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Terminservice- und Versorgungsgesetz – Entwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung (TSVG) Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung stellungnahme

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Academic year: 2022

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Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand

Abteilung Sozialpolitik

Knut Lambertin

Referatsleiter Gesundheitspolitik/KV knut.lambertin@dgb.de

Telefon: +49 30 - 24060-706 Telefax: +49 30 - 24060-226 Mobil: +49 160 - 90772957 Henriette-Herz-Platz 2 D - 10178 Berlin www.dgb.de

Robert Spiller

Referatsleiter Gesundheitspolitik Europäische Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik

robert.spiller@dgb.de Telefon: +49 30 - 24060-311 Telefax: +49 30 - 24060-226 Mobil: +49 151 542 73 992 Henriette-Herz-Platz 2 D - 10178 Berlin www.dgb.de

Verantwortlich: Markus Hofmann, Abteilungsleiter Sozialpolitik, DGB- Bundesvorstand

und

dem Ausschussänderungsantrag „Heilmittelversorgung“ der Fraktionen SPD und CDU / CSU zu Artikel 1 Nummer 13a, 28a, 30a, 33, 41a, 51, 58, 67a, 104 (§§ 32, 63, 64d, 106b, 124, 124a, 125, 125a, 326 des Fünften Sozialgesetzbuches – Aus- schussdrucksache 19(14)51.4

den Ausschussänderungsanträgen der Fraktion DIE LINKE:

„Pflegebedürftigkeitsbegriff umsetzen – ambulante Pflegedienste stär- ken“ – Ausschussdrucksache 19(14)51.3

„Vollständige Kostenübernahme einer medizinisch notwendigen Versor- gung mit Zahnersatz“- Ausschussdrucksacke 19(14)51.2

„Beibehaltung des direkten Zugangs zu Psychotherapie“ – Ausschussdruck- sacke 19(14)51.1

dem Antrag der Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90 / Die Grüne „Bedarfsge- rechte Versorgung für alle Patientinnen und Patienten sicherstellen und therapeutische Berufe durch attraktive Arbeits- und Ausbildungsbedin- gungen aufwerten“ – Bundestagsdrucksache 19/6130

dem Antrag der Abgeordneten der Fraktion AfD:

„Aussetzung der Budgetierung für Ärzte“ – Bundestagsdrucksache 19/3393

stellungnahme

Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung

Terminservice- und Versorgungsgesetz – Entwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung (TSVG)

11.01.2019

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Seite 2 von 26 der Stellungnahme vom 11.01.2019

dem Antrag der Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE „Flächendeckende Versor- gung mit Physiotherapie und anderen Heilmitteln sichern“- Bundestags- drucksache 19/4887

den Anträgen der Abgeordneten der Fraktion FDP:

„Regionalisierung der Bedarfsplanung, Niederlassungsfreiheit als Regel- fall“ – Bundestagsdrucksache 19/6417

„Ambulante, ärztliche Versorgung verbessern, Bürokratie abbauen, Budgetierung aufheben“ – Bundestagsdrucksache 19/4833

„Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetz- buch – Krebspatienten die Chance auf eigene Kinder ermöglichen, fertili- tätsbewahrende Behandlung zur Regelleistung machen“ – Bundestags- drucksache 19/2689

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Seite 3 von 26 der Stellungnahme vom 11.01.2019

1. Einleitung

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften vertre- ten die Interessen der abhängig Beschäftigten und ihrer Angehörigen auch in ihrer Rolle als Krankenversicherte sowie als Patientinnen und Patienten. Die Sicherstellung einer umfassenden, gerechten und besseren flächendeckenden Versorgung der Ver- sicherten durch eine an dieses Erfordernis anzupassende Versorgungsstruktur ist an- gesichts der hierbei bestehenden Defizite eine seiner Kernforderungen.

Vor diesem Hintergrund dient die vorliegende Gesetzesinitiative des Bundesministe- riums für Gesundheit aus Sicht des DGB einem wichtigen Ziel: Die medizinische Ver- sorgung der Patientinnen und Patienten soll durch den Abbau von Wartezeiten ver- bessert werden, während der Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung flächendeckend gewährleistet und im Rahmen einer überarbeiteten Terminservice- stellenstruktur verbessert werden soll. Diese Vorhaben sind zu begrüßen und bedür- fen einer möglichst zügigen Umsetzung.

Für die mit diesen Leistungen verbundenen ärztlichen Aufwände werden erhöhte o- der neugeschaffene extrabudgetäre Vergütungen in Höhe von ca. 600 Mio. Euro in Aussicht gestellt. Diese zusätzliche Finanzierung soll aus GKV-Mitteln und somit aus dem Budget der Versicherten erbracht werden. Der DGB lehnt dies entschieden ab.

Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung ist ärztlicher Grundauftrag und durch innerärztliche Koordinierung, jedoch nicht durch eine Zusatzfinanzierung der bereits heute umfangreich vergüteten ambulanten Arztpraxen zu gewährleisten. Die durch den Gesetzesentwurf angesprochenen Versorgungsstrukturen sind bereits heute mit ca. 37 Milliarden Euro pro Jahr ausgestattet und verfügen somit über eine mehr als solide Grundlage, um die zeitnahe Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Pa- tienten sicherzustellen. Das Sprechstundenangebot ist primär durch den Versor- gungsbedarf der Versicherten und nicht durch extrabudgetäre Anreize zu begründen.

Der Gesetzesentwurf beinhaltet darüber hinaus eine Vielzahl von zu verändernden Regelungsinhalten, die dem einleitend beschriebenen Ziel dienen sollen. Der DGB stellt jedoch fest, dass sich darunter Vorschläge befinden, deren zu erwartender Bei- trag zur Hebung der Versorgungsqualität teilweise fraglich ist oder den Interessen der Versicherten zuwider läuft. Beispielhaft sei dazu vorab auf folgende Bestandteile des Entwurfs verwiesen:

Die vorgesehene Neugestaltung des §§ 51 SGB V dienen nicht der eigentlich not- wendigen Schließung einer bestehenden Regelungslücke in der sozialen Absicherung von Teilrenten und zusätzlichen Erwerbseinkommen, sondern zielen auf eine Be- schneidung der durch Beiträge erwerbbaren Ansprüche auf Krankengeld für Versi- cherte in entsprechenden Rentenkonstellationen. Dies ist rundheraus abzulehnen.

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Der DGB fordert den Gesetzgeber auf, stattdessen dafür zu sorgen, dass Kranken- geldansprüche vor Erreichen der Regelaltersgrenze auch unabhängig vom Bezug ei- ner Rente gewährt werden.

Die vorgeschlagenen Neuregelungen zum Sozialdatenschutz im Bereich der ePA se- hen die Schaffung der Möglichkeit der Datenübermittlung an Dritte mit Zustimmung des Versicherten vor. Diese Regelung schafft in der vorliegenden Form jedoch poten- tielle Anreize für eine missbräuchliche Auslegung dieser Möglichkeiten im Rahmen von Bewerbungen auf Beschäftigungsverhältnisse oder von bereits bestehenden Be- schäftigungsverhältnissen im Sinne eines qualitativen „Screenings“ des Versicherten.

2. Bewertung der wesentlichen Regelungsinhalte

2.1 Ausweitung der Aufgaben und Befugnisse der Terminservicestellen Der Gesetzesentwurf sieht vor, die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Verei- nigungen künftig zur Terminvermittlung zu Haus- und Kinderärzten, zur Unterstüt- zung bei der Suche nach dauerhaft behandelnden Haus,- Kinder- und Jugendärzten, zur Vermittlung auch während der üblichen Sprechstundenzeiten an eine offene Arzt- praxis oder Notfallambulanz und zur Weiterleitung an Notrufzentralen bei lebensbe- drohlichen Notfällen auszubauen. Ergänzend soll die Erreichbarkeit der bundesweit einheitlichen Rufnummer 116 117 ausgeweitet und zur Integration in das geplante gemeinsame Notfallleitstellensystem befähigt werden. Die Termin- Servicestellen sol- len künftig über ein Online- Angebot zugänglich sein. Zu regeln sein sollen diese Schritte hinsichtlich einer einheitlichen Umsetzung durch KVen durch eine Richtlinie der KBV.

Der DGB begrüßt grundsätzlich das Ziel, eine Verbesserung der Situation der gesetz- lich Versicherten hinsichtlich einer zeitnahen Terminvergabe für erforderliche fach- ärztliche Termine zu erreichen. Damit dies über den Weg des Ausbaus der bereits bestehenden Aufgaben und Kompetenzen der Terminservicestellen-Strukturen ge- schehen kann, sind allerdings die administrativen und personellen Voraussetzungen für eine größere Leistungsfähigkeit dieser Strukturen zu schaffen. Berichte über nied- rige Bekanntheitsgrade oder schlechte Erreichbarkeit der Servicestellen haben in der Öffentlichkeit eher die Wahrnehmung bestehender Defizite dieser Institution als de- ren praktischen Nutzen unterstrichen. Ergänzend ist für eine langfristig effektive, pa- tientenorientierte Terminvergabe die regelmäßige Durchführung von Qualitätssiche- rungsmaßnahmen zur Steigerung und Beibehaltung der Leistungen der Terminservicestellen seitens der KVen festzuschreiben.

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2.2 Ausweitung der Mindestsprechstundenzeiten & Extrabudgetäre Ver- gütung

Vorgeschlagen wird eine verbindliche Neuregelung in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), nach der Sprechstunden an mindestens 25 Stunden pro Woche inklusive Hausbesuchszeiten angeboten werden sollen. Arztgruppen der un- mittelbaren und wohnortnahen Versorgung sollen pro Woche mindestens 5 Stunden als offene Sprechstunde anbieten, wobei die KVen die Einhaltung der Mindestsprech- stunden überwachen sollen. Dies wird verbunden mit einer extrabudgetären und zu- sätzlichen Vergütung für die erfolgreiche Vermittlung eines dringlich notwendigen Behandlungstermins durch den Hausarzt zum Facharzt sowie für ärztliche Leistungen, die von der Terminservicestelle der KBV vermittelt werden. Für ärztliche Leistungen der Versicherten- und Grundpauschalen bei der Behandlung von in den Arztpraxen neuen Patientinnen und Patienten soll es sowohl eine extrabudgetäre Vergütung als auch eine erhöhte Leistungsbewertung geben. Extrabudgetär vergütet werden sollen zudem die offenen Sprechstunden, zusätzlich zu einem vertragsärztlichen Leistungs- volumen im Umfang von 20 bzw. 10 Wochenstunden erbracht werden.

Der DGB begrüßt grundsätzlich, dass der Umfang der wöchentlichen Mindestsprech- stundenzeiten erhöht werden soll. Ebenso zu begrüßen ist die gesonderte Berück- sichtigung eines wöchentlichen Stundenkontingents für offene Sprechstunden insbe- sondere für Arztgruppen der Grundversorgung sowie die Begrenzung der extrabudgetären Vergütung für diese Leistungen durch die Pflicht zur Erbringung ei- nes vorherigen Nachweises der Erfüllung des bestehenden Versorgungsumfangs. Ins- gesamt ist jedoch der Ansatz, durch ausgeweitete Vergütungen ein erweitertes Sprechstundenangebot begründen zu wollen, deutlich zu kritisieren. Es ist der grund- sätzliche Auftrag der niedergelassenen Ärzte, die ambulante medizinische Versor- gung sicherzustellen. Wo dies gelingt, wird somit eine Kernaufgabe erfüllt; wenn es nicht gelingt, liegt es in der Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigungen, ge- meinsam mit den Ärzten die zugrunde liegenden Strukturprobleme zu beheben. Eine extrabudgetäre Vergütung führt diese Logik jedoch ad absurdum: Einerseits wird den niedergelassenen Ärzten eine Gratifikation dafür in Aussicht gestellt, eine Kernauf- gabe zu erfüllen. Andererseits wird eine inhaltliche Verbindung hergestellt zwischen einem monetären Bonus und einer im Übrigen oft selbst von Ärzten beklagten zeitli- chen und organisatorischen Überlastung. Geld kann jedoch nicht ernsthaft als funk- tionaler Anreiz dabei helfen, Defizite bei der Verfügbarkeit zeitlicher Ressourcen für die Versorgung der Patienten zu beheben.

Die Versicherten stellen bereits heute durch ihre Beitragszahlungen eine sehr gute Entlohnung von Ärzten sicher – dafür dürfen sie eine funktionierende Versorgung

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und eine ärztliche Prioritätensetzung, die ausreichend zeitliche Ressourcen zur Erfül- lung des ambulanten Versorgungsauftrags bereitstellt, erwarten. Bei durchschnittlich 380.000 Euro, die durch die GKV an jede Arztpraxis pro Jahr gezahlt werden, ist eine extrabudgetäre Vergütung nicht im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit Beitragsgeldern darstellbar. Echte Zusatzleistungen für Patienten wie beispielsweise Wochenendsprechstunden werden bereits heute durch monetäre Mehranreize für die jeweiligen Ärztinnen und Ärzte abgedeckt. Das Anbieten einer für die Erfüllungen des Versorgungsauftrags ausreichenden wöchentlichen Sprechstundenanzahl ist demge- genüber jedoch als eine Notwendigkeit anzusehen, die durch innerärztliche Abstim- mungen und Prioritätensetzungen zu beantworten ist. Der DGB lehnt eine extrabud- getäre Vergütung als Kompensation für die Ausweitung von Sprechstundenzeiten für Versicherte deshalb ab.

2.3 Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung

Das Bundesministerium für Gesundheit will die ärztliche ambulante Versorgung in ländlichen und strukturschwachen Gebieten verbessern. Dieses Ziel unterstützt der DGB, nur nicht den Weg dorthin. Denn das BMG verfolgt weiterhin konsequent den Weg, der bisher schon unzureichend funktioniert hat: noch mehr Geld für niederge- lassene Ärzte und ihre Vertretungsstrukturen.

Gleichzeitig sollen die gesetzlichen Krankenkassen als Mitgliederorganisationen der Versicherten eine weniger wichtige Rolle spielen, z.B. bei der Genehmigung von Ei- geneinrichtungen der Kassenärztlichen Vereinigungen.

Es wäre zu begrüßen, wenn künftig neben bestehenden Strukturen und etablierten Berufsbildern in der ambulanten medizinischen Versorgung vermehrt eine Orientie- rung hin zu neuen Angebotsmodellen und Versorgungsformen stattfindet, von der sowohl die Versicherten im Sinne einer solidargemeinschaftlich fundierten, qualitativ hochwertigen und zeitnahen Versorgung als auch die Beschäftigten profitieren. Des- halb müssen die Krankenkassen mehr Versorgung in eigener Verantwortung gestal- ten dürfen, um nicht noch mehr Beitragsgelder in kassenärztlichen Strukturen, die bisher schon die Probleme nicht zu lösen vermochten, investieren zu müssen. Anstelle dessen erhalten die obersten Landesbehörden jedoch das Recht, zusätzliche Zulas- sungen zu erteilen.

Der DGB fordert hier dringend eine Umkehr von bisherigen erfolglosen Wegen. Den gesetzlichen Krankenkassen muss die Eröffnung neuer Eigeneinrichtungen erlaubt werden. Das ideologische Festhalten am Berufsbild des freiberuflichen Mediziners und seiner Standesorganisationen darf auch nicht durch mehr angestellte Ärzte im

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Auftrag der Standesorganisationen für die Zukunft betoniert werden. Gleichzeitig for- dern wir die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung, insbesondere in strukturschwachen ländlichen Gebieten und wirtschaftlich benachteiligten Stadt- teilen.

Auch hiermit wird dem logischen Zusammenhang von Finanz- und Entscheidungs- verantwortung widersprochen. Der DGB bittet um Aufklärung, über welche Informa- tionen zur gesundheitlichen Lage in den Regionen die obersten Landesbehörden im Gegensatz zu den Krankenkassen und den Sozialpartnern verfügen. Angesichts des bisherigen Ärztewachstums fordert der DGB, nicht weitere zusätzliche Ärzte aus Bei- tragsmitteln der Versicherten und Arbeitgeber leichtfertig zu finanzieren, sondern in- telligente Konzepte zu ihrer besseren Verteilung vorzulegen.

Für eine qualitativ hochwertige und flächendeckende ambulante Versorgung sind Medizinische Versorgungszentren unverzichtbar geworden. Der DGB begrüßt daher eine weitere Stärkung und möchte zukünftig eine breitere Trägervielfalt ermöglichen.

Daher fordert der DGB auch eine Rechtsänderung, um den Krankenkassen die Grün- dung von MVZ zu ermöglichen.

2.4 Sektorenübergreifende Konfliktlösung / Schiedsgerichte

Beabsichtigt wird die Schaffung eines neuen Schiedsgremiums für sektorübergrei- fende Entscheidungen, das für alle Konfliktlösungen im dreiseitigen Bereich zwischen GKV, KBV und DKG zuständig sein soll. Durch diese Neustrukturierung des Schieds- wesens kann perspektivisch eine Verbesserung der Herstellbarkeit von Mehrheitsbe- schlüssen auf einer breiteren konsensualen Basis erreicht werden, da künftig durch jede Partei neben zwei Mitgliedern auch zwei Unparteiische bestimmt werden. Durch diese Verbreiterung der abstimmungsberechtigten Basis soll die Möglichkeit zur Her- stellung von Konsensentscheidungen mit Zwei-Drittel-Mehrheit erhöht werden;

ebenso soll die Berücksichtigung von Unparteiischen dabei eine sachgerechte Kon- sensbildung gewährleisten.

Allerdings wird bei II.2.6 ein sprachliches Missverständnis deutlich, dass der rationa- len Verbesserung unseres Gesundheitssystems im Wege steht. Sprachliche Klarheit ist die Voraussetzung für nachvollziehbare Politik, denn schließlich sitzen sich nicht ehrenamtliche Mitglieder der Vorstände der Krankenkassen und Klinikchefs gegen- über.

Die von Arbeitgebern und Versicherten selbstverwalteten Krankenkassen und ihre Verbände verhandeln mit den Krankenhausgesellschaften als Zweckverband der öf-

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fentlichen, frei-gemeinnützigen und privaten Krankenhäuser über die Umsetzung ge- setzlicher Aufträge. Zu deren Konfliktlösung bedarf es eines Schiedswesens, welches nun verbessert werden soll. Diesen Vorschlag begrüßt der DGB.

2.5 Zahnersatz

Vorgeschlagen wird eine Erhöhung der Festzuschüsse für Zahnersatz ab 2021 von 50 Prozent auf 60 Prozent der vom GBA festgesetzten Beträge für zahnärztliche Leistun- gen der Regelversorgung. Darüber hinaus soll der Bonus von 60 Prozent auf 65 Pro- zent bzw. 70 Prozent auf 75 Prozent bei Vorliegen eines vollständigen Bonushefts erhöht werden.

Die Ausweitung dieser den Versicherten zu Gute kommenden Leistungen ist aus Sicht des DGB zu begrüßen. Die hierdurch jährlich entstehenden Mehrkosten von ca. 570 Mio. Euro für alle Kassen bei einer Erhöhung um zehn Prozentpunkte verdeutlicht, dass die Versicherten hierfür bisher umfangreiche private Mittel aufwenden müssen.

Um die Versicherten vor finanzieller Überforderung zu schützen, ist zudem eine Re- gelung erforderlich, die die Steigerungssätze der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) im SGB V begrenzt. Der DGB fordert weitergehend, dass derartige Leistungen wieder vollständig in den GKV- Leistungskatalog reintegriert werden, um die finan- zielle Mehrbelastung der Versicherten zu beseitigen und somit die Herstellung einer tatsächlichen Parität bei der Finanzierung der Gesundheitsversorgung zu unterstüt- zen.

Für kieferorthopädische Leistungen soll eine Mehrkostenregelung geschaffen wer- den, die klarstellt, dass Mehrkostenvereinbarungen nach GOZ auch im kieferortho- pädischen Bereich zulässig sind. Damit wird aus Sicht des DGB das Sachleistungs- prinzip weiter ausgehöhlt, da Zahnärzte Leistungen gegenüber gesetzlich Versicherten privat abwickeln können. Den gesetzlichen Krankenkassen wird keine Möglichkeit zur Prüfung der Leistungen auf Basis von Mehrkostenregelungen einge- räumt, sodass die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen hier lediglich alleine und an- lassbezogen prüfen können. Diese Regelung ist intransparent und den Versicherten nicht dienlich, da die gesetzlichen Krankenkassen ohne Einblick in die getroffenen Mehrkostenregelungen auch keine adäquate Beratung der Versicherten zu Leistun- gen bieten können.

Geplant ist weiterhin, die Punktwertdegression für vertragszahnärztliche Leistungen abzuschaffen, um Hemmnisse bei der Niederlassung in strukturschwachen Gebieten zu beseitigen. Einen solchen Ansatz lehnt der DGB ab, da zum einen etwaige Defizite hinsichtlich der Über,- Unter- und Fehlversorgung bei der ambulanten Versorgung

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wie schon beschrieben nicht durch die Schaffung von zusätzlichen finanziellen Ver- gütungsanreizen angegangen werden sollten. Zum anderen ist die Annahme des Be- stehens von Versorgungsdefiziten in strukturschwachen Gebieten nicht per se auf den Bereich der vertragszahnärztlichen Leistungen auszuweiten. Versorgungseng- pässe sind hier nicht flächendeckend zu erwarten, insofern ist der Abbau der Punkt- wertdegression für diese Leistungsgruppe abzulehnen.

2.6 Präexpositionsprophylaxe

Vorgeschlagen wird, Versicherten mit erhöhtem HIV - Infektionsrisiko einen Anspruch auf ärztliche Beratung erforderliche Unterstützung und Arzneimittel auf Kassenkos- ten zu gewähren. KBV und GKV sollen hierzu innerhalb von 3 Monaten nach Verab- schiedung des Gesetzes eine Regelung treffen; das BMG soll diese bis 2020 evaluie- ren.

Grundsätzlich sind die Ausweitungen der Leistungspflicht der PrEP auf die GKV zu begrüßen, um den Versicherten die bestmögliche Vorsorge und Versorgung zukom- men zu lassen. Allerdings sind hierfür einerseits realistische Kostenschätzungen un- erlässlich. Die Annahme, dass den gesetzlichen Krankenkassen jährliche Mehrkosten in Höhe von 5 Millionen Euro entstehen, greift angesichts der großen Zielgruppe, die für ein erhöhtes HIV - Infektionsrisiko und damit für den Bezug von Leistungen zur Präexpositionsprohylaxe in Frage kommt, deutlich zu kurz. Zum anderen ist der An- satz der Stärkung von Präventionsmaßnahmen in einen Maßnahmenkontext zu stel- len, der insgesamt Nachhaltigkeit gewährleistet (insb. in Bezug auf Safer-Sex-Prakti- ken). Dies ist unerlässlich, um eine mögliche Steigerung des sexuellen Risikoverhaltens in Verbindung mit Bedeutungsverlusten von Safer-Sex-Praktiken als Reaktion auf eine Ausweitung der PrEP- Leistungen, deren Konsequenz bis hin zur Entstehung und Verbreitung neuer Virusresistenzen reichen kann, zu vermeiden.

2.7 Sozialdatenschutz - ePA

Der DGB kritisiert die geplanten Änderungen in § 305 Abs. 1 SGB V. Mit der beab- sichtigen Neuregelung werden die Krankenkassen zur Übermittlung von Sozialdaten in elektronischer Form an von dem Versicherten benannte Dritte befugt. Im Gesetz wird weder definiert, wer „Dritter“ ist, noch, dass der Übermittlung im Nachhinein widersprochen und die Weiternutzung bereits übermittelter Daten untersagt wer- den kann. Lediglich die Gesetzesbegründung verweist knapp auf die Übermittlung von Daten im Zusammenhang mit Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im

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Sozialleistungsbereich nach § 75 SGB X. Zudem wird durch die Gesetzesbegrün- dung deutlich, dass der „Dritte“ vom Versicherten benannt wird und eine ausdrück- liche Zustimmung zu erfolgen hat.

Hier ist auf folgende Möglichkeit hinzuweisen: wenn der Patient oder die Patientin ihre Daten „Dritten“ zugänglich machen kann, könnte der Versicherte dies auch für den (künftigen) Arbeitgeber gestalten. Er oder auch ein von ihm beauftragter medi- zinischer Sachverständiger kann dann genau die Risiken hinsichtlich der Lohnfort- zahlung im Krankheitsfall sowie einen Ausfall der Arbeitskraft einschätzen. Zu den- ken ist zum einen an Arbeitgeber, die Versicherte dazu auffordern und unter Druck setzen, dass sie als „Dritter“ benannt werden. Zum anderen ist aber ebenfalls denkbar, dass Beschäftigte, Bewerberinnen und Bewerber freiwillig dem (zukünfti- gen) Arbeitgeber als „Dritten“ benennen, um sich einen Wettbewerbsvorteil gegen- über anderen zu verschaffen.

Es muss daher mindestens ausgeschlossen werden, dass auch der (künftige) Arbeit- geber „Dritter“ im Sinne der Vorschrift sein kann. Besser wäre genauer zu definie- ren, wer „Dritter“ im Sinne der Regelung sein darf. Davon können dann unter Um- ständen enge Ausnahmen möglich gemacht werden. Bei den zu übermittelnden Daten handelt es sich um Daten in Zusammenhang mit in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten. In § 305 Abs. 1 S. 5 SGB V wird deutlich, dass es sich sowohl um Daten im Zusammenhang mit in Anspruch genommenen ärztlichen Leistungen handeln kann und um solche, die die ärztlich verordneten und veran- lassten Leistungen betreffen. So könnten „Dritte“ einen Überblick darüber gewin- nen, welche in Anspruch genommene Leistung auf Eigeninitiative des Versicherten zurückzuführen ist und welche auf einen durch Ärzte veranlasste Leistung. Das wie- derum könnte Rückschlüsse auf Krankheitsbilder oder Verhaltensweisen der Versi- cherten geben und durch „Dritte“ auch unsachgemäß für eigene Zwecke verwend- bar sein.

Nach § 19 Gendiagnostikgesetz darf der Arbeitgeber weder vor noch nach der Be- gründung des Beschäftigungsverhältnisses die Vornahme oder Analyse genetischer Untersuchungen oder die Mitteilung von Ergebnissen genetischer Untersuchungen verlangen. Bei Zuwiderhandlungen ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 26 Abs. 1 Nr.

8 Gendiagnostikgesetzes vorgesehen. Auch für die vorliegende Gesetzesänderung könnte eine entsprechende Regelung in Betracht gezogen werden. Jedoch umfasst diese Regelung nicht den Fall einer ohne Aufforderung durch den Arbeitgeber durch den Versicherten veranlasste Benennung als „Dritten“. Da eine Erweiterung auf diese Konstellationen einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte

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sein dürfte, sollte über eine Verpflichtung zur Nichtverwendung der erlangten Daten für den Arbeitgeber (bzw. Dritten) nachgedacht werden.

2.8 Gematik

Endlich will das BMG die Blockaden der gematik angehen, die der Gesetzgeber durch seine Strukturentscheidungen geschaffen hat. Dadurch sind bisher Beitragsgelder von mind. 1,4 Milliarden Euro verschwendet worden. Nun sollen mobile Endgeräte, wie Tablets und Smartphones, eingebunden und die Unterscheidung von Patienten- fach und Patientenakte beendet werden. Der DGB regt an, dies Versichertenfach und Versichertenakte zu nennen. Des Weiteren muss sichergestellt werden, dass die elektronische Kommunikation zwischen Leistungsträgern, den Krankenkassen, und Leistungserbringern sowie Krankenversicherten ausgebaut wird.

Dass die gematik das BMG über Störungen mit beträchtlichen Auswirkungen auf Si- cherheit und Funktionsfähigkeit der Telematik-Infrastruktur zu informieren hat, ist kurzfristig der richtige Weg. Mittel –und langfristig muss der Staat sein Sicherheits- monopol auch für die Telematik-Infrastruktur wahrnehmen. Der DGB fordert, dass die Funktionen des elektronischen Personalausweises und der elektronischen Ge- sundheitskarte zusammengelegt werden, um teure Doppelstrukturen zu verhindern.

2.9 Stufenweise Wiedereingliederung

Das BMG sieht vor, eine stufenweise Wiedereingliederung im Kontext einer leistungs- rechtlichen Anpassung einzuführen. Angesichts des Selbstgefährdungspotentials der Versicherten sowie der lückenhaften Qualifikation der Ärzte bezüglich der Arbeits- welt fordert der DGB Nachbesserung. Der Arzt, der eine stufenweise Wiederauf- nahme der Erwerbsfähigkeit in Betracht ziehen kann, muss über eine arbeits- oder sozialmedizinische Qualifikation verfügen.

Die Klarstellung, dass auch DO-Versorgungsempfänger die Teilkostenerstattung gem. § 14 SGB V in Anspruch nehmen können, begrüßt der DGB.

2.10 Wahlmöglichkeit Selbstständiger zu Krankengeld

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften begrüßen ausdrücklich die geplanten Änderungen in § 44 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 1 SGB V. Eine Klarstellung, dass hauptbe- ruflich Selbständige die Möglichkeit zur Wahl eines Krankengeldanspruches haben, ist längst überfällig. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Auslegung, ob nach

§ 5 Abs. 1 Ziffer 13 SGB V auch pflichtversicherte hauptberuflich Selbständige die Möglichkeit haben, den Krankengeldanspruch zu wählen, führt die Wahlmöglichkeit

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für den genannten Personenkreis zur Rechtssicherheit. Auch bei pflichtversichert hauptberuflich Selbstständigen kann das Arbeitseinkommen bei Arbeitsunfähigkeit ausfallen. Die Gewährleistung einer Gleichbehandlung zu freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkasse, die von § 5 Abs. 1 Ziffer 13 SGB V umfassend sind, macht diese gesetzgeberische Maßnahme notwendig.

Um missbräuchliche Gestaltungen des Krankengeldanspruchs auszuschließen, unter- stützt der DGB die Einführung von § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB V. So wird von Anfang an sichergestellt, dass sich Versicherte nicht erst mit oder nach Eintritt einer Arbeitsun- fähigkeit entscheiden, von der Wahlmöglichkeit Gebrauch zu machen. Alles andere würde zu einem Unterlaufen des Solidaritätsprinzips führen, denn mit Ausübung der Wahlmöglichkeit setzt der Versicherte unterschiedliche Beitragssätze in Gang. An- statt mit dem ermäßigten Beitragssatz werden die beitragspflichtigen Einnahmen des pflichtversicherten hauptberuflich Selbständigen nach seiner Entscheidung, das Kran- kengeld zu beanspruchen, mit dem allgemeinen höheren Beitragssatz verbeitragt.

2.11 Krankengeld bei verspäteter Folge-AU-Bescheinigung

Der DGB begrüßt eine in § 46 Satz 2 SGB V geplante Regelung die sicherstellt, dass Versicherte, deren Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld vom lückenlosen Bestand des Anspruchs des Krankengelds abhängig ist, sicher und lückenlos abgesi- chert sind. So entfällt das Krankengeld nicht vollständig und dauerhaft, wenn zwar eine verspätete, aber nach Wegfall des Hinderungsgrundes unverzügliche Vorlage einer Folgearbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört die Erlangung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu den Obliegenheiten des Versicherten, so dass die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung grundsätzlich vom Versicherten zu tragen sind. Dass eine verspätete Ausstellung einer Folgebescheinigung Konsequenzen auf den versicherungsrechtlichen Status hat und zu unangemessener Sanktionierung füh- ren kann, hat der Gesetzgeber nun zum Anlass genommen, zu handeln. Die geplante Regelung trägt damit ebenfalls der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Rech- nung, wonach solche Ausnahmen anerkannt werden, wenn Versicherte die ihm vom Gesetz übertragene Obliegenheit, für eine zeitgerechte ärztliche Feststellung der gel- tend gemachten AU Sorge zu tragen, erfüllt und alles in ihrer Macht Stehende tun, um die ärztliche Feststellung zu erhalten, z.B. den Arzt aufzusuchen und ihm seine Beschwerden vorzutragen. Unterbleibt die ärztliche AU-Feststellung dann gleichwohl aus Gründen, die dem Verantwortungsbereich des Arztes zuzuordnen sind, darf sich das nicht zum Nachteil des Versicherten auswirken, wenn er seinerseits alles in seiner Macht Stehende getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber durch eine

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von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert wurde (BSG, Urt.

v. 11.05.2017- B 3 KR 22/15 R, Rz. 23).

Nach Auffassung des DGB ist es grundsätzlich zu begrüßen, das der unbestimmte Rechtsbegriff „unverzüglich“ durch die Worte „nicht am nächsten Werktag im Sinne des Satz 2, aber spätestens innerhalb eines Monats nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird.“ ersetzt wird. Die Streichung des unbestimmten Rechtsbegriffs und Einfügung der Monatsfrist führt zu mehr Rechtsklarheit. Nicht gestrichen werden sollten allerdings die Worte „nach Wegfall des Hinderungsgrundes“. Es gibt Fälle, in denen es Patientinnen und Patienten auch innerhalb der Monatsfrist nicht möglich ist, eine Folgearbeitsunfähigkeitsbescheini- gung vorzulegen (z.B. Koma-Patienten). Der DGB spricht sich ausdrücklich gegen diese Streichung aus.

2.12 Elektronische AU-Bescheinigung

Der DGB unterstützt die Einführung eines zum 1. Januar 2021 einheitlichen und ver- bindlichen elektronischen Verfahrens zur Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsdaten durch die Ärzte an die Krankenkassen. Zu begrüßen ist weiterhin, dass in diesem Zusammenhang gesetzlich klargestellt werden soll, dass die Pflicht zur Übermittlung dieser Daten an die Krankenkassen den Ärzten und Einrichtungen obliegt, die die Arbeitsunfähigkeit feststellen. So werden Versicherte von der Obliegenheit befreit und die ohnehin schon bestehende Aufzeichnungs- und Übermittlungsplicht der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen bereits auf die Diagnosen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an die Krankenkassen aus- geweitet.

2.13 Aufsicht und Fehlverhaltensbekämpfung

Der DGB begrüßt den Plan des BMG, bessere Möglichkeiten zum Datenaustausch bezüglich der Fehlverhaltensbekämpfung bzw. der Korruption im Gesundheitswesen zu schaffen. Dies soll auch für die MDKen gelten. Der DGB weist darauf hin, dass dies nicht für eine Begründung, die MDKen müssten kassenunabhängiger werden, genutzt werden sollte.

Bezüglich der Verpflichtung zu einer Musterkassenordnung ist der DGB skeptisch, denn die Begründung enthält keine Aussage darüber, welchen Nutzen die Versiche- rung von dieser Regelung haben.

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Die Regelung, wonach das BMG weitere Prüfungen der Krankenkassen durch Wirt- schaftsprüfer und Rechtsanwaltskanzleien zu Lasten der Beitragsgelder der Versi- cherten und Arbeitgeber veranlassen kann, ist schlicht grotesk. Jahrelang wird öf- fentliche Verwaltung kleingespart und/oder ihre Aufgaben ausgeweitet, so dass sie ihren Aufgaben nur durch Beauftragung externe Dienstleister gerecht werden kön- nen. Dann sollen erneut die Beitragszahlerinnen und –zahler für fehlende Finanzmit- tel des Staates die Zeche zahlen. Der DGB fordert, entsprechende Planstellen für Wirtschaftsprüfer und Juristen im BMG vorzusehen.

2.14 Krankengeld im Zusammenhang von Teilrente und Flexirentenge- setz

Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Flexirentengesetz das Ziel, Beschäftigung und Teilrente besser kombinierbar zu gestalten. Ziel ist es, ein im Alter teilweise redu- ziertes Erwerbseinkommen durch eine Teilrente auszugleichen. Die Gewerkschaften haben dieses Vorhaben als eine Möglichkeit zur Gestaltung von abgesicherten Übergängen begrüßt. Die freie Kombinierbarkeit aus Teilrente und Lohn soll den Beschäftigten die Möglichkeit eröffnen, ihre Erwerbstätigkeit zu reduzieren und den Lohnausfall teilweise durch die Altersrente auszugleichen.

Die Beschäftigten sollen in diesen Fällen also einen wesentlichen Teil ihres Einkom- mens aus dem Lohn bestreiten. Dieses Erwerbseinkommen muss dann aber folge- richtig bei Krankheit und Arbeitslosigkeit regulär abgesichert sein. Bereits im Rah- men des Flexirentengesetz hat der DGB darauf hingewiesen, dass es im geltenden Sozialrecht diese Regelungslücken bei der sozialen Absicherung gibt. Aus Sicht des DGB ist diese Absicherungslücke im Sinne der Beschäftigten wie auch des neuen Prinzips der Flexirente sachgerecht zu schließen.

Der vorliegende Referentenentwurf des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) sieht durch die Änderungen des § 51 SGB V vor, den, durch eigene Beiträge erworbenen Anspruch auf Krankengeld zu vernichten, statt die sozialpolitische Ab- sicherung des Hinzuverdienstes neben Rentenbezug sachgerecht als Lohnersatzleis- tung zu sichern. Dies ist nicht nur inakzeptabel und konterkariert den Versuch der Sozialpartner, mit der Teilrente Arbeiten bis zur Rente bei reduzierter Arbeitszeit zu ermöglichen. Mit der beabsichtigten Regelung wird das Flexirentengesetz zur Mo- gelpackung.

Hintergrund der vorgesehenen Rechtsänderung ist das seit 1. Juli 2017 geltende neue Hinzuverdienstrecht bei Renten vor der Regelaltersgrenze, gemäß §§ 34 und 96a SGB VI. Demnach wird zunächst auf Basis von Prognosen der anzurechnende

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Hinzuverdienst für das laufende sowie das folgende Kalenderjahr ermittelt. Auf An- trag der Versicherten kann bei unterjähriger Änderung der Einkommensverhältnisse um mindestens zehn Prozent (bezogen auf das Jahreseinkommen) eine erneute Prognose erstellt werden. Auf Basis dieser Prognosen wird die zu zahlende monatli- che Rente jeweils für die Zukunft festgestellt und ausgezahlt.

Zum 1. Juli des folgenden Kalenderjahres wird dann das (abgelaufene) Kalenderjahr (vom 1.1. bis 31.12.) automatisch spitz abgerechnet; diese Spitzabrechnung erfolgt abweichend von diesem Termin auch, wenn die/der Versicherte die Regelalters- grenze erreicht. Ergeben sich dadurch Änderungen zur Prognose, werden die Ren- tenbescheide für das (abgelaufene) Kalenderjahr aufgehoben und ein neuer Be- scheid erteilt.

Das System aus Prognose, geänderter Prognose sowie Spitzabrechnung ist komplex und umfasst regelmäßig Zeiträume von bis zu 12 künftigen Kalendermonaten sowie von bis zu 24 vergangenen Kalendermonaten. Dabei sind Änderungen bzw. Wech- sel zwischen Vollrente, Teilrente und dem Ende der Rente für künftige Kalendermo- nate vorläufig sowie für das abgelaufene Kalenderjahr endgültig möglich.

Es kann zu folgenden Statuswechseln kommen:

1) eine gezahlte Teilrente wird (wegen geringem Hinzuverdienst) in eine Vollrente umgewandelt

2) eine gezahlte Teilrente wird (wegen zu hohem Hinzuverdienst) eingestellt 3) eine Vollrente wird (wegen Hinzuverdienst über 6.300 Euro) in eine Teilrente umgewandelt

4) eine Vollrente wird (wegen zu hohem Hinzuverdienst) eingestellt.

Diese Statuswechsel werden möglich a) vorläufig

i. automatisch zum 1. Juli eines Jahres für künftige Monate für das zweite Halbjahr (1. Juli bis 31. Dezember) des Jahres sowie das erste Halbjahr (1.

Januar bis 30. Juni) des Folgejahres durch Prognose

ii. auf Antrag nach § 34 Abs. 3e bei einer Änderung des prognostizierten Hin- zuverdienstes um mehr als zehn Prozent ab Monat der Antragstellung (ge- ringerer Hinzuverdienst) bzw. ab Folgemonat (höherer Hinzuverdienst).

b) endgültig

i. automatisch zum 1. Juli eines Jahres für das vergangene Kalenderjahr (1.

Januar bis 31. Dezember) durch Spitzabrechnung

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ii. automatisch bei Erreichen der Regelaltersgrenze für das abgelaufen sowie das laufende Kalenderjahr – in diesem Jahr findet keine Abrechnung zum 1. Juli statt – es können hier also sogar bis zu 2 vergangene Kalenderjahre (24 Monate) abgerechnet werden, wenn der Geburtstag im Dezember liegt.

Im Kontext des Krankengelds bekommen diese Wechsel eine besondere Bedeutung.

Nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 endet der Anspruch auf Krankengeld mit Beginn der Voll- rente wegen Alters bzw. wegen voller Erwerbsminderung. Ein neuer Anspruch auf Krankengeld entsteht nach Beginn der Leistungen nicht mehr. Gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 2 wird eine Teilrente bzw. eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf das Krankengeld angerechnet, wenn die Rente nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit beginnt.

Das bis Juli 2017 geltende alte Hinzuverdienstrechts sah als Automatismus lediglich vor, dass eine Voll- in eine Teilrente umgewandelt wurde. Ohne Antrag des Versi- cherten wurde, und auch dann ausschließlich für die Zukunft, aus einer Teilrente niemals eine Vollrente. Der hier erörterte Problemfall eines durch Automatismus rückwirkenden Verlustes des Krankengeldes für weit zurückliegende Monate ist also erst durch das neue Hinzuverdienstrecht 2017 geschaffen worden.

Dementgegen ist im neuen Hinzuverdienstrecht der rückwirkende Verlust des Kran- kengeldes systematisch angelegt: Das Krankengeld gilt bei der Rente nicht als Hin- zuverdienst. Der Bezug von Krankengeld reduziert also gegenüber der Prognose den anzurechnenden Hinzuverdienst. Dadurch kann die Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro im Jahr unterschritten werden. Dies wird bei der Spitzabrechnung zum folgenden 1. Juli rückwirkend festgestellt und dann für das gesamte abgelaufene Kalenderjahr rückwirkend eine Vollrente bewilligt. Die Vollrente zerstört jedoch den Anspruch auf Krankengeld. Das Krankengeld selbst führt also vermittelt über das Hinzuverdienstrecht der Rentenversicherung somit letztlich selbst zur Vernichtung des Krankengeldanspruchs und dies bereits zum einem Zeitpunkt vor seiner Entste- hung. Stattdessen müssen die Versicherten eine Vollrente beziehen, die sie gerade nicht anstreben, weil sie z. B. die durch den vorzeitigen Teilrentenbezug hinzuneh- menden Rentenabschläge teilweise vermeiden und durch Hinzuverdienst auch teil- weise ausgleichen wollen. Dabei haben die Versicherten zunächst den vollen Bei- tragssatz gezahlt und einen regulären Anspruch auf Krankengeld erworben. Wenn jedoch der Leistungsfall eintritt, kann gegebenenfalls rückwirkend das Krankengeld entfallen, obwohl der Hinzuverdienst der vollen Sozialversicherungspflicht unterlag.

In den Monaten in denen das Krankengeld dann „zu Unrecht“ gezahlt wurde, wird die Rentennachzahlung vollständig mit dem Krankengeld aufgerechnet. Aufgerech- net wird nur bis zur Höhe der Rentennachzahlung. Das danach noch verbliebene

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„zu viel“ gezahlte Krankengeld darf nicht vom Versicherten zurückgefordert wer- den.

Um den Zeitraum des „zu viel“ gezahlten Krankengelds zu verkürzen will der vorlie- gende Gesetzentwurf den Krankenkassen das Recht einräumen, die Versicherte auf- zufordern, einen Antrag auf Vollrente (neue Prognose) zu stellen. Die Frist hierfür soll lediglich vier Wochen betragen und wäre mit dem Ruhen des Krankengelds nach den vier Wochen sanktioniert.

Der Gesetzentwurf begründet die Neuregelung wie folgt: „Mit der Regelung kön- nen längere Zeiträume mit Erstattungsansprüchen und Rückabwicklungen zwischen Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern vermieden und administrativer Aufwand für Arbeitgeber sowie Mehrkosten für die Krankenkassen vermindert wer- den.“

Entgegen der Begründung des Gesetzentwurfs steigt der Verwaltungsaufwand für die Versicherten, die Rentenversicherung und die Arbeitgeber dadurch sogar noch zusätzlich an. Die zusätzliche Prognose wirkt sich, nur ab Antragsmonat aus. Da nach Antragstellung bis zum abändernden Bescheid (von der Rechtskräftigkeit des Bescheids mal abgesehen) regelmäßig der Antragsmonat abgelaufen sein dürfte, müssen die Arbeitgeber sowie die Rentenversicherung auch für einen abgelaufenen Monat Abrechnungen ändern. Trotz dieser Neuabrechnung ersetzt die Prognose nicht die zum 1. Juli fällig Spitzabrechnung. In dem geschilderten Fall würde die Spitzabrechnung dann für das gesamte abgelaufen Kalenderjahr eine Vollrente er- geben. Arbeitgeber und Rentenversicherungen müssten demnach nicht nur wie bis- her zum 1. Juli das Vorjahr neu berechnen, sondern zusätzlich vorher schon eine letztlich nur vorläufige Änderung der letzten Monate durchführen. Von einem ver- minderten „administrativen Aufwand“ für Arbeitgeber und Rentenversicherung kann also kaum die Rede sein.

Profitieren würde insoweit die Krankenkasse, da sie ab Antragsmonat das Kranken- geld in voller Höhe einsparen würde, statt bei der rückwirkenden Spitzabrechnung eventuell nur teilweise. Tatsächlich steigt aber auch der Verwaltungsaufwand der Krankenkassen, so dass die Entlastungswirkung keineswegs klar ist. Aufgrund der Jahresbetrachtung ist erst gegen Ende des Kalenderjahres wirklich „absehbar“, ob der Hinzuverdienst die 6.300 Euro unterschreitet. Je höher der eigentliche Lohn und damit das Krankengeld, desto später im Jahr und nach potentiell längerem Kran- kengeldbezug ist erst „absehbar“, ob der Hinzuverdienst überschritten wird. Bei 2.000 Euro Lohn von 1.1. bis 31.3. und Krankengeld ab 1. April, wäre erst Mitte Dezember klar, ob die 6.300 Euro unterschritten werden.

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Erfolgt die Aufforderung, läuft das Zeitfenster von vier Wochen. Damit dürfte der Antrag von sachverständigen Versicherten regelmäßig erst zu Beginn des Folgemo- nats gestellt werden. Daher ist davon auszugehen, dass nur ein oder zwei Monate vorzeitig verkürzt werden könnten. Erfolgt die Aufforderung erst im Dezember, wäre eine Antragsstellung im Januar noch ausreichend. In der Folge würde sich an der Rente nichts mehr ändern, da abgelaufene Monate im Rahmen des §34 3e des SGB VI nicht verändert werden. Hier bliebe also das abgelaufene Kalenderjahr un- verändert. Und für das neue Kalenderjahr wäre eine „absehbare“ Unterschreitung nicht mehr anzunehmen. Damit verbleibt der Krankenkasse regelmäßig nur ein sehr kleines Zeitfenster, in der diese Regelung tatsächlich sinnvoll einzusetzen wäre und das so eingesparte Krankengeld dürfte meistens nur geringe Beträge umfassen.

Ist die Krankenkasse erfolgreich und vor Ablauf des Kalenderjahres wird eine Voll- rente gewährt, zerstört sie damit den Krankengeldanspruch endgültig, selbst wenn im Folgejahr aufgrund des Hinzuverdienstes wieder eine Teilrente gezahlt würde.

Denn die Vollrente zerstört den Anspruch auf Krankengeld. Erst durch erneute Auf- nahme einer Erwerbstätigkeit und einer durch Prognose bzw. im Rahmen des §42 SGB VII bewilligten Teilrente könnte sich erneut ein Krankengeldanspruch ergeben.

Zu bedenken ist auch, dass die Krankenkassen keine vollständigen Informationen über das anzurechnende Einkommen haben. In der Folge können sie das Ergebnis einer erneuten Prognose nur vermuten. Anträge würden dann lediglich den Verwal- tungsaufwand auslösen, ohne an der Rente oder dem Krankengeld etwas zu än- dern. Denn ab 1. Januar ist ein anderer Prognosezeitraum, für den zu diesem Zeit- punkt keine Aussagen getroffen werden kann.

Insgesamt zeigt sich, dass der vorliegende Regelungsvorschlag nur Probleme schafft und keine löst. Die Versicherte verliert ohne nachvollziehbaren Grund durch sozial- rechtlich nicht aufeinander abgestimmte Regelungen ihren Anspruch auf Kranken- geld. Und die Arbeitgeber müssen weiterhin bereits abgerechnete und somit abge- schlossene Zeiträume erneut öffnen und neu abrechnen. Dies schließt die

Gewährung von Zuschüssen zum Krankengeld ein.

Aus Sicht des DGB ist der § 51 des Gesetzentwurfs daher völlig ungeeignet, Rechts- sicherheit und soziale Absicherung zu gewährleisten. Vielmehr konterkariert dies die Zielstellung des Flexirentengesetzes und ist ein typisches Beispiel von Gesetze- sunklarheit statt zu fordernder Gesetzesklarheit und Schlüssigkeit.

Der DGB fordert daher vor der Regelaltersgrenze das Hinzuverdienstrecht konsistent auf die kurzfristigen Lohnersatzleistungen anzuwenden. Der Anspruch auf Kranken- geld ist vor der Regelaltersgrenze unabhängig vom Rentenbezug zu gewähren – also auch neben einer Vollrente. Analog dem Lohn würde das Regelentgelt dann als Hin-

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zuverdienst angerechnet. Damit wäre für die Beschäftigten ein transparentes Verfah- ren erreicht: einen „gewünschten“ Teil des Einkommens wird aus der Rente bestrit- ten, der zweite Teil aus dem Lohn und bei Krankheit aus dem Krankengeld. Für die Beschäftigten ergeben sich so ein gleichmäßigeres und insbesondere planbareres Einkommen. Auch blieben ihnen eine Vielzahl an Neubescheiden, Änderungsbeschei- den, Aufrechnungsbescheiden sowie Rückforderungen und/oder Nachzahlungen er- spart. Die Arbeitgeber und die Krankenkassen wären nicht mehr mit rückwirkenden Statuswechseln beim Krankengeld und daraus resultierenden administrativem Auf- wand durch geänderten Beitragssatz sowie Gewährung bzw. Rückforderung von Krankengeld und Krankengeldzuschüssen. Die Arbeitgeber müssten auch keinen Rentenbescheid mehr einfordern, um eine korrekte Beitragsabführung durchführen zu können. Aus Sicht des DGB sollte die soziale Sicherung dahingehend grundsätzlich überarbeitet werden.

2.15 Spezialisierte ambulante Palliativversorgung – SAPV

Das bisherige Einzelvertragsmodell in der spezialisierten ambulanten Palliativversor- gung wird auf ein gesetzliches Zulassungsmodell umgestellt, um vergaberechtliche Einwände gegen die bisherige Vertragspraxis auszuräumen. Künftig sind gemein- same und einheitliche Versorgungsverträge der Landesverbände der Krankenkassen mit den maßgeblichen Vertretern der SAPV-Leistungserbringer auf Landesebene ge- setzlich vorgegeben. Leistungserbringer, die die Anforderungen erfüllen, haben An- spruch auf Teilnahme an der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung und Abschluss eines zur Versorgung berechtigenden Vertrags mit den Krankenkassen.

Die Regelung ist aus Sicht des DGB unstrittig und bringt Rechtssicherheit in ein bis dato nicht standardmäßig formalisiertes Verfahren zwischen Kassen und Leistungs- erbringern.

2.16 Beratung durch Betreuungsdienste

Im künftigen §37 Absatz 9 SGB XI wird festgeschrieben, dass Beratungsbesuche nach Absatz 3 von Betreuungsdiensten im Sinne des §71 Absatz 1a SGB XI nicht durchgeführt werden dürfen. Der DGB begrüßt diese Vorschrift, da die Beurteilung der Pflegesituation nicht nur vertiefte Kenntnisse über betreuerische und hauswirt- schaftliche Belange, sondern vor allem auch Kenntnisse erfordert, die zur Beurtei- lung von pflegerischen Sachverhalten, z.B. aus dem Bereich der körperbezogenen Pflege, betreffen. Die Erläuterung auf S. 150 des Gesetzentwurfs beinhaltet jedoch eine widersprüchliche Aussage, wonach einzelne Mitarbeiter, die über eine entspre- chende Befähigung verfügen, in die Beratung einbezogen werden können. Der Teil der Begründung ist somit ersatzlos zu streichen.

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2.17 Dauerhafte Einführung von Betreuungsdiensten als zugelassene Leistungserbringer im Bereich der Pflegeversicherung

Auf der Grundlage des Modellprojektes von § 125 SGB XI sollen im §71 Absatz 1a SGB XI Betreuungsdienste künftig als zugelassene Leistungserbringer der Pflegever- sicherung fungieren. Dabei soll anstelle einer verantwortlichen Pflegefachkraft eine entsprechend qualifizierte, fachlich geeignete und zuverlässige Fachkraft mit prakti- scher Berufserfahrung im erlernten Beruf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre als sog. verantwortliche Fachkraft eingesetzt werden können.

Der DGB sieht den Mangel an qualifizierten Betreuungsdiensten, dem mit dem Ge- setz Abhilfe verschafft werden soll. Er verweist jedoch darauf, dass die Betreuungs- leistungen, die bislang vorwiegend durch die ambulanten Dienste erbracht werden, analog der Langzeit- und Krankenpflege gezielt durch eine personelle Verstärkung auch im ambulanten Bereich angegangen werden könnte, ohne dass dafür eine neue Struktur unter den Leistungserbringern der Pflegeversicherung notwendig wäre. Die skizzierte Regelung birgt die Gefahr, dass Betreuungsdienste von Seiten der Pflegebedürftigen gebeten werden, pflegerische Aufgaben zu übernehmen, ohne dass diese dafür qualifiziert, haftungsrechtlich abgesichert- und nicht zuletzt vergütet würden. Dies könnte zu einem Unterbietungswettbewerb zulasten der pflegebedürftigen Menschen und der Pflegekräfte führen. Zudem wären weitere Kosten zulasten der heute bereits unterfinanzierten Pflegeversicherung durch die Etablierung einer Doppelstruktur zu erwarten.

Auch für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen würden sich neue Schwierig- keiten ergeben. Wer pflegebedürftig wird, muss sich sehr gut auskennen, um die ihm zustehenden Leistungen aus der Pflegeversicherung zu bekommen. Das System ist unübersichtlich. Eine zusätzliche Anbieterstruktur im bereits bestehenden Dschungel von Pflegeleistungen und Anbietern würde diese Unübersichtlichkeit für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen noch verstärken.

Sofern sich der Gesetzgeber trotz der angeführten Kritik für eine Zulassung der Be- treuungsdienste als Leistungserbringer entscheiden sollte, ist das Gebot der Wirt- schaftlichkeit von Tariflöhnen analog zum § 89 Absatz 1, Satz 4 „Die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie ent- sprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden.“ zwingend anzuwenden. Zudem muss sichergestellt werden, dass körperbezogene Pflegeleistungen von Betreuungsleis- tungen per Definition streng abgegrenzt und Rechtsverstöße scharf sanktioniert werden.

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Unabhängig von unserer grundsätzlichen Bewertung zu den ambulanten Betreu- ungsdiensten sind die Regelungen im Hinblick auf die Qualifikationsanforderungen der verantwortlichen Fachkraft zu konkretisieren. Es braucht bundeseinheitliche, verbindliche Vorgaben, um die Qualität zu sichern. Die bisher vorgesehene Defini- tion ist sehr weitreichend und unbestimmt. Die in der Begründung genannten Aus- gangsqualifikationen unterliegen unterschiedlichen (landesrechtlichen) Regelungen, die eine Vergleichbarkeit schwierig machen. Grundsätzlich sollte es sich bei der ver- antwortlichen Fachkraft analog der Regelungen in § 71 Abs. 3 SGB XI um Pflege- fachkräfte handeln. Denn es ist davon auszugehen, dass sich die Leistungen der Be- treuungsdienste nur schwierig von den pflegerischen Leistungen abgrenzen lassen.

Sofern an der Regelung festgehalten wird, muss im Gesetz abschließend festgelegt werden, um welche „verantwortliche Fachkraft“ es sich handeln muss. Wichtig ist, dass es sich bei den Fachkräften im Ausgangberuf um Personen handeln muss, die mindestens eine dreijährige Ausbildung erfolgreich absolviert haben und die aus dem Gesundheits- und Sozialbereich kommen. Folgerichtig ist, dass die für die

„verantwortlichen Pflegefachkräfte“ geltende Anforderung im Hinblick auf die Rah- menfrist der praktischen Berufserfahrung sowie hinsichtlich der Weiterbildung min- destens 460 Stunden entsprechend soll. Grundsätzlich spricht sich der DGB weiter- hin für einen Umfang der Weiterbildung von mind. 720 Stunden aus.

2.18 Abschaffung der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten

Durch das Gesundheits-Modernisierungsgesetz von 2004 müssen die BezieherInnen von Betriebsrenten den vollen Beitragssatz für die Kranken- und Pflegeversicherung für die Betriebsrenten entrichten. Die BetriebsrentnerInnen haben für den Zeitraum von 10 Jahren insgesamt einen Beitragssatz von ca. 19 % auf ihre Betriebsrente al- lein zu tragen. Damit wird die von vielen erwartete Gesamtverzinsung auf ihre ein- gezahlten Beiträge deutlich geschmälert. Viele BetriebsrentnerInnen sind zudem von einer doppelten Verbeitragung bei der Zahlung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei Pensionskassen und Direktversicherungen und noch einmal bei der Auszahlung der Betriebsrenten betroffen.

Dies wird von vielen BetriebsrentnerInnen seit 2004 verständlicherweise als unge- recht empfunden.

Angesichts der vom BMG festgestellten überquellenden Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen sollten statt einer Senkung der Beitragssätze zunächst die offen- sichtlichen Ungerechtigkeiten wie die Doppel- und Vollverbeitragung von Betriebs- renten endlich beendet und zu der vor 2004 geltenden Regelung der hälftigen Ver- beitragung zurückgekehrt werden. Dies wäre gleichzeitig ein wichtiger Beitrag, um

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die Attraktivität der betrieblichen Altersversorgung zu erhöhen und sie damit zu stärken.

Ausschussänderungsantrag „Heilmittelversorgung“ der Fraktionen SPD und CDU / CSU zu Artikel 1 Nummer 13a, 28a, 30a, 33, 41a, 51, 58, 67a, 104 (§§ 32, 63, 64d, 106b, 124, 124a, 125, 125a, 326 des Fünften Sozialgesetzbuches – Aus- schussdrucksache 19(14)51.4

und

„Flächendeckende Versorgung mit Physiotherapie und anderen Heilmit- teln sichern“- Antrag der Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE, Bundestagsdruck- sache 19/4887

sowie

„Bedarfsgerechte Versorgung für alle Patientinnen und Patienten sicher- stellen und therapeutische Berufe durch attraktive Arbeits- und Ausbil- dungsbedingungen aufwerten“ – Antrag der Abgeordneten der Fraktion Bünd- nis 90 / Die Grüne, Bundestagsdrucksache 19/6130

Es ist aus Sicht des DGB grundsätzlich zu begrüßen, eine Verbesserung der Arbeits- bedingungen in den therapeutischen Berufen in Verbindung mit einer Aufwertung des Berufsbildes der Heilmittelerbringer anzustreben. Die hierzu vorgesehene Erhö- hung der durchschnittlichen Arbeitsentgelte in den ambulanten Praxen durch die Ent- kopplung der Heilmittelpreisstruktur von der Entwicklung der Grundlohnsumme stellt nach der erst 2017 erfolgten Verabschiedung des Heil- und Hilfsmittelversorgungs- gesetzes (HHVG) jedoch einen neuerlichen Schritt hin zu einer deutlichen Ausgaben- ausweitung dar, die durch die Krankenkassen und damit durch die Versicherten zu tragen wäre. Im HHVG wurde die Grundlohnsummenanbindung bereits bis zum Jahr 2019 bzw. 2021 aufgrund der Anpassung der Heilmittelpreisuntergrenzen bis zum Jahr 2021 ausgesetzt. Die gesetzlichen Krankenkassen hatten in der Folge Vergü- tungsanhebungen von rund 2 Mrd. Euro oder 30% bereit gestellt. Mit dem beabsich- tigten Vorziehen dieses Schrittes auf den 01. April 2019 ist kurzfristig ein deutlicher Ausgabensprung von bis zu 1,2 Milliarden Euro zu erwarten.

Eine an den Bedarfen der Versicherten ausgerichtete Versorgung muss gute Arbeits- bedingungen in den therapeutischen Berufen gewährleisten. Angesichts der bereits durch das GKV-Versichertenentlastungsgesetz beschlossenen Abschmelzung von Kassenreserven in Verbindung mit der nun im TSVG vorgeschlagenen Einführung ext- rabudgetärer Vergütungen stellt sich jedoch die Frage, wie eine nachhaltige Verwen-

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dung der Versichertenbeiträge in Einklang mit diesem Ziel gebracht werden soll. Ins- besondere angesichts der bereits durch das HHVG vorgenommenen Ausgabenaus- weitung ist zu fragen, welcher messbare Effekt des bisherigen Beitragsmitteleinsatzes auf die Vergütungsstruktur festgestellt werden kann. Es muss sichergestellt werden, dass an höheren Honoraren für Heilmittelerbringer und anderen auch die in den Pra- xen angestellten Beschäftigten mit erhöhten Vergütungen teilhaben. Der DGB fordert daher die Einführung einer Verpflichtung der Krankenkassen, höhere Honorare für Heilmittelerbringer und Andere an die Nachweispflicht, dass Vergütungen entspre- chend des anzuwendenden Tarifvertrages oder bei nicht vorhandenere Tarifbindung entsprechend des Referenztarifvertrages an die Beschäftigten gezahlt werden.

Sollen heute und in Zukunft genug Fachkräfte gewonnen und gehalten werden, braucht es attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen. Für alle Gesundheits- fachberufe sollte zumindest ein bundeseinheitlicher Rahmen für die Ausbildung ge- schaffen werden, um die Strukturen und Rahmenbedingungen einheitlich zu gestal- ten. Die Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen müssen an veränderte Anforderungen angepasst und die Bedingungen verbessert werden. Neben der über- fälligen Schulgeldfreiheit für alle Gesundheitsfachberufe ist insbesondere ein gesetz- licher Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung zu verankern, wie er bspw. in den Pflegeberufen bereits selbstverständlich ist. Es ist gut, dass im Koaliti- onsvertrag angekündigt ist, die Ausbildung der Gesundheitsfachberufe im Rahmen eines Gesamtkonzeptes neu zu ordnen und zu stärken. Hier müssen aufgrund des hohen Handlungsbedarfs schnell weitere Schritte erfolgen.

„Ambulante ärztliche Versorgung verbessern, Bürokratie abbauen, Budgetierung Aufheben“ - Antrag der Abgeordneten der Fraktion FDP, Bundes- tagsdrucksache 19/4833 und

„Regionalisierung der Bedarfsplanung, Niederlassungsfreiheit als Regel- fall“- Antrag der Abgeordneten der Fraktion FDP, Bundestagsdrucksache 19/6417 Der DGB gibt zu bedenken, dass Krankenkassen für die wirtschaftliche Verwendung der ihnen treuhänderisch überlassenen Beitragsmittel Nachweise der Leistungser- bringer benötigen. Dazu kommen die Dokumentationen zur Absicherung der Ärztin- nen und Ärzte sowie der Krankenversicherten. Der DGB fordert, dass nun gesetzge- berische Vorgaben zur Qualitätssicherung der ambulanten ärztlichen Versorgung und zu Erhöhung ihrer Qualität ergriffen werden.

Grundsätzlich unterstützt der DGB die Forderung nach einer Stärkung der ambulan- ten medizinischen Versorgung. Zunehmend wollen junge Ärztinnen und Ärzte nicht

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freiberuflich arbeiten. Gleichzeitig haben wir drohenden Ärztemangel in struktur- schwachen Gebieten auf dem Land und wirtschaftlich benachteiligten Stadtteilen.

Neben der demographischen Entwicklung sind zunehmende Tage mit Arbeitsunfä- higkeit und steigende Schwere der Erkrankungen zu verzeichnen. Das Mittel der Nie- derlassungsfreiheit in überversorgten Gebieten ist eingedenk der vielschichtigen Ent- wicklungen nur nachvollziehbar, wenn man, unter allen Umständen, am Bild des niedergelassenen, freiberuflichen Arztes festhalten will. Der DGB fordert, insbeson- dere in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Gebieten, die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung sowie den Krankenkassen die Er- öffnung und den Ausbau ambulanter Eigeneinrichtungen wieder zu erlauben.

Auch der DGB fordert die Regionalisierung der Bedarfsplanung. Die Vorschläge der Freidemokratinnen und Freidemokraten beschränken sich jedoch nur in der Umset- zung bereits bestehender Gesetze, den Abbau von Zulassungsbeschränkungen für Ärztinnen und Ärzte sowie die Schaffung von Strukturzuschlägen für die Arzthono- rare. Der DGB fordert hingegen eine bessere Verteilung der niedergelassenen Ärzte, um das Delta zwischen über- und unterversorgten Gebieten zu verkleinern. Ange- sichts der weiter steigenden Ausgaben für arbeitsbedingte Erkrankungen müssen Ar- beitgeberverbände und Gewerkschaften in die Bedarfsplanung einbezogen werden.

„Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetz- buch – Krebspatienten die Chance auf eigene Kinder ermöglichen, fertili- tätsbewahrende Behandlung zur Regelleistung machen“ – Gesetzentwurf der Abgeordneten der FDP, Bundestagsdrucksache 19/2689

Der DGB teilt das Ziel des Gesetzentwurfes, auch an Krebs erkrankten Menschen eigene Kinder zu ermöglichen. Angesichts der stark steigenden Leistungsausgaben sowie der weiteren gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, die der Finanzierung durch die Krankenkassen durch den Gesetzgeber überantwortet werden, fordert der DGB einen Trendwechsel. Dabei müssen familienpolitische Leistungen aus der GKV aus- gegliedert werden, um die Beitragszahlerinnen und –zahler nicht weiter zu belasten.

Das gilt umso mehr als dass klar ist, dass die konjunkturelle Entwicklung auch wieder ungünstiger werden wird.

„Aussetzung der Budgetierung für Ärzte“ – Antrag der Abgeordneten der AfD, Bundestagsdrucksache 19/3393

Eingedenk der Entwicklungen, die bereits im Antrag der Abgeordneten der Fraktion FDP „Regionalisierung der Bedarfsplanung, Niederlassungsfreiheit als Regelfall“ auf Bundestagsdrucksache 19/6417 dargelegt worden sind, kommt der DGB zu dem

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Schluss: Die AfD treibt die Verteilungspolitik zugunsten der niedergelassenen Ärztin- nen und Ärzte und zulasten der Beitragszahlerinnen und –zahler auf die Spitze.

Der DGB lehnt diese vollkommen einseitige Interessenspolitik zulasten der Kranken- versicherten ab.

Ausschussänderungsantrag „Pflegebedürftigkeitsbegriff umsetzen – am- bulante Pflegedienste stärken“ – Fraktion DIE LINKE, Ausschussdrucksache 19(14)51.3

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff zielt darauf ab, das verrichtungsbezogene Pfle- geverständnis zu überwinden. Deshalb wurde mit der Einführung der pflegerischen Betreuungsmaßnahmen im SGB XI endlich ein ganzheitlicher Leistungsansatz ein- geführt. Mit den im Gesetzentwurf skizzierten eigenständigen Betreuungsdiensten, die sich ausschließlich auf Betreuungsmaßnahmen und ggf. hauswirtschaftliche Un- terstützungsleistungen konzentrieren sollen, wird dieser ganzheitliche Pflegebegriff jedoch wieder in Frage gestellt. Pflege darf nicht wieder in verrichtungsbezogene körperliche Pflegemaßnahmen auf der einen Seite und Betreuungsmaßnahmen auf der anderen Seite unterteilt werden. Deshalb kann die Forderung nach einem ganz- heitlichen, teilhabeorientierten Pflegeverständnis im Sinne von fachlich gesicherter, ganzheitlicher Leistungserbringung durch ambulante Pflegedienste aus gewerk- schaftlicher Sicht voll unterstützt werden.

Ausschussänderungsantrag „Vollständige Kostenübernahme einer medi- zinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz“- Fraktion DIE LINKE, Aus- schussdrucksacke 19(14)51.2

Trotz Wiederherstellung der paritätischen Beitragsfinanzierung der GKV- Beiträge zum 01.01.2019 kann von einer echten Gleichverteilung der Gesundheitskosten keine Rede sein. In den vergangenen Jahrzehnten wurden viele ehemalige Leistungen für gesetzlich Krankenversicherte aus der GKV ausgegliedert – neben Zahnersatzleis- tungen für Erwachsene umfasst dies auch Ausgaben für medizinische Dienstleistun- gen, Arzneimittel sowie Heil- und Hilfsmittel, die durch die Beschäftigten durch pri- vate Aufwendungen getragen werden müssen. im Jahr 2014 umfasste dieser Posten laut Gesundheitsberichterstattung des Bundes bereits 44,68 Mrd. Euro; bis zum Jahr 2021 ist bei linearer Fortschreibung der Steigerungsrate mit einer Ausweitung dieser privaten Zusatzaufwendungen auf bis zu 51, 39 Mrd. Euro zu rechnen. Diese unsoli- darischen Mehrbelastungen der Beschäftigten sind insbesondere für kleinere und

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mittlere Einkommen eine gravierende Belastung. Der DGB unterstützt daher die ge- forderte Reintegration der vollständigen Kostenübernahme einer medizinisch not- wendigen Versorgung mit Zahnersatz in den Leistungskatalog der GKV.

„Beibehaltung des direkten Zugangs zu Psychotherapie“ – Fraktion DIE LINKE, Ausschussdrucksacke 19(14)51.1

Eine qualitativ verbesserte, an den Bedürfnissen der Versicherten orientierte Zu- gangsmöglichkeit zu psychotherapeutischen Maßnahmen ist allein schon deshalb ge- boten, weil neben dem häufig ohnehin bestehenden Leidensdruck und der Stigmati- sierungsangst Betroffener auch Schwierigkeiten bei der Suche nach verfügbaren Therapiekapazitäten sowie eine fehlende Orientierung hinsichtlich der jeweils pas- senden und bedarfsgerechten Maßnahme bestehen kann. Die im TSVG- Entwurf vor- gesehene Einrichtung einer vorgeschalteten Diagnostik, die über Dringlichkeit und Ausrichtung einer therapeutischen Maßnahme entscheidet, kann hierzu aber keinen geeigneten Weg darstellen. Zum einen birgt eine solche präselektive Begutachtung eher noch die Gefahr einer zusätzlichen Entfremdung des Therapiezugangs zulasten der Versicherten, da diese sich nicht nur einem zeitlich aufwändigeren Verfahren un- terziehen müssen, sondern auch ausgerechnet bei einer hochgradig am individuellen Bedarf auszurichtenden Maßnahme auf Mitwirkung und Eigenentscheidung verzich- ten sollen. Zum anderen löst eine solche Einrichtung nichts an der grundsätzlichen Frage, ob über die Terminservicestellen eine zeit- und wohnortnahe Zugangsmög- lichkeit zu vorhandenen Therapieplätzen vermittelt wird.

Der DGB sieht die Einführung einer vorgeschalteten gestuften Steuerung aus diesen Gründen kritisch, solange nicht sichergestellt ist, dass Mitwirkung und Schutz der gesundheitsbezogenen Privatsphäre von Behandlungssuchenden sichergestellt sind.

Stattdessen sind niedrigschwellige und schnell zugängliche, unterstützende Bera- tungsangebote in Verbindung mit der Sicherstellung einer verbindlichen Terminallo- kationsleistung seitens der Terminservicestellen sicherzustellen. Die damit verbun- dene, zum 01.04.2017 erfolgte Überarbeitung der Psychotherapie-Richtlinie im Sinne einer Ergänzung um eine psychotherapeutische Sprechstunde und Akutbehandlung als niedrigschwellige, schnell verfügbare Erstversorgungsleistung haben bereits einen ersten Schritt in die richtige Richtung aufgezeigt. Gegebenenfalls ist zu prüfen, ob auch die psychiatrische und psychosomatische Versorgung einer analogen Regelung für einen erleichterten Zugang bedürfen.

Referenzen

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