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Predigt bei der Diakonweihe von Klaus Autengruber in der Pfarre Lindach.

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Freunde des Lebens

Predigt bei der Diakonweihe von Klaus Autengruber 2. April 2017, Pfarrkirche Lindach

Diese Krankheit führt nicht zum Tod

Im Evangelium vom 5. Sonntag der österlichen Bußzeit ist von einer Krankheit die Rede, die nicht zum Tode führt (Joh 11,4). Sören Kierkegaard (1813-1855) hat dieses Wort aufgegriffen und spricht von der „Krankheit zum Tode“. Was ist damit gemeint? Man fühlt sich verlassen und minderwertig, gelähmt und müde, matt und lustlos, unzufrieden mit der Arbeit und mit sich selbst. Das Leben ist langweilig und traurig. Innerliches Schimpfen, Jammern, Selbstmitleid und Groll machen sich breit. Zurück bleibt eine Schlaffheit und Antriebslosigkeit der Seele, null Bock! Es gilt als Gemeinheit, leben zu müssen. Jegliches Wollen wird verdächtigt und entlarvt.

Auch jeder moralische Anspruch gilt als unzumutbar. Menschliches Leben als solches ist Ver- zweiflung, ist tragisch, ist ein Unglück. Übrig bleibt die Resignation. Man kann gar nicht mehr erkennen, was böse ist. Man verliert den Blick für die List und Infamie des Bösen. Und es fehlt an positiver Kraft und am Geschmack für das Gute.

Sören Kierkegaard spricht von der Schwermut, der Krankheit zum Tode als der Sünde, die an der Wurzel aller Sünden steht. Kierkegaard nennt dabei grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Verzweiflung: „Sünde ist: dass der Mensch vor Gott verzweifelt nicht er selbst sein will oder dass er vor Gott verzweifelt er selbst sein will.“ Die Kehrseite der fixierten Suche nach sich selbst ist die neurotische Flucht vor sich selbst. Die Schwermut als die Krankheit zum Tode will den eigenen Untergang und hält es nicht aus, dass es anderen besser geht. So muss sie bestrebt sein, anderen die Freude zu vermiesen, zynisch jede Suche nach Sinn zu karikieren und andere zu entwurzeln bzw. zu zerstören. Die Verzweiflung liegt wohl am eigenen Leben, aber mehr noch an Gott. Im Leben ist ein bleibender Trotz gegenüber Gott, auch jede Erlösung wird verweigert, um eine bleibende Anklage gegen den Herrn der Welt zu bilden.

Jesus selbst ist kein Stoiker. Der Tod des Lazarus und der Schmerz der Angehörigen über diesen Tod bringen ihn zum Weinen (Joh 11,35). Es gibt von Jesus her eine Traurigkeit, die von Gott kommt, die dem Leben und der Liebe nottut, es gibt die Gabe der Tränen, die befreien, einen Schmerz, der mit keinem Vergnügen der Welt zu vertauschen ist. Es gibt eine

„gottgewollte Traurigkeit“, die dem guten Schmerz über die eigene Sünde entspringt und zu Reue und Umkehr führt. Gottgewollt können Trauer und Trostlosigkeit auch sein, wenn der Mensch auf die gute Selbstlosigkeit der Liebe hin gereift werden soll. Gottgewollt sind Trauer und Trostlosigkeit, wenn sie der Solidarität und Anteilnahme mit anderen entspringen (vgl. GS 1). Eine solche Trauer wurzelt in der Tiefe des Lebens und der Liebe. – Im Neuen Testament gibt es aber auch eine „weltliche Traurigkeit“, die zum Tode führt (2 Kor 7,10). So hält der reiche Jüngling die Spannung zwischen dem Anspruch Jesu und der Verlockung des Reichtums nicht aus und geht traurig weg (Mt 19,22).

Gott ist der Vater der Erbarmungen und der Gott allen Trostes, Jesus ist der Trost Israels.

Trost befähigt den Menschen, das Leben mit seinen Höhen und Tiefen, mit seiner Größe und mit seinem Elend, mit der Zerbrechlichkeit und mit seiner Fülle ohne Ausblendung des Bösen und der Schuld im Vertrauen und ohne Illusion anzunehmen, diesem Leben standzuhalten und es auch im Angesicht von Not, Verlust und Tod neu zu wagen. Dieser Trost ist nicht vertröstend. Er befreit zu befreiendem Handeln und zu Veränderung und sucht die Verwirklichung von Humanität, Gerechtigkeit und Frieden. Er gibt aber auch Bestand in

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gegenwärtig unveränderbaren Situationen, er lässt beistehen, wo kein Erfolg mehr lockt, wo es im Leben nichts mehr zu hoffen gibt.

Vor einigen Jahren war ich in Burkina Faso. Wir haben bei dieser Reise Säuglinge in die Arme genommen und Kinder getroffen, die von ihren Müttern ausgesetzt wurden, deren Eltern bald nach der Geburt gestorben sind, deren Eltern sich die Ernährung und Medikamente nicht leis- ten konnten. Von einem Journalisten wurde ich gefragt: Ist es nicht unverantwortlich, solche Kinder in die Welt zu setzen? – Wäre es besser zu denken, dass diese Kinder nicht hätten geboren werden sollen? Ich darf hier bei einem Kind nicht denken, es wäre besser, es gäbe dieses Leben nicht. „Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von dem, was du ge- macht hast. …Herr, du Freund des Lebens.“ (Weish 11,24-26) Es gibt dort und bei uns Men- schen, die dranbleiben und pflegen, die Würde geben, Zeit haben, die anschauen und Anse- hen geben, die berühren und beten. Hilfe ist medizinisch, materiell und sozial, sie ist auch spirituell. Leben wird unter schweren Bedingungen bewältigt und Kräfte der Solidarität und der Hoffnung, der Gemeinschaft und des Glaubens sind da. Diakonie wird gelebt: Sie stellt sich den gesellschaftlichen Herausforderungen. Die Herausforderung ist es, einen Lebensraum in Todeszonen zu erarbeiten und zu eröffnen: Leben im Todesraum Wüste, wo es fast kein Was- ser gibt, kein Brot; Leben bei Fehl- und Unterernährung, wenn die Regenzeit ausfällt, wenn eine Heuschreckenplage die Ernte vernichtet.

Es gehört zur Diakonie, Lebensraum zu eröffnen, wenn Menschen verstoßen werden und keine Beziehungen mehr haben, wenn sie verachtet und verurteilt werden, Lebensraum zu geben bei Krankheit und Krieg. Diakone sind Diener des Lebens, der Freude und des Friedens.

Diakonie ist in einem weiten Sinn verstanden nicht bloß eine Dimension unter anderen, son- dern die Wesensdimension von Kirche. Das Zweite Vatikanische Konzil versteht die Kirche als

„messianisches Volk“, das, „obwohl es tatsächlich nicht alle Menschen umfasst und gar oft als kleine Herde erscheint, für das ganze Menschengeschlecht die unzerstörbare Keimzelle der Einheit, der Hoffnung und des Heils“ ist (LG 9). Die Kirche ist in Jesus Christus gleichsam Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug der Einheit (LG 1). Kirche ist nicht für sich selbst da; sie ist Kirche für die anderen, wie Jesus der „Mensch für andere“ war (Dietrich Bonhoeffer), sie ist Kirche für die Menschen und für die Welt und ihre Einheit, ihre Versöhnung und ihren Frieden.

„Mensch für andere“: das ist die Grundhaltung des Diakonats, welche für alle Lebensbereiche gilt, schon für frühere Tätigkeiten von Klaus Autengruber in der Firmvorbereitung und im Pfarr- gemeinderat, als Lektor, Kantor und Kommunionhelfer. „Mensch für andere“, das gilt für das Leben in der Ehe und in der Familie, aber auch für den beruflichen Alltag als Journalist bei der Rundschau, in der Medienarbeit.

Die drei Grunddimensionen von Kirche sind martyria, leiturgia und diakonia. Die Verwirkli- chung der Liebe, der Diakonie ist die konsequente Folge und somit auch das Kriterium für die Echtheit des Glaubenszeugnisses und die Feier der Liturgie, bei der Taufspendung oder bei der Eucharistie. Dieser innere Zusammenhang ist grundgelegt durch Jesus selbst, in seiner Botschaft und in seinem Verhalten. Sein Dienst war ein Heils- und ein Heilungsdienst. Er speist die Hungrigen, heilt die Kranken, weckt die Toten auf, treibt die Dämonen aus. So sendet er seine Jünger nicht nur aus, um zu verkünden und zu lehren, sondern ebenso, um zu heilen (Mt 10,8). Der Verkündigungsdienst und der das Leitungsamt in der Kirche müssen sich auch im diakonisch-caritativen Dienst verwirklichen und glaubwürdig erweisen. Glaube ohne Diako- nie ist kein christlicher Glaube. Verkündigung des Evangeliums ohne Diakonie ist keine christ- liche Verkündigung. Eine Eucharistie feiernde Kirche, die nicht diakonisch ausgerichtet ist, drückt zwar ihren Glauben aus, aber ihr Glaube bleibt tot. „Wir können das eucharistische Brot nicht teilen, ohne auch das tägliche Brot zu teilen.“ (Walter Kasper)

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Diakone können und sollen nicht die ganze Diakonie der Kirche leisten. Sie können aber an- dere zum diakonischen Dienst inspirieren, motivieren und auch qualifizieren. Das tun sie am besten, wenn sie selbst in der Diakonie exemplarisch vorangehen, andere durch die Verkün- digung dazu einlädt. Als Diakone seid ihr herausgefordert, die „Zeichen der Zeit“ zu erkennen, hellhörig zu sein für Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen (GS 1) und Kraft und Lebensmut, Freude und Hoffnung zu vermitteln. Was heißt es heute in Österreich, Le- bensfreude zu vermitteln angesichts von Depression und Resignation? Wie können Lebens- räume erschlossen werden für Menschen, die unter psychischer Obdachlosigkeit leiden? Wie könnt ihr Bindungsunfähigen, Süchtigen, Asylwerbenden, Arbeitslosen sagen: Du bist etwas wert, du hast einen Platz, ich schreibe dich nicht ab? Wie können Vereinsamung und Verein- zelung, Lebensunfähigkeit, Arbeitsunfähigkeit überwunden werden? Was ist mit der Sprachlo- sigkeit und den Kontaktängsten? Klaus Autengruber versteht sein Diakonat als Dienst am Menschen und an seinen Bedürfnissen.

„Da sprach der Herr zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Kain entgegnete: Ich weiß es nicht. Bin ich denn der Hüter meines Bruders? (Gen 4,9)“ – Gott legt Klaus Autengruber das auf seine Schultern, was wir tragen können. Die Botschaft der Heiligen Schrift mutet uns allen zu, dass wir einander aufgetragen sind, einander Patron sind, füreinander sorgen, Verantwortung tra- gen, einander Hüter und Hirten sind. Das Evangelium traut uns zu, dass wir Freunde und Anwälte des Lebens sind, dass wir Lebensräume schaffen, in denen in die Enge getriebene Menschen Ja zum Leben sagen können. „Entschiedene Christen sind Freunde des menschli- chen Lebens in allen seinen Dimensionen: Freunde des geborenen und des noch nicht gebo- renen, des entfalteten und des behinderten, des irdischen und des ewigen Lebens.“ (Botschaft von Mariazell)

Jede Entscheidung und jede Weihe wurzelt in Tod und Auferstehung Jesu: es ist eine Ent- scheidung für Christus und eine je neue Entscheidung für das Gute.

+ Manfred Scheuer Bischof von Linz

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