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granat apfel 4|2015Der Erhalt, die Verbesserung und die Wiederherstellung menschlicher Kommunikation stehen für die Logopädinnen im Krankenhaus der
Barmherzigen Brüder in Eisenstadt im Mittelpunkt ihrer täglichen Arbeit.
TEXT: ANDREA MICHLITS-MAKKOS
Mit Taten und
Worten im Einsatz
K
LEBEN & GESUNDHEIT Krankenhaus Eisenstadt
ommunikation ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Damit sie funktioniert, sind alle Sinne gefordert. Hören, Zuhören, Sprechen und Verstehen müssen lückenlos in- einandergreifen. Störungen oder Beeinträchti- gungen stellen sowohl für Betroffene als auch für deren Angehörige eine enorme Belastung dar, denn das sonst so selbst verständliche kommunikative Miteinander ist erheblich ge- stört. Insgesamt drei Logopädinnen unterstüt- zen derzeit PatientInnen aller Altersgruppen im Eisenstädter Brüder-Krankenhaus beim Erwerb, Erhalt oder bei der Rehabilitation sämtlicher Funktionen, die das Sprechen, die Sprache, das Atmen, die Stimme, die Mund- funktionen, das Schlucken oder das Hör- vermögen betreffen. Sie diagnostizieren und therapieren. Je nach Art und Grad der Er- krankung können die Logopädinnen Patien- tInnen heilen oder zumindest ihre Beschwer- den lindern. Im Idealfall können sie auch mit präventiven Maßnahmen viel erreichen, zum Beispiel bei der Früherkennung von Störun- gen im Kleinkindalter.
Das Trio arbeitet eigenverantwortlich nach ärztlicher Zuweisung und eng mit der Abtei- lung für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankhei- ten zusammen (Vorstand: Prim. Dr. Christian Werfring). Dort nehmen die Logopädinnen auch regelmäßig an den Morgenbesprechun- gen teil. Eine intensive Zusammenarbeit pfle- gen sie auch mit den Diätologinnen im Haus, denn häufig muss die Nahrung für PatientIn- nen mit Dysphagie (Schluckstörung) individu- ell angepasst werden. Schon bald werden die Kompetenzen der Logopädinnen auch auf der im Entstehen befindlichen Palliativstation und an der Abteilung für Neurologie gefragt sein.
Vom Säugling bis zum Greis
Vom Kleinkind mit Sprachentwicklungspro- blematik bis hin zum Tumorpatienten, der Stimmgebung und Schlucken wieder erlernen muss, begegnen die Logopädinnen vielen ver- schiedenen Störungsbildern im Berufsalltag.
PatientInnen mit Stimm- und Sprechstörungen wie Heiserkeit bzw. Stottern oder mit Lähmun- gen der Gesichtsmuskulatur (Fazialisparesen) Das Schlucken
wird beim Essen kompetent überwacht (l.).
Training des Gaumensegels mit Strohhalmen (r.).
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Fotos: Barmherzige Brüder Eisenstadt
sowie Sprachstörungen (Bildung grammatika- lisch korrekter Sätze) oder Schluckstörungen werden behandelt. Bei Erwachsenen sind sie zumeist im Einsatz, wenn Sprachstörungen (Aphasien) bestehen, die durch die Schädi- gung des Gehirns hervorgerufen werden, etwa nach Schlaganfällen, Schädel-Hirn-Traumata oder Tumorerkrankungen.
Bei älteren Menschen sind Schluckbe- schwerden ein zentrales Thema. Die Schluck- störungen machen den Großteil der Arbeit in Eisenstadt aus. Die Logopädinnen führen rund 1.700 Therapien, die Schluckstörungen betreffen, pro Jahr durch. Sie helfen dabei Pa- tientInnen, die sich ständig verschlucken, und überwachen die Nahrungsaufnahme. Partikel, die in die Lunge gelangen, könnten nämlich lebensgefährliche Lungenentzündungen aus- lösen. LogopädInnen helfen durch Kräftigung der entsprechenden Muskulatur, dies zu ver- hindern. Auch das Erarbeiten der Sprache und des Sprechens nach einem Unfall oder etwa ausführliche Hörbefundungen in der Audio- kabine zählen zu ihren täglichen Aufgaben.
Im Eisenstädter Brüder-Krankenhaus werden auch Hörscreenings bei Neugeborenen (ver- pflichtend im Mutter-Kind-Pass) gemacht. Pro Jahr werden im Schnitt 1.200 solcher Tests durchgeführt.
Warum Logopädie?
Bereichsleiterin Johanna Braun hat den Beruf der Logopädin gewählt, weil sie im Kindes- alter zwei Freunde mit einer ausgeprägten Hörstörung hatte, die mit einem Hörgerät ver- sorgt und in logopädischer Therapie waren.
Seitdem wollte sie immer schon Menschen helfen, die mit einer solchen Einschränkung zu kämpfen haben. Auf die Frage, was man für den Beruf der Logopädin mitbringen muss, sind sich Bereichsleiterin Braun und ihre
Kolleginnen einig: Empathiefähigkeit und der Spaß am Umgang mit Menschen. Dabei darf man nicht aus den Augen verlieren, dass es oft auch alte Menschen sind, um die man sich kümmert. Viele PatientInnen hängen an Be- atmungsgeräten oder haben Kanülen. Weder davor noch vor Körperflüssigkeiten dürfe man sich in diesem Beruf fürchten. Insbesondere bei PatientInnen mit nicht heilbaren, fort- schreitenden Erkrankungen und begrenzter Lebenserwartung werde einem viel abver- langt. Klares Therapieziel hierbei lautet in der logopädischen Betreuung: Symptombehand- lung, Verbesserung der Lebensqualität und Begleitung der PatientInnen und Angehöri- gen. Hier steht die Linderung der belastenden Symptome im Vordergrund, nicht der größt- mögliche therapeutische Erfolg. Wenn es me- dizinisch vertretbar ist, bemüht sich das Trio auch, jedem körperlichen, geistigen und seeli- schen Bedürfnis nachzukommen. „Und wenn es nur ein paar Nudeln sind, die ein Patient oder eine Patientin noch einmal essen will.
Wir bemühen uns, die Wünsche der uns an- vertrauten Menschen mit bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen“, ergänzt Bereichsleite- rin Johanna Braun abschließend.
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WORTERKLÄRUNG
Logopädie
Das Wort Logopädie stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Sprecherziehung“ (logos = Wort, Sinn; paideia = Unterricht, Erziehung). Die medizinisch- therapeutische Fachdisziplin hat Sprach-, Sprech-, Stimm-, Schluck- oder Hörbeeinträchtigungen zum Gegenstand.
LogopädInnen arbeiten im Bereich der Prävention, Beratung, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation.
Das Eisenstädter Logopädie-Team:
Bereichsleiterin Johanna Braun, BSc (Bildmitte) mit Cornelia Egresits, BSc (l.) und Mag. Stephanie Siess, BSc (r.)