Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 35–36|
3. September 2012 A 1733RANDNOTIZ
Reinhold Schlitt
Die Krankenkassen machen derzeit mit ihrer Forderung Furore, nieder- gelassenen Ärztinnen und Ärzten das Honorar abzusenken. Klar, dass sie damit bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und anderen Ärzteorganisationen nicht auf Gegen- liebe stoßen. Ein Berufsverband for- derte sogar, die Krankenkassen soll- ten erst einmal bei sich zu sparen an- fangen und wirtschaftlicher arbeiten.
Doch dieses Ansinnen könnte nach hinten losgehen. Glaubt man dem jüngsten Gutachten des Sach- verständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheits - wesen (SVR), dann machen sich die Kassen sehr wohl Gedanken dar - über, wie sie wirtschaftlicher arbei- ten können. Und das meint zualler- erst: Geld zurückholen, das sie vor- her ausgegeben haben.
Auf Basis einer eigenen Umfrage hat der SVR eine 18-teilige Ranking- Liste darüber erstellt, welchen Stel- lenwert die Krankenkassen einzel- nen Sparinstrumenten beimessen.
Bewertet wurde jeweils von „äußerst wichtig“ bis „gar nicht wichtig“. Auf Platz eins landete die Prüfung von Krankenhausrechnungen. Auf Platz zwei steht der Abschluss von Phar- marabattverträgen, gefolgt von der
„Vermeidung oder Reduzierung“ von Krankengeldansprüchen.
Auf Platz vier des Rankings schaff - ten es die niedergelassenen Ärzte.
Bei ihnen prüfen die Krankenkassen Abrechnungen, Verordnungen und so weiter. Da sage noch einer, unse- re Kassen nähmen es mit der Wirt- schaftlichkeit und der Treuhänder- schaft von Versichertengeldern nicht genau. Obwohl – das Kostensen- kungsinstrument „Effizienzsteige- rungen“ in der eigenen Verwaltung landete bei den Befragten erst auf Platz acht. Da würde jede Rating- agentur in die Hände klatschen.
Spar-Ranking der Kassen
Für Deutschland liegen erstmals Vergleichszahlen zum Umfang no- sokomialer Infektionen vor. Nach Auswertung einer repräsentativen Prävalenzstudie besteht bei circa 3,5 Prozent der Patienten eine noso- komiale Infektion. Dieser Wert ent- spricht weitgehend dem Ergebnis einer ähnlichen Untersuchung aus NOSOKOMIALE INFEKTIONEN
Zahl der Fälle weitgehend unverändert
dem Jahr 1994. Gestiegen ist hinge- gen die Zahl der Patienten, die zum Zeitpunkt der Untersuchung Anti- biotika erhielt.
An der Erhebung, die zwischen September und Dezember 2011 stattfand, haben 134 Kliniken in Deutschland teilgenommen. Die Daten sind Teil einer europaweiten Erhebung des Europäischen Zen- trums für Krankheitskontrolle und Prävention in Stockholm und wur- den vom Nationalen Referenz - zentrum für Surveillance von no - sokomialen Infektionen (Charité – Universitätsmedizin Berlin) mit Unterstützung des Bundesminis - teriums für Gesundheit erhoben.
Die vorläufigen Ergebnisse sind im Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts (Ausgabe 26/2012) veröffentlicht worden. zyl Der Methicil-
lin-resistente Staphylococ- cus aureus ist ein gefürchteter Keim im Kran- kenhaus.
Foto: mauritius images
Die deutsche Preisbindung für ver- schreibungspflichtige Arzneimittel gilt auch für europäische Versand- apotheken, die Medikamente an Kunden in Deutschland liefern. Das hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes am 22. August entschieden. Die Klärung auf höchster Ebene war notwendig, weil das Bundessozial- gericht Rabatte der europäischen Versandapotheken für zulässig hielt, der Bundesgerichtshof (BGH) dagegen nicht. Geklagt hatte eine Apotheke in Deutschland gegen die niederländische Versandapotheke Europa Apotheek Venlo, die ihren Kunden beim Kauf verschreibungs- pflichtiger Medikamente einen Bo- nus von drei Prozent des Warenwerts versprach, mindestens 2,50 Euro und höchstens 15 Euro je Packung.
Die klagende Apotheke und der BGH stuften die Boni als wettbe- werbswidrig ein. Sie verletzten das deutsche Arzneimittelrecht, das le- diglich Nachlässe von unter einem Euro für verschreibungspflichtige Arzneimittel erlaube. Dem pflichte- ARZNEIMITTEL
Preisbindung gilt auch für Versandapotheken
te der Gemeinsame Senat bei. Das Gremium verwies zudem auf eine für diesen Oktober geplante Geset- zesänderung, wonach das deutsche Arzneimittelpreisrecht auf den Ver- sandhandel ausgedehnt wird.
Die Apotheker in Deutschland begrüßten das Urteil ebenso wie Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Die Politik habe aus guten Gründen festgelegt, dass verschreibungspflichtige Medika- mente nicht dem Preiswettbewerb unterlägen, sagte der Minister.
Derweil geht der Streit um die Apothekerhonorare weiter. Der Landesapothekerverband Baden- Württemberg hat seine Mitglieder zu Warnstreiks aufgerufen. Die Politik will das Honorar für die Ab- gabe verschreibungspflichtiger Me- dikamente nur um 25 Cent pro Packung erhöhen; die Apotheker fordern 1,04 Euro. Bei einem Treffen mit dem Präsidenten der ABDA – Bundesvereinigung deutscher Apo- thekerverbände, Heinz-Günter Wolf, machte Bahr der ABDA zufolge
„keine inhaltlichen Zusagen“. HK