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Gleichberechtigung der Frau ein Rückschritt durch die Coronapandemie?

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Gleichberechtigung der Frau – ein Rückschritt durch die Coronapandemie?

1.) Beschreiben Sie das Foto.

2.) Schauen Sie sich das Video an und diskutieren Sie auf Grundlage Ihrer ersten Erkenntnisse die Fragestellung

Gleichberechtigung der Frau – ein Rückschritt durch die Coronapandemie?“

Video: https://www.ardmediathek.de/ndr/video/mein-nachmittag/keine-gleichberechtigung-in-der-corona- krise/ndr-fernsehen/Y3JpZDovL25kci5kZS8wODk3NDI0Ni03OGNjLTRmN2ItODQ2NC1iNzExNTNhMGVkYTY/

Methodenheft: Fotos auswerten und nutzen

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Hinweise:

Lockdown: Kurze Positionierung im Klassenchat oder einer Videokonferenz

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Aufgabe: Vergleichen Sie anhand des Schaubildes die Belastung von Müttern und Vätern im Home-Office.

Methodenheft: Diskontinuierliche Texte auswerten und nutzen

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DIENSTAG, 19. JANUAR 2021

Pandemie und Job

Kommt für Frauen der "Corona-Rollback"?

Studien zeigen, dass sich mit der Corona-Krise auch alte Rollenmuster wieder verfestigen. Frauen reduzieren ihre Arbeitszeit häufiger als Männer, um Kinderbetreuung 5

oder Homeschooling zu schaffen. Frauen könnten dadurch dauerhaft vom Arbeitsmarkt verdrängt werden.

Nach der Geburt ihres Sohnes und der Elternzeit wollte die Journalistin Corinna O. eigentlich durchstarten. Sie hatte nach über zehn Jahren im Job ein gutes Netzwerk, die Auftragslage sah vielversprechend aus. Im Sommer 2019 machte sich die Hamburgerin selbstständig. Zwar brachen 10

durch Corona im nächsten Jahr die Aufträge zunächst ein, doch im Sommer verbuchte die erfahrene Journalistin wieder regelmäßige Anfragen. Dann kam der zweite Lockdown.

Mit der erneuten wochenlangen Schließung der Kitas gab es für sie und ihren Mann einen "Rollback"

- und Corinna O. musste immer mehr Aufträge absagen. Geplant war das anders. "Mein Mann hatte beruflich in Berlin eine Karrierechance, deswegen habe ich in den ersten Lebensjahren unseres 15

Sohnes weniger gearbeitet, und er ist von Hamburg nach Berlin gependelt", erzählt die 36-Jährige ntv.de. "Als wir dann alle nach Berlin gezogen sind, war der Plan eigentlich, dass ich dran bin und Raum für die berufliche Selbstverwirklichung habe."

Stattdessen kümmert sich die Journalistin jetzt tagsüber um das gemeinsame Kind, kocht und macht den Haushalt - und ihr Mann, der festangestellt ist und mehr verdient, geht weiter arbeiten. "Ich 20

betreue unseren Kleinen zu Hause, weil ich es wichtig finde, meinen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie zu leisten. Er fordert meine volle Aufmerksamkeit, nebenher zu arbeiten ist schlicht nicht möglich. Mein Mann gehört zur Führungsebene und muss sich im Job beweisen. So sind wir, ohne es zu wollen, in ein sehr traditionelles Modell geschlittert." Die 36-Jährige leidet unter der Situation, denn sie würde gerne arbeiten. "Diese traditionelle Aufteilung der Aufgaben entspricht auch gar nicht 25

meiner Vorstellung von Elternschaft", sagt sie. Am meisten frustriert es die Journalistin, dass es so schwer ist, aus einer solchen Situation wieder herauszukommen. "Das Totschlagargument ist immer, dass er mehr verdient und sein Job deswegen wichtiger ist. Aber ich kann so natürlich auch nicht an einen Punkt kommen, an dem ich wieder mehr verdiene. Das macht die Situation sehr verfahren."

Corona oft Karrierekiller 30

Ihre Geschichte ist kein Einzelfall, sagt Sandra Runge: "Frauen werden durch die derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungen systematisch vom Arbeitsmarkt verdrängt." Runge arbeitet seit einem Jahrzehnt als Anwältin, ihr Schwerpunkt ist Arbeitsrecht für Eltern. Sie leitet außerdem eine Co-Working-Kita in Berlin und hat mit "Don't Worry, be Mami" einen Ratgeber geschrieben, der wichtige rechtliche Fragen rund um Schwangerschaft und Elternzeit klärt. Auf ihrem Blog und ihrem 35

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Instagram-Kanal informiert Runge Eltern seit Beginn der Corona-Krise zudem über die neuesten Entwicklungen rund um das Thema Kitaschließungen, zusätzliche Kinderkrankentage oder Gehaltsentschädigungen für Eltern. Sie sagt: "Die Errungenschaften der letzten Jahre sind in vielen Fällen mit einem Mal vom Tisch gefegt, Eltern und insbesondere Mütter werden in manchen Firmen in die Kurzarbeit gedrängt, selbst, wenn sie ihre Arbeitszeit gar nicht reduzieren wollen."

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Derzeit beobachtet sie immer wieder, dass mit der Corona-Krise auch ein Karriereknick einhergeht.

"Hier spielt auch der Gender Pay Gap eine wichtige Rolle, denn bei der Frage, wer zu Hause bleibt und wer weiter arbeitet, haben finanzielle Aspekte einen wichtigen Einfluss. Doch Frauen, die im Berufsleben pausieren, fangen danach oft wieder bei Null an", sagt sie. Und das Home-Office könne Müttern im Job zum Nachteil gereichen. "Auch wenn ich es befürworte, im Sinne der Eindämmung 45

der Pandemie, so ist es insbesondere für Frauen, die Karriere machen wollen oder nach der Elternzeit wieder einsteigen, oft eine Bremse, denn es ist schwer, von dort wieder im Job anzudocken und sich ins Gespräch zu bringen - und Arbeitnehmerinnen müssen ohnehin mehr tun, um gesehen zu werden, als ihre männlichen Kollegen."

Diese Entwicklung zeigte sich auch schon in einer Studie des Wirtschafts- und 50

Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, die im April 2020 veröffentlicht wurde. Zwar seien männliche und weibliche Beschäftigte ähnlich oft von Kurzarbeit betroffen, doch spürbar mehr Frauen (24 Prozent) als Männer (16 Prozent) haben die Arbeitszeit auf anderem Wege reduziert. "Leben Kinder im Haushalt, übernehmen ganz überwiegend Frauen den größten Teil der nach Kita- oder Schulschließungen anfallenden Betreuungsarbeit", sagt die Soziologin und 55

designierte Wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts, Prof. Dr. Bettina Kohlrausch. Sie beobachtet, dass sich dabei schon vorher bestehende Muster der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung fortsetzen oder gar zuspitzen. "Bei diesen Paaren zeigt sich eine Tendenz, dass häufiger Frauen einen größeren Anteil übernehmen. Wir sehen also eine Verfestigung der Rollenmuster", erklärt die Wissenschaftlerin.

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"Entsetzliche Retraditionalisierung"

Folgen:

Auch die Professorin Jutta Allmendinger, die das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) leitet, beobachtet dies. "Wir erleben eine entsetzliche Retraditionalisierung", schrieb sie im Mai 2020 in einem Gastbeitrag für "Die Zeit". Über 20 Prozent der Mütter würden ihre Erwerbsarbeit 65

in der Pandemie reduzieren - alarmierend sei dabei, dass es eben überwiegend Frauen seien, die sich aus dem Berufsleben zurückzögen, um sich Kindern und Küche zu widmen - vor allem in Familien mit kleinen Kindern. "Sie belegen eine Rollenverteilung zwischen Müttern und Vätern, die jener in der Generation unserer Eltern und Großeltern entspricht - und die wir nicht mehr für möglich gehalten hätten", schreibt Allmendiger in dem Beitrag weiter.

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Diesen Rückfall sieht auch die Soziologin Kohlrausch - und das sogar bei Paaren, die sich zuvor die Erziehungsarbeit noch ungefähr gleich aufgeteilt haben. Von diesen tun das in der Corona-Krise nur noch rund 62 Prozent. "Bei diesen Paaren zeigt sich eine Tendenz, dass häufiger Frauen einen

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größeren Anteil übernehmen", so Kohlrausch. Frauen in Doppelkarrierepartnerschaften hätten schon vor der Pandemie mehr Hausarbeit und Betreuungsarbeit geleistet - in der Krise habe sich das nun 75

noch verschärft.

Mehr Gleichberechtigung für Eltern

Hinzu kommt, dass ein Ende der Situation nicht absehbar ist und besonders das Fehlen langfristiger Lösungen und die damit einhergehende Planlosigkeit Mütter verzweifeln lässt, sagt Runge. "Viele Frauen aus meiner Community fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Denn das 80

Kinderkrankengeld ist ja auch nur eine temporäre Lösung und geht mit deutlichen Verdiensteinbußen einher. Und was, wenn der Lockdown über den Januar hinausgeht? Dann sind die 20 Tage im Zweifel schon aufgebraucht."

Freiwillig versicherte Selbstständige wären ganz besonders hart getroffen. "Ihre Verdienstausfälle werden vonseiten des Staats gar nicht kompensiert." Runge hat nun die Initiative #ProParents 85

gegründet und setzt sich dafür ein, dass Eltern besser vor Diskriminierung geschützt werden. Denn Beispiele, dass vor allem Mütter auch schon vor der Corona-Krise vom Arbeitsmarkt gedrängt wurden, hat sie viele. "Sprüche wie "Deine Kinder sind aber oft krank" oder "Wir suchen eine Bewerberin wie Sie, aber ohne Kinder" sind immer noch traurige Realität, sagt die Anwältin.

Quelle: https://www.n-tv.de/leben/Kommt-fuer-Frauen-der-Corona-Rollback--article22301697.html

Aufgabe:

1.) Lesen Sie den Texten und arbeiten Sie heraus, welche Veränderung sich für Frauen während der Pandemie ergeben.

2.) Der Artikel beschreibt, dass einige Probleme auch schon vor der Pandemie existierten.

Erläutern Sie diese und überlegen Sie, ob und welchen Ausweg es aus dieser Situation geben könnte.

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Interview: Tina Groll 30. Dezember 2020, 16:41 Uhr Christine Hohmann-Dennhardt

"Ich hatte nie ein Problem damit, Quotenfrau zu sein"

Corona zeigt, wie schlecht es vielen Frauen geht, sagt Ex-Bundesverfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt. Sie fordert mutigere Gesetze für Gleichberechtigung.

„Ich hatte nie ein Problem damit, Quotenfrau zu sein.“

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Christine Hohmann-Dennhardt kann auf eine außergewöhnliche Karriere zurückblicken. Die 70- jährige frühere Bundesverfassungsrichterin kennt wie kaum eine andere alle Bereiche: Die Tochter eines Maurers und einer kaufmännischen Angestellten hat sich hochgearbeitet – sie war Ministerin, Bundesverfassungsrichterin, Dax-Vorständin und dabei meist die einzige Frau unter vielen Männern.

Ein besonderes Anliegen war der Juristin stets die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, als 10

Richterin prägte sie das Familienrecht maßgeblich mit. Wir sprachen mit ihr über die Grundrechtseinschränkungen in der Pandemie und die Auswirkungen davon für Frauen sowie über ihre persönlichen Erfahrungen in Spitzenpositionen.

[…]

ZEIT ONLINE: Es sind vor allem die Frauen, die wegen Schul- und Kitaschließungen die Kinder 15

betreuen, den Haushalt schmeißen und dabei noch im Homeoffice ihren normalen Job erledigen müssen. Wo stehen wir gerade bei der Gleichberechtigung?

Hohmann-Dennhardt: Es hat unverkennbare Fortschritte bei der Bildung und Erwerbstätigkeit von Frauen gegeben. Heute müssen sich Unternehmen sogar rechtfertigen, wenn sie zu wenige Frauen in Führungspositionen vorweisen können. Andererseits schlägt das traditionelle Rollenmuster in 20

vielen kritischen Situationen immer wieder durch. Das sieht man in der Pandemie. Frauen fühlen sich nach wie vor stärker für Familie und Haushalt verantwortlich als Männer. Männer müssen sich dagegen immer noch rechtfertigen, wenn sie für die Familie ihre Karriere einschränken, sogar in dieser Krise.

ZEIT ONLINE: Wie lässt sich das ändern?

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Hohmann-Dennhardt: Wir brauchen unbedingt eine stärkere öffentliche Debatte über das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen, das eine der Hauptursachen für das Verharren in alten Rollenmuster ist. Am Ende sind es oft die finanziellen Gesichtspunkte, die dazu führen, dass Paare sich die Care-Arbeit ungleich aufteilen. Diese ungleiche Verteilung wird in der Corona-Krise wie unter einer Lupe vergrößert. Ich sehe es daher als Fortschritt an, dass über diesen Rollback in der 30

Pandemie nun auch öffentlich gesprochen wird.

ZEIT ONLINE: Was kann Rechtsprechung da verändern?

Hohmann-Dennhardt: Gesetze können immer die Leitplanken vorgeben. Aber dass etwas gesetzlich möglich ist, heißt noch lange nicht, dass es auch praktiziert wird. Ich nenne mal ein Beispiel: Am Bundesverfassungsgericht hatte ich immer wieder mit dem Namensrecht zu tun. Es ist ja noch gar 35

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nicht so lange möglich, dass die Frau ihren Namen nach der Eheschließung behalten darf oder der Mann sogar ihren Namen annehmen kann. Bis heute machen davon nur wenige Männer Gebrauch.

ZEIT ONLINE: Braucht es für die Verwirklichung der Gleichberechtigung künftig mutigere Gesetze?

Hohmann-Dennhardt: Es kommt immer auf die Art der Gesetze an. Das Entgelttransparenzgesetz zum Beispiel sollte helfen, Differenzen bei den Gehältern von Männern und Frauen aufzudecken. Es 40

sieht einen Auskunftsanspruch für Beschäftigte in großen Unternehmen vor. Es wird aber vom Individuum her gedacht, das etwas tun muss – in diesem Fall muss eine Arbeitnehmerin sich bei ihrem Arbeitgeber beschweren, dass sie unterbezahlt ist und Auskunft verlangen. Aber wer traut sich das? Hinzukommt, dass sich Gehälter oft kompliziert zusammensetzen. Da ist es schwer, nachzuweisen, dass man ungerechtfertigt schlechter bezahlt wird als ein männlicher Kollege.

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ZEIT ONLINE: Wie kann man es besser machen?

Hohmann-Dennhardt: Langfristig muss es darum gehen, die Frauen- und Männer-Arbeitsmärkte stärker aufzubrechen. Sobald mehr Männer einen Frauenberuf ausüben, steigt auch das Lohnniveau in dieser Branche. Nur so kann es langfristig zu einem Abbau des Lohngefälles kommen. Außerdem müssten gleichwertige Tätigkeiten auch gleich oder zumindest ähnlich bezahlt werden. Da sehe ich 50

auch die Gewerkschaften in der Pflicht. Heute werden Ingenieure weit besser bezahlt als Pflegekräfte. Aber warum ist die Denkleistung eines Ingenieurs eigentlich so viel mehr Geld wert als die Arbeit einer Intensivschwester auf einer Corona-Station?

[…]

ZEIT ONLINE: Haben Sie die Hoffnung, dass nach der nächsten Bundestagswahl mehr Frauen im 55

Parlament vertreten sein werden?

Hohmann-Dennhardt: Ich bin in solchen Fragen immer recht zuversichtlich. Insgesamt denke ich, dass die derzeitige Erfahrung mit Homeoffice und Kinderbetreuung, die viele Frauen machen müssen, auch politisieren kann. Dass darüber diskutiert wird, ist schon mal ein Fortschritt. Früher hätte man gefragt, wieso müssen Frauen überhaupt erwerbstätig sein? Und es wird in Zukunft an 60

Frauen nicht mangeln, die in die Parlamente streben. So sind zum Beispiel in der Klimaschutzbewegung viele junge, engagierte und mutige Frauen anzutreffen.

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-12/christine-hohmann-dennhardt-lockdown-corona-massnahmen- gleichberechtigung-frauenquote-partiaetsgesetz/komplettansicht (Download 25.01.2021

Aufgaben:

1.) Welche Risiken und Chancen, die sich während der Corona-Pandemie ergeben, sieht Christine Hohmann-Dennhardt für Frauen?

2.) Frau Hohmann-Dennhardt sagt: „Männer müssen sich dagegen immer noch rechtfertigen, wenn sie für die Familie ihre Karriere einschränken, sogar in dieser Krise“. Überlegen Sie: bei wem und aus welchen Gründen müssen Männer sich im Gegensatz zu Frauen rechtfertigen?

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Benedikt Dittrich • 08. Januar 2021

Home Office und Frauenquote als Bausteine

Warum wir gerade in der Krise die Gleichberechtigung verteidigen müssen

Keine Dauerlösung aber besser als gar nichts. Im Home Office ist die Betreuung des Nachwuchses zeitweise möglich auch ohne, dass ein Elternteil komplett aufhören muss zu arbeiten.

Der erste Lockdown machte deutlich, wie weit wir in Deutschland mit der Gleichberechtigung wirklich sind.

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Im Zweifel steckte die Frau zurück und – und das blieb auch bis zum Jahresende so. Das müssen wir dringend ändern. Die Instrumente dafür gibt es.

Jahr für Jahr erinnert der „Gender Pay Gap“ daran, dass Frauen in Deutschland deutlich weniger verdienen als Männer. Einer der Hauptgründe ist dafür nach wie vor das traditionelle Familienbild: Frauen kümmern sich um die Kinder, stehen am Herd, kümmern sich ums Haus. Das führt zu Teilzeitjobs, Auszeiten, weniger 10

Gehalt, kürzeren Karrieren – immer noch.

So bekannt, so altbacken ist dieses Frauenbild, dass es schmerzt den Rückfall in der Corona-Pandemie zu erleben. Die „traditionelle“ Arbeitsteilung, sie kehrte im ersten Lockdown im Frühling wieder zurück in viele Haushalte. Zwar verkürzten auch Väter ihre Arbeitszeiten, doch Mütter mussten offenbar zu oft noch viel stärker auf die Bremse treten. Wollten wir in 2020 nicht eigentlich schon viel weiter sein?

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Das Problem ist die Einstellung, nicht das Virus.

Im Frühling, als Kitas und Schulen in Deutschland erstmals komplett geschlossen waren, fiel die Arbeitszeit zwischen Männern und Frauen wieder weiter auseinander: Arbeiteten vor der Pandemie Frauen in der Regel fünf Stunden weniger als die Männer, waren es im April schon sechs Stunden. Das ergab eine Befragung des WSI, die die Hans-Böckler-Stiftung noch vor Jahresende veröffentlichte. Tausende Befragte gaben im 20

November Auskunft zu ihrem Arbeitspensum und ihrer Arbeitsteilung in den vergangenen Monaten.

Dabei sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass ein Virus die Köpfe in allen Familien verdreht hat und sie deswegen wieder zu überholten Weltbildern zurückkehren. Nein, die traditionelle, konservative Rollenverteilung – die Frau schmeißt den Haushalt, der Mann arbeitet an Karriere und Gehalt – ist immer da gewesen, sie war nie weg. Jetzt tritt sie nur wieder deutlicher zutage, wenn es in den Familien um hop oder 25

top geht: „Gehst du weiter arbeiten oder ich?“ Und auch wenn es oft die pragmatische, finanziell vernünftige Entscheidung ist: Oft ist es eben dann wieder die Frau, die zurücksteckt oder zurückstecken muss.

Kampf um Gleichberechtigung um Jahre zurückgeworfen

Binnen weniger Wochen wurde so der Kampf in der Arbeitswelt um Gleichberechtigung wieder um Jahre zurückgeworfen – und auf diesem Level bewegen wir uns offenbar immer noch. Denn bis zum „Lockdown 30

light“ im Herbst wurde dieser Rückstand bei den Arbeitszeiten nicht wieder aufgeholt. Obwohl – zumindest auf dem Papier – Kitas und Schulen wieder regulär geöffnet waren, verfestigte sich der Unterschied, als ob es nie anders gewesen wäre.

Dafür könnte es zwei Gründe geben, auf die auch das WSI hinweist: Zum einen mussten im Sommer und Herbst Nachwuchs oder ältere Angehörige betreut werden, wenn es lokale Corona-Ausbrüche in Kitas oder 35

Pflegeheimen gab. Zum anderen arbeiteten zu Beginn des zweiten Lockdowns wesentlich weniger Menschen im Home Office als im Frühling: 14 zu 27 Prozent laut Befragung. Dabei liegt es auf der Hand, dass Nachwuchs-

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Betreuung und Beruf besser zusammengehen, wenn beides zuhause stattfinden kann. Es wäre zumindest für die Dauer der Pandemie eine Zwischenlösung, wenn auch keine dauerhafte.

„Einmal reduziert, immer reduziert“

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WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch vermutet, dass der Rückstand der Frauen im zweiten Lockdown sogar noch angewachsen sein könnte. Außerdem vermuten die Forscher*innen, dass die Frauen, die kurzfristig ihre Arbeitszeiten reduzierten, diese nicht genauso schnell wieder anheben konnten – sonst hätten sie das vermutlich in den Sommermonaten getan. „Es besteht die Gefahr, dass manche Arbeitgeber sagen: Einmal reduziert, immer reduziert“, heißt es in der Schlussfolgerung.

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Das ist ein inakzeptabler Zustand in einer Gesellschaft, die sich so häufig die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung betont. Deswegen muss es die Aufgabe der Politik sein, den Kampf für die Gleichberechtigung schnellstmöglich wieder aufzunehmen. Der Rückfall in traditionelle Rollenbilder ist Gift für diesen Kampf, das schnellstmöglich neutralisiert werden muss. Doch im Gegensatz zum Coronavirus, das nun mit einem Impfstoff zurückgedrängt werden kann, ist es schwieriger, dafür ein Gegenmittel zu finden.

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Dabei gibt es einzelne Bausteine, an denen bereits gearbeitet wird: Mit einem allgemeinen Recht auf Home Office scheiterte das von Hubertus Heil geführte Arbeitsministerium zunächst an CDU und CSU – doch vom Tisch rutschen darf die Forderung damit nicht. Die Anwesenheitsmentalität ist offenbar zu stark in der deutschen Arbeitswelt verankert, als dass zahlreiche Führungskräfte sie von sich aus ändern wollen – auch das zeigt sich an der Auswertung des WSI. Ein weiterer Punkt ist die Frauenquote in Führungspositionen, für 55

die jüngst von den SPD-Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht ein Gesetzentwurf ins Kabinett eingebracht wurde. Die Hoffnung: Mit dem Einzug der Frauen in die Führungsetagen könnte ein Umdenken stattfinden, für Probleme sensibilisiert werden, die in der traditionellen Laufbahn des Karriere- Mannes nie vorkamen.

Das Allheilmittel für die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Arbeitswelt sind beide Bausteine 60

freilich nicht. Aber es sind Punkte, an denen schon jetzt gearbeitet wird und die noch mitten in der Krise vorangetrieben werden können. So kann vielleicht verhindert werden, dass das ohnehin fragile Konstrukt

„Gleichberechtigung“ nicht komplett zusammenbricht und wir nach dem Corona-Winterschlaf nicht wieder in der Familien- und Frauenpolitik nach dem Modell der achtziger Jahre aufwachen.

https://www.vorwaerts.de/artikel/gerade-krise-gleichberechtigung-verteidigen Aufgaben:

1.) Lesen Sie den Text und arbeiten Sie die Meinung des Autors heraus.

2.) Der Autor schreibt: „Nein, die traditionelle, konservative Rollenverteilung – die Frau schmeißt den Haushalt, der Mann arbeitet an Karriere und Gehalt – ist immer da gewesen, sie war nie weg.“

Nehmen Sie zu dieser Aussage begründet Stellung.

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Gleichberechtigung der Frau – ein Rückschritt durch die Corona Pandemie?

Sie haben sich zu Beginn der Einheit zur Fragestellung „Gleichberechtigung der Frau- ein Rückschritt durch die Corona Pandemie?“ positioniert. Vorher haben Sie etwas über Gender, Rollenbilder und Entwicklung der Gleichberechtigung gelernt. In den letzten Stunden haben Sie sich anhand verschiedener Materialien (Foto, Video, Diagramm, Texte) dem Thema gewidmet.

Nun geht es darum, dass Sie aufbauend auf den verschiedenen Materialien und Ihrer eigenen Meinung bzw. Ihren Erfahrungen Stellung nehmen.

Aufgaben: Sie arbeiten als Praktikant / Praktikantin in einem Unternehmen, in dem hauptsächliche Frauen im Homeoffice arbeiten. Aus diesem Grund hat der Unternehmensleiter eine offene Diskussionsrunde geplant und bittet Sie, als unabhängige Person, Stellung zu beziehen und den anderen Unternehmensleitern und Mitarbeitern/innen Ihre Position darzulegen. Um bei der Diskussion zu überzeugen, haben Sie sich mit verschiedenen Materialien auseinandergesetzt.

Ziel: Zur Problemfrage Stellung nehmen, indem Bezüge zwischen den Argumenten hergestellt, Argumente abgeleitet und eigene Argumente mit eingebracht werden.

Vorbereitung:

- Eigene Position klar machen

- ergänzen durch Argumente und Aussagen aus den Materialien - ergänzen aus eigenem Wissen, eigener Beispiele und Erfahrungen Tipp: Visuelle Darstellung durch eine Mind-Map o.ä.

Stellungnahme verfassen:

- Einleitung:

Anlass und Ziel der Stellungnahme

Interesse der Zuhörer wecken (interessante Erfahrung, aktuelle Aufhänger, provokante Zitate aus dem Material, …)

- Hauptteil:

Argumente formulieren und durch eine klare Gliederung strukturieren (These – Argument – Stützung – Folgerung)

Hinweis: Wenn Sie Teile aus anderen Materialien wiedergeben, müssen Sie dies belegen.

- Schluss:

Zusammenfassung Fazit

Im Unterricht werden exemplarische Beispiele vorgelesen. Mithilfe Ihrer Argumente können Sie eine Diskussion zum Thema mit der gesamten Lerngruppe führen.

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Referenzen

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