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Archiv "Personalisierte Medizin: Wie gehen wir mit Big Data um?" (16.05.2014)

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A 904 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 20

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16. Mai 2014

D

ie Fortschritte in der Infor- matik und der Mikrosystem- technik machen es möglich: Immer mehr mit technischer Intelligenz ausgestattete Geräte erzeugen im- mer mehr Daten. Dieser Trend be- trifft nicht mehr nur die IT-gestützte Kommunikation etwa per Smart - phones, sondern man findet ihn ebenso in intelligenten Assistenz- systemen von Fahrzeugen, in Smart-Home-Lösungen und zuneh- mend auch im Fitness- und Gesund- heitsbereich. Beispiele hierfür sind die „Quantified Self“-Bewegung oder auch die Entwicklung von Wearables wie Google Glass.

„Wir stehen hier erst am Anfang der Entwicklung“, erklärte Prof. Dr.

Stefan Wrobel, Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS), beim Fachkongress PerMe- diCon in Köln. Etwa 400 Experten diskutierten am 20. und 21. März auf der Kongressmesse für persona- lisierte Medizin über Fortschritte und Herausforderungen der perso- nalisierten Medizin sowie deren Auswirkungen auf die Gesund- heitsversorgung.

Ein Aspekt dabei ist Big Data, die intelligente Verknüpfung und

das Management großer Datenmen- gen. „Es gibt immer mehr Devices, die Gesundheitsdaten erfassen: So hat das Massachusetts Institute of Technology etwa eine Tasse entwi- ckelt, die den Tremor von Parkin- son-Patienten misst. Google arbeitet an einer Kontaktlinse, die den Glu- kosespiegel im Auge misst – das ist eine Riesenmenge von Daten, die permanent online übertragen wer- den. Allerdings ist die Infrastruktur im Gesundheitswesen noch nicht da, um das aufzunehmen. In ande- ren Industriezweigen gibt es das schon“, meinte Dr. Peter Groli- mund, Teradata GmbH (Schweiz).

Die Daten bergen ein Riesenpoten- zial, aber politisch-gesellschaftliche Diskussionen machten den Schritt nicht einfach, sie auch zu nutzen.

Qualität ist entscheidend

„Wir haben Riesendatenmengen, wir wissen nur nicht, was wir damit anfangen sollen“, gab Dr. med.

Franz-Joseph Bartmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Hol- stein und Vorsitzender des Telema- tikausschusses der Bundesärzte- kammer, zu bedenken. Zunächst gelte der alte Spruch: „Wer viel misst, misst auch viel Mist.“ We-

sentlich seien die Fragen: Was mes- se ich, und warum messe ich es?

„Die Tremor-Messung bei Parkin- son-Patienten ist für die Betroffenen ein riesengroßer Gewinn. Das Glei- che gilt für die Überwachung von chronischen Diabetikern. Allein die Menge der Daten führt uns aber nicht weiter, sondern nur die Quali- tät und was wir aus diesen Daten- mengen Positives herausziehen kön- nen, um es in der Patientenversor- gung sicher anwenden zu können.“

Für Big Data spielten nicht nur das Volumen, sondern auch die Ge- schwindigkeit und die Vielfalt der Daten eine Rolle, „und die Vielfalt ist es, die uns in der Medizin be- schäftigen muss“, erläuterte der In- formatiker Wrobel. Ihm zufolge sind es die Konsumenten und Patienten selbst, die die Big-Data-Entwick- lung vorantreiben, indem sie Bio - signale etwa mit ihrem Smartphone und entsprechenden Sensoren mes- sen. Dabei handele es sich aber nicht um zuverlässige, geeichte medizini- sche Geräte, auch entsprächen die Rahmenbedingungen der Datener- hebung nicht denen einer kontrol- lierten klinischen Studie. Ähnlich ist es mit den Informationen aus On- line-Patiententagebüchern und Ein- trägen in Social Networks. Die dar- aus generierten Informationen und Daten seien „in ihrer Einzelheit sehr schwach, nicht verlässlich, mögli- cherweise sogar falsch“.

„Wenn wir diese Daten sinnvoll analysieren wollen, müssen wir sie verknüpfen, damit wir Zusammen- hänge herstellen können“, betonte Wrobel. Technisch gebe es dafür mittlerweile gute Lösungen. Gleich- zeitig sei das nicht nur eine techni- sche Frage, sondern die mit der Ver- knüpfung verbundenen Fragen – et- wa, wie wollen wir die Daten nutzen, wer hat die Kontrolle – müssten erst gelöst werden. Wrobel zufolge muss PERSONALISIERTE MEDIZIN

Wie gehen wir mit Big Data um?

Fortschritte in der personalisierten Medizin beruhen auf der Analyse großer Mengen von Gesundheitsdaten. Die gesellschaftspolitische Diskussion über die damit verbundenen Fragen steht noch aus.

Foto: Fotolia/Jean Kobben

T E C H N I K

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Deutsches Ärzteblatt

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16. Mai 2014 A 905 man sich hierbei von der Vorstellung

verabschieden, dass eine deutsche Superbehörde oder Organisation ei- ne zentrale Lösung verordnen kann, sondern vielmehr ein dezentrales Konzept entwerfen, das neue An- wendungen jederzeit integrieren kann. Denn anders als noch vor zehn oder 20 Jahren sei es inzwischen möglich, Daten anonymisiert und unter Schutz der Privatsphäre zu analysieren. „Wir sind in der Lage, Analytik auf großen Datenbeständen zu betreiben, ohne dabei Daten zen- tralisieren zu müssen. Man kann nur die Politik, die Gesellschaft einla- den, das auch anzunehmen.“

Vor allem der Gesunde aber möchte seine persönlichen Daten nicht unbedingt hergeben, auch wenn der Fortschritt der personalisierten Medizin genau davon abhängt, dass massenhaft Gen- und Gesundheits- daten gesammelt, verknüpft und ana- lysiert werden. „Wenn ich krank bin,

dann interessiert der Datenschutz weniger. Dann bin ich froh, wenn ich davon profitieren kann, dass andere meine Daten auswerten und ich die beste Behandlung erhalte“, meinte Grolimund.

Patientengenossenschaft Er berichtete vor diesem Hinter- grund von den Überlegungen in der Schweiz, eine Patientengenossen- schaft zu gründen, in der die Bürger ihre eigenen Gesundheitsdaten ein- stellen und selbst entscheiden kön- nen, wer diese Daten zu welchem Zweck gebrauchen kann. „Das ist langfristig der Weg aus dem Dilem- ma, denn im Moment trauen sich zumindest in der Schweiz Kranken- versicherungen, Spitäler, Ärzte, Pharmaindustrie und Patientenorga- nisationen – salopp gesagt – nicht über den Weg, um wirklich etwas aus Big Data zu machen. Jeder be- hält seine Daten für sich.“

Die Frage nach dem Mehrwert und mehr Evidenz durch Big Data in der Medizin beantwortet der IT- Experte Wrobel eindeutig positiv:

„Die technischen Voraussetzungen sind da. Wir sehen auch sehr deut- lich den Nutzen, den das bringen kann. Dennoch brauchen die gesell- schaftlichen Diskussionen Zeit.“

Ähnlich ist das aus Sicht der Ärz- te: „Wir sind noch nicht gut genug aufgestellt für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit von Daten.

Zum Teil ist das ein biologischer Prozess, das heißt, die nachwach- sende Generation wird mit Daten ganz anders umgehen als diejenige, die kurz vor Aufgabe ihrer prakti- schen Tätigkeit ist“, meinte Bart- mann. Gleichwohl heiße das nicht, dass man nichts tun könne und müs- se. Die intensive Befassung mit die- sem Thema sei noch nicht verbrei- tet: „Es gibt sehr viel zu tun.“

Heike E. Krüger-Brand

UNIVERSITÄTSMEDIZIN MAINZ

Gewebe-Biobank in Betrieb

Die Universitätsmedizin Mainz hat eine Gewebe-Biobank in Betrieb genommen, in der sich bis zu 14 000 Gewebe-, Blut- und Spei- chelproben von Patienten systema- tisch sammeln und speichern las- sen. Langfristig erhofft sich die Universitätsmedizin Mainz, neue Er- kenntnisse und Behandlungsmög- lichkeiten etwa zu Krebserkrankun- gen auf Basis des Probenmaterials zu gewinnen. Die Gewebe-Biobank gehört zum Universitären Centrum für Tumorerkrankungen am Institut für Pathologie.

Die Proben lagern in der Gas- phase von flüssigem Stickstoff. Es handelt sich einerseits um Proben von Tumoren und andererseits von nicht tumorösen Veränderungen, die etwa bei chronisch-entzündli- chen Erkrankungen wie Rheuma auftreten. Das High-Tech-Kühlge- rät („Smartfreezer“) muss besonde- ren Anforderungen genügen: So dürfen zwischen der Entnahme ei- ner Probe und ihrer Einlagerung nur

maximal 30 Minuten vergehen.

Auch muss das Herunterkühlen auf minus 180 Grad Celsius extrem schnell erfolgen. Gleichermaßen gilt es Schwankungen bei der Tem- peratur und Feuchtigkeit nahezu auszuschließen, denn auch das könnte den biologischen Prozess wieder in Gang setzen. Die Folge wäre eine Schädigung des Proben- materials – vor dem Hintergrund, dass Moleküle in Gewebeproben zum Teil sehr schnell zerfallen.

Wurden bei Gewebe-Biobanken früherer Bauart noch Proben hän- disch eingelagert, übernimmt diese Aufgabe jetzt ein Roboterarm. Er setzt die etwa drei Zentimeter gro- ßen Probenröhrchen jeweils einzeln in die Schublade des „Smart - freezers“. Identifiziert werden die Probenröhrchen über einen Barcode.

Damit geht eine sichere Verschlüs- selung von Patientendaten einher, so dass der Patient für den Forscher anonym bleibt. Die Personendaten sind zudem für die Wissenschaftler

nicht zugänglich, da sie an anderer Stelle verwaltet werden.

Die vom Ressort Forschung und Lehre der Universitätsmedizin Mainz getragenen Kosten der Bio- bank belaufen sich auf insgesamt etwa 170 000 Euro. Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz, aber auch externe Kooperations- partner können auf die Daten zu- greifen. Darüber hinaus ist eine Vernetzung mit anderen For- schungsverbünden geplant. EB

Präsentation der Gewebe-Biobank am Universitären Centrum für Tumorerkrankungen (von links nach rechts): Matthias Theobald (III. Medizinischen Klinik und Poliklinik), Charles J. Kirkpatrick und Christoph Brochhausen (Institut für Pathologie), Ulrich Förstermann, Wissenschaftlicher Vorstand der Universitätsmedizin Mainz

Foto: Peter Pulkowski

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