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Archiv "Unwillkürliche Bewegungen - Merkmal vieler Erkrankungen des Nervensystems" (01.10.1982)

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Unwillkürliche Bewegungen-

Merkmal vieler Erkrankungen des Nervensystems

Charles David Marsden*)

Aus dem Institute of Psychiatry, London

Einteilung und Ursachen der generalisierten unwillkürlichen Bewegungen

Unwillkürliche Bewegungen sind ein Merkmal vieler Erkrankungen des Nervensystems. Die meisten von ih- nen lassen sich in die folgenden fünf Kategorien einordnen:

~ Tremor

~ Chorea

~ Myoklonus

~ Tics

~ Torsionsdystonie

Sie alle sind keine Krankheiten, son- dern klar abgrenzbare Syndrome mit vielerlei Ursachen. Bei einigen Pa- tienten gehen die unwillkürlichen Bewegungen mit neurologischen Ausfällen oder anderen Hinweisen auf die ursächliche Erkrankung ein- her; bei anderen treten sie isoliert auf und machen die eigentliche Krankheit aus.

Der Tremor ist leicht erkennbar als rhythmische sinusförmige Bewe- gung. Sinnvollerweise wird unter- schieden zwischen

C> Ruhetremor,

C> Tremor, der am auffälligsten

wird, wenn eine bestimmte Haltung eingenommen wird (zum Beispiel Ausgestreckthalten des Armes),

C> Tremor, der bei Bewegungen

auftritt.

Der Ruhetremor ist charakteristisch für die Parkinsansehe Krankheit; der Haltetremor ist oft nur eine Steige- rung des normalen physiologischen Tremors; der Aktions- oder Inten- tionstremor ist ein pathognomoni- sches Zeichen einer zerebellären Schädigung. Die wichtigsten Er- krankungen, die einen Tremor verur- sachen, sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Chorea: Die Bewegungen der Cho- rea bestehen aus kontinuierlichen, ziellosen und zeitlich unregelmäßig auftretenden Muskelzuckungen. Die Extremitäten, der Rumpf und der Gesichtsausdruck werden ständig durch kurze unerwartete Bewegun- gen gestört. Das Gehen wird durch Wanken, Innehalten und erneutes Loslaufen ("tanzender Gang") un- terbrochen; feinere Handbewegun- gen, Sprache und Atmung sind in gleicher Weise beeinträchtigt. Die Extremitätenmuskulatur ist hypoton, die Muskeleigenreflexe sind lebhaft, die Bauchhautreflexe erhalten, und der Babinski ist negativ. Die wichtig- sten Erkrankungen, die eine Chorea hervorrufen, sind in Tabelle 2 aufge- führt.

Von Hemichorea oder Hemiballis- mus sprechen wir bei einer einseiti- gen Chorea. die in den nrruc.im.alJ;rn

ln der Arbeit wird ein einfa- ches Schema zum Angehen der diagnostischen Probleme vorgeschlagen, die sich bei Krankheiten mit abnormen unwillkürlichen Bewegungen ergeben. Hierbei bedient man sich weniger, möglichst um- fassender formaler l<:atego- rien. Die Differentialdiagnose jeder einzelnen "Kategorie"

wird erörtert. Häufiger vor- kommende Krankheiten mit unwillkürlichen Bewegungen wie Tremor. Chorea. Myoklo- nus, Tics und Dystonie wer- den eingehend beschrieben.

Muskeln am stärksten ausgeprägt ist, so daß Arm und Bein heftig nach allen Seiten geworfen werden. Eine Hemichorea tritt manchmal bei der Chorea Sydenham auf, kann Folge einer Hemiplegie, bedingt durch ei- nen Infarkt im Bereich der inneren Kapsel, sein, kann nach stereotakti- scher Thalamotomie auftreten oder macht sich abrupt bei älteren hyper- tensiven diabetischen Patienten be- merkbar und geht dann gewöhnlich mit einer Gefäßschädigung im kon- tralateralen Nucleus subthalamicus einher. Eine Hemichorea vaskulärer Genese bildet sich gewöhnlich spontan über mehrere Wochen oder Monate zurück.

Unter Myoklonus verstehen wir kur- ze ruckartige Muskelzuckungen, die denen bei elektrischer Reizung der Nerven eines Muskels ähneln. Der zeitliche Ablauf der Zuckungen kann .unregelmäßig oder rhythmisch sein, und oft wiederholen sie sich im sel- ben Muskel mehrfach. ln dieser Hin- sicht unterscheidet sich der Myoklo- nus von der Chorea, die zeitlich und lokalisatorisch mehr eine Zufallsver- teilung aufweist. Dieser Unterschied läßt sich jedoch nicht immer klar er- kennen.

·) Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Medical Education (International) Ud .. Lon- don, übersetzt aus ,.Medicine" 34 (1980) 1766-1769

Ausgabe B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 39 vom 1. Oktober 1982 45

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Ruhetremor

> Parkinsonsche Krankheit

> Postenzephalitischer Parkinson

> Medikamenteninduzierter Parkinsonismus

> Gelegentlich Hirntumoren Haltungstremor

Physiologisch

Gesteigerter physiologischer Tremor

> Hyperthyreose

> Angstzustände

> Alkohol

> Medikamente

> Schwermetalle

Hirnorganische Erkrankungen

> Schwere zerebelläre Schäden

> Wilsonsche Krankheit

> Neurosyphilis

Benigner essentieller (familiärer) Tremor Intentionstremor

Hirnstamm- oder zerebelläre Erkrankung

> Multiple Sklerose

> Spinozerebelläre Degenerationen

> Vaskuläre Erkrankungen

> Tumoren

Tabelle 1: Hauptursachen des Tremors Zur Fortbildung

Aktuelle Medizin

Nervensystemerkran ku ngen

Der nächtliche Myoklonus ist ein physiologisches Phänomen, das die meisten Menschen beim Einsetzen des Schlafes oder beim Aufwachen beobachten.

Die wichtigsten Erkrankungen, die einen pathologischen Myoklonus hervorrufen, sind in Tabelle 3 aufge- führt.

Tics ähneln dem Myoklonus inso- fern, als sie ebenfalls aus kurzen Muskelkontraktionen bestehen; sie unterscheiden sich jedoch dadurch, daß sie repetitiven und stereotypen Charakter haben, daß sie vom Beob- achter imitiert und vom Patienten selbst gewöhnlich durch eine Wil- lensanstrengung unterdrückt wer- den können, oft auf Kosten einer zu- nehmenden inneren Gespanntheit.

Typische Tics betreffen das Gesicht (zum Beispiel Augenzwinkern, Schnüffeln, Schmatzen) oder die Oberarme (Schulterzucken). Solche Tics kommen bei mindestens einem

Viertel aller normalen Kinder vor, verschwinden aber in der Regel mit Erreichen des Erwachsenenalters.

Bei einigen Menschen bleiben sie ein Leben lang bestehen als Teil der

„motorischen Persönlichkeit" des Individuums, machen eine ärztliche Behandlung aber nicht erforderlich, die ohnehin wenig erfolgverspre- chend wäre.

Bei einer kleinen Zahl von Patienten, meist Kindern, können die Tics so ausgeprägt sein, daß eine Überwei- sung notwendig wird. Bei diesen Pa- tienten gehen die Tics oft mit dem Äußern von Grobheiten einher — Gilles-de-la-Tourette-Syndrom. Die- se Krankheit beginnt vor der Puber- tät mit zunehmenden Tics im Ge- sichts- und Schulterbereich, beglei- tet vom stereotypen Hervorstoßen von Flüchen und ordinären Worten.

Eine spezifische pathologische Ur- sache ist bisher nicht gefunden wor- den, und bei einem großen Teil der

Patienten bilden sich diese Störun- gen beim Erreichen des Erwach- senenalters wieder zurück.

Die Torsionsdystonie (Athetose) kommt zustande durch anhaltende unregelmäßige Muskelspasmen, die im Körper charakteristische Haltun- gen aufzwingen. Der Hals ist nach einer Seite verdreht (Torticollis) oder überstreckt (Retrocollis); der Rumpf wird in eine exzessive Lordo- se oder Skoliose gezwungen; der Arm wird gewöhnlich überstreckt und proniert, das Handgelenk ge- beugt und die Finger überstreckt;

das Bein wird meistens gestreckt mit nach plantar gebeugtem und innen- rotiertem Fuß. Im Anfang treten die- se Muskelspasmen oft nur bei be- stimmten Bewegungen auf, so daß der Patient zum Beispiel auf Zehen geht oder beim Schreiben eine cha- rakteristische Armhaltung entwik- kelt. Bei fortschreitender Dystonie werden die abnormen Muskelspas- men und Gliedstellungen jedoch auch in Ruhe sichtbar und verursa- chen ständig gesteigerte Bewegun- gen und zunehmende Deformierun- gen. Die Hauptursachen der Tor- sionsdystonie werden in Tabelle 4 angegeben.

Krankheitsbilder mit generalisier- ten unwillkürlichen Bewegungen Der benigne essentielle Tremor wird oft als autosomal dominanter Zug vererbt, aber bisher konnte für ihn noch keine pathologische oder bio- chemische Ursache gefunden wer- den. Er ist ebenso häufig wie die Parkinsonsche Krankheit, von der er unterschieden werden muß. Charak- teristischerweise tritt der Tremor in einer oder beiden Händen auf, wenn diese eine bestimmte Stellung ein- nehmen, ist in Ruhe nicht nachweis- bar und verstärkt sich nicht wesent- lich bei Bewegungen. Ein Tremor des Unterkiefers, des Kopfes oder des Beines tritt bei einzelnen Patien- ten auf. Weitere neurologische Stö- rungen liegen nicht vor. Handschrift und Sprache können verändert sein;

üblicherweise ist diese Krankheit, die nur langsam progredient ver- läuft, jedoch mehr ein gesellschaftli-

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ches Handicap als eine körperliche Behinderung. Alkohol kann diesen Tremor auf dramatische Weise vor- übergehend verringern, die Arznei- mitteltherapie ist oft enttäuschend.

Diazepam oder Propranolol mögen in einigen Fällen helfen.

Die Chorea Sydenham stellt eine Komplikation des akuten rheumati- schen Fiebers dar und ist eigentlich eine Erkrankung des Kindes- und Adoleszentenalters vor dem 20. Le- bensjahr. Soweit bekannt, ist die pa- thologische Anatomie gekennzeich- net durch einen Nervenzellverlust im ganzen Gehirn, begleitet von einer entzündlichen Gefäßerkrankung.

Sie beginnt schleichend, tritt einige Monate nach einer Streptokokkenin- fektion auf, kann aber auch akut oh- ne vorangegangene Krankheit ein- setzen. Sie bildet sich gewöhnlich innerhalb von sechs Monaten völlig zurück.

Ein Wiederaufflackern der rheumati- schen Chorea kann durch Schwan- gerschaft (Chorea gravidarum) oder orale Kontrazeptiva ausgelöst werden.

Die Behandlung ist symptomatisch mit nachfolgender Penicillinprophy- laxe.

Die Chorea Huntington wird autoso- mal dominant mit voller Penetranz vererbt. Jedes Kind eines erkrankten Patienten trägt ein 50prozentiges Ri- siko, selbst zu erkranken.

Pathologisch-anatomisch findet man eine nicht entzündlich bedingte Degeneration von Nervenzellen im Cortex cerebri und im Corpus stria- tum. Der auslösende Faktor ist nicht bekannt. Die Krankheit beginnt ge- wöhnlich im dritten oder vierten Le- bensjahrzehnt, selten in der Kindheit oder im Alter (senile Chorea). Im Vordergrund können zunächst nur Chorea oder nur Demenz stehen, später findet man meistens beide Symptome mit rascher Progredienz.

Die meisten Erkrankten sterben ge- wöhnlich innerhalb von 14 Jahren nach dem Auftreten der ersten Sym-

Chorea Sydenham

> Chorea gravidarum

> Durch Kontrazeptiva hervorgerufene Chorea Chorea Huntington

> Senile Chorea Chorea bei

> Hyperthyreose

> General isierter Lupus erythematodes

> Polycythaemia vera

> Encephalitis lethargica Medikamenteninduzierte Chorea

> Neuroleptika

> Phenytoln

Tabelle 2: Hauptursachen der Chorea

Myoklonus bei idiopathischer Epilepsie Progressive Myoklonusepilepsie

> Familiäre Myoklonusepilepsie

> Unverricht-Lundberg-Laforasche-Erkrankung

> Lipoidose

> Spinozerebelläre Degeneration Myoklonus bei Stoffwechselstörungen (mit oder ohne Krampfanfälle)

> Niereninsuffizienz

> Leberversagen

> Respiratorische Insuffizienz

> Alkohol- und Medikamentenentzug Myoklonus ohne Krampfanfälle bei organischen Hirnerkrankungen

> Encephalitis lethargica

> Jacob-Creutzfeldtsche Krankheit

> Subakute sklerosierende Leukoenzephalitis

> Posthypoxisch

Tabelle 3: Hauptursachen des Myoklonus

Symptomatisch

> Athetoide zerebrale Bewegungsstörung

> Encephalitis lethargica

> Wilsonsche Krankheit

> Lesch-Nyhan-Syndrom

> Juvenile Chorea Huntington

> Hallervorden-Spatzsche Krankheit Medikamenteninduzierte Dystonie

Idiopathische Dystonia musculorum deformans Paroxysmale Dystonie (paroxysmale Choreoathetose) Tabelle 4: Hauptursachen der Torsionsdystonie

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 39 vom 1. Oktober 1982 49

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Nervensystemerkranku ngen

ptome. Die Chorea Huntington des Kindesalters kann sich als aki- netisch-rigides Parkinson-Syndrom manifestieren.

Es gibt keine Heilung für diese Er- krankung; Chorea und Verhaltens- störungen lassen sich jedoch durch Neuroleptika wie zum Beispiel Phe- nothiazine, Haloperidol und Tetra- benazin beeinflussen. Es gibt keine sichere Methode vorauszusagen, ob ein risikobelastetes Kind an dieser Krankheit wirklich erkranken wird, aber zukünftige Eltern sollten über Art und Häufigkeit des Risikos auf- geklärt werden.

Die athetoide zerebrale Bewegungs- störung (infantile Zerebralparese) ist ein nichtfortschreitendes Syndrom dystoner Bewegungen und Haltun- gen als Folge eines perinatalen Hirn- schadens. Geburtstrauma, Hypoxie

und Kernikterus sind die häufigsten Ursachen. Der Säugling ist anfangs hypoton, entwickelt aber allmählich die charakteristischen dystonen Be- wegungen und Haltungen, gewöhn- lich bis zum Ende des zweiten Le- bensjahres, in Einzelfällen jedoch erst im zweiten Lebensjahrzehnt.

Die Meilensteine der motorischen Entwicklung sind verzögert, die Sprachentwicklung ist unvollstän- dig, und emotionale Unausgegli- chenheit ist häufig. Bei 20 Prozent der Erkrankten treten Krampfanfälle auf, die Intelligenz liegt bei 60 Pro- zent der Erkrankten unter dem Durchschnitt. Viele der betroffenen Kinder entwickeln eine Spastik, vor allem im Bereich der Beine.

Die idiopathische Torsionsdystonie (Dystonia musculorum deformans) beginnt meist in der Kindheit oder Adoleszenz mit einer charakteristi-

schen Gangstörung, dem „auf Ze- hen Gehen". In der Folge treten dys- tone Bewegungen und Haltungen von Rumpf und Armen auf, und in einem Zeitraum von etwa zehn Jah- ren nach Auftreten der ersten Sym- ptome wird eine generalisierte Dys- tonie manifest. Sensibilität und intel- lektuelle Funktionen sind dabei nicht beeinträchtigt. Die kindliche Dystonie kommt unter Juden osteu- ropäischer Herkunft (Aschkenasim), bei denen sie autosomal rezessiv vererbt wird, gehäuft vor. Bei ande- ren Rassen scheint manchmal eine autosomal dominante Vererbung vorzuliegen, die meisten Erkrankun- gen treten jedoch sporadisch auf.

Die Dystonia musculorum defor- mans kann im Erwachsenenalter mit dystonen Bewegungen oder Haltun- gen von Rumpf und Armen begin- nen; diese bleiben dann im allgemei-

Klinisches Syndrom

Auslösendes Medikament

Bevorzugte Altersgruppe

Häufigkeit Auftreten nach Therapiebe- ginn

Wie wirkt ein Absetzen des Medika- mentes

Behandlung

rasch schwindet keine

jede Dosisab-

hängig um 35%

Tremor Bronchodila- tatoren, Trizykli- sche Antide- pressiva, Lithium

jede Parkinso-

nismus

Reserpin Tetrabenazin Phenothiazine Butyrophenone

Dosisab- hängig um 50%

schrittweise während der ersten Monate

schwindet langsam kann ein Jahr dauern

Anticholiner- gika (Levodo- pa nützt nichts) Akute

Dystonie

Niedrig 2%

schwindet Phenothiazine

Butyrophenone Metoclopramid Diazoxid

Kinder junge

Erwachsene

Akut innerhalb weniger Stunden oder Tage

Anticholiner- gika

Diazepam Barbiturate

jede Akathisie Phenothiazine

Butyrophenone

mäßig häufig um 30%

allmählich innerhalb der ersten Monate

schwindet Anticholiner- gika

Tardive Dyskinesie

Phenothiazine Butyrophenone

höheres Alter hoch 20-40%

verzögert nach Monaten oder Jahren

persistiert in etwa 40%

kann schlim- mer werden

Absetzen des auslösenden Medika- mentes Tetrabenazin Tabelle 5: Medikamentenbedingte unwillkürlich-abnorme Bewegungen

(5)

> Benzhexol Artane ,,

> Metoclopramid Paspertin"

> Chtorpromazin Largactil, Megapher0

> cis-Flupenthixol Fluanxor

> Nitrazepam Mogadan'

> Perphenazin Decentan'

> Diazepam Valium R.

> Clonazepam

Rivotre- > Phenytoin

Epanutin-, Phenhydan"

Zentropil'

> Diazoxid Hypertonalum®

> Haloperidol

Haldor > Propranolol

Dociton'

> Pimozid Orap'

> Lithiumcarbonat Hypnorex?

Levodopa Brocadope Larodopat

> Thioproperazin Mayeptil"

Tetrabenazin Nitoman

Tabelle 6: Handelsnamen der angegebenen Medikamente

nen auf einen Teil des Körpers be- schränkt. Die meisten der im Er- wachsenenalter beginnenden Fälle treten sporadisch auf.

Eine Ursache für die Krankheit ist bisher nicht gefunden worden, das Gehirn sieht lichtmikroskopisch un- auffällig aus.

Die Muskelspasmen der Dystonie lassen sich teilweise durch Nedro- leptika beeinflussen, bei einigen Pa- tienten haben angeblich stereotakti- sche Operationen geholfen.

Die Wilsonsche Krankheit (hepato- lentikuläre Degeneration) ist eine Störung des Kupferstoffwechsels und wird autosomal rezessiv vererbt.

Der Neurologe findet abnorme un- willkürliche Bewegungen oder ein akinetisch-rigides Syndrom, der He- patologe eine Leberzirrhose.

Der Beginn fällt gewöhnlich in die Kindheit, kann sich aber auch bis ins frühe Erwachsenenalter verschie- ben. Bei der Wilsonschen Krankheit können alle Arten abnormer unwill- kürlicher Bewegungen auftreten — am häufigsten sieht man Tremor und Dystonie.

Da die Krankheit durch Eliminieren des Kupfers zum Stillstand gebracht und rückgängig gemacht werden kann, muß jedes Kind beziehungs- weise jeder junge Erwachsene mit ungeklärten unwillkürlich-abnor- men Bewegungen auf den bekann- ten Kayser-Fleischer-Ring der Cor- nea hin (der bei Patienten mit neuro- logischer Beteiligung in 100 Prozent der Fälle nachweisbar ist) unter- sucht werden. Weiter sollte auf nied- riges Serumkupfer (unter 15 !,tmo1/1), niedriges Coeruloplasmin (unter 200 4/1) und hohe Kupferausscheidung im Urin (gewöhnlich über 3,2 .tmol/

24 Std.) geachtet werden.

Diese Untersuchungen können bei einigen Patienten normal ausfallen, bei der Leberbiopsie liegt der Kup- fergehalt des Gewebes dann jedoch über 250 tg/g Trockengewicht. Ver- wandte müssen sich unbedingt ei- nem Screening unterziehen.

Einteilung und Ursachen lokal begrenzter unwillkürlicher Bewegungen

Hemifazialer Spasmus: Einseiti- ge, kurz anhaltende, unregelmäßig spasmenartige Kontraktionen der Gesichtsmuskulatur folgen manch- mal einer peripheren Fazialisparese;

gelegentlich sind sie ein Zeichen für eine Kompression des Nervus facia- lis, wie zum Beispiel beim Morbus Paget, beim Akustikusneurinom oder beim Angiom der hinteren Schädelgrube.

Bei den meisten Patienten ist keine Ursache nachweisbar. Die Erkran- kung beginnt gewöhnlich im mittle- ren Lebensalter mit unregelmäßigen Zuckungen der um ein Auge herum- gelegenen Muskulatur und geht dann auf die Oberlippe und schließ- lich die gesamte Gesichtshälfte über. Häufigkeit und Schwere der Gesichtsspasmen variieren be- trächtlich von Patient zu Patient.

Andere Symptome liegen nicht vor, aber Zeichen einer leichten periphe- ren Fazialisschwäche stellen sich gewöhnlich nach vielen Jahren ein.

Blepharospasmus: Intermittierende spastische Kontraktionen des Mus- culus orbicularis oculi werden manchmal bei der Parkinsonschen Krankheit oder bei der Torsionsdys- tonie gesehen und können durch Neuroleptika hervorgerufen werden.

Der Blepharospasmus kommt auch isoliert und ohne offensichtliche Ur- sache meistens bei Patienten mittle- ren oder höheren Alters vor, die dann durch wiederholte unregelmä- ßige und lang anhaltende Perioden des Lidschlusses gequält werden.

Der palatale Myoklonus besteht aus regelmäßigen rhythmischen Kon- traktionen des weichen Gaumens.

Die Uvula bewegt sich dabei ruckar- tig auf und nieder, die Stimme wird zittrig. Andere bulbäre Muskeln kön- nen beteiligt sein; Augen, Gesicht, Gaumen, Kehlkopf, Interkostalmus- kulatur und Zwerchfell können gleichzeitig zucken.

Der palatale Myoklonus tritt ge- wöhnlich akut auf nach einer Gefäß- läsion im Bereich der Nuclei ruber, olivae oder dentatus, kann aber auch bei Tumoren der gleichen Re- gion vorkommen.

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 39 vom 1. Oktober 1982 53

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Zur Ortbildung Aktuelle Medizin

Nervensystemerkrankungen

Torticollis spasmodicus, eine Nei- gung des Halses, sich auf Grund an- haltender oder intermittierender Spasmen des Musculus sternoclei- domastoideus oder anderer Hals- muskeln nach einer bestimmten Sei- te zu drehen, kann unter verschie- densten Bedingungen beobachtet werden.

Ein fixierter schmerzhafter Torticol- lis kommt bei Trauma oder Infektion im Bereich der Halswirbelsäule vor.

Ein intermittierender Torticollis beim Säugling kann Hinweis auf ei- ne Hiatushernie sein. Der echte Tor- ticollis spasmodicus kann Folge ei- ner akuten dystonen Reaktion auf Neuroleptika sein und tritt bei eini- gen Patienten mit Dystonia muscu- lorum deformans auf.

Bei der Mehrzahl der Patienten läßt sich keine Ursache nachweisen- wir sprechen vom idiopathischen Torti- collis spasmodicus. Diese Krankheit beginnt im allgemeinen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.

Ein lokaler Schmerz ist häufig. Eine pathologische Ursache für diese Er- krankung ist nicht bekannt, und es handelt sich fast immer um eine per- sistierende Erkrankung.

Eine medikamentöse Behandlung ist selten erfolgreich, aber in einigen Fällen soll die operative Durchtren- nung des spinalen Nervus accesso- rius und der oberen motorischen Zervikalwurzeln helfen. Die Indika- tion zu so schwerwiegenden Eingrif- fen sollte mit größter Zurückhaltung gestellt werden.

Unter Schreibkrampf verstehen wir eine .definierte isolierte Unfähigkeit zu schreiben (Schreibmaschine zu schreiben oder ein Musikinstrument zu spielen) bei fehlendem Nachweis einer Gelenkerkrankung oder einer anderen neurologischen Erkran- kung.

Bei vielen Patienten ist nur der Schreibakt betroffen - einfacher Schreibkrampf. Die Krankheit schreitet manchmal fort und betrifft dann auch andere Handfunktionen-

dystoner Schreibkrampf. Dieser ist in der Regel therapierefraktär.

Medikamenteninduzierte unwillkürlich-

abnorme Bewegungen

Neuroleptika und andere Medika- mehte verursachen unwillkürlich- abnorme Bewegungen (Tabelle 5).

Von besonderer Bedeutung sind da- bei diejenigen, die von Phenothiazi- nen und Butyrophenonen wie zum Beispiel cis-Fiupenthixol bezie- hungsweise Haloperidol .sowie durch die neueren Neuroleptika wie zum Beispiel Pimozid hervorgerufen werden.

Diese Medikamente können einen Parkinsonismus erzeugen, aber auch eine Reihe anderer Bewe- gungsstörungen wie akute Reaktio- nen, Akathisie (Unfähigkeit, stillzu- halten), die oft den Parkinsonismus begleitet, und tardive Dyskinesien, die nach Monaten oder Jahren neu- roleptischer Behandlung auftreten und bei Wegnahme des betreffen- den Medikaments oft bestehenblei- ben oder sogar stärker werden.

Untersuchung von Patienten mit unwillkürlichen Bewegungen Die genaue Diagnosestellung ist für Behandlung, Prognose und geneti- sche Beratung wichtig. Wenige spe- zielle Untersuchungen sind sinnvoll.

Die Diagnose stützt sich im wesentli- chen auf:

..,.. Art der Bewegung

..,.. perinatale und Familien-Ana- mnese

..,.. Medikamenteneinnahme ..,.. frühere Erkrankung

..,.. gleichzeitig vorliegende neurolo- gische und Allgemein-Symptome Die meisten Patienten mit unwillkür- lichen Bewegungen sollten einer speziellen neurologischen Beurtei- lung zugeführt werden.

Behandlung

unwillkürlicher Bewegungen Die Behandlung ist dort indiziert, wo unwillkürliche Bewegungen eine körperliche Behinderung darstellen oder soziale Probleme hervorrufen.

Der Ruhetremor spricht auf die Le- vodopa-Therapie des Morbus Par- kinsen an.

Der Haltetremor- ob durch Angst, Hyperthyreose oder andere Fakto- ren verursacht- spricht in der Regel auf Propranolol oder Diazepam an.

Der Intentionstremorwird durch Me- dikamente nicht beeinflußt, kann aber durch künstliches Schwerma- chen der betroffenen Gliedmaßen verringert werden. Stereotaktische Operationen (kontralaterale Thalato- mie) sind in seltenen Fällen indiziert.

Chorea, Torsionsdystonie und Tics können durch die Behandlung mit Tetrabenazin und Phenothiazinen wie Chlorpromazin, Perphenazin, Thioproperazin oder Haloperidol verringert oder beherrscht werden. Der Erfolg mit irgendeinem dieser Medikamente ist dosisabhängig; je höher die Dosis, um so größer die Erleichterung, aber dies gewöhnlich unter lnkaufnahme von zunehmen- dem Pseudoparkinsonismus und Schläfrigkeit. Anticholinergika und Diazepam können bei manchem Pa- tienten nützlich sein. Die stereotakti- sche Thalamotomie soll bei man- chen Patienten mit Dystonia muscu- lorum deformans Erfolg haben, be- sonders dann, wenn eine vorwie- gend unilaterale Dystonie vorliegt.

Der Myoklonus ist schwer zu behan- deln. Antikonvulsiva, Diazepam, Ni- trazepam oder Clonazepam helfen in manchen Fällen.

Literatur beim Verfasser Anschrift des Verfassers:

Professor Charles David Marsden Institute of Psychiatry

De Crespigny Park Denmark Hili London SE5 8AF

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