgefiihrdung yon Einzelbiumen und BesrS.nden.

Schweiz. Z. Forstwes. 142, 477--504.

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A1zsch,ij} des Verfassers: Prof. Dr. Paul ScI~_~m-H.<~,s, Eidgen6ssische Forschungsanstah ffir Wald, Schnee und Landschaft, Zhrcherstratge 11, CH-8903 Birmensdorf

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