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Vorgelegt von: Nancy Tornow, BA. Personenkennzeichen: Erstbegutachter: Mag. (FH) Josef Schörghofer, DSA

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Professionelles Handeln im Kontext der Borderline- Persönlichkeitsstörung

Welchen Beitrag kann Klinische Soziale Arbeit leisten?

Professional conduct in the context of Borderline Personality Disorder

Which contribution can be made by Clinical Social Work?

Masterarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Social Sciences (MA)

der Fachhochschule FH Campus Wien

Masterstudiengang: Sozialraumorientierte und Klinische Soziale Arbeit

Vorgelegt von:

Nancy Tornow, BA

Personenkennzeichen:

1610534039

Erstbegutachter:

Mag. (FH) Josef Schörghofer, DSA

Zweitbegutachter:

Prof. (FH) Dr. Heinz Wilfing, DSA Eingereicht am:

09. 11. 2018

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Erklärung

Ich erkläre, dass die vorliegende Masterarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner unerlaubter Hilfe bedient habe.

Ich versichere, dass ich diese Masterarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) identisch sind.

Datum: ………. .. Unterschrift: ………

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Schlüsselbegriffe

Borderline-Persönlichkeitsstörung Beziehungsarbeit

Bindung im Erwachsenenalter Klinische Soziale Arbeit Professionalität

Professionelles Handeln

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Abkürzungsverzeichnis

BPS Borderline-Persönlichkeitsstörung

ADHS Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung DSM V Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders

ICD 10 International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems. 10. Revision.

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Kurzfassung

Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung sind in sämtlichen Handlungsfeldern Sozialer Arbeit anzutreffen, häufig fehlt allerdings die notwendige Fachexpertise zum Umgang mit diesen Klient*innen. Die vorliegende Arbeit untersucht die Diskrepanz zwischen der Beziehungs- und Interaktionsstörung und der Notwendigkeit des Aufbaus stabiler Arbeitsbeziehungen zu diesen Klient*innen. Es wird geklärt, wie professionelles Handeln sich in diesem Kontext gestalten muss und welchen Beitrag Klinische Soziale Arbeit leisten kann.

Hierzu werden Expert*inneninterviews mit Sozialarbeiter*innen durchgeführt, welche in einer Wohngruppe für psychisch erkrankte Mütter und ihre Kinder tätig sind. Hinzugezogen werden Erkenntnisse aus den Akten und der Dokumentation, welche mittels Dokumentenanalyse erhoben wurden. Anschließend werden alle gesammelten Erkenntnisse mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet und im Ergebnisteil anhand gebildeter Kategorien strukturiert.

Um ein Verständnis für die Borderline-Persönlichkeitsstörung, professionelles Handeln und die Rolle von Beziehungserfahrungen und Bindung zu erlangen, erfolgt vorab eine theoretische Betrachtung dieser Themen.

Abschließend findet eine Diskussion der Ergebnisse unter Einbeziehung der Theorie statt.

Es ergibt sich, dass Fach- und Erfahrungswissen eine wichtige Grundlage für die Arbeit mit von Borderline betroffenen Menschen ist. Viele herausfordernde Situationen ergeben sich aufgrund unzureichender Erfahrung oder mangelnden Wissens über das Störungsbild.

Weiterhin ist der Beziehungsaspekt essentiell. Um tragfähige Beziehungen zu diesen Klient*innen aufbauen zu können, ist ebenfalls das Wissen um die Erkrankung von Nöten.

Ohne diese beiden Aspekte, kann professionelles sozialarbeiterisches Handeln nicht gelingen.

Die Profession Klinische Soziale Arbeit besitzt zudem ein umfangreiches Repertoire and Methoden, diagnostischen Instrumenten und Handlungsstrategien, welche einen umfassenden Beitrag in der Arbeit mit diesen Menschen leisten können. Darüber hinaus befasst sich keine andere Profession so intensiv und umfassend mit der sozialen Dimension, was diesen Klient*innen wiederum oft in ärztlicher und psychotherapeutischer Betreuung fehlt.

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Abstract

People with a borderline personality disorder can be found in all departments of social work, however, there is often a lack of necessary expertise to deal with these clients. The master thesis examines the discrepancy between the relationship and interaction disorder and the need to build functional and stable working relationships with clients. It will be presented how professional conduct must be shaped and which contribution can be made by clinical social work.

For this purpose, expert interviews are conducted with social workers who work in an assisted living institution for mentally ill mothers and their children. Insights from the files and the documentation, which were collected with the method of “Dokumentenanalyse”, will be included. Subsequently, all collected material will be analysed using the methods of Mayrings “Qualitative Inhaltsanalyse”. The results of the analysis will be shown in the last chapter and are based on prior formed categories.

To gain an understanding of the borderline personality disorder, professional help and attachment theory, a theoretical consideration of these topics is featured beforehand.

Conclusively, results will be presented and discussed under consideration of the previous theoretical input. It becomes evident that knowledge, whether it is based on expertise or experience, is an important and solid base for working with people diagnosed with BPS.

Many challenging situations emerge because of insufficient experience or lack of knowledge about the disorder. Additionally, the aspect of relationship is essential for the process of professional help. To build sustainable relationships with said clients, the knowledge about the disease is required. Without these two aspects professional social work cannot succeed.

The profession of clinical social work has an extensive repertoire of methods, diagnostic tools and strategies that can make a significant contribution regarding the work with clients.

No other profession deals as intensively and comprehensively with the social dimension of their clients which often lacks in medical or psychotherapeutic contexts.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 1

2 Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ... 5

2.1 Begriffserklärung und Prävalenz ... 5

2.2 Merkmale der Borderline-Persönlichkeitsstörung ... 8

2.2.1 Vermeidung von Verlassenwerden ... 10

2.2.2 Instabile zwischenmenschliche Beziehungen ... 11

2.2.3 Instabiles Selbstbild und Selbstwahrnehmung ... 13

2.2.4 Selbstschädigendes Verhalten und Süchte ... 14

2.2.5 Selbstverletzendes Verhalten und Suizidalität ... 15

2.2.6 Emotionale Instabilität ... 17

2.2.7 Chronisches Gefühl innerer Leere ... 18

2.2.8 Kontrolle und Regulation von Wut ... 19

2.2.9 Dissoziation und paranoide Vorstellungen ... 20

2.3 Genderaspekt der Borderline-Persönlichkeitsstörung ... 20

2.4 Fallbeispiel Frau Müller... 22

3 Beziehungsarbeit als Grundlage von Professionalität ... 25

3.1 Professionelles Handeln ... 26

3.2 Bezug Klinische Soziale Arbeit ... 28

3.2.1 Professionelle Notwendigkeit genderspezifischer Arbeit ... 32

3.3 BPS und Bindung im Erwachsenenalter ... 32

4 Forschungsdesign ... 38

4.1 Forschungsfrage und Forschungsziel ... 39

4.2 Forschungsfeld ... 40

4.2.1 Zielgruppe ... 40

4.2.2 Institution ... 42

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vii

4.3 Datenerhebung ... 43

4.3.1 Das systematisierende Expert*inneninterview ... 43

4.3.2 Dokumentenanalyse ... 44

4.3.3 Transkription ... 45

4.4 Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ... 46

5 Darstellung der Forschungsergebnisse ... 48

5.1 Herausforderungen ... 49

5.2 Fallbeispiel Frau Lange... 60

5.3 Professionelles Handeln ... 62

5.4 Beziehungsarbeit ... 71

5.5 Ressourcen ... 77

5.6 Bezug zur Klinischen Sozialen Arbeit ... 80

6 Zusammenfassung der Ergebnisse ... 90

7 Welchen Beitrag kann Klinische Soziale Arbeit leisten? ... 93

8 Offene Fragen ... 96

9 Literatur- und Quellenverzeichnis ... 97

10 Abbildungsverzeichnis ... 102

11 Anhang ... 103

11.1 Transkriptionsregeln ... 103

11.2 Interviewleitfaden ... 104

11.3 Auszug aus den Transkripten ... 105

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1

1 Einleitung

Die vorliegende Masterarbeit analysiert professionelles, sozialarbeiterisches Handeln im Kontext der Borderline-Persönlichkeitsstörung und untersucht, welchen Beitrag Klinische Soziale Arbeit leisten kann. Die Fragestellung der Forschungsarbeit befasst sich dabei mit dem Spannungsfeld zwischen professionellem Handeln und der Bedeutung von Beziehungsarbeit in der alltäglichen Arbeit von Sozialarbeiter*innen, welchem die Komplexität und Individualität der Borderline-Persönlichkeitsstörung und dem Defizit betroffene Menschen, stabile und tragfähige Beziehungen zu gestalten, gegenübersteht.

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (kurz BPS), welche ebenfalls als emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus bezeichnet wird, ist eine psychische Erkrankung, die in der Arbeit klinischer wie auch nicht klinischer Sozialarbeiter*innen immer wieder von Bedeutung ist. Bereits die Borderline-Persönlichkeitsstörung als solches wird durch neun Kriterien im DSM-V definiert. Hinzu kommt eine hohe Wahrscheinlichkeit von Komorbiditäten, welche nicht nur die Diagnose einer Borderline- Persönlichkeitsstörung erschweren, sondern auch eine sehr ausdifferenzierte Individualität in den auftretenden Symptomen mit sich bringt. Als entsprechend herausfordernd erweist sich das Vorhaben, dieses Störungsbild in seiner Gänze zu begreifen und gar ein professionelles Gespür für Klient*innen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung zu entwickeln. Dabei bleiben die Hindernisse, welche die charakterliche Inkonsistenz und die Instabilität zwischenmenschlicher Beziehungen mit sich bringen, nicht unerwähnt.

Menschen mit BPS oder Neigungen zu Beziehungsstörungen sind in allen Handlungsfeldern Sozialer Arbeit anzutreffen, ob sie dabei bereits eine Diagnose besitzen oder nicht. Oft mangelt es allerdings an fachlicher Expertise, institutioneller Unterstützung und fachlichem Austausch in Form von Fallbesprechungen und Supervisionen in diesem Bereich. Unwissenheit der zuständigen Sozialarbeiter*innen und Unsicherheiten im Team können dabei sehr schnell zu problematischen Situationen führen. Betroffene Klient*innen geraten immer wieder in eine sich wiederholende Schleife von negativen Beziehungserfahrungen in Form von Beziehungsabbrüchen und wiederkehrenden existenziellen Problemlagen, bis hin zu lebensgefährlichen Krisensituationen. Die Stigmatisierung der Borderline-Persönlichkeitsstörung und die sich noch immer haltende Überzeugung, diese Klient*innen seien besonders schwer händelbar, schrecken zudem häufig ab überhaupt in Beziehung zu gehen und ein geeignetes Verhältnis von Nähe und Distanz personenspezifisch zu eruieren.

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2

„Wer in einer Einrichtung mit Angeboten für psychisch erkrankte Menschen arbeitet, wird früher oder später mit Borderline-Betroffenen in Kontakt kommen und eine Haltung zu dieser Patientengruppe entwickeln müssen.“ (Schoppmann et. al 2015: 35).

Bereits beim Begriff der Haltung befinden wir uns in einem Bereich, welcher den meisten Studierenden Sozialer Arbeit, aber auch bereits praktizierenden Vertreter*innen nicht nur bewusst ist, sondern die Gestaltung des Arbeitsalltags und des täglichen Miteinanders bestimmt. Dabei sollen speziell folgende Fragen geklärt werden: Welche Hindernisse zeigen sich konkret in der Arbeit mit dieser Klient*innengruppe? Welche Rolle spielt die Beziehungsarbeit in diesem Zusammenhang? Wie kann professionelles Handeln in diesem Kontext aussehen und welchen Beitrag kann möglicherweise Klinische Soziale Arbeit leisten?

Um diese Fragen zu beantworten, wurde im Zuge der vorliegenden Masterarbeit auf Expert*inneninterviews zurückgegriffen. Alle Expert*innen stammen aus derselben anonymisierten Einrichtung, welche erfahrungsgemäß nicht nur einen hohen Bezug zu dieser Klient*innengruppe besitzt, sondern dessen Team auch eine Fülle an Zusatzqualifikationen sowie Fachexpertise mit sich bringt. Bei dieser Einrichtung handelt es sich um eine Wohngruppe für psychisch erkrankte Eltern, Schwangere und ihre Kinder.

Die Expert*inneninterviews wurden leitfadengestützt durchgeführt. Innerhalb dieses Leitfadens wurde ein expliziter Fokus auf Herausforderungen, professionelles Handeln, Beziehungsarbeit, Methoden, Ressourcen und fehlende Angebote gelegt, welche sich in den Hauptkategorien der Themenanalyse widerspiegeln. Zusätzlich konnten aus der Dokumentation und dem Aktenmaterial der Einrichtung beispielhafte Situationen und Fälle generiert werden, welche zusätzlich verdeutlichen sollen, wie sich herausfordernde Situationen im Zuge der Borderline-Persönlichkeitsstörung gestalten können.

Mit dieser Arbeit soll die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit Beziehungsstörungen verdeutlicht werden, was wiederum explizit am Beispiel der Borderline- Persönlichkeitsstörung behandelt wird. Dies bezieht sich vorrangig auf stationäre Settings und Handlungsfelder im Gesundheitsbereich, da diese andere Voraussetzungen und Anforderungen an die Arbeit mit sich bringen, als eine Vielzahl von Beratungsstellen oder offenen Einrichtungen mit anderen Schwerpunkten. Es wird von der Annahme ausgegangen, dass Sozialarbeiter*innen therapeutischer und klinischer arbeiten, als ihnen

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3 meistens bewusst ist. In Handlungsfeldern Sozialer Arbeit herrscht oftmals ein alltagsgerichtetes Setting vor. Klinische Soziale Arbeit kann mit ihrem Fokus auf die soziale Dimension von Klient*innen und der Beförderung von Arbeitsbeziehungen therapeutisch wirksam werden. Es wird davon ausgegangen, dass ihre speziellen Methoden und Interventionen besonders geeignet für die Arbeit mit von BPS betroffenen Menschen sind.

Die Professionalisierung Klinischer Sozialer Arbeit könnte einen wesentlichen und langzeitigen Einfluss auf die Arbeit mit von Borderline betroffenen Klient*innen haben.

Um eine fachliche Basis zu schaffen und den derzeitigen Forschungsstand darzulegen, wird zunächst die Borderline-Persönlichkeitsstörung näher betrachtet, beginnend mit Kapitel 2. Es erfolgt eine Beschreibung der wichtigsten Fakten des Störungsbildes, wie die Prävalenz, Komorbidität und weiterer Verhältniszahlen. Darüber hinaus widmet sich dieses Kapitel der ausführlichen Darstellung der markanten Symptomatik und der Schaffung einer Basis an Grundverständnis über das Störungsbild. Anschließend wird in Kapitel 2.3 der Genderaspekt im Zuge der Borderline-Persönlichkeitsstörung genauer betrachtet. Zur Verdeutlichung der Gesamtthematik folgt anschließend die Darstellung eines Fallbeispiels aus der Praxis, welches im Zuge der empirischen Forschung erhoben wurde. Dieses Kapitel beruft sich insbesondere auf Autor*innen wie Schoppmann und Kolleg*innen, Kernberg, Kreisman und Werke wie das DSM-V und Oxford Dictionary of Psychology.

In Kapitel 3 der Arbeit werden theoretische Hintergründe zu drei wesentlichen Themenschwerpunkten aufgegriffen. Zunächst erfolgt eine Darstellung professionellen Handelns aus sozialarbeiterischer Perspektive. Besonders auf Theorien und Ansätze von Heiner und Dewe Bezug genommen. Der zweite Schwerpunkt bezieht sich auf die Perspektive Klinischer Sozialer Arbeit und die konkrete Wichtigkeit von professionellen Beziehungen, welche aus Sicht Pauls und Gahleitners näher definiert wird. Anschließend finden die Bindungstheorie und die Erkenntnisse von Bowlby und Ainsworth Erwähnung und werden mit den Ansichten von Gloger-Tippelt und Kolleg*innen zusammengeführt.

In Kapitel 4 Forschungsdesign erfolgt die Beschreibung der Erhebungsmethoden und Auswertungsmethoden, der Zielgruppe, der verwendeten Materialien und des konkreten Vorgehens im Zuge der Auswertungsmethode.

Das 5. Kapitel ist der Darstellung der Forschungsergebnisse gewidmet. Im Sinne der Auswertungsmethode wird die Struktur der gebildeten Hauptkategorien beibehalten und diese, mit ihren dazugehörigen Subkategorien näher bearbeitet. Zusätzlich wird das Fallbeispiel von Frau Müller angebracht. Im abschließenden Kapitel erfolgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse und eine konkrete Beantwortung der Frage, welchen

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4 Beitrag Klinische Soziale Arbeit leisten kann. Zum Abschluss wird ein Ausblick auf noch offene Themenschwerpunkte gegeben und auf Fragestellungen, welche es zu beantworten gilt.

Verwendetes Aktenmaterial, sowie Auszüge der Dokumentation, welche in der vorliegenden Masterarbeit verwendet wurden, liegen verwahrt im Archiv der anonymisierten Einrichtung und sind für die Öffentlichkeit nicht einsehbar. Persönliche Daten aus den Interviews und schriftlichen Dokumenten wurden anonymisiert, wenn notwendig, leicht verfälscht und ersetzt, um Rückschlüsse sowohl auf interviewte Personen, wie auch Klient*innen, als auch die Einrichtung als solches auszuschließen.

In der Forschungsarbeit wird das sogenannte „Gender Gap“ in Form des Sternchens (*) verwendet, um nicht nur andere Geschlechter neben Mann und Frau zu berücksichtigen, sondern um diese Thematik auch gesondert hervorzuheben. Aufgrund der persönlichen Auffassung, dass die Genderthematik einen besonderen Schwerpunkt im Kontext Sozialer Arbeit und darüber hinaus verdient, wird in dieser Arbeit der Versuch unternommen eine möglichst gleichberechtigte Darstellung aller Geschlechter zu berücksichtigen, welche das Gendern auf schriftlicher Basis übersteigt. Dies geschieht beispielsweise durch den konkreten Fokus auf Frauen mit dieser Erkrankung, die Durchmischung der Befragten in den Interviews, sowie das Verwenden möglichst geschlechtsneutraler Bezeichnungen in Kombination mit dem Gendergap und der Widmung eigener Unterkapitel.

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2 Die Borderline-Persönlichkeitsstörung

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung, welche in diesem Kapitel der vorliegenden Masterarbeit fokussiert wird, reiht sich an eine Vielzahl von anderen Persönlichkeitsstörungen. BPS zeichnet sich allem Voran durch eine hohe Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen und Impulsivität aus.

In diesem Kapitel erfolgt die nähere Betrachtung der Borderline-Persönlichkeitsstörung, bezüglich ihrer Prävalenz, Komorbiditäten und weiterer wichtiger Verhältniszahlen.

Darüber hinaus werden die Merkmale von BPS nach den Kriterien des DSM-V definiert und in Zusammenfassung beschrieben. In den Punkten 2.3 und 2.4 wird zunächst der Genderaspekt der Borderline-Persönlichkeitsstörung hervorgehoben, ehe in der Zusammenfassung das Fallbeispiel von Frau Müller in den Zusammenhang gesetzt wird.

Dieses Kapitel bildet die theoretische Grundlage dieser Arbeit zum Verständnis und Einblicke in die Borderline-Persönlichkeitsstörung und ist Voraussetzung um zu verstehen, worauf Konflikte und herausfordernde Situationen mit diesen Klient*innen oftmals beruhen.

2.1 Begriffserklärung und Prävalenz

Um die Borderline-Persönlichkeitsstörung zu verstehen, ist es zunächst wichtig zu klären, was genau unter der zweiten, bedeutungsschweren Begrifflichkeit zu verstehen ist, nämlich den Persönlichkeitsstörungen. Im Oxford Dictionary of Psychology (2015: 565), lässt sich folgende Definition des Begriffs finden, welche mit der Definition durch das DSM-V nahezu übereinstimmt:

„An umbrella term for a category of mental disorders in DSM-5, with onset in adolescence or early adulthood, characterized by pervasive, inflexible, and enduring pattern of cognition, affect, interpersonal behaviour, or impulse control that deviate markedly from culturally shared expectations and lead to significant distress or impairment in social, occupational, or other important areas of functioning and are not due to drugs or other medical conditions.”

Hervorzuheben sind dabei explizit die Entwicklungsphase, in welcher sich diese Persönlichkeitsstörungen manifestieren, Einschränkungen im Bereich

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6 zwischenmenschlicher Beziehungen, Defizite im Bereich der Impulskontrolle, sowie Auswirkungen, welche sich unter anderen als Disstress oder Beeinträchtigung in Bezug auf soziale Funktionsfähigkeit beziehen. Alle diese Merkmale lassen sich darüber hinaus leicht mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung in Verbindung bringen.

Gerrig und Zimbardo (2008: 548 f.) beschreiben, dass dieses Verhalten auch als abweichendes Verhalten bezeichnet werden kann, welches eng mit Leidensdruck und Verschlechterung des psychischen Zustandes der betroffenen Person verknüpft ist.

Weiterhin wird Menschen mit Persönlichkeitsstörungen eine gewisse Irrationalität und Unberechenbarkeit zugeschrieben. Abweichendes Verhalten lässt auf Fehlanpassungen schließen, welche von Beobachter*innen mit dem Auslösen eines gewissen Unbehagens beschrieben wird.

Die oben benannten Kernmerkmale treffen auf alle der zehn, im DSM-V (dem Klassifikationssystem der American Psychiatric Association) spezifizierten Persönlichkeitsstörungen zu. Neben der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind damit auch die schizoide und paranoide Persönlichkeitsstörung inbegriffen, aber auch die antisoziale Persönlichkeitsstörung. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung wird im DSM-V zusammen mit der antisozialen, narzisstischen und histrionischen Persönlichkeitsstörung in das Cluster B unterteilt. Dieses Cluster tritt mit einer Prävalenz von 1,5% auf, weist aber genau wie Cluster A und C Überschneidungen mit den jeweils anderen Clustern auf.

Vermutet wird, dass 15% der Erwachsenen in den Vereinigten Staaten unter mindestens einer Persönlichkeitsstörung leiden (vgl. DSM-V: 2013: 645f.). Weitere Zahlen verweisen auf Prävalenzangaben bei Patient*innen von 8 bis 15%, welche bereits mit einer Störung diagnostiziert wurden und sich aufgrund dieser in Behandlung befanden. Weiterhin leiden 20% der stationären Patient*innen unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, während es im ambulanten Bereich etwa 10% sind, wobei sie auffällig viele Maßnahmen der Notfallversorgung in Anspruch nehmen. Darüber hinaus prägt BPS in der Gruppierung der Patient*innen mit Persönlichkeitsstörung, den Anteil mit 27 bis 51% (vgl. O’Donohue et al.

2007, zit. n. Fiedler, Herpertz 2016: 355).

Eine besonders wichtige Zahl sind zudem 75%, welche die Geschlechterverteilung bezüglich der an BPS erkrankten Personen beschreibt und ganz klar darauf hinweist, dass Frauen deutlich öfter von dieser Diagnose betroffen sind als Männer (vgl. DSM-V 2013:

645 f.). Leider kann es nicht Anspruch dieser Arbeit sein, zu ermitteln, weshalb dieser gravierende Unterschied zustande kommt, allerdings soll in Kapitel 2.3, wie angekündigt,

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7 ein kurzer Überblick über die genderspezifischen Merkmale von BPS gegeben werden, welche auch für Sozialarbeiter*innen in der Praxis von besonderer Bedeutung sind.

Zur Annäherung an den Begriff Borderline liegt es nahe die Sichtweisen Otto Kernbergs mit einzubeziehen, da er nicht nur gebürtiger Wiener und Psychoanalytiker war, sondern auch eine Reihe an Werken den Persönlichkeitsstörungen, speziell der Borderline- Persönlichkeitsstörung widmete.

Aus psychoanalytischer Sicht betrachtet er Neurosen als leichte Charakterschwächen, während Psychosen als Ichstörungen verstanden werden. Borderline befindet sich nach der damaligen Auffassung in fließenden Übergangszuständen zwischen Neurose und Psychose und erhielt daher den Namen Borderline, was so viel bedeutet wie Grenze (vgl.

Kernberg 1966, zit. n. Kernberg 1983: 19 f.). Frosch (1964) beschrieb, dass Borderline- Patient*innen zwar Defizite im Bereich der Realitätsprüfung und ihrer Beziehung zur Realität besitzen, anders als psychotische Patient*innen allerdings dennoch Fähigkeiten zur Realitätsprüfung besitzen (Frosch 1964, zit. n. Kernberg 1983: 20).

Bereits 1978 war man der Auffassung, dass die Borderline-Persönlichkeitsstörung nicht einfach oder gar fehlerfrei zu diagnostizieren ist. Bei zu oberflächlicher Betrachtung wäre es dabei schwierig die Erkrankung überhaupt als solche zu erkennen (vgl. Kernberg 1983:

20). Dies liegt unter anderen daran, dass die Borderline-Persönlichkeitsstörung oft durch andere schwere Persönlichkeitsstörungen überschattet wird, wie zum Beispiel der narzisstischen oder paranoiden Persönlichkeitsstörung (vgl. Ermann 2016: 60). Weiterhin erscheint es als schwer, aufgrund der Vielzahl an charakteristischen Symptomen dieser Persönlichkeitsstörung, eine korrekte Diagnose zu stellen, weswegen Klient*innen häufig viele unterschiedliche Diagnosen im Laufe ihres Lebens erhalten und erst spät konkret mit BPS in Verbindung gebracht werden (vgl. Rahn 2007: 35). Gewisse Symptome teilt die Borderline-Persönlichkeitsstörung zudem mit anderen Störungsbildern. Ähnliche Symptome sind im Kontext der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wiederzufinden, wie beispielsweise häufiger Drogenmissbrauch, die Neigung zu Wutausbrüchen, schwierige zwischenmenschliche Beziehungen, Ungeduld und Impulsivität. (vgl. Kreisman, Straus 2008: 32).

Als wären dies nicht bereits ausreichend Argumente, um anzuerkennen, dass der Prozess der Findung einer richtigen Diagnose sowohl für Betroffene als auch professionell Helfende

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8 herausfordernd ist, kommt erschwerend hinzu, dass BPS oftmals zeitgleich mit anderen psychischen und somatischen Erkrankungen auftritt.

Hierbei handelt es sich um die sogenannte Komorbidität, welche immer dann vorliegt, wenn zu einer eigentlichen Grunderkrankung, wie in diesem Fall die Borderline- Persönlichkeitsstörung, eine weitere Erkrankung zusätzlich vorliegt. Die häufigsten Erkrankungen, welche in diesem Kontext auftreten, sind laut diverser Studien Depression und Angststörungen, Substanzmissbrauch, Essstörungen, Phobien, Zwangsstörungen und posttraumatische Belastungsstörungen. ADHS kann zudem nicht nur mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung verwechselt werden, sondern im Erwachsenenalter sogar gleichzeitig mit dieser auftreten (vgl. Lieb u.a. 2004 zit. n. Schoppmann et al. 2015:

25, Kreisman, Straus 2008: 33).

Mason und Kreger (2014: 34) beschreiben im Zuge ihres Ratgebers für Angehörige von Menschen mit Borderline, dass jene, von der Störung betroffenen Menschen, sich prinzipiell in ihren Gefühlen nicht von den meisten anderen unterscheiden. Sie besitzen genau dieselben Gefühle wie jeder und jede andere*r. Die Unterschiede sind allerdings die Intensität, in der sie fühlen, ihr Agieren, dass sich weitaus extremer gestaltet, sowie die Schwierigkeiten, welche diese Menschen mit der Kontrolle und Regulierung des eigenen Verhaltens und ihrer Empfindungen haben. Weiterhin legen sie Nahe, dass von Borderline betroffene Menschen kein grundlegend anderes Verhalten als ihre Mitmenschen zeigen, dieses aber an einem anderen Pol in einem Kontinuum steht.

Ohne Vorwissen oder praktischer Erfahrung im Umgang mit Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, gestaltet sich Verständnis, Haltung und Handlung seitens der agierenden Sozialarbeiter*innen gegenüber diesen Klient*innen als schwierig.

2.2 Merkmale der Borderline-Persönlichkeitsstörung

Je nach Klassifikationssystem unterscheidet sich die Auffassung über die Symptome von BPS. Es gibt allerdings eine Vielzahl an Gründen, weshalb das DSM-V insbesondere auf wissenschaftlicher Ebene von Klinischen Sozialerbeiter*innen zu bevorzugen ist. Natürlich gelten für die sozialarbeiterische Praxis andere Regeln. Wittchen und Hoyer (2011) beschreiben zum Beispiel, dass es als das Referenzsystem für neurobiologische und psychologische Forschung Grundlage bietet und nahezu jede wissenschaftliche Studie sich dessen bedient. Weiterhin stützt sich eine Reihe von Test- und Interviewverfahren auf

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9 dem DSM-V und weist für die westliche Gesellschaft eine höhere Relevanz auf, als es das Internationale Klassifikationssystem der Erkrankungen, das ICD-11, besitzt (vgl. Wittchen, Hoyer 2011: 39). Das ICD-11 wirkt zudem aufgrund seines Umfangs aller Krankheit, oft als weniger homogen und detailärmer. Nicht zuletzt aufgrund Kernbergs Mitwirken am DSM- V erscheint es am naheliegendsten sich vorrangig mit den Kriterien dessen zu befassen.

Die Kriterien nach dem DSM-V lauten wie im Folgenden näher beschrieben.

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (F60.3) äußert sich durch tiefgreifende Instabilitätsmuster der zwischenmenschlichen Beziehungen, des Selbstbildes, der Affekte, sowie deutlich erkennbarer Impulsivität. Die Anzeichen der Störung zeigen sich im frühen Erwachsenenalter und äußern sich auf verschiedene Weisen in unterschiedlichen Kontexten.

Erfüllt werden müssen fünf oder mehr der folgenden Kriterien:

1. Das verzweifelte Bemühen darum, das reale oder vermutete Verlassen durch eine Person zu vermeiden (Anmerkung: Hier wird nicht das suizidale oder selbstverletzende Handeln beachtet, welches erst in Punkt 5 näher beschrieben wird)

2. Muster intensiver sowie instabiler zwischenmenschlicher Beziehungen, welche durch den Wechsel zwischen extremer Überidealisierung und Entwertung gekennzeichnet sind.

3. Identitätsstörung: auffallendes sowie beständiges instabiles Selbstbild und Selbstwahrnehmung.

4. Impulsivität: äußert sich in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen, zum Beispiel Esssucht, Magersucht, Substanzmissbrauch, gefährdendes Fahren, Sex, exzessives Ausgeben von Geld. (Anmerkung: auch hier wird suizidales oder selbstverletzendes Verhalten nicht näher betrachtet)

5. Sich wiederholende suizidale Handlungen, Andeutungen oder Androhungen des Suizids, sowie selbstverletzendes Verhalten.

6. Phasenweise affektive Instabilität aufgrund von Schwankungen der Stimmung, welche einige Stunden anhalten, nicht aber länger als Tage, wie zum Beispiel Episoden von Angst, Gereiztheit und intensive Phasen von Depression.

7. Chronische Gefühle von Leere.

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10 8. Unangemessene, intensive Wut oder Schwierigkeiten die eigene Wut zu kontrollieren, wie zum Beispiel das häufige Auftreten von Wut, konstant bestehende Wut und sich wiederholende körperliche Auseinandersetzungen.

9. Temporäre, auf Stress beruhende paranoide Vorstellungen oder akute dissoziative Symptome. (vgl. DSM-V 2013: 663)

Selbst wenn weniger als der notwendigen fünf Kriterien erfüllt werden und es damit nicht ausreicht eine Diagnose der Borderline-Persönlichkeitsstörung nach DSM-V zu stellen, so ist das Auftreten der spezifischen Merkmale mit großen Leid und Einschränkungen im Leben verbunden (vgl. Schoppmann et al. 2015: 23).

Um ein genaueres Bild über die konkreten Merkmale der Borderline-Persönlichkeitsstörung zu erhalten, werden im Folgenden die wesentlichen Kerncharakteristika nochmals spezifiziert aufgegriffen und näher beschrieben. Eine klare Trennung zwischen den einzelnen Symptomen der Störung existiert nicht. Sie gehen fließend ineinander über und bedingen sich gegenseitig, um letztlich das von zu Person zu Person unterschiedliche, höchst individuelle Störungsbild zu manifestieren. Besonders die Störung der Identität, die Angst vor dem Alleinsein und die Instabilität zwischenmenschlicher Beziehungen stehen in einem sehr engen Verhältnis zueinander und beeinflussen die soziale Integration sowie die psychische Balance der Betroffenen massiv. Die Grenzen zwischen persönlicher Betroffenheit und Auswirkungen auf die Umwelt, sowie umgekehrt, die Auswirkungen der Umwelt auf das psychische Wohlbefinden dieser Klient*innen, verschwimmen ineinander.

2.2.1 Vermeidung von Verlassenwerden

Viele der von Borderline betroffenen Personen reagieren anders als ihre Mitmenschen, so beispielsweise sensibler auf Zurückweisungen und Ablehnungen. Sie zeigen ein

„verzweifeltes Bemühen“ tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden (vgl. Fiedler, Herpertz 2016: 47). Diese Klient*innen fühlen sich von ihrer Umwelt isoliert, sie geraten leicht in Panik, wenn sie sich mit Beziehungsabbrüchen konfrontiert sehen, oder die Gefahr allein zu sein sich aus dem Gesagten ihres Gegenübers erschließen lassen könnte. Sie suchen nach Signalen, welche auf diese Form des baldigen Verlassens hindeuten können (vgl. Mason, Kreger 2014: 48). Diese Angst davor allein zu sein, beeinträchtigt die betroffenen Personen in unzähligen Bereichen ihres Lebens und prägt Denk-, Verhaltens- und Handlungsweisen. Menschen mit dieser Störung reagieren sehr

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11 sensibel auf Einflüsse ihrer Umgebung. So löst eine simple Absage einer Verabredung oder das Zuspätkommen einer nahestehenden Person bereits extreme Gefühle von Ablehnung, Zurückweisung und Verlassenwerden aus und gibt den von der Störung betroffenen Personen das Gefühl, sie seien schlecht (vgl. DSM-V 2013: 663). Besonders die Beziehungsgestaltung leidet massiv unter diesen Ängsten und geht mit Stimmungsschwankungen, Impulsivität, selbstzerstörerischem Verhalten und Wut einher, während das chronische Gefühl innerer Leere zunehmend nicht bewältigbar erscheint (vgl.

Kreisman, Straus 2008: 65). Zudem braucht es wenig um diese Ängste einer bevorstehenden Trennung auszulösen. Die entsprechenden Reaktionen sind oft heftig und erscheinen als weder angemessen noch nachvollziehbar für außenstehende Personen, während sie für die Betroffenen selbst untragbar werden (vgl. Mason, Kreger 2014: 50).

Kreisman und Straus (2008: 66) sprechen davon, dass solche Ängste vor Einsamkeit sich häufig auf frühe Jahre in der Kindheit der betroffenen finden lassen. Welche Relevanz dabei konkret frühe Kindheitserfahrungen in Bezug auf die Bindung hat, wird im Kapitel 3.4 noch einmal ausführlicher betrachtet.

Besonders zu betonen ist dabei, dass es nicht nur den von Borderline betroffenen Personen selbst schwer fällt mit diesen Ängsten umzugehen und ein richtiges Maß zwischen Nähe und Distanz zu finden, sondern auch für die sie umgebenden Bezugspersonen (vgl. Kreisman, Straus 2008: 72), welchen es oft an hilfreichen Umgangsformen mit diesen Klient*innen fehlt. Nicht anders sind davon auch die professionell Helfenden betroffen. Im Kontext dessen können nicht nur extreme emotionale Reaktionen zur Belastung werden, sondern sogar selbst- und fremdgefährdendes Verhalten, bis über Androhungen des Suizids hinaus, zum Thema werden.

2.2.2 Instabile zwischenmenschliche Beziehungen

Im DSM-V (2013: 664) wird das obig genannte Kriterium einerseits mit einem schnellen Einstieg in Beziehungen, seitens der BPS betroffenen Personen mit potentiell engen Personen beschrieben, welcher das Einfordern nach gemeinsamer Zeit, Idealisierung und das schnelle Teilen intimerer Informationen umfasst. Andererseits aber kommt es schnell zu Situationen, in welchen sie beginnen ihr Gegenüber zu entwerten und ihnen vorzuwerfen, dass sie sich nicht genug um sie sorgen, zu selten anwesend sind und zu wenig in die Beziehung investieren.

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12 Otto Kernberg sieht den Begriff der Spaltung als einen zentralen Abwehrmechanismus von Klient*innen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung, welcher die Fähigkeit zum Erwerb stabiler Beziehungen für diese Menschen, als erschwerender Faktor begleitet. Seiner Auffassung nach ist die Spaltung dabei einerseits die Hauptursache für die ausgeprägte Ichschwäche der betroffenen Personen und gleichzeitig ein Mechanismus, welchem jene Personen mit Ichschwäche sich bedienen, da er lukrativer erscheint, als Gegenvarianten wie die Verdrängung. Dies legt eine sich gegenseitig verstärkende Wechselbeziehung dar.

Ein Teufelskreis, aus dem der Ausstieg schwerfällt. Als bekanntestes Spaltungsphänomen beschreibt er dabei die Aufteilung in das totale Böse und das totale Gute, wobei die Person oder Angelegenheit über welche eine Meinung gefällt wird, von einem Moment auf den anderen von einem Extrem zum anderen Extrem umdefiniert werden kann. Dies betrifft sämtliche Empfindungen, Vorstellungen und Überzeugungen hinsichtlich der von Borderline betroffenen Person und wird als unberechenbar und unvorhersehbar beschrieben (vgl. Kernberg 1983: 49 f.).

Überidealisierung von Personen erfüllt dabei die Bedürfnisse des Schutzes der von Borderline betroffenen Patient*innen, indem diese für sich gewonnen werden und Patient*innen vor den bösen Objekten beschützen sollen. Dabei handelte es sich nach Kernbergs Auffassung nicht um reale Abhängigkeiten, sondern eher um rücksichtsloses Verhalten zum Zwecke des Schutzes (vgl. Kernberg 1983: 50 ff). Dies wird ersichtlich in den intensiven Phasen des einerseits Suchens nach Nähe und andererseits der rapiden Distanzierung und Entwertung, welche scheinbar grundlos geschieht, oft aber mit oben benannten Anschuldigungen einhergeht. Das englische Wort „Commitment“, welches sich in diesem Kontext wohl am ehesten mit der Hingabe und Aufopferungsbereitschaft gegenüber der von Borderline betroffenen Person beschreiben ließe, ist etwas, wonach diese strebt und dessen Fehlen oder unzureichendes Auftreten nicht selten zu derlei negativen Reaktionen führt.

Betroffene Klient*innen erwarten regelrecht, dass Andere ihnen jene Bedürfnisse erfüllen, welche sie selbst nicht aus eigenen Kräften heraus erfüllen können. Allem voran steht das Bedürfnis nach einem Ausweg. Die innere Leere soll durch etwas gefüllt werden, was aus Sicht der Klient*innen nur bedingungslose Liebe leisten kann. Durch die Strategien, welche sie letztlich verfolgen, um genau diese Liebe zu empfangen und aufrechtzuerhalten, stoßen sie die ihnen nahestehenden Personen von sich. Teils bewusst und teils unbewusst. Erfüllt ihr gegenüber scheinbar die Wünsche und Anforderungen, so nimmt der Prozess der

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13 Überidealisierung seinen Lauf. Ist dies nicht mehr der Fall und fühlen sie sich hintergangen, schlägt das Verhalten in das völlige Gegenteil um (vgl. Mason, Kreger 2014: 51).

2.2.3 Instabiles Selbstbild und Selbstwahrnehmung

Für Menschen mit dieser Störung ist die Suche nach dem eigenen Selbst ein Prozess ohne absehbare Zielerreichung. Von BPS Betroffene entwickeln im Laufe ihres Lebens unterschiedliche Bilder von sich selbst, wobei die Diagnose einer Borderline- Persönlichkeitsstörung nicht selten als entlastend und wegweisend wahrgenommen wird.

Die Diagnose mit BPS wird dann, zu Beginn, als Hilfsidentität angenommen. Klient*innen wissen damit, was sie zuvor nicht in Worten formulieren konnten (vgl. Schoppmann et al.

2015: 48).

„Die […] Identitätsproblematik führt dazu, dass soziale Beziehungen nicht anhand persönlicher Passung ausgewählt und nicht mit einer gewissen Konstanz gepflegt werden.

Stattdessen dienen sie fast ausschließlich dem Zweck, sich durch die Gruppe abzusichern.“ (Schoppmann et al. 2015: 56). Es geht den betroffenen Personen um Möglichkeiten sich Stabilität in ihrem Selbst zu schaffen, was beispielsweise durch Gruppen, Arbeitsstellen, oder auch spezifischen Meinungen zu Themen geschehen kann, jederzeit allerdings ausgetauscht wird, sollten sich günstigere Umstände ergeben.

Ein instabiles Selbstbild, oder auch Identitätsdiffusion, wie Kernberg dies nennt, gilt als Kerncharakteristika aller schweren Persönlichkeitsstörungen und beschreibt das nicht Vorliegen eines integrierten Selbstkonzeptes in der betroffenen Person. Dies meint zum Beispiel, dass wenn Klient*innen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung befragt werden, wie sie sich selbst beschreiben würden, eher chaotische und verwirrende Antworten gegeben werden (vgl. Ermann 2016: 58). Plötzliche und dramatische Schwankungen im Selbst, welche sich durch wechselnde Ziele, Werte und Vorstellungen für die Zukunft ausdrücken können, lassen sich ebenfalls anhand der wechselnden Peergroups, Karrierepläne, Arbeitsstellen und Meinungen zu spezifischen Themen nachvollziehen (vgl. DSM-V 2013: 664).

Auch Mechanismen der Spaltung sind an dieser Stelle grundlegend. Kernberg spricht davon, dass Patient*innen mit dieser Störung sich ihres widersprüchlichen Verhaltens nicht annehmen, beziehungsweise davon selbst wenig betroffen wirken. Unter derartigen

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14 Spaltungsphänomenen leidet dabei nicht nur das Umfeld der von Borderline Betroffenen, sondern diese selbst auch. Ähnliches Denken in Extremen beeinflusst auch das Selbstbild und die Selbstwahrnehmung der Klientinnen (vgl. Kernberg 1983: 50). Dieses Selbstbild schwankt einerseits zwischen Gefühlen von Minderwertigkeit, Unsicherheit und hoher Selbstkritik und auf der anderen Seite Allmachtsfantasien und Überlegenheit der Klient*innen (vgl. ebd.: 54 f.). An einem Tag fühlen sie sich gut, mit klaren Zielen und als wertvolle Person, Stunden später kann dies kippen und in Gefühlen von Wertlosigkeit und Unbeliebtheit münden. Strukturen zu ändern, sich neue Ziele zu suchen und das Umfeld zu wechseln, erscheint dabei als hilfreicher Ausweg.

Menschen mit dieser Störung beschreiben sich als Personen mit vielen verschiedenen Persönlichkeiten, in Abhängigkeit zu den Menschen, welchen ihnen gegenübersitzen. Sie bieten den von BPS Betroffenen Orientierung, welche Verhaltensweisen adäquat sind, welche Weltanschauung gerade von Relevanz ist und wie sie zu sein haben. Dies wiederum führt zu einer Abhängigkeit, der sie sich nicht einfach entziehen können.

Während andere Menschen ihnen dazu verhelfen sich angepasst zu verhalten, sind die Gefühle innerer Leere und Unbeständigkeit am größten, wenn sie sich dem Alleinsein ausgesetzt fühlen. Weiterhin ist das Gefühl, niemals genug zu sein, dauerhaft präsent und ist einerseits eine Denkweise, welche diese Menschen auf sich selbst und ihre Umwelt gleichermaßen anwenden (vgl. Mason, Kreger 2014: 59 f.).

2.2.4 Selbstschädigendes Verhalten und Süchte

Ähnlich wie die emotionale Regulation und emotionale Kontrolle für von BPS betroffene Klient*innen eine Herausforderung darstellt, verhält es sich ebenfalls mit der Impulskontrolle. Das Erkennen und Befriedigen der eigenen Bedürfnisse, beziehungsweise dessen Erfüllung zu einem späteren Zeitpunkt oder ganz und gar dem Verzicht auf Befriedigung, stellt für viele erwachsene Menschen kein Problem dar. Für von Borderline Betroffene allerdings, erscheint die Kontrolle des Verlangens und die unmittelbare Befriedigung von Bedürfnissen schwer zu handhaben. Ihnen fällt es schwer Bedürfnissen zu widerstehen oder Kontrolle zu behalten (vgl. Mason, Kreger 2014: 63).

„Fühlt man sich meistens leer und ängstlich, dann können angenehme Aktivitäten eine willkommene Zerstreuung bieten.“ (ebd.: 63). Um die innere Anspannung zu reduzieren,

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15 eignen sich für die Betroffenen Substanzen jeglicher Natur, begonnen bei Alkohol bis hin zu illegalen Substanzen. Auch Spiel- und Kaufsucht können Befriedigung akuter Bedürfnisse bringen, schaden allerdings auch direkt dem meist ohnehin knappen Budget der Klient*innen. Selbstverletzendes Verhalten kann ähnlich impulsgesteuert sein, letztlich aber nur für einen Moment die herbeigesehnte Entlastung bringen.

Die Impulsivität der Borderline-Persönlichkeitsstörung grenzt sich zudem klar von der Impulsivität anderer Störungen und Erkrankungen ab, da diese zumeist gegen das Individuum selbst gerichtet ist und immer einen potentiell selbstschädigenden Charakter besitzt (vgl. Kreisman, Straus 2008: 152 f., DSM-V 2013: 663 f.). Zu den verschiedenen Formen selbstschädigenden Verhaltens gehört auch das selbstverletzende Verhalten als eine Variante (vgl. Rahn 2011: 67). Besonders anhand der Impulsivität und wie sich diese äußert, wird der genderspezifische Unterschied klarer ersichtlich, wie im Kapitel 2.3 näher ausgeführt wird.

2.2.5 Selbstverletzendes Verhalten und Suizidalität

Sowohl Suizidalität als auch selbstverletzendes Verhalten spielen im Kontext der Borderline-Persönlichkeitsstörung eine immens große Rolle, wenngleich das Kriterium fünf nicht zwingend bei allen Menschen mit diesem Störungsbild auftritt (vgl. Schoppmann et al. 2015: 62). Zu unterscheiden ist an dieser Stelle allerdings zwischen Verhalten, welches auf Selbstverletzung abzielt, dem widerkehrenden suizidalen Verhalten und Androhen des Suizids. Selbstverletzendes Verhalten ist nicht zwangsläufig mit Gedanken an Suizid verbunden oder gar dem Suizidversuch in Verbindung zu bringen.

Dieses Kriterium nimmt einen Sonderstatus ein, da es nahelegt, welche lebensbedrohlichen Züge dieses Störungsbild annehmen kann und in welchem Ausmaß die Personen selbst, ihr Umfeld, sowie die professionell Helfenden darunter leiden.

In 8 bis 10% der Fälle, welche bereits derartiges Verhalten zeigten, wird ein abgeschlossener Suizid verzeichnet. Widerkehrendes suizidales Verhalten ist dabei der Hauptgrund, weshalb diese Menschen in Kontakt mit professionell Helfenden kommen, beziehungsweise sich in Behandlung begeben (vgl. DSM-V 2013: 664).

Schoppmann, Herrmann und Tilly (2015: 62 ff.) sprechen davon, dass es nicht um die selbstschädigenden Handlungen selbst geht, sondern vielmehr um die darunterliegenden Bedürfnisse. Die Autor*innen beschreiben dies anhand des Eisbergmodells, bei welchem die Spitze, also die zugefügten Verletzungen sichtbar sind, Motive wie Kontaktaufnahme,

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16 Hilfesuche, Druckentlastung bei angespannten Zuständen, Herstellung von Körpergrenzen bei dissoziativen Zuständen und der Ausdruck von Selbsthass allerdings unter der Wasseroberfläche versteckt liegen.

Handlungen mit selbstzerstörerischem Charakter treten meist in Phasen auf, in welchen sich die Betroffenen mit Zurückweisung, Trennung oder übersteigerter Verantwortung konfrontiert sehen. Selbstverletzendes Verhalten im Konkreten, wie zum Beispiel das Verbrennen der Haut, Haare Ausreißen, Kopf gegen die Wand schlagen oder das Einschneiden mit scharfen Gegenständen in die Haut, kann in dissoziativen Phasen schnelle Entlastung bringen, insofern, dass Betroffene „sich selbst spüren“ (vgl. DSM-V 2013: 664). Selbstverletzendes Verhalten kann dabei diese eher bekannten Formen wie das Einschneiden der Haut und Verbrennen mit dem Feuerzeug übersteigen und extremere Züge annehmen, wie das Stechen eines Messers in den Bauchraum, Verbrennen der Haut mit chemischen Substanzen, oder das bewusste Infizieren mit HIV (vgl. Schoppmann et al. 2015: 62 f.).

Erreichen Klient*innen dissoziative Zustände, verlieren sie den Bezug zu sich selbst und somit auch das Gefühl für ihre eigenen Körpergrenzen. Diese Handlungen erscheinen dabei für die Betroffenen als wirksames Mittel und werden auch eingesetzt, um sich selbst vor dem Suizid zu bewahren (vgl. Schoppmann et al. 2015: 65 ff.) Schoppmann, Herrmann und Tilly (2015: 66ff.) weisen darauf hin, dass dies natürlich nicht als empfehlenswerte Strategie im Umgang mit Suizidalität gewertet werden kann. Wichtig ist den Autor*innen allerdings, dass diese klare Trennung zwischen selbstverletzendem Verhalten und Suizidversuchen vorherrschen muss. So besteht in Kliniken oft die Annahme, dass Selbstverletzung mit einem Suizidversuch gleichzusetzen ist, da diese augenscheinliche Merkmale teilen, obwohl Selbstverletzung weit mehr ausdrücken kann. Begonnen bei dem Versuch der Kontaktaufnahme, des Ausdrucks inneren Schmerzes, als Strategie zur Vermeidung des Suizids, oder zur Beendigung dissoziativer Zustände. Dissoziation wird dabei im Kriterium neun, beziehungsweise Kapitel 2.2.9 fokussiert.

Bis ein Mensch einen Suizidversuch unternimmt, gibt es in der Regel im Vorhinein verschiedene Stufen, welche durchlaufen werden und Stück für Stück an selbstzerstörerischen Potentialen zunehmen. Diese wiederum lassen sich oftmals erkennen und gehen von den beginnenden Suizidgedanken über erste, sogenannte parasuizidale Gesten bis zum eigentlichen Versuch. Diese Entwicklung beginnt immer mit der Erwägung, welche beispielsweise durch soziale Isolierung gekennzeichnet sind und

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17 Suizid erstmalig als mögliche Problemlösung angesehen wird. Anschließend folgt die Phase der Abwägung, welche mit Kontaktaufnahme nach außen in Form von Suizidankündigungen beinhalten kann. Es folgt der innere Kampf zwischen Selbsterhaltung und Selbstzerstörung. Als dritte Phase lässt sich der Entschluss definieren, welcher Vorbereitungshandlungen einschließt und nicht selten mit einer besonders auffälligen Ruhe seitens der Betroffenen spürbar wird (vgl. Sonneck et al. 2015:

176).

Selbst der konkrete Suizidversuch kann noch immer eine Appellfunktion besitzen, welche das Umfeld als solches mit einbeziehen soll. Derartige Suizidversuche mit einer solchen appellierenden Funktion werden ebenfalls als parasuizidale Gesten verstanden, oder als kommunikative Suizidversuche (vgl. ebd.: 174). Personen, welche derartige Versuche unternehmen, gehören in der Regel einer oder gar mehreren Risikogruppen an.

Vorwiegend fallen unter diese Risikogruppen psychische Erkrankungen, wie die Borderline-Persönlichkeitsstörung, Depression, Schizophrenie und insbesondere Personen mit Doppeldiagnosen (vgl. ebd.: 174 f.).

2.2.6 Emotionale Instabilität

Affektive Instabilität ist ein Kennzeichen diverser psychischer Erkrankungen und ein weiteres Kernmerkmal der Borderline-Persönlichkeitsstörung (vgl. Kreisman, Straus 2008:

224). Stimmungswechsel vollziehen sich radikal, unvorhergesehen und mit schwer nachvollziehbaren Änderungen, welche insbesondere für Außenstehende als kräfteraubend und irritierend erlebt werden. Gefühle können innerhalb weniger Stunden zwischen Ärger, Trauer, Wut, Depressivität und Angst schwanken. Diese Gefühle halten dabei in der Regel nicht länger als Stunden bis Tage an.

Gekennzeichnet ist die emotionale Instabilität der BPS Betroffenen durch impulsives Verhalten in unterschiedlichen Bereichen, so werden beispielsweise Entscheidungen vorschnell getroffen. Weiterhin wird eine gewisse Intoleranz gegenüber ausbleibender oder verzögerter Anerkennung gezeigt, zudem sind mangelhaftes Durchhaltevermögen, sowie eine gewisse mangelnde Flexibilität, wenn es darum geht den Weg zum Lösen eines Problems an das Problem anzupassen, ebenfalls charakteristisch (vgl. Rahn 2010: 51).

Im DSM-V (2013: 664) wird von einer Reaktivität beziehungsweise Flüchtigkeit der Stimmung gesprochen, welche in Abhängigkeit zur Umwelt und des erlebten

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18 innerpsychischen Stresses steht. Betroffene reagieren besonders sensibel auf Reize aus ihrer Umwelt, ähnlich wie in den anderen Kriterien bereits beschrieben wurde.

Eine große Rolle spielen nicht nur Defizite im Bereich der Kontrolle von Emotionen, sondern bereits deren Regulation, welche sich als schwierig erweist. Zu widersprüchlichen Situationen kommt es meist dann, wenn mehrere Emotionen scheinbar willkürlich zur selben Zeit auftreten. Die Folge sind oftmals unlösbare Situationen, wie beispielsweise der Wunsch nach Nähe aber die gleichzeitige Angst vor Abhängigkeit und das Bedürfnis nach Distanz (vgl. Rahn 2010: 52).

Menschen mit dieser Störung erleben diese affektive Instabilität deutlich intensiver, als es für andere psychische Erkrankungen typisch wäre, wie beispielsweise der Depression.

Zudem sind nicht alle Emotionen gleichermaßen davon betroffen. Eine besondere Reaktivität scheint in Bezug auf Wut und Angst zu bestehen, sowie zwischen Depression und Angst (vgl. Kreisman, Straus: 2008: 225).

2.2.7 Chronisches Gefühl innerer Leere

Betroffene beschreiben das Gefühl innerer Leere wie ein unantastbares emotionales Vakuum, mit dem Gefühl von Sinnlosigkeit und der Empfindung, vom Rest der Welt abgeschnitten zu sein. Hinzukommt der fehlende Bezug zu sich selbst, der oft auch als Entfremdung von sich und anderen wahrgenommen wird. Dies wiederum legt den Bezug zur Identitätsstörung nahe und dessen Bezug zueinander (vgl. Kreisman, Straus 2008:

264). Grundlegend unterschiedet sich dieses Kriterium von den Merkmalen einer schweren Depression dabei vorrangig durch die ebenfalls auftretende Impulsivität, Selbstverurteilung, sowie dissoziative Zustände und das verzweifelte Bemühen um Zugehörigkeit und Beziehungen zu anderen Menschen. Personen mit schwerer Depression wiederum zeigen eher Reue, Gehemmtheit in vielerlei Bereichen, Schuldgefühle und ziehen sozialen Rückzug vor (vgl. Kreisman, Straus 2008: 265), während Personen mit BPS vergleichsweise eher narzisstische Züge aufweisen.

Menschen mit BPS machen andere vorrangig für ihre Situation und Missstände verantwortlich, während Betroffene von Depression sich selbst überwiegend in die Verantwortung ziehen.

Diese innere Leere geht oft mit Langerweile einher und der damit steten Suche nach Beschäftigung und Ablenkung (DSM-V 2013: 664), beziehungsweise werden andere

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19 Personen benötigt, um sich selbst zu stabilisieren und eine Orientierung in der Welt zu finden. Gefühle dieser Leere und das gleichzeitige Chaos im Inneren dieser Klient*innen steht im Konflikt mit der Problematik von Nähe und Distanz, der klaren Abhängigkeit und dem gleichzeitigen Wunsch sich zu lösen. Betroffene besitzen nicht oder nur rudimentär die Fähigkeit sich selbst zu beruhigen, in Sicherheit zu wissen, oder ein gewisses Maß an Zufriedenheit zu verinnerlichen. Dieses Urvertrauen, welches sich eigentlich in früher Kindheit entwickelt, macht sich an dieser Stelle und vielen weiteren, bemerkbar (vgl.

Kreisman, Straus 2008: 265 ff.).

2.2.8 Kontrolle und Regulation von Wut

Obwohl bereits in Kriterium sechs über die affektive Instabilität berichtet wurde und das damit einhergehende Chaos von Gefühlen, sowie Defizite im Bereich der Kontrolle und Regulation von Gefühlen, wird Wut an dieser Stelle ein gesonderter Absatz und ein eigenes Kriterium im DSM-V gewidmet.

Ausgeprägter Sarkasmus, verbale Ausbrüche und andauernde Verbitterung sind dabei typisch und treffen in Auseinandersetzungen häufig die nahestehenden Personen dessen Schutz, Zuneigung oder Anwesenheit, durch die von der Störung Betroffenen vermisst oder bemängelt wird. Derlei Ausbrüche von Wut und Ärger werden im Nachhinein durch Reue und Scham begleitet, sowie einer Verstärkung des ohnehin negativen Selbstbildes Betroffener und damit verbundener Annahmen, ein schlechter Mensch zu sein (vgl. DSM- V 2013: 664).

„Die Wut von Borderlinern [sic!] ist intensiv, unberechenbar und logischen Argumenten nicht zugänglich.“ (Mason, Kreger 2014: 67). Wut wird ähnlich der anderen Emotionen als besonders intensiv und nicht kontrollierbar wahrgenommen. Es lassen sich zudem Hinweise darauf finden, dass diese Wut oft ein Ausdruck von eigentlicher Angst ist, sie aber die einzige Weise ist, in welcher BPS Betroffene in der Lage sind diese zu äußern (vgl. ebd.: 69). Ausgelöst wird dieses Verhalten durch Konflikte, welche wiederum auf Irritationen und Missverständnissen beruhen. Der Ausdruck von Wut und Ärger reicht dann über verbale Gefechte und heftige Schimpfworte bis schlimmstenfalls hin zu körperlichen Auseinandersetzungen mit fremdgefährdendem Charakter (vgl. Zick 2013: 27).

(28)

20 2.2.9 Dissoziation und paranoide Vorstellungen

Dissoziation wird als das Trennen beziehungsweise Abspalten, oder auch Desintegrieren von Vorstellungen und Empfindungen verstanden, welches unter dem Einfluss von emotionalem Stress passieren kann. Diese kann sich zum Beispiel als Gedächtnisverlust nach einem traumatischen Erlebnis wie Gewalterfahrung oder einem Verkehrsunfall geschehen. Abgespalten werden Erlebnisanteile aus dem Erleben der betroffenen Personen (vgl. Payk 2007: 293). Unterschieden werden kann in diesem Zusammenhang zudem zwischen Selbstentfremdung und dem Verlust, beziehungsweise der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsbewusstseins, gegenüber somatoformer Phänomene, wie Veränderungen im Bereich von Optik und Akustik (vgl. Bohus in Dammann, Janssen 2007: 112).

Martin Bohus (2007) beschreibt auf Basis diverser Studien (Zanarini et al. 1997, Stiglmayr et al. 2001, Dang et al 1998), dass dissoziative Symptome in einem engen Zusammenhang zu intrapsychischem Stress stehen und zum Teil einen genetischen Ursprung haben.

Besonders hervorsticht die Korrelation bei Patient*innen welche von BPS betroffen sind, zwischen selbstschädigenden Verhalten, häufiger stationärer Betreuung in Kliniken, sowie niedriger sozialer Integration (vgl. Bohus in Dammann, Janssen 2007: 112f). Weiterhin treten Symptome dieser Kategorie besonders im Angesicht des vermuteten oder realen Verlassenwerdens auf (vgl. DSM-V 2013: 664).

Einerseits steht also die Entfremdung vom eigenen Selbst und auf der anderen Seite Halluzinationen, welche viele Bereiche der Wahrnehmung betreffen, oder betroffene Personen befinden sich plötzlich an einem anderen Ort, ohne Kenntnis davon zu haben, wie sie an diesen gelangt sind. Zusätzlich treten manchmal paranoide Wahrnehmungen auf, welche das Verhalten der Betroffenen lenkt. Mit Reduktion von emotionalem Stress lassen all diese Symptome in der Regel wieder nach (Zick 2013: 27).

2.3 Genderaspekt der Borderline-Persönlichkeitsstörung

Zwischen Männern und Frauen lassen sich immer wieder signifikante Unterschiede im Rahmen von wissenschaftlichen Studien ermitteln. Auch im Kontext psychischer Erkrankungen lassen sich diese Unterschiede feststellen, so sind Frauen in Industriestaaten häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen, als Männer. Dieses

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21 Geschlechterverhältnis schwankt zudem von Erkrankung zu Erkrankung (vgl. Christeiner 1999: 136), was sich exemplarisch am Beispiel der Suizidalität und des selbstverletzenden Verhaltens nachvollziehen lässt. Frauen überwiegen in einem Verhältnis von 3:1 bis sogar 5:1 im Punkt des selbstverletzenden Verhaltens, was aber nicht nur bedeutet, dass Frauen sich häufiger selbst verletzen, sondern, dass auch Männer sich dieser Handlungen bedienen, wenngleich dies oft in der Literatur untergeht (vgl. Sachsse 1994 zit. n.

Schoppmann et al. 2015: 64). Frauen unternehmen zudem statistisch gesehen häufiger den Versuch sich zu suizidieren, scheitern aber mit höherer Wahrscheinlichkeit als Männer am eigentlichen Suizid (vgl. Christeiner 1999: 139). Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Männer weniger Suizidversuche unternehmen, aber mit höherer Wahrscheinlichkeit an diesem versterben. Christeiner (1999: 139) begründet dies damit, dass Frauen eher dazu in der Lage sind über die ihnen innewohnenden Emotionen, Probleme sowie Gedanken zu sprechen und sind damit eher dazu geneigt Anbindung in Helfer*innensystemen, wie Therapie, Klinik oder Beratungsstellen zu finden.

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung stellt dabei keine Ausnahme dar, so sind 75% der diagnostizierten Patient*innen mit BPS weiblich (vgl. DSM-V 2013: 666). Zudem unterscheiden sich die Symptome von diagnostizierten Borderlinerinnen und Borderlinern merklich. Männer mit dieser Störung weisen eine höhere Impulsivität auf und neigen eher dazu ihrer Aggression nach außen gegen ihr Umfeld zu richten. Betroffene Männer suchen seltener nach Unterstützung, schaffen es damit deutlich seltener in das Hilfesystem und werden für dieses auch nicht mehr greifbar, wenn sie aufgrund ihrer Gewalthandlungen inhaftiert werden (vgl. Röpke 2012 zit. n., Schoppmann et al. 2015: 58). Im Kriterium vier, also selbstschädigendes Verhalten, ist auffällig, dass Frauen deutlich öfter als Männer Essstörungen manifestieren, während Männer wiederum eher von Substanzmissbrauch und Substanzabhängigkeiten belastet sind (vgl. Schoppmann et al. 2015: 25).

Wichtig ist zu verdeutlichen, dass gehäuft auftretendes deviantes Verhalten männlich sozialisierter Borderline-Patient*innen und Klient*innen nicht allzu verwunderlich ist, da dieses „Gewalt-Phänomen“ fast ausschließlich bei Männern zu beobachten ist, unabhängig von BPS (vgl. ebd.: 54). Sozialisation ist ein besonders wichtiger Begriff in diesem Kontext, wie in allen genderspezifischen Fragen. Sprachliche Konstrukte von Dominanz und Aggressivität sind in unserer Gesellschaft männlich besetzte Begrifflichkeiten, die Toleranzschwelle in Bezug auf raufende Jungs, im rauen Spiel miteinander ist dabei deutlich höher und wird oft durch Aussagen begleitet wie „Jungs sind einfach so, sonst

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22 wären sie keine richtigen Jungs.“ oder „Boys will be boys“. Weiterhin werden Jungen überwiegend von denen sie umgebenden weiblichen Bezugspersonen erzogen, was wiederum insbesondere auf klassische sozialarbeiterische und sozialpädagogische Einrichtungen zutrifft, wie überwiegend auch Schulen (vgl. ebd.: 54). Die Definition davon was „männlich“ ist und was „weiblich“ ist, ist nicht nur eine Frage der Menschheitsgeschichte, geprägt von vielen verschiedenen Definitionen in Abhängigkeit von Zeitepoche und Kulturraum, sondern ist auch eine Frage, welche Kinder und Jugendliche beschäftigt – gewollt oder nicht.

Das vermeintlich „Männliche“ wird dann oft als Gegenpart zu dem „Weiblichen“ gesehen und umkehrt. Männlich muss entsprechend sein, was konträr zu dem steht, was die weiblichen Bezugspersonen vermitteln (vgl. ebd.: 54). Dies kollidiert nicht selten mit den Anforderungen erwachsen zu werden und eine eigene Persönlichkeit herauszubilden, was besonders für junge Menschen, welche unter der Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, zusätzlich Verwirrung stiftet.

An dieser Stelle wird einmal mehr ersichtlich, weshalb es wichtig ist, den Gesamtblick Sozialer Arbeit mit diesem Störungsbild vertraut zu machen und eben auch den markanten, genderspezifischen Unterschied wahrzunehmen und deuten zu können. Geschlecht spielt ebenso eine Rolle im Erscheinungsbild von BPS, wie es beispielsweise das Alter und Religionszugehörigkeit sind. Ebenso vielfältig wie die Soziale Arbeit selbst ist, so lässt sich das Störungsbild in unterschiedlichen Kontexten differenziert beobachten.

Die Geschlechtskategorie kann dabei für Menschen mit BPS ebenso zu einer

„Identitätskrücke“ werden, wie es durch Vereinsmitgliedschaften, Peergroups, Jobs oder Religionen der Fall ist. Diese Identitätskrücken sollen helfen im Zuge von Gruppendynamiken und Kontakt zu Bezugspersonen, die Bedürfnisse der Betroffenen zu erfüllen. Sie helfen mit der Krise der eigenen Persönlichkeit. Jene „Identitätskrücken“ sind dabei mit der Eisbergspitze im Eisbergmodell gleichzusetzen und sind beliebig austauschbar, auf der Suche nach einer eigenen, stabilen Identität (vgl. Schoppmann et al. 2015: 58).

2.4 Fallbeispiel Frau Müller

Um die Symptomatik der Borderline-Persönlichkeitsstörung genauer nachvollziehen zu können, folgt die Beschreibung eines Fallbeispiels aus Sicht einer der in der

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23 anonymisierten Einrichtung tätigen Mitarbeiterin. Dieses wurde ebenfalls im Zuge der durchgeführten Interviews generiert und umfasst neben der konkreten Beschreibung einer herausfordernden Situation, auch den weiteren Verlauf und den Umgang mit dieser Situation, sowie eine von dem Team in der Supervision erarbeitete Arbeitshypothese zu der betroffenen Klientin und ihrer derzeitigen Lage. Die Beschreibung der Ausgangslage erfolgt aus der Sicht der Befragten B4:

Frau Müller kommt zu der Diensthabenden B4 ins Büro und berichtet von wiederholten Kreislaufproblemen. Sie ernähre sich tagsüber von 12 Tassen Kaffee, da sie nachts nicht schlafen könne. Frau Müller deutet zudem in der Gegenwart ihrer Tochter an, sich vor die Straßenbahn stürzen zu wollen. Frau Müller könne keinen Perspektivwechsel bei der Reflexion dieser Aussage erlauben und berichtet von ständigem Grübeln und Gedankenschleifen. Es gibt einen familiären Konflikt, welcher Frau Müller explizit beschäftigt. Dieser macht sie sehr wütend und wühle sie auf. Als B4 diesen Konflikt mit der Klientin thematisieren und beleuchten möchte, wehrt Frau Müller ab und äußert sich nur oberflächlich. Konkrete Informationen lassen sich für B4 nicht aus dem Gespräch extrahieren. Stattdessen antwortet sie provoziert auf die Nachfrage und den Versuch dies zum Inhalt des Gesprächs zu machen. Frustriert lässt Frau Müller dann verlauten, sie werde sich „betrinken und ritzen, bis das endlich vorbei ginge.“ Sie habe „ganz andere Probleme“. (vgl. B4: 3) Dabei ist wichtig anzumerken, dass die Einrichtung den Konsum von Alkohol innerhalb der Einrichtung per se ablehnt.

Auf die Einladung seitens B4 hin sich von den Problemen freizumachen und darüber ins Gespräch zu kommen, um loslassen zu können, reagiert Frau Müller mit Ablehnung. Die Klientin geht mit Kopfschmerzen zurück in ihr Zimmer. Etwa 22:00 Uhr kommt die Klientin zurück in das Büro und schildert, sie habe vor dem Abendbrot erbrochen, habe Kreislaufprobleme, Kopfschmerzen und verspüre Schwindel. Frau Müller sitzt zusammengekrümmt im Büro, offenbar unfähig aufzustehen, doch das Angebot den Bereitschaftsarzt zu kontaktieren, oder anderweitig Hilfestellung zu leisten, lehnt Frau Müller ab. (vgl. B4: 3)

Ähnlich wie in der beschriebenen Situation, präsentiert sich Frau Müller über Wochen hinweg. Sie ernährt sich äußerst ungesund, macht parasuizidale Äußerungen, allerdings ohne, dass eine akute Suizidalität vorliegt. Sie verharrt in ihren negativen Gedankenschleifen und zeigt keine Eigenmotivation an dieser Situation etwas zu ändern.

Konkrete Hilfe und Unterstützungsangebote werden dabei fortwährend abgelehnt,

(32)

24 stattdessen fokussiert sie sich zunehmend und ausdauernd auf das eigene Ich. (vgl. ebd.:

3)

Es stellte sich im Zuge von Teamberatungen, Fallbesprechungen und einer gesonderten Supervision schließlich heraus, dass die Krise von Frau Müller sich in Abhängigkeit zu den jeweiligen Diensthabenden mal mehr mal weniger akut gestaltet. Zudem gab es über den Zeitraum hinweg keine Anzeichen für selbstverletzendes Verhalten oder dem Konsum von Alkohol. Auch gab es keine konkreten Anhaltspunkte für wiederholtes Erbrechen oder schlaflose Nächte. Weiterhin auffällig war, dass Frau Müller häufig über Konflikte in der Familie sprach, ohne dabei eine Konkretisierung zuzulassen. So verharrte die Klientin über einen langen Zeitraum in der Rolle der Klagenden, ohne den Anspruch zu haben nach Lösungen oder Handlungsansätzen zu suchen. Es konnte keine Veränderungsmotivation festgestellt werden (vgl. ebd.: 3).

Das Team schätzte Frau Müller in der Supervision als stabil genug ein, um sie mit ihren Verhaltensweisen zu konfrontieren. Definiert wurde in diesem Gespräch mit Frau Müller, wie lang sie in diesem Zustand weiterbetreut werden kann und unter welchen Umständen die Rettung, beziehungsweise ein anderweitiges stationäres Hilfsangebot hinzugezogen wird. Bereits nach dieser Aussprache stabilisierte Frau Müller sich auffallend rasch (vgl.

ebd.: 3).

Die Arbeitshypothese des Teams der anonymisierten Einrichtung lautete dabei wie folgt:

Hinter den Verhaltensweisen von Frau Müller stand das Bedürfnis nach Anerkennung im Vordergrund. Dies war ihr Versuch Zugehörigkeit zu schaffen und (An-) Bindung zu finden.

Aufgrund ihrer „gravierenden Selbstwertproblematik“ war sie daran gehindert sich die Anerkennung ihrer Mitmenschen „ihrer selbst wegen zu gestatten.“ Es erscheint, als glaube Frau Müller, sie „verdiene“ nur Aufmerksamkeit, wenn sie pathologisiert (vgl. ebd.: 3).

In dem vorangegangenen Beispiel treffen viele der vorangegangenen Kriterien des DSM- V zu. Beispielsweise ist anhand des Kaffeekonsums eine selbstschädigende Verhaltensweise ersichtlich, ebenso entspricht die mangelhafte Ernährung, beziehungsweise das Nichts-Essen Verhalten mit potentiell selbstschädigendem Charakter. Das geringe Selbstwertgefühl geht mit dem Kriterium drei, der Identitätsstörung einher und äußert sich bei der Klientin in vielen Bereichen. Zu pathologisieren und zu

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