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KENNEN SIE CRICKET?

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PROF. DR. KARL-HEINZ GÖLLER

ORDINARIUS FÜR ANGLISTIK A N DER UNIVERSITÄT REGENSBURG

KENNEN SIE CRICKET?

Vor nicht allzu langer Zeit stellte ein b e r ü h m t e r Kulturkritiker die Frage:

Sinei die Engländer Menschen? („The English, are they human?"). Das Buch erregte in England nur mildes Aufse- hen. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen E nglä nd e rn und A u s l ä n d e r n . Man braucht nur eines der in großer Zahl das Land heimsuchenden Exem- plare der Gattung „foreigner" zu be- trachten, u.nd der Abstand w i r d augenfällig. Warum sich also mit der Beantwortung so subtiler Fragen ab- geben? A u f der einen Seite gibt es den Engländer, und ihm steht auf der an- deren der Rest der Welt gegenüber.

Diese Auffassung hat sich auch in Europa durchgesetzt, wozu England bekanntlich nicht gehört. Selbst der Terminus Europa ist dem durch- schnittlichen Engländer verdächtig, denn dadurch wird eine Zusammenge- hörigkeit vorgespiegelt, die es in Wirklichkeit nicht gibt. M a n ersetzt ihn daher lieber durch ein Begriffs- paar, das die dialektische Spannung und Dynamik unseres Erdteils kenn- zeichnet: England und der Kontinent.

Daß diese Spannung auch heute noch besteht, wird niemand bestreiten, der englischen Boden betreten hat. Die Engländer haben für uns Kontinentale immer noch eine sphinxartige Hinter- gründigkeit, die sich nicht auf gängige Formeln bringen läßt. Trotz Anwart- schaft auf Common Market, Aufnahme kommerzieller und kultureller Bezie- hungen und trotz des bevorstehenden Tunnelbaus ist England eine Insel und bleibt eine Insel. Die Engländer sind eben anders.

Das kann man besonders gut am Beispiel des Cricket, dem nationalen Volkssport der Engländer klarmachen.

M e i n Studierzimmer i n Cambridge überschaute Fenners, den Cricket-Platz der Universität. Morgens versammel- ten sich dort w e i ß g e k l e i d e t e junge Leute zu ihrem rätselhaften Spiel, und erst spät am Abend, nach Einbruch der D ä m m e r u n g , verließen die letzten den Platz. Daß sie Cricket spielten, war natürlich auch dem Fremdling klar — das weiß man schließlich seit Sexta.

Aber was vor meinen Augen auf dem grünen Rasen vor sich ging, war des- wegen keineswegs „ r a t i o n a l " ver- ständlich — selbst nicht durch auf- merksames Beobachten, Zählen, N o -

tieren und Kombinieren. Wochenlang schaute ich mit wachsender Beunruhi- gung und Neugierde den seltsamen Bewegungen zu. Einmal stand ich eine geschlagene Stunde am Fenster, u m festzustellen, was man unter Cricket zu verstehen hat. Ich bekam nicht ein- mal heraus, wer gegen w e n spielte, geschweige denn irgendwelche subti- len Regeln oder Feinheiten. Aber mein Interesse war erwacht, nicht zuletzt deswegen, weil ich eine Sportart ent- deckt hatte, bei der man nahezu s t ä n - dig auf dem Rasen herumwandert, plaudert oder meditiert, gelegentlich einige Bälle wirft oder mit einer Keule abwehrt und in r e g e l m ä ß i g e n A b s t ä n - den i n der nahen Kantine Tee trinkt.

Nachdem ich gerade Tennis und Reiten aufgegeben hatte (das erste wegen Mangels an a d ä q u a t e n , d. h. nicht zu agilen Partnern, das zweite wegen mehrerer entmutigender Stürze), stell- te ich mir die naheliegende Frage:

Sollte für dich, als Anglisten, nicht Cricket die richtige Sportart sein?

A l s zusätzlicher Anreiz meldete sich der Wunsch, eine lang empfundene Bildungslücke zu schließen. Schließlich ist Cricket der englische V o l k s s p o r t — jeder männliche (und mancher w e i b l i - che) E n g l ä n d e r war irgendwann ein- mal Cricketer! Es gibt mehr als 10 000 Bücher ü b e r Cricket, und eine ganze Sparte der englischen Literatur, die diesem Sport gewidmet ist. W i l l i a m G o l d w y n schrieb ein langes lateini- sches Gedicht ü b e r ein Cricket Match, weitere Werke stammen v o n James Love, M a r y Mitford, John Nyren, Ja- mes Pycroft und vielen Journalisten, ehemaligen Professionellen und T r a i - nern. M a n kann als Anglist einen so wichtigen Bereich der englischen K u l - tur nicht ausklammern! A u ß e r d e m ist die Gefahr groß, d a ß man i n England aneckt. B e i meiner ersten Einladung nach Gordonstoun führte mich Head- master Dr. Kurt Hahn eines samstags zum Cricket-Platz, wo das Spiel des Jahres, gegen irgendeine andere engli- sche P u b l i c School ausgetragen wurde.

Die Sonne schien warm vom makellos blauen schottischen H i m m e l . Ich streckte mich am Rand des Spielfeldes aus und war bald sanft eingeschlum- mert. Abends wurde mir bedeutet, d a ß der Gastgeber für mein Schlafbedürf- nis nur wenig V e r s t ä n d n i s gezeigt habe.

Es galt einen Entschluß zu fassen.

Der Sportredakteur der „Cambridge N e w s " , ein begeisterter Cricketer und wirklicher Fachmann auf seinem Ge- biet, hatte in mehre ren Artikeln seine Leserschaft aufgefordert, knifflige Re- gelfragen an ihn zu richten. Ich schrieb ihm einen Brief und bat um Auskunft ü b e r die Regeln des Cricket-Spiels.

Schon am Abend desselben Tages stand M r . A . vor meiner H a u s t ü r und bat um n ä h e r e E r l ä u t e r u n g meines Anliegens: Ich konnte ihm nicht viel mehr sagen, als ich geschrieben hatte, bat also nochmals um Antwort auf die Frage: „ W h a t is cricket?"

Offenbar roch M r . A . eine gute Story (die es nachher doch nicht gab), oder er w a r einfach nur hilfsbereit und freundlich. Er ging jedenfalls bereit- w i l l i g auf meinen Wunsch ein und ü b e r l e g t e , wie man mir am besten Cricket e r k l ä r e n k ö n n t e . Zunächst ent- warf er selbst einige Grundprinzipien des Spiels, scheiterte aber an meinen Zwischenfragen, die ihm klar machten, d a ß der Cricketer eine sich vom A l l - tagsenglisch deutlich unterscheidende Sprache spricht. „ C e n t u r y " z. B. heißt nicht Jahrhundert, sondern bezeichnet 100 Läufe eines Schlagmanns - eine besonders beachtliche Leistung. Unter einem „ s t o n e w a l l e r " versteht man einen Schlagmann, der mauert, d. h.

ü be r v o r s i ch t i g sein ,,wicket" beschützt.

Ein ,,maiden over" (= jungfräuliches Über") nennt man sechs Würfe, bei denen die Schlagmänner keine Punkte (= „runs") erzielen konnten. Unter einem „inning" versteht man das

„ D r a n s e i n " , „An-der-Reihe-Sein", und zwar bezogen auf den individuellen Schlagmann sowie auch das ganze Team. Dieses Wort ist (wie zahlreiche andere) nicht nur auf eine Bedeutung festzulegen. „Wicket" z. B. nennt man zunächst einmal das aus drei Stäben und einer Querlatte bestehende Holz- törchen, das der Werfer mit seinem lederbezogenen Korkball umzuwerfen sucht. Es dient aber auch zur Bezeich- nung des Feldes zwischen den Toren, ist also synonym mit Spielfeld. Ferner nennt man die Partnerschaft zwischen zwei Schlagmännern „wicket" und viertens auch die Zahl der Schlagmän- ner, die noch kein „inning" hatten, wenn die Zahl der gegnerischen Punk- te erreicht ist. Eine bloß theoretische V e r s t ä n d i g u n g über Cricket hat also ihre Schwierigkeiten. Herr A . kam auf die g l ä n z e n d e Idee, mich zu einem Match der „Cambridge N e w s " einzu- laden. M i t dem Schläger in der Hand sollte ich die Regeln von Cricket ler- nen.

Treffpunkt war Parker's Piece, eine große Wiese im Herzen von Cambrid- ge. Ich war vor den meisten Journali- sten, aber gleichzeitig mit dem Photo- graphen, an Ort und Stelle. Zunächst wurden einige zwanzig Aufnahmen von mir gemacht. M a n hüllte mich in lange Beinschienen, schob meine Hän- de in korkbewehrte Handschuhe und drückte mir einen Schläger in die Hand. Der Photograph war aber mit 8

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Zum Modell des Sport- zentrums der Universität Regensburg

Die Aufnahme gibt den Blick auf die Anlagen aus nordwestlicher Richtung wieder.

V o r n rechts, mit dem rechteckigen Oberlicht, die Sauna. Das große Ge- b ä u d e im Anschluß daran ist die Schwimmhalle.

Quer dazu gelegen, als oberster Trakt, die große Spielhalle mit der zentra- len Umkleide.

Links oben im Bild die t e r r a s s e n f ö r m i g angeleg- ten Hallen: die große Turnhalle (oben) mit der Gymnastik- und Judo- halle.

Der Verwaltungstrakt unten endet in dem gro- ßen Hörsaal, links hinten.

Er bietet 200 H ö r e r n Platz.

Der Innenhof zwischen Verwaltungstrakt und den Hallen ist als Dis- kussionshof gedacht und bietet die Möglichkeit zu Laienspiel-Aufführungen.

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