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Thermische Bedingungen der laserchemischen Mikrobearbeitung von Metallen

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Academic year: 2021

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(1)

Hamza Messaoudi

S T R A H L T E C H N I K

Thermische

Bedingungen der

laserchemischen

Mikrobearbeitung

von Metallen

B A N D 7 0

(2)

Messaoudi, Hamza – Thermische Bedingungen der laserchemischen Mikrobearbeitung von Metallen

Strahltechnik Band 70, BIAS Verlag, 2020.

Herausgeber der Reihe: F. Vollertsen, R. Bergmann ISBN 978-3-933762-64-1

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdrucks und der Vervielfältigung des Buches oder Teilen daraus, bleiben vorbehalten.

Kein Teil des Werks darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – mit Ausnahme der in den §§ 53, 54 URG ausdrücklich genannten Sonderfällen – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

(3)

Thermische Bedingungen der laserchemischen Mikrobearbeitung von Metallen

Vom Fachbereich Produktionstechnik der

UNIVERSITÄT BREMEN

zur Erlangung des Grades Doktor-Ingenieur

genehmigte

Dissertation von

M. Eng. Hamza Messaoudi

Gutachter:

Prof. Dr.-Ing. Frank Vollertsen (Universität Bremen)

Prof. Dr.-Ing. Jens P. Wulfsberg (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg)

(4)

Messaoudi, Hamza

Thermische Bedingungen der laserchemischen Mikrobearbeitung von Metallen

Strahltechnik, Bd. 70, Bremen; BIAS Verlag, 2020. Hrsg.: F. Vollertsen, R. Bergmann Zugl.: Bremen, Univ., Diss., 2020.

ISBN 978-3-933762-64-1

Schlüsselwörter: Mikrobearbeitung, Laserchemie, Temperatur, Qualität, Prozesseffizienz

Zur Steigerung der Prozesskontrolle und -reproduzierbarkeit bei der laserchemischen Bearbeitung von Metallen befasst sich diese Arbeit mit der Identifizierung des Temperaturbereichs für einen hochqualitativen Materialabtrag. Dazu wird ein analytisches Modell zur Berechnung der laserinduzierten Temperaturverteilungen entwickelt und geprüft. Eine anschließende Korrelation mit den resultierenden Abtragseometrien sowie durchgeführte Hochgeschwindigkeits-Schattenaufnahmen belegen, dass der störungsfreie Abtrag nach Überschreiten des Elektrolytsiedepunkts initiiert und durch Erreichen des Filmsiedens limitiert wird. Zudem wird die Abtragsgeschwindigkeit maßgeblich durch die induzierten Temperaturgradienten und der Wechselwirkungszeit bestimmt. In Hinblick auf die Miniaturisierung zeigt der Vergleich einiger geometrischer und qualitativer Bearbeitungsmerkmale mit denen der elektrochemischen Mikrobearbeitung und dem Mikrofräsen die Eignung der laserchemischen Bearbeitung für die Fertigung metallischer Bauteile mit Dimensionen < 1 mm3.

Thermal conditions for laser chemical micro processing of metals

Keywords: micro machining, laser chemistry, temperature, quality, process efficiency

This work deals with the identification of the temperature range for a high-quality laser chemical machining of metals with the aim to increase the process control and reproducibility. Therefore, an analytical model to compute the laser induced temperature distributions is developed and verified. A subsequent correlation with the resulting removal geometries as well as performed high-speed shadowgraphs prove that a disturbance-free removal is initiated after exceeding the electrolyte boiling point and is limited by the occurrence of film boiling. Moreover, the removal velocity is primarily determined by the induced temperature gradients and the interaction time. In view of miniaturization, the comparison of defined geometric and qualitative machining features with those of micro electrochemical machining and micro milling reveals the suitability of laser chemical machining to manufacture metallic parts with dimensions < 1 mm3.

(5)

Vorwort

Die vorliegende Arbeit entstand neben meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am BIAS – Bremer Institut für angewandte Strahltechnik, im Wesentlichen im Projekt “Laserkontur”, das im Rahmen des Sonderforschungsbereiches SFB747 (Mikrokaltumformen) durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt wurde.

Meine bisherige Reise, die mich durch Tunesien und Deutschland über mehrere Stationen an das BIAS nach Bremen führte, ähnelt sich der Reise des Laserstrahls von einem angeregten Lichtquanten im aktiven Medium hin zu einem Bearbeitungswerkzeug. Neben dem persönlichen Anteil an Motivation, Zielstrebigkeit und Hartnackigkeit wurde ich durch eine Reihe von Ereignissen und Personen fachlich und persönlich geformt, gelenkt und vorangetrieben. Dadurch wurde der erfolgreiche Abschluss der Promotion erst möglich.

Meinen besonderen Dank möchte ich Herrn Professor Dr.-Ing. habil. Frank Vollertsen aussprechen, der als Institutsleiter des BIAS und Betreuer der Doktorarbeit die Erstellung dieser Arbeit ermöglichte und mich durch kritische, wissenschaftliche Diskussionen stets förderte und forderte. Für die zur Verfügung gestellten Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten bin ich ihm äußerst dankbar.

Für die Übernahme des Koreferates gilt mein herzlicher Dank Professor Dr.-Ing. Jens P. Wulfsberg (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg). Frau Professor Dr.-Ing. Kirsten Tracht (Universität Bremen), Herrn Dr.-Ing. Salar Mehrafsun (Wagenbrett GmbH) sowie den Herren Dr.-Ing. Peer Woizeschke (Universität Bremen) und Till Rusche (Universität Bremen) danke ich für die Mitarbeit im Prüfungsausschuss des Promotionskolloquiums. Meinen ehemaligen Kollegen und Kolleginnen am BIAS sowie meinen ehemaligen Studierenden danke ich für die Unterstützung in der Durchführung und Analyse der umfangreichen Untersuchungen. Besonders möchte ich Sandro Eckert und Fabian Thiemicke für ihre unermüdliche Bereitschaft zur kritischen und fachlichen Diskussion und Hilfestellung sowie Andreas Klett für sein persönliches Engagement bei der Realisierung von Versuchsaufbauten danken.

Für ihre uneingeschränkte Unterstützung bin ich meinen Eltern dankbar, ohne sie hätte ich Vieles im Leben nicht erreichen können. Nicht zuletzt möchte ich meiner wunderbaren Frau, deren Eltern sowie meinen kleinen Kindern für ihre Liebe, Geduld und mentale Unterstützung danken.

(6)
(7)

InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis 1

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ... 1

Verzeichnis verwendeter Symbole ... 5

1

Einleitung ... 13

2

Stand der Forschung ... 15

2.1 Elektrochemische Metallbearbeitung ... 15

2.1.1 Grundlagen und Trends ... 15

2.1.2 Anodische Prozesse an Metallelektroden ... 16

2.2 Laserchemische Bearbeitung ... 17

2.2.1 Grundlagen ... 17

2.2.2 Prozesseigenschaften ... 19

2.2.3 Prozessgrenzen ... 20

2.3 Laserinduziertes Sieden ... 23

2.3.1 Phasenübergang flüssig – gasförmig ... 23

2.3.2 Lasererzeugte Kavitationen ... 25

2.4 Fazit ... 26

3

Zielsetzung... 27

4

Methoden und Versuchseinrichtungen ... 29

4.1 Elektrolyt ... 29 4.2 Werkstoffe ... 30 4.3 Versuchseinrichtungen ... 31 4.4 Versuchsprogramm ... 33 4.4.1 Einzelpunkt-Abtragsversuche ... 33 4.4.2 Einzelbahn-Abtragsversuche ... 33 4.4.3 Großflächige Abtragsversuche ... 33 4.4.4 Bearbeitungskenngrößen ... 36

4.5 Mess- und Auswertemethoden ... 37

(8)

2 Inhaltsverzeichnis

4.5.2 Hochgeschwindigkeits-Schattenaufnahmen der Wechselwirkungszone.... 37

4.5.3 Bestimmung der geometrischen Kavitätskenngrößen ... 39

4.5.4 Bestimmung des Kantenradius der Mikrogesenke ... 41

4.5.5 Bestimmung der Oberflächenrauheit ... 41

4.5.6 Rasterelektronenmikroskopie / Energiedispersive Röntgenspektroskopie . 41 4.5.7 Metallographische Querschliffe ... 42

4.5.8 Bestimmung der Grenztemperaturen des störungsfreien Abtragsregimes . 42

5

Analytische

Modellierung

der

laserinduzierten

Oberflächentemperaturen ... 45

5.1 Modellbeschreibung ... 45

5.1.1 Randbedingungen ... 45

5.1.2 Beschreibung des Temperaturmodells... 46

5.1.3 Beschreibung der elektrolytbedingten Wärmeverluste... 49

5.2 Modellierungsergebnisse ... 51

5.2.1 Einfluss der Laserparameter ... 51

5.2.2 Einfluss der Vorschubgeschwindigkeit ... 52

5.2.3 Einfluss des Werkstoffes ... 54

5.2.4 Plausibilitätsprüfung ... 55

5.2.5 Elektrolytbedingte Wärmeverluste ... 56

6

Experimentelle Ergebnisse ... 59

6.1 Laserchemische Bearbeitung von Titan ... 59

6.1.1 Einzelpunkt-Abtragsversuche ... 59

6.1.2 Einzelbahn-Abtragsversuche ... 62

6.1.3 Schattenaufnahmen der laserchemischen Bearbeitung... 65

6.2 Laserchemische Bearbeitung der Werkzeugstähle ... 69

6.2.1 Laserchemische Bearbeitung des Schnellarbeitsstahls HS10-4-3-10 ... 69

6.2.2 Laserchemische Bearbeitung von Stellite 21... 71

6.3 Herstellung quadratischer Mikrogesenke ... 75

(9)

Inhaltsverzeichnis 3

6.3.2 Vergleich mit den mikrogefrästen Gesenken ... 78

7

Temperaturbereich des störungsfreien laserchemischen Abtrags 81

8

Verhalten des laserchemischen Abtrags im störungsfreien Regime

89

8.1 Einfluss relevanter Prozessparameter auf die Abtragsgeschwindigkeit ... 89

8.2 Vergleich des laserchemischen Abtrags mit konkurrierenden Verfahren ... 98

9

Zusammenfassung ... 103

Literaturverzeichnis ... 105

Veröffentlichungsliste ... 113

Studentische Arbeiten ... 119

(10)
(11)

Verzeichnis verwendeter Symbole 5

Verzeichnis verwendeter Symbole

Abkürzungen

Symbol Beschreibung Ag Silber CCD Charge-coupled device Co Kobalt CO2 Kohlendioxid Cr Chrom CuSO4 Kupfersulfat cw continuous wave

DIN Deutsche Institut für Normung e.V. EC Elektrochemie, elektrochemisch ECDM Elektrochemische Funkenerosion ECM Elektrochemische Metallbearbeitung ECMM Elektrochemische Mikrobearbeitung

EDM Funkenerosion (electrical discharge machining) EDX Energiedispersive Röntgensprektroskopie

Fe Eisen

H2 Molekularer Wasserstoff (gasförmig)

H2O Wasser

H2SO4 Schwefelsäure

H3PO4 Phosphorsäure

HSS Schnellarbeitstahl (high-speed steel) ISO Internationale Organisation für Normung

(12)

6 Verzeichnis verwendeter Symbole

IWT Leibnitz-Institut für werkstofforientierte Technologien

KOH Kaliumhydroxid

LBM Lasermaterialbearbeitung (laser beam machining) LCM Laserchemische Bearbeitung (laser chemical

machining) LFM Labor für Mikrozerspanung Me Metall Mn0.6Zn0.4Fe2.3O4 Mangan-Zink-Ferrit Mo Molybdän NaCl Natriumchlorid NaClO3 Natriumchlorat NaNO3 Natriumnitrat Ni Nickel NiTi Nitinol O Sauerstoff P Phosphor PECM Präzisions-ECM REM Rasterelektronenmikroskopie Si Silizium

TEM Transversalelektromagnetische Welle

Ti Titan

(13)

Verzeichnis verwendeter Symbole 7

Formelzeichen

Symbol Einheit Beschreibung

(OH)- -- Hydroxidion

(ΔTx/Δx)max K/µm Max. Temperaturgradient

A m2 Fläche

a -- Approximationskonstante

A0 -- Frequenzfaktor

Ac1 °C Austenitisierungstemperatur

ae µm Zeilenabstand beim Mikrofräsen

ap µm Schnitttiefe beim Mikrofräsen

as µm Schlichtaufmaß beim Mikrofräsen

CE Mol/L Elektrolytkonzentration

cE J/(kg∙K) Wärmekapazität des Elektrolyts Cp J/(kg∙K) Volumetrische Wärmekapazität

D m²/s Temperaturleitfähigkeit

dbubble µm Approximierter Gasblasendurchmesser dnozzle mm Düsendurchmesser

drem µm Abtragstiefe

drem(x = 0) µm Abtragstiefe an der Position (x = 0) drem,max µm Max. Abtragstiefe

dspot µm Laserfokusdurchmesser

E V Elektrochemisches Potential

e -- Elektron

Ea eV Chemische Aktivierungsenergie

(14)

8 Verzeichnis verwendeter Symbole ED V Durchbruchspotential EP V Passivierungspotential ER V Aktives Ruhepotential erfc -- Error-Funktion G -- Greenʼsche Funktion % Überlappungsgrad

H W/(m²∙K) Wärmeübergangskoeffizient des Elektrolyten

Hv(T) W/(m²∙K) Wärmeübergangskoeffizient des Elektrolyten bei

einer vertikalen Strömungsrichtung

Hh(T) W/(m²∙K) Wärmeübergangskoeffizient des Elektrolyten bei

einer horizontalen Strömungsrichtung

I(x,y) W/cm2 Laserintensitätsverteilung I0 W/cm2 Laserintensität jP A Passivierungsstromdichte L mm Charakteristische Länge labs nm Absorptionstiefe lfeed µm Vorschubstrecke LK µm Kantenlänge

lprop mm Laserpropagationslänge durch den Elektrolyt

m1, m2 kg Masse

Me -- Metall

n -- Anzahl der Reaktionselektronen

nb -- Brechungsindex im inneren einer Gasblase

nE -- Brechungsindex des Elektrolyts

nframe -- Anzahl der Hochgeschwindigkeitsaufnahmen

(15)

Verzeichnis verwendeter Symbole 9

Nu -- Nusselt-Zahl

ØKF µm Durchmesser des Kugelkopffräsers

p bar Druck

P0 W Ausgangslaserleistung

Pabs W Absorbierte Laserleistung

PL W Laserleistung

Pr -- Prandtl-Zahl

PW W Am Werkstück ankommende Laserleistung

Q J/m3 Volumetrische Energiedichte q W/m² Wärmefluss R J/K Gaskonstante r µm Laserstrahlradius re µm Kantenradius Re -- Reynolds-Zahl

Rrem mm3/min Volumetrische Abtragsrate

Sa µm Mittlere arithmestische Flächenhöhe (mittlere Flächenrauheit)

Sz µm Maximale Höhe (Spitzenrauheit)

T °C Temperatur, Temperaturanstieg t s Zeit TB °C Temperatur an Kavitätsbreite Tcav °C Kavitationstemperatur TE °C Elektrolyttemperatur tinter s Wechselwirkungszeit

tframe s Zeitspanne einer Hochgeschwindigkeitsaufnahme

(16)

10 Verzeichnis verwendeter Symbole

tmachining s Prozesszeit beim Mikrofräsen

TOG °C Obere Grenztemperatur TP °C Spitzentemperatur TS °C Siedepunkt Tsp °C Flüssig-Spinodalentemperatur Tsurf °C Oberflächentemperatur TUG °C Untere Grenztemperatur

Ububble µm Linienumfang einer Gasblase

vfeed µm/s Vorschubgeschwindigkeit vflow m/s Elektrolytdurchfluss vrem µm/s Abtragsgeschwindigkeit Vrem mm3 Abtragsvolumen VW nm/s Hintergrundätzrate wrem µm Abtragsbreite x, y, z -- Raumkoordinaten X, Y, Z -- Dimensionslose Koordinaten ZNW mm Düsenaustritt-Werkstück-Abstand αabs -- Absorptionskoeffizient

γ -- Dimensionslose Größe (r/labs)

Δl µm Lateraler Versatz ΔmA kg Massenverlust ΔT K Temperaturdifferenz ΔTx/Δx K/µm Temperaturgradient ε -- Dämpfungsfaktor Θ -- Dimensionslose Größe (H∙r/κ)

(17)

Verzeichnis verwendeter Symbole 11

ϑ kg/(m∙s²) Flächenbezogene Massenverlustrate

κ W/(m∙K) Wärmeleitfähigkeit

κE W/(m∙K) Wärmeleitfähigkeit des Elektrolyts

λ nm Wellenlänge

μ -- Vorschubabhängiger Term (vfeed·r/D)

μE Pa∙s Dynamische Viskosität des Elektrolyts νE m/s² kinematische Viskosität des Elektrolyts

ρ kg/m³ Materialdichte

ρE kg/m³ Elektrolytdichte

τ, τ´ -- Dimensionslose Zeitkoordinate

τE -- Transmissionskoeffizienten des Elektrolyts

Φ -- Substitutionsfaktor (τ-τ´)

(18)
(19)

Einleitung 13

1 Einleitung

Der fortschreitende Trend der Miniaturisierung geht mit einer zunehmenden Komplexität und Individualität der zu fertigenden Produkte einher. Damit steigt der Bedarf an wandlungsfähigen Produktionsverfahren, bezogen auf Wirtschaftlichkeit, Skalierbarkeit und Modularität, stetig an [Wul10]. Die Anpassung bereits bestehender Verfahren aus dem Makrobereich an den Mikrobereich zeigte, dass die prozess- und systemtechnische Übertragbarkeit limitiert ist [Vol05]. Bei konventionellen Fertigungsverfahren wie Drehen, Fräsen oder Bohren, stellen u. a. der hohe Werkzeugverschleiß, die unzureichende Zugänglichkeit, die wechselnden Mechanismen aufgrund von Größeneffekten die Herausforderungen bei der Prozessskalierung dar. Daher nehmen die nicht-konventionellen Fertigungsverfahren, z. B. Lasermaterialbearbeitung (LBM), Funkenerosion (EDM) und elektrochemische Bearbeitung (ECM) sowie Kombinationen dieser Verfahren einen immer höheren Stellenwert in der Mikroproduktion ein.

Die laserchemische Bearbeitung (LCM) stellt ein nicht-konventionelles Abtragsverfahren dar, welches eine selektive und materialschonende Bearbeitung metallischer Werkstoffe, basierend auf der anodischen Metallauflösung in flüssigen Elektrolyten, ermöglicht. Das Verfahren ist insbesondere für Metalle geeignet, die eine materialspezifische Passivierungsschicht bei Raumtemperatur bilden, die das Werkstück vor Korrosion schützen. Bei erhöhtem Laserenergieeintrag ist das Verfahren allerdings durch eine hohe Prozessdynamik gekennzeichnet, die in Abtragsstörungen resultiert und dadurch die Bearbeitungsqualität reduzieren kann. Obwohl den laserinduzierten Temperaturen eine große Bedeutung bei der Aktivierung und Steuerung des laserchemischen Abtrags zukommen, sind die thermischen Bedingungen für eine hochqualitative Bearbeitung, welche der zuverlässigen Qualitätsvorhersage dienen können, bisher nicht abschließend geklärt. Die erschwerte Reproduzierbarkeit, der hohe experimentelle Aufwand sowie die fehlende Prozesskontrolle stellen somit immer noch ein Hindernis für eine industrielle Akzeptanz und Zugänglichkeit dar.

An dieser Stelle setzt diese Arbeit an. In einem ersten Schritt wird der Temperaturbereich des störungsfreien laserchemischen Abtrags bestimmt und in Zusammenhang mit dem Elektrolytsieden diskutiert. Darauf aufbauend wird die Geschwindigkeit der Metallauflösung in diesem Regime in Abhängigkeit von relevanten Einflussgrößen, wie der thermischen und zeitlichen Wirkung der Laserstrahlung, der Elektrolytströmung und der chemischen Reaktivität untersucht. Darüber hinaus wird anhand einiger Bearbeitungsmerkmale die Prozessskalierbarkeit mit der anderer Fertigungsverfahren verglichen.

(20)
(21)

Stand der Forschung 15

2 Stand der Forschung

2.1 Elektrochemische Metallbearbeitung

2.1.1 Grundlagen und Trends

Bei der elektrochemischen Metallbearbeitung (ECM) wird durch das Anlegen einer äußeren Gleichspannung das Werkzeug als Kathode und das Werkstück als Anode gepolt. Die elektrochemische Zelle wird durch eine wässerige Elektrolytlösung (NaCl, NaNO3

sowie Säuren und Basen) geschlossen, so dass ein Ladungsaustausch (Stromfluss) zwischen Werkstück und Werkzeug stattfinden kann. Beim Überschreiten eines für das Metall-Elektrolyt-System charakteristischen Potentials, des sogenannten Durchbruchpotentials ED (siehe Bild 2-1), kommt es zur anodischen Materialauflösung.

Diese stellt einen Oxidationsvorgang dar, bei dem der Metallwerkstoff durch Elektronenabgabe als Metallionen in Lösung geht. An der Kathode (Werkzeug) entladen sich die im Elektrolyt befindlichen Wasserstoffionen und es wird Wasserstoff freigesetzt. Die dazugehörigen chemischen Reaktionen an den beiden Elektroden sehen wie folgt aus:

An der Anode: → + ∙ (2-1)

An der Kathode: ∙ + ∙ → ∙ ( ) + ∙ ↑ (2-2)

Gesamte Redox-Reaktion: + ∙ → ( ) + ∙ ↑ (2-3)

Die räumliche Trennung von Werkzeug und Werkstück durch den Elektrolyt sowie die molekulare Ebene des Abtrags, ermöglichen eine quasi verschleißfreie Bearbeitung, die durch eine hohe Oberflächenqualität und eine geringe thermische und mechanische Werkstückbelastung charakterisiert ist [Klo07]. Beim Senk-ECM lassen sich dadurch Konturen, Ringkanäle oder Nuten mit Breiten > 200 μm bei Aspektverhältnissen von bis zu 50 wirtschaftlich fertigen [Hie92]. Vorrausetzungen für eine gleichbleibende Abtragsqualität sind einerseits ein konstanter Spalt zwischen Werkzeug und Werkstück und anderseits eine ausreichende und kontinuierliche Elektrolytzufuhr [Zei15].

Um mit der fortschreitenden Miniaturisierung Schritt halten zu können, wurden aus dem klassischen ECM-Verfahren (insbesondere dem elektrochemischen Senken) mehrere Methoden entwickelt. Zu nennen ist zum einen das Präzisions-ECM (PECM), welches auf der Nutzung von gepulstem Gleichstrom und einer oszillierenden Elektrode basiert [Hah05]. Dadurch können komplexe Formen mit Strukturdimensionen von 20 μm bis 100 μm bei Vorschüben bis 0.5 mm/min [Nan06] gefertigt werden. Zum anderen ist die elektrochemische Mikrobearbeitung (ECMM) zu nennen. Bei diesem Verfahren wird die lokale Reaktionsrate über eine Variation des Spannungsabfalls in der elektrochemischen Doppelschicht gesteuert [Lee16]. Dies geschieht durch kurze anodische Spannungspulse im ns-Bereich, wodurch die elektrochemischen Doppelschichten während der anodischen

(22)

16 Stand der Forschung

Auflösung gezielt umgeladen werden. Damit können Strukturgrößen von bis zu 200 nm realisiert werden [Cag03]. Die Abtragsraten sind jedoch aufgrund der kurzen Spannungspulse und den damit verbundenen niedrigen Zustellgeschwindigkeiten im Bereich von 0.1 μm/s (6∙10-3 mm/min) bis 1 μm/s (6∙10-2 mm/min) sehr gering [Cag03].

Weiterhin ist in den letzten Jahren ein Trend zur Hybridisierung des ECM-Verfahrens mit anderen Fertigungsprozessen zu beobachten – hiermit sollen sowohl die Effizienz (Abtragsraten) als auch die Präzision (Bearbeitungsqualität) des Abtrags weiter gesteigert werden [Gup16]. Ein Beispiel ist die elektrochemische Funkenerosion (ECDM), ein Hybridverfahren aus ECM und EDM, welches das Bohren, Drehen und Strukturieren von leitfähigen sowie nichtleitfähigen Werkstoffen wie Glas, Keramik und Silizium ermöglicht [Klo13]. Ein weiteres Hybridverfahren stellt das lasergestützte elektrochemische Jetverfahren dar, bei welchem die Elektrodenanordnung mit Arbeits-, Gegen- und Referenzelektrode durch die Kombination mit einem Laserstrahl geringer Intensität (keine Phasenumwandlung oder Schmelzen) erweitert ist [Paj04]. Unter Anwendung von Dauerstrich-Lasern unterschiedlicher Wellenlängen wurde gezeigt, dass durch die Laserunterstützung die Abtragsraten bei der Bearbeitung von Aluminium-, rostfreien Stahl-, Nickel- und Titanlegierungen in verschiedenen wässerigen Lösungen (wie H3PO4, H2SO4, NaNO3 und NaCl) um etwa 50 % gesteigert werden konnten [Sil11].

2.1.2 Anodische Prozesse an Metallelektroden

Die beim ECM-Verfahren ablaufenden Vorgänge, wie Materialabtrag, -abscheidung und Gasentstehung werden innerhalb der sogenannten Doppelschicht, die in Abhängigkeit der Elektrolytkonzentration eine Dicke von nur einigen nm hat [Ham05], anhand der Änderungen des elektrochemischen Potentials zwischen der metallischen Elektrode und dem elektrisch leitenden Elektrolyt beschrieben [Dun83]. Diese an der Phasengrenze Elektrode-Elektrolyt ablaufenden Prozesse können mit Hilfe von Stromdichte-Potential-Messungen charakterisiert werden [Unr16]. Bei einer kontinuierlichen Potentialänderung (einige 100 mV/s) werden die Stromdichten als ein Maß für die Reaktionsgeschwindigkeit erfasst.

Bild 2-1 zeigt die möglichen anodischen Prozesse in Abhängigkeit der chemischen

Passivität des Metalls im Elektrolyt. Im aktiven Bereich unterscheiden sich beide Anoden praktisch nicht. Sie lösen sich aktiv auf. Mit dem Erreichen des Passivierungspotentials

EP bildet sich bei der passivierenden Anode eine geschlossene und elektronenleitende

Oxidschicht aus, welche eine Dicke von wenigen Atomlagen bis zu 10 nm hat [Lan77]. Dieser Vorgang wird von einem starken Abfall der Stromdichte begleitet. Innerhalb des passiven Bereichs zeichnet sich die Stromdichte durch einen quasi-konstanten Verlauf aus, welcher auf die geringen Auflösungsgeschwindigkeiten des Oxids im Elektrolyt hindeutet. Im Unterschied dazu herrscht beim nichtpassivierenden Metall die sogenannte

(23)

Stand der Forschung 17

Salzpassivität, bei welcher sich die hohe Stromdichte in den schnellen Auflösungsgeschwindigkeit des Salzes wiederspiegelt [Mün12].

Im Gegensatz zur Korrosion, welche ein spontan ablaufender und nach außen hin stromloser Prozess ist [Mün12], stellt die Metallauflösung unter der Anwendung äußerer Spannungsquellen einen erzwungenen Vorgang dar. Wenn hohe Stromdichten (> 0.1 A/mm²) angewandt werden, wie es bei der elektrochemischen Bearbeitung der Fall ist, findet die aktive Materialauflösung durch einen direkten Übergang der Atome vom Metallgitter zu hydratisierten Metallionen im Elektrolyt statt [Mün12]. Dagegen erfolgt der Abtrag bei der (trans-) passiven Metallauflösung auf der Basis eines anodischen Durchbruchs (E > ED; siehe Bild 2-1), der von

Sauerstoffentwicklung begleitet wird [Sch00].

2.2 Laserchemische Bearbeitung

2.2.1 Grundlagen

Die laserchemische Bearbeitung (LCM) wurde basierend auf der Erkenntnis entwickelt, dass das elektrochemische Potential durch eine induzierte Temperaturänderung hin zum Materialauflösungsbereich verschoben werden kann [Bae11]. Die temperaturbedingte Änderung des EC-Potentials dE/dT hat Rabbow am Beispiel der Paarung von rostfreiem Stahl 1.4301 als Metall und 1.9 molarer Schwefelsäure als Elektrolyt gezeigt. Ohne Lasereinwirkung und ohne extern angelegte Spannung konnte im Temperaturbereich zwischen 25 °C und 70 °C weder eine Ätzreaktion noch eine Änderung des elektrochemischen Potentials festgestellt werden. Zurückzuführen war dies auf die sich bildende Passivierungsschicht, die das Metall vor Korrosion bzw. Auflösung im Elektrolytbad schützt. Erst mit Erhöhung der Stromdichte auf 208 µA/cm² konnte eine negative Temperaturabhängigkeit des EC-Potentials dE/dT von -3 mV/K für die anodische Auflösungsreaktion bestimmt werden [Rab07]. In einer anderen Arbeit [Ste10] konnte eine Ätzreaktion von NiTi in Phosphorsäure erst ab einer Temperatur von 90 °C beobachtet werden. Dabei wurde eine lineare Temperaturabhängigkeit des Potentials von

Bild 2-1: Charakteristische Stromdichte-Potential-Kurve einer passivierenden (rote Linie) und nicht passivierenden (schwarz gestrichelte Linie) Metallanode (nach [Unr16])

(24)

18 Stand der Forschung

-0.16 mV/K ermittelt. Somit ist festzuhalten, dass die Temperaturänderung nur mit dem Vorliegen einer elektrochemischen Reaktion einen Einfluss auf das EC-Potential ausübt. Einen direkten Zusammenhang zwischen dem laserinduzierten thermischen Eintrag und dem eingestellten elektrochemischen Potential haben zudem von Gutfeld et al. am IBM Research Center in mehreren Arbeiten zur laserinduzierten nasschemischen Bearbeitung metallischer Werkstoffe nachgewiesen. So wurde beim laserinduzierten Abscheiden von Kupfer in einer mit Kupfersulfat (CuSO4) angereicherten Schwefelsäure eine positive

temperaturbedingte Verschiebung des elektrochemischen Potentials ermittelt [Pui81]. Beim laserinduzierten Ätzen von Nickel [Dat89], Titan [Now96] und Edelstahl [Gut87] wurde hingegen eine negative Potentialverschiebung gemessen. Diese Potentialverschiebungen wurden auf die induzierten Temperaturgradienten an der Grenzfläche von Metall zum Elektrolyt beim laser-induzierten Ätzen bzw. Abscheiden zurückgeführt. Puippe et al. postulieren, dass sich an der Metalloberfläche zwei Zonen unterschiedlicher Potentiale einstellen, die elektrisch durch den Elektrolyt verbunden sind. Basierend darauf wird eine lokalisierte elektrische Zelle, eine sogenannte „Thermobatterie“, erzeugt. Folglich kann elektrischer Strom an der Grenzfläche Metall-Elektrolyt zwischen dem Zentrum des einfallenden Laserstrahls und seiner Peripherie fließen. Dabei sind die elektrischen Feldstärken aufgrund der sehr kleinen Zellendimensionen sehr hoch [Bae11]. Das Vorzeichen der Temperaturabhängigkeit des elektrischen Potentials dE/dT bestimmt dabei die Art der elektrochemischen Reaktion. Wenn dE/dT < 0 ist, findet bei einer statischen Elektrolytumgebung eine Materialauflösung im Zentrum des einfallenden Laserstrahls sowie eine Abscheidung in seiner Peripherie statt. Ist dE/dT > 0, tritt der umgekehrte Fall auf. Eine genaue Beschreibung der laserinduzierten Temperaturen unter Berücksichtigung der herrschenden fluiddynamischen und materialspezifischen Eigenschaften ist in der Literatur nicht zu finden - obgleich von großer Bedeutung für die Aufklärung der thermischen Randbedingungen für ein qualitatives Abtragen.

Bild 2-2 zeigt schematisch die Funktionsweise des LCM-Abtragsverfahrens basierend

auf den Ansätzen von Rabbow [Rab07] und Puippe [Pui81]. Dabei wird die Eigenschaft der Selbstpassivierung für eine selektive Bearbeitung vorausgesetzt. Der Laserstrahl, als lokalisierte Wärmequelle, induziert ein Temperaturfeld auf der Metalloberfläche. Aufgrund der negativen Verschiebung des elektrochemischen Potentials wird eine Thermobatterie generiert. Unter geeignetem energetischem Eintrag wird die Passivierungsschicht durch Laserstrahleinwirkung lokal entfernt, was eine Metallauflösung zur Folge hat. Diese anodische Auflösung findet, wie in einer Vergleichsstudie gezeigt wurde, ähnlich dem ECM-Verfahren unter Bildung von wasserlöslichen Metallsalzen und Wasserstoff statt (siehe Gleichungen (2-1) bis (2-3))

(25)

Stand der Forschung 19

[Klo16]. Zeitaufgelöste Messungen des elektrochemischen Potentials zeigten, dass mit dem Ende der Laserbestrahlung eine direkte Repassivierung der Metalloberfläche erfolgt [Now96].

2.2.2 Prozesseigenschaften

Das LCM-Verfahren ist bei nahezu allen Metallen möglich, die bei Raumtemperatur eine materialspezifische Passivierungsschicht ausbilden, welche das Werkstück im Elektrolytbad vor Korrosion schützt. Diese Schicht verhindert eine Materialauflösung in der Elektrolytumgebung bis zu Temperaturen um den Siedepunkt, wie in [Now95] und [Ste10] berichtet wurde. Mit dem Laserstrahl als berührungsloses Werkzeug wird ein selektiver und präziser Energieeintrag ermöglicht [Mes17]. Damit kann einerseits der große Aufwand für die Herstellung passender Elektroden vermieden werden und andererseits können flexible und vielfältige Bearbeitungskonzepte angeboten werden. Zu nennen ist hier zum Beispiel das Laser-Jet-Verfahren, bei dem Laserstrahl und Elektrolytstrahl koaxial zueinander ausgerichtet sind [Ste10]. Bei Durchflussraten von 2 m/s bis 20 m/s mit Düsendurchmessern zwischen 0.5 mm und 2 mm konnten Abtragsraten von bis zu 10-3 mm3/s erreicht werden. In Abhängigkeit des zu

bearbeitenden Werkstoffs wurden minimale Kavitätsbreiten von 10 μm und maximale Kavitätstiefen von 380 μm erzeugt [Ste05]. Weiterhin ist das scannerbasierte laserchemische Polieren zu nennen. Die Bearbeitung basiert auf dem Einsatz eines Galvo-Scansystems, in dem der fokussierte Laserstrahl unter Zuhilfenahme der Scanspiegel mit hoher Geschwindigkeit (einige mm/s) über die Werkstückoberfläche geführt wird. Bei geeigneter Einstellung der Streckenenergie lassen sich die Rauheitsspitzen gezielt und ohne eine thermische Beeinflussung der oberflächennahen Bereiche abtragen und somit metallische Bauteile selektiv polieren. Eckert et al. zeigten, dass die arithmetische mittlere Oberflächenrauheit Sa auf bis zu 0.1 µm reduziert werden kann [Eck17]. Durch die materialschonende Bearbeitung werden die Werkstoffeigenschaften nicht verändert und die Bauteile in ihrer Funktionalität nicht beeinträchtigt.

Bild 2-2: Schematische Darstellung der Funktionsweise der laserinduzierten elektrochemischen Bearbeitung (LCM)

(26)

20 Stand der Forschung

Wie in Bild 2-3 dargestellt, üben

verschiedene Parameter einen Einfluss auf den laserinduzierten Abtrag aus. Neben der Temperatur wird das elektrochemische Potential zusätzlich von der chemischen Reaktivität der in dem Elektrolyt aufgelösten Metallionen bestimmt, welche durch Massen-transport und Diffusion limitiert ist. Weiterhin stellt die konvektive Strömung eine weitere Einfluss-größe dar, welche dem Abtransport der Reaktionsprodukte und der Versorgung der Wechselwirkungs-zone mit frischen Reaktanten dient. Durch die Erhöhung der Durchflussrate des strömenden Elektrolyts konnten die Abtragsraten um Größenordnungen gesteigert werden [Ste11]. 2.2.3 Prozessgrenzen

Trotz des schonenden und rückstandsfreien Abtrags stellen die Reproduzierbarkeit und die Qualitätskontrolle eine Herausforderung für die laserchemische Bearbeitung dar. Dies ist dadurch bedingt, dass das Prozessfenster für eine hochqualitative Bearbeitung mit einem Laserstrahldurchmesser < 100 µm auf nur wenige 100 mW begrenzt ist und bisher nur durch intensive experimentelle Untersuchungen bestimmt wurde. Bei erhöhten Laserintensitäten treten oft Abtragstörungen auf, die die Bearbeitungsqualität verschlechtern. Bild 2-4 fasst die in vorherigen Arbeiten für unterschiedliche

Metall-Elektrolyt-Paarungen eingesetzten Laserintensitäten und die dabei ermittelten Abtragsregime zusammen. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass die Laserintensitätsbereiche für eine störungsfreie Bearbeitung unterschiedlich ausfallen. Diese reichen, wie in Bild 2-4-links zu sehen, bei Laserstrahldurchmessern zwischen

10 µm und 30 µm von einigen 10 kW/cm² bis einigen 103 kW/cm². Wird der

Laserenergieeintrag in Abhängigkeit zum Verhältnis zwischen der absorbierten Laserleistung (PL∙αabs) und dem Laserstrahldurchmesser dspot betrachtet, welches gemäß

[Bae11] proportional zu den laserinduzierten Temperaturen ist, so ist festzustellen, dass der störungsfreie Abtrag (siehe die grün markierten Bereiche in Bild 2-4-rechts) in einem

ähnlichen Prozessfenster stattfindet. Diese Betrachtung legt nahe, dass es, unabhängig vom Material und Laserstrahldurchmesser, einen Temperaturbereich für die störungsfreie

Bild 2-3: Schematische Darstellung der relevanten

Einflussfaktoren und der involvierten physikalischen Mechanismen bei der laserinduzierten elektrochemischen Bearbeitung (LCM)

(27)

Stand der Forschung 21

Bearbeitung gibt. Um dieser Hypothese nachgehen zu können, ist es unabdingbar, die laserinduzierten Temperaturfelder zu bestimmen und diese mit den resultierenden Abtragsgeometrien zu korrelieren.

In Bezug auf die In-Prozessüberwachung ist die optische Messtechnik – zur Erfassung der Abtragstiefe und der Temperatur – in einer ruhenden Flüssigkeitsumgebung prinzipiell mit hoher Genauigkeit möglich. Aufgrund der hohen Prozessdynamik (Gasblasenaktivität und Strömungskonvektionen) sowie der räumlich begrenzten Wechselwirkungszone (einige 104 µm2) ist ein zuverlässiger Einsatz etablierter

Messmethoden allerdings nicht möglich. So beeinflussen bei der Laserinterferometrie die induzierten Dichte- und Strömungsunterschiede die phasenabhängige Wegdifferenz so stark, dass sich eine Messung während der Fertigung als ungeeignet herausgestellt hat [Ger10]. Gleiches wurde bei der direkten Messung der laserinduzierten Temperaturen mittels Pyrometrie und Infrarot-Videographie festgestellt. Neben der nicht ausreichenden räumlichen und zeitlichen Auflösung stellt die Anwesenheit von Gasblasen während des

Bild 2-4: Zusammenfassung der in vorherigen experimentellen Arbeiten [Now95], [Rab07], [Ste10] und [Meh18] angewendeten Laserstrahleigenschaften hinsichtlich der Laserintensität (links) bzw. des temperaturbezogenen Faktors (PL·αabs)/dspot (rechts) und die dabei ermittelten

Abtragsregime bei der laserchemischen Bearbeitung verschiedener Werkstoffe. Die Vorschubgeschwindigkeiten lagen zwischen 0 µm/s und 200 µm/s.

(28)

22 Stand der Forschung

LCM-Prozesses einen zusätzlichen Störfaktor dar, der die Messergebnisse verfälscht bzw. verändert. Aus den genannten Gründen scheint es daher zielführender, die laserinduzierten Temperaturverteilungen zu berechnen.

Als Ursache für die beim LCM-Verfahren auftretenden Störungen werden hauptsächlich das Elektrolytsieden [Now95] und die daraus gebildeten Gasblasen [Meh13] aufgeführt. Weitere Ursachen sind die induzierten Konvektionen sowie das Werkstoffumschmelzen, wobei letzteres nur bei sehr hohen Laserintensitäten (> 0.5 MW/cm²) zu vermuten ist. Im gestörten Abtragsregime wird stets festgestellt, dass der Abtragsquerschnitt von der erwarteten Gaußform abweicht. Bild 2-5 zeigt beispielhaft einige geometrische

Störungen, die bei der Bearbeitung von Titan in 5 molarer Phosphorsäure ermittelt wurden [Meh18].

Bild 2-5: Mikroskopische Aufnahmen möglicher resultierender Abtragsstörungen bei der laserchemischen Bearbeitung von Titan in Phosphorsäure [Meh18]

(29)

Stand der Forschung 23

Durch zusätzliche CCD-Draufsichtaufnahmen während der LCM-Bearbeitung von Titan und rostfreiem Stahl 1.4301 in Phosphorsäure konnte Mehrafsun einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Abtragsstörungen und gasblasenbedingten Rückreflektionen nachweisen [Meh18a]. Basierend darauf postulierte er, dass die Gasblasenanhaftung zu einer lokalen Abschirmung der Werkstückoberfläche vom Elektrolyt führt. Folglich wird die Materialauflösungsreaktion reduziert und in einigen Fällen sogar unterbrochen. In weiteren Untersuchungen wurde zudem berichtet, dass Durchmesser und Aktivität der Reaktionsgasblasen (Wasserstoff und/oder Sauerstoff) von der chemischen Reaktivität des Systems Metall-Elektrolyt abhängen [Meh16, Rab07]. Durch die Gasblasenaktivität können zusätzliche Konvektionen induziert werden, welche zu lokalen Temperatur- und Dichteunterschieden an der Wechselwirkungszone führen und dadurch die Abtragsqualität beeinträchtigen können. Der Zusammenhang zwischen der Gasblasendynamik und dem Auftreten von Abtragsstörungen ist allerdings nicht abschließend geklärt, da noch keine quantitativen Untersuchungen vorliegen.

2.3 Laserinduziertes Sieden

2.3.1 Phasenübergang flüssig – gasförmig

Die thermodynamischen Vorgänge bei einem Phasenwechsel vom flüssigen zum gasförmigen Zustand können vereinfacht anhand des Wasserphasendiagramms, wie in

Bild 2-6 dargestellt, gezeigt werden [Neu05].

Ausgehend vom flüssigen Zustand im Punkt 2 bei Raumtemperatur (T = 20 °C) unter Normaldruck (p = 1 bar) wird ersichtlich, dass ein Phasenübergang 1. Ordnung zum gasförmigen Zustand entweder bei einer Isotherme durch Absenkung des Druckes unterhalb des Dampfdruckes (blauer Pfeil) oder unter isobaren Bedingungen durch

(30)

24 Stand der Forschung

Temperaturerhöhung über dem Siedepunkt (TS(1 bar) = 100 °C) (roter Pfeil) erfolgen

kann. Die Spinodale Tsp zeigt zudem, dass die maximale mögliche

Überhitzungstemperatur der flüssigen Phase im thermodynamischen Gleichgewicht bei Normaldruck (Punkt 4) 309 °C beträgt [Tho85]. Somit wird deutlich, dass der Phasenübergang flüssig-gasförmig für Wasser aus energetischen Gesichtspunkten und Stabilitätsgründen bei Normaldruck im Temperaturbereich von 100 °C bis 309 °C stattfindet. Bei welcher Temperatur letztendlich das Sieden abläuft, kann aufgrund der komplexen thermodynamischen Wechselwirkungen nur abgeschätzt werden, z.B. durch die Nukleationstheorie [Neu05].

Das Sieden von Flüssigkeiten findet an der Grenzfläche zu einem Festkörper statt, dessen Oberflächentemperatur Tsurf den Flüssigkeitssiedepunkt TS überschreitet. Dabei ist dieser

Vorgang nicht nur thermodynamisch komplex, sondern hängt auch von zahlreichen Faktoren ab. Bezogen auf die Eigenschaften der Flüssigkeit sind u.a. die Verdampfungsenthalpie, der Sättigungsdruck, die Dichte sowie die Wärmeleitfähigkeit zu benennen. Durch seine Untersuchungen zur Verdampfung von Wasser mit einem elektrisch beheizten Draht konnte Nukiyama mehrere Siedeformen optisch unterscheiden und diesen anhand der Temperaturabhängigkeit des Drahtwiderstands bestimmten Temperaturen zuordnen. Diese sind in der nach ihm benannten Siedekurve, siehe Bild 2-7, schematisch dargestellt.

Nach Erreichen der Siedetemperatur TS durchläuft das Sieden mit steigender

Überhitzungspanne ΔT vier charakteristische Regime. Diese werden im Folgenden am Beispiel des Wassersiedens vorgestellt [Ste15]:

- Konvektives Sieden (ΔT < 5 K): Dieses Regime (Bereich O-A) wird auch stilles Sieden genannt, da keine Siedeblasen zu verzeichnen sind. Der Wärmetransfer von der Drahtoberfläche in das umgebende Wasser findet durch freie Konvektion statt. - Blasensieden (5 K ≤ ΔT ≤ 30 K): Am Punkt A werden erste Dampfblasen vereinzelt

an aktiven Oberflächenkeimen gebildet. Im Bereich A-B, dem sogenannten partiellen

Bild 2-7: Erläuterung der Siederegime auf der Siedekurve von Nukiyama (links) und die dazugehörigen schematischen Darstellungen (rechts) [nach: Mar06]

(31)

Stand der Forschung 25

Blasensieden, wachsen die Gasblasen und steigen unabhängig voneinander auf. Zusätzliche Oberflächenkeime werden im Bereich B-C aktiviert und es können mehr Gasblasen gebildet werden. Die hohe Blasendichte ermöglicht die Interaktion zwischen den Gasblasen, so dass sich diese miteinander zu größeren Dampfkolumnen verbinden können. Dadurch wird die Kontaktfläche zwischen Oberfläche und Flüssigkeit stetig verringert. Der Punkt C ist ein Wendepunkt, an dem die maximale kritische Wärmestromdichte und somit das obere Limit des Blasensiedens erreicht wird.

- Übergangssieden (30 K ≤ ΔT ≤ 100 K): Mit der Überschreitung des kritischen Punkts

C nimmt die Wärmestromdichte abrupt ab. Grund dafür ist, dass die Rate der

gebildeten Gasblasen diejenige der aufsteigenden Blasen übersteigt. Es stellt sich eine Kombination aus instabilen Dampffilmen und partiellem Blasensieden ein. Das Kollabieren und Aufsteigen der instabilen Dampffilme führt zur schnellen Temperaturfluktuationen, so dass die angegebene Überhitzungspanne im Bereich

C-D nur als eine Abschätzung zu verstehen ist.

- Filmsieden (ΔT ≥ 100 K): Mit dem Erreichen der Leidenfrost-Temperatur kann sich ein stabiler Dampffilm bilden, der die Festkörperoberfläche von der umgebenden Flüssigkeit trennt. In diesem Regime wird zunächst die Wärme vom Festkörper zur Grenzfläche Dampffilm-Flüssigkeit durch Konvektion im Dampffilm und als direkte Wärmestrahlung transferiert. Aufgrund des dominierenden Anteiles der Wärmestrahlung bei erhöhten Temperaturen nimmt die Wärmestromdichte nach ihrem Minimum am Punkt D quasi linear zu.

2.3.2 Lasererzeugte Kavitationen

Unter dem Begriff Kavitation ist die Bildung von dampf- und gasgefüllten Hohlräumen und deren Oszillation in Flüssigkeiten zu verstehen. Neben den Schwingungs- [Fly64] und Strömungskavitationen [Gog05] stellen die lasererzeugten Kavitationen ein weiteres Kavitationstypus dar. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass Form, Größe und Verhalten der entstehenden Blasen durch die Laserparameter (Wellenlänge, Bestrahlungsdauer, Energie, Laserfokusdurchmesser) reproduzierbar und kontrolliert eingestellt werden können [Gei03]. In Abhängigkeit vom Betriebsmodus der eingesetzten Laserstrahlquellen wird in der Literatur unterschieden zwischen:

- optischen Kavitationen: Diese basieren auf dem optischen Durchbruch in transparenten Flüssigkeiten, der infolge einer gepulsten fokussierten Laserstrahlung im ns- bis fs-Bereich stattfindet [Gei03]. Aufgrund der hohen Leistungsdichten (> 1010 W/cm2) ionisieren die Fluidmoleküle und bilden zusammen mit den

entstandenen freien Elektronen ein Plasma mit Temperaturen von bis zu 10.000 °C. Durch das explosive Verdampfen des Fluids entsteht eine Gasblase, die sehr schnell

(32)

26 Stand der Forschung

wächst. Beim Erreichen einer kritischen Größe kollabiert sie unter Freigabe von Schockwellen, die Amplituden von einigen GPa haben [Akh01].

- Thermokavitationen: Diese werden durch die kontinuierliche Absorption einer cw-Laserstrahlung in einem kleinen Volumen einer hochabsorbierenden Flüssigkeit oder an der Grenzfläche zu einem absorbierenden Festkörper verursacht. Findet die Absorption der Laserenergie an der Festkörperoberfläche statt (wie es der Fall beim LCM-Verfahren ist), so dominiert geometrisch die inhomogene Nukleation, da sich an Festkörperoberflächen, zwischen Rauheitsspitzen und -tälern, stabile Keime aus nicht kondensierbarem Wasserdampf befinden [Cru82]. Zur Erzeugung der Gasblasen reichen geringe Leistungsdichten (10 ... 100 kW/cm2 bei einem

Laserfokusdurchmesser < 100 µm) aus. Entsprechend fallen die beim Blasenkollaps produzierten Schockwellen mit Amplituden von nur einigen MPa geringer aus [Rod17]. Die kritische Kavitationstemperatur Tcav wird auf Werte zwischen 200 °C

[Yav93] und 300 °C [Kud06] geschätzt. Untersuchungen zur zeitlichen und räumlichen Auflösung der Blasendynamik zeigten, dass die Gasblasen das Vielfache des Laserstrahldurchmessers erreichen bevor sie kollabieren. Die Kollapszeit liegt dabei im Bereich einiger 100 µs [Pad14].

2.4 Fazit

Aus dem Stand der Forschung sind folgende Aspekte in Bezug auf die Qualität der laserchemischen Bearbeitung zu entnehmen:

- Die direkte Korrelation zwischen Temperatur und Abtrag ist nicht abschließend

geklärt. Grund dafür ist die fehlende Bestimmung der laserinduzierten

Temperaturverteilungen. Zwar deuten die referierten experimentellen Arbeiten darauf hin, dass das laserchemische Abtragsverfahren (LCM) ein temperaturgetriebener Prozess ist. Allerdings können die laserinduzierten Temperaturen mit den etablierten Temperaturmessmethoden aufgrund der hochdynamischen Prozessbedingungen (u.a. Gasblasen und Konvektionen) und der auf einigen 10-2 mm2 beschränkten

Wechselwirkungszone nicht sicher bestimmt werden.

- Es fehlt eine systematische Differenzierung zwischen Reaktions- und Siedegasblasen. Eine Quantifizierung der beim Prozess entstehenden Gasblasen bezüglich Durchmesser und Anhaftung, wie bei den laserinduzierten Kavitationen, würde eine differenzierte Untersuchung des Elektrolytsiedens ermöglichen und dazu beitragen, die genaue Ursache für die limitierte Abtragsqualität zu definieren.

(33)

Zielsetzung 27

3 Zielsetzung

Beim laserchemischen Abtragsverfahren ist eine störungsfreie Bearbeitung, die sich durch einen materialschonenden Abtrag und eine hohe Oberflächenqualität auszeichnet, nur in einem auf einige 100 mW limitierten Prozessfenster möglich. Bei erhöhten Laserenergieeinträgen wird die Bearbeitungsqualität und -reproduzierbarkeit durch das Auftreten von Abtragsstörungen beeinträchtigt. Im Stand der Forschung (Kapitel 2)

wurde auf die bestimmende Rolle der induzierten Temperaturen hingewiesen. Allerdings ist bisher nicht abschließend geklärt, in welchem Temperaturbereich eine hochqualitative Bearbeitung sichergestellt werden kann und inwieweit die reaktions- und siedebedingten Gasblasen zur Prozessstabilität beitragen.

Ziel dieser Arbeit ist es, die thermischen Bedingungen für eine störungsfreie laserchemische Bearbeitung zu identifizieren sowie das Prozessverhalten hinsichtlich seiner Geschwindigkeit innerhalb dieses Regimes zu beschreiben. Dabei soll die folgende Arbeitshypothese geklärt werden: Der Temperaturbereich des störungsfreien Abtrags ist unabhängig von der Werkstoff-Elektrolyt-Paarung und wird hauptsächlich durch das Elektrolytsieden bestimmt.

Zur Zielerreichung soll ein Modell entwickelt werden, welches die Beschreibung der laserinduzierten Temperaturverteilungen an der Grenzfläche zwischen Werkstück und Elektrolyt mit einer hohen räumlichen Auflösung ermöglicht. Eine anschließende Korrelation mit den resultierenden Abtragsgeometrien soll im Weiteren die Bestimmung der Grenztemperaturen des störungsfreien Regimes ermöglichen. Im Zusammenhang mit dem Elektrolytsieden soll anhand von Hochgeschwindigkeitsaufnahmen überprüft werden, inwieweit sich die Siederegime mit den zu ermittelnden Temperaturbereichen decken und ob eine Differenzierung zwischen Reaktions- und Siedegasblasen möglich ist.

Innerhalb der zu identifizierenden störungsfreien Bearbeitung soll das Verhalten der Abtragsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der thermischen und zeitlichen Wirkung der Laserstrahlung sowie von der Werkstoffpassivität und der Elektrolytströmung geklärt werden. Weiterhin soll der Vergleich einiger geometrischer und qualitativer Bearbeitungsmerkmale mit denen der elektrochemischen (Mikro-) Bearbeitung und dem Mikrofräsen aufzeigen, wie das Verfahren bezogen auf Prozesseffizienz, Skalierbarkeit und Genauigkeit einzuordnen ist.

(34)
(35)

Methoden und Versuchseinrichtungen 29

4 Methoden und Versuchseinrichtungen

4.1 Elektrolyt

Basierend auf den Arbeiten von Steffen [Ste10] und Nowak [Now95] wurde Phosphorsäure (H3PO4) mit einer 5 molaren Konzentration (28.65 %) als Elektrolyt

verwendet. Aus der Literatur wurden hierfür temperaturabhängige Eigenschaften bezogen auf die Dichte ρE [Ega55], die Wärmekapizität cE [Ega58] und die kinematische

Viskosität vE [Nan12] entnommen. Zudem wurde die dynamische Viskosität µE als

Produkt aus der kinematischen Viskosität vE und der Dichte ρE sowie die

Wärmeleitfähigkeit κE [Tur65] in Abhängigkeit von der Elektrolyttemperatur TE (in °C)

und -konzentration CE (in %) [Neu05] berechnet:

( ) ( ) ∙ ( ) (4-1)

( ) . ∙ (11.727 + 0.01864 ∙ 0.02169 ∙ 33.8 ∙ 10 ∙ ∙ ) (4-2)

Die Literaturwerte gelten für Elektrolyttemperaturen TE unterhalb des

Elektrolytsiedepunktes TS, der bei 104 °C liegt [Nan12]. Für Temperaturen oberhalb des

Siedepunktes wurden daher mathematische Fit-Funktionen entwickelt (siehe Tabelle

4-1) - unter der Annahme, dass die gefitteten Trends auch für TE > 104 °C gelten. Bild 4-1

zeigt die berechneten temperaturabhängigen Eigenschaften der 5 molaren Phosphorsäure bei Temperaturen bis zu 400 °C.

Um den Einfluss der Laserstrahlpropagation durch die Phosphorsäure zu bestimmen wurde die Ausgangslaserleistung P0 in Abhängigkeit der Propagationslänge lprop

gemessen. Bild 4-2 zeigt, dass die Laserleistung exponentiell mit steigender

Propagationslänge abnimmt. Der transmittierte Anteil der Laserleistung reduziert sich

(36)

30 Methoden und Versuchseinrichtungen

bereits nach einer Propagationslänge lProp von 5 mm auf 92 % und fällt bei einer Länge

von 50 mm unter 50 % ab. Mit Hilfe des Lambert-Beerschen Gesetzes wurde für die am Werkstück ankommende Laserleistung PW folgende Dämpfungsfunktion ermittelt:

∙ . ∙ (4-3)

Tabelle 4-1: Fit-Funktionen der temperaturabhängigen Eigenschaften der 5 molaren Phosphorsäure

Eigenschaft Fit-Funktion Koeffizienten

Wärmekapazität cE cE = c1∙T2 + c2·T +c3 c1 = -0.02398 c2 = 4.181 c3 = 3175 Dichte ρE ρE(T) = c4∙T2 + c5·T +c6 c4 = -0.002348 c5 = -0.3358 c6 = 1185 kinematische Viskosität vE ( ) ∙ + ∙ c7 = 2.743·10-6 c8 = -0.03738 c9 = 9.647·10-7 c10 = -0.005059 dynamische Viskosität µE µE(T) = vE(T)·ρE(T) -

4.2 Werkstoffe

Als Referenzwerkstoff wurde Titan 3.7024 (Grade 1) eingesetzt, das in sauren Elektrolyten selbstpassivierende Eigenschaften besitzt und somit nur unter Einwirkung der Laserstrahlung bearbeitet werden kann. Aus 0.8 mm dicken Blechen wurden quadratische Proben mit einer Seitenlänge von 20 mm zugeschnitten und maschinell auf einen Mittenrauheitswert von Ra = (0.35 ± 0.05) μm geschliffen. Die Rauheit wurde durch mechanisches Abtasten (Rauheitsmessgerät Mitutoyo SJ-201P) ermittelt. Vor Beginn jeder Versuchsreihe wurden die Proben in einem Ultraschallbad mit Ethanol gereinigt und anschließend in die Bearbeitungszelle eingesetzt.

Des Weiteren wurden für die Bewertung der Bearbeitungsqualität des laserchemischen Abtragens zum einen die Kobalt-Chromlegierung Stellite 21 (2.4979) und zum anderen der Schnellarbeitsstahl HS10-4-3-10 (1.3207) ausgewählt. Aus diesen Stählen werden in

Bild 4-2: Einfluss der Propagationlänge lprop des Laserstrahles durch die 5 molare Phosphorsäure auf

(37)

Methoden und Versuchseinrichtungen 31

großem Umfang Umformwerkzeuge und Spanungswerkzeuge (z. B. Wendeschneidplatten) hergestellt [Mer08]. Im Gegensatz zu Stellite 21, welcher bei Kontakt mit sauren Elektrolyten eine Passivierungsschicht gegen Korrosion bildet, fehlt diese Eigenschaft beim Schnellarbeitsstahl, wodurch eine sofortige Materialauflösung bei Kontakt mit dem Elektrolyten auftritt. Daher wurden die Hintergrundätzraten bei der laserchemischen Bearbeitung von HS10-4-3-10 berücksichtigt (siehe Abschnitt 4.5.1).

Aus runden Stangen (Durchmesser von 33 mm bei Stellite 21 und 12 mm bei HS10-4-3-10) wurden durch Drahterodieren 6 mm dicke zylindrische Proben geschnitten. Zusätzlich wurden die Stellite-Proben nachträglich auf eine mittlere Flächenrauheit Ra von 0.2 µm geschliffen. Die chemischen und thermophysikalischen Eigenschaften aller untersuchten Werkstoffe sind in Tabelle 4-2 und Tabelle 4-3

dargestellt.

Tabelle 4-2: Chemische Zusammensetzung der laserchemisch untersuchten Werkstoffe

Material Chemische Zusammensetzung (Angabe in max. Gew.-%) Quelle

Ti (3.7024) ≥ 99.5 0.2 Ti Fe 0.18 O 0.08 C 0.03 0.015 N H [Nan17] Stellite 21 (2.4979) ≥ 60 Co Cr 29 Mo 6 Ni 3 1.5 Fe [Nan19] HS10-4-3-10 (1.3207) 1.35 C 0.45 Si Mn 0.4 10.5 Co 4.5 Cr Mo 3.9 3.5 V W [Nan19a] 10

Tabelle 4-3: Thermophysikalische Eigenschaften der laserchemisch untersuchten Werkstoffe nach

[Mat19]

Material

Eigenschaft Einheit (3.7024) Titan Stellite 21 (2.4979) HSS 10-4-3-10 (1.3207)

Temperaturleitfähigkeit D m2/s 6.8∙10-6 4.13∙10-6 4.97∙10-6 Materialdichte ρ kg/m3 4500 8310 8300 Vol. Wärmekapazität Cp J/(kg·K) 520 428 460 Wärmeleitfähigkeit κ W/(m·K) 16 14.7 19 Schmelzpunkt TM °C 1670 1338 - Absorptionskoeffiz. αabs - 0.4 0.35 0.35

4.3 Versuchseinrichtungen

Die experimentellen Untersuchungen für diese Arbeit wurden an zwei Bearbeitungsanlagen durchgeführt. Im Folgenden werden die technischen Unterschiede der beiden Anlagen erläutert.

Anlage 1:

Diese Anlage beruht auf einem Faser-Laser „TruFiber 300“, welcher eine gaußförmige Laserstrahlung (TEM00-Mode) mit einer Wellenlänge von 1080 nm und einer

kontinuierlichen Ausgangsleistung von maximal 300 W emittiert. Der Laserstrahl wird zunächst kollimiert und anschließend mithilfe eines Linsensystems (Brennweite

(38)

32 Methoden und Versuchseinrichtungen

f = 50 mm) auf einen Durchmesser dspot von 25 µm fokussiert. In Abhängigkeit der

Anordnung der Elektrolytzufuhr werden dabei zwei chemische Zellen eingesetzt:

- Eine halboffene Zelle, bei der der Elektrolyt koaxial zum Laserstrahl durch eine Düse als vertikaler Strahl auf das Werkstück geführt wird (siehe Bild 4-3 (a)).

Aufgrund einer Propagationslänge lprop des Laserstrahles durch den Elektrolyt von

50 mm beträgt der Transmissionskoeffizient des Elektrolyts τE gemäß

Gleichung (4-3) 0.45.

- Eine geschlossene Zelle, in der der Elektrolyt in radialer Anordnung zum Laserstrahl als 2 mm dicker horizontaler Strahl zwischen Schutzglas und Werkstück geführt wird (siehe Bild 4-3 (b)). Der Transmissionskoeffizient des

Elektrolyts τE in dieser Zelle beträgt 0.96.

Eine Pumpe sorgt dabei für die kontinuierliche Elektrolytzufuhr und die Regelung der Strömungsgeschwindigkeit. Zudem werden die chemischen Zellen auf einer xyz-Verfahreinheit positioniert. Dadurch kann die Geschwindigkeit und Richtung der Relativbewegung zwischen Werkstück und Laserstrahl sowie die Fokuslage des Laserstrahles geregelt werden.

Anlage 2:

Bei dieser Anlage wird als Laserstrahlquelle ein Ytterbium-Faserlaser „JK400FL“ mit einer Wellenlänge von 1070 nm, einem gaußförmigen Strahlprofil TEM00 und einer

maximalen Ausgangsleistung von 400 W im CW-Mode eingesetzt. Die minimale Ausgangsleistung von 17 W kann über einen Strahlabschwächer auf 80 mW gesenkt werden. Zur Fokussierung des Laserstrahles wird eine Linse mit einer Brennweite von 160 mm eingesetzt. Dabei lässt sich der Fokusdurchmesser dspot, durch ein im

Bild 4-3: Schematischer Aufbau der eingesetzten Anlagen basierend auf einer vertikalen (a) und einer horizontalen (b) Elektrolytzufuhr

(39)

Methoden und Versuchseinrichtungen 33

Strahlengang verbautes Teleskop, zwischen 30.5 μm und 109 μm einstellen. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass die experimentellen Untersuchungen an dieser Anlage in der geschlossenen chemischen Zelle durchgeführt wurden.

4.4 Versuchsprogramm

4.4.1 Einzelpunkt-Abtragsversuche

Zur Bestimmung des Prozessfensters für die störungsfreie laserchemische Bearbeitung bei einer statischen Laserbestrahlung wurden punktuelle Abtragsversuche an der

Anlage 2 durchgeführt. In der geschlossenen Prozesszelle wurde Titan (3.7024) in

5 molarer Phosphorsäure, die horizontal mit einer Durchflussgeschwindigkeit von 2 m/s über das Werkstück zugeführt wurde, bearbeitet. Dabei wurden mehrere Felder mit je 16 Bearbeitungspunkten bei jeder Parameterkombination erstellt. Nach der Bearbeitung wurden die Proben für 5 min in einem Ultraschallbad mit Ethanol gereinigt. In Tabelle 4-4 sind die Versuchsparameter in Abhängigkeit vom Laserstrahldurchmesser aufgeführt.

Tabelle 4-4: Übersicht der verwendeten Parameter bei der punktuellen Bearbeitung von Titan in der

5 molaren Phosphorsäure Laserfokusdurchmesser dspot[µm] Laserleistung P0[W] Wechselwirkungszeit tinter[s] 30.5 0.2 … 4 1 109 2.5 … 12 1 4.4.2 Einzelbahn-Abtragsversuche

Die Linien-Abtragsversuche wurden an der Anlage 1 durchgeführt. Ziel der Untersuchungen war es, die Prozessfenster für den störungsfreien Abtrag sowie die dabei erreichten Abtragsraten für die untersuchten Werkstoffe zu bestimmen und miteinander zu vergleichen. Eine Übersicht der durchgeführten Untersuchungen ist in Tabelle 4-5

aufgeführt.

Tabelle 4-5: Übersicht der verwendeten Parameter bei der 2D-Bearbeitung

Prozessparameter Einheit (3.7024) Titan Stellite 21 (2.4979) HSS 10-4-3-10 (1.3207)

Elektrolytströmung - horizontal/ vertikal horizontal/ vertikal vertikal

Elektrolytdurchfluss m/s 2/3.2 1/3.2 3.2

Laserfokus dspot µm 25/30.5 25 25

Laserleistung P0 W 0.4 … 2.5 0.4 … 3 0.4 … 2

Vorschubgeschw. vfeed µm/s 5 ... 200 5 ... 1000 5 ... 1000

4.4.3 Großflächige Abtragsversuche

Die aus den Einzelbahnuntersuchungen ermittelten Prozessfenster für die störungsfreie laserchemische Bearbeitung von Stellite 21 (2.4979) dienten als Grundlage für die flächige 3D-Bearbeitung mit dem Ziel, quadratische Gesenke herzustellen. Diese sollten

(40)

34 Methoden und Versuchseinrichtungen

eine Tiefe von 60 µm und Seitenlängen von 150 µm und 300 µm haben (siehe Bild 4-6).

Ähnlich dem Mikrofräsprozess wurde eine Bearbeitungsstrategie bestehend aus Schrupp- und Schlichtschritten verfolgt. Beim Schruppen sollte in wenigen Überfahrten und mit hohen Abtragsraten eine konturnahe Geometrie (insbesondere die Tiefe) erreicht werden. Durch das Schlichten sollte anschließend die Oberflächenqualität gesteigert und die Endkontur definiert werden. Hierfür wurde der Laserstrahl – im Vergleich zum Schruppvorgang – mit höherer Geschwindigkeit, geringer Leistung und mit multiplen Scans über das bestehende Mikrogesenk geführt. Dabei wurde die Fokuslage des Laserstrahls vertikal um die Abtragstiefe in Richtung des Mikrogesenks versetzt. Dadurch blieb für die Bearbeitung ein Strahldurchmesser von dspot = 25 µm erhalten.

Bei der flächigen Bearbeitung wurde der Einfluss der lateralen Überlappung einzelner Abtragsbahnen berücksichtigt. Der Überlappungsgrad wurde dabei aus der Breite einer Abtragsbahn wrem und dem lateralen Versatz des Laserstrahles Δl wie folgt bestimmt:

Ü (1 ) ∙ 100 (4-4)

Tabelle 4-6 führt die Parametervariationen auf, die zur Ermittlung der geeigneten

Schrupp- und Schlichtparameter untersucht wurden.

Tabelle 4-6: Übersicht der untersuchten Schrupp- und Schlichtparameter zur Herstellung von

Mikrogesenken aus Stellite 21 (2.4979)

Prozessparameter Einheit Schruppen Schlichten

Laserfokus dspot µm 25 25

Laserleistung PW W 0.6 … 1 0.3 … 0.5

Vorschubgeschw. vfeed µm/s 5 ... 10 50 ... 2000

Überfahrtzahl nscan - 1, 2 10 ... 50

Überlappungsgrad GÜ % 0 ... 90 0 ... 50

Um eine möglichst ebene Oberfläche zu erzeugen, wurden die Schrupp- und Schlichtvorgänge nach einer einmaligen Überfahrt auf der Werkstückgeometrie um 90° gedreht. Zudem wurde ein bidirektionales Verfahren durchgeführt, bei dem die Vorschubrichtung nach jedem Bahnwechsel geändert wurde. Dieses Vorgehen wird in

Bild 4-4 dargestellt. Auf den Schruppvorgang trifft dies nur zu, wenn ein Parametersatz

gefunden wird, der nach einem einzigen Scan eine Abtragstiefe von 30 µm nicht überschreitet. Somit kann die geforderte Abtragstiefe von 60 µm innerhalb weniger Überfahrten erreicht werden.

(41)

Methoden und Versuchseinrichtungen 35

Für eine zusätzliche Evaluierung der Bearbeitungsqualität des LCM-Abtragens wurde in Zusammenarbeit mit dem Labor für Mikrozerspanung (LFM) des Leibniz-Instituts für werkstofforientierte Technologien (IWT Bremen) – im Rahmen eines Benchmarkings – die Fertigungsqualität der laserchemischen Bearbeitung mit dem Mikrofräsen verglichen. Dabei zielte der Vergleich auf der Herstellung von quadratischen Gesenken gleicher Sollmaße (siehe Bild 4-6) aus der Chrom-Kobaltlegierung Stellite 21 und deren

einheitlicher Charakterisierung. Hierbei ist zu betonen, dass die Vergleichsstudie auf der Nutzung von typischen prozessspezifischen Parametern basiert.

In Tabelle 4-7 sind beispielhaft die einzelnen Schrupp- und Schlichtschritte des

Mikrofräsprozesses zur Fertigung eines Gesenkes mit den Dimensionen (300 x 300 x 60) µm3 aufgelistet [Mes18]. Die Mikrozerspanung wurde auf der

5-Achs-Werkzeugmaschine Ultrasonic 20 des Herstellers DMG Sauer durchgeführt. Dabei wurden Kugelkopffräser mit Durchmessern von 100 µm und 200 µm eingesetzt, die aus Wolframcarbid-basiertem Vollhartmetall bestehen [Twa14].

Tabelle 4-7: Eigenschaften der einzelnen Schritte des Mikrofräsprozesses zur Herstellung eines Gesenkes

mit den Dimensionen (300 x 300 x 60) µm3 [Mes18]

Prozessschritt [µm] ØKF [mm/min] vfeed [µm] ap [µm] ae [µm] as tmachining [s]

Ausräumen der Kavität 200 150 5 5 6 54

Schruppen (Boden) 100 25 4 4 6 156

Schruppen (Seitenwände/Radius) 100 150 3 3 6 12

Schlichten (Radius) 100 150 4 4 - 12

Schlichten (Seitenwände) 100 25 4 4 - 15

Schlichten (Boden) 100 25 4 4 - 33

ØKF: Durchmesser des Kugelkopffräsers, vfeed: Vorschubgeschwindigkeit, ap:Schnitttiefe, ae: Zeilenabstand,

as: Schlichtaufmaß, tmachining: Prozesszeit

Bild 4-4: Schematische Darstellung der durchgeführten Scanstrategie bei der großflächigen

(42)

36 Methoden und Versuchseinrichtungen

4.4.4 Bearbeitungskenngrößen

In Bild 4-5 und Bild 4-6 sind die untersuchten geometrischen Kenngrößen gezeigt. Neben

der Abtragstiefe drem, -breite wrem und -volumen Vrem wurden bei den Linienabträgen die

Abtragsgeschwindigkeit vrem und -rate Rrem unter Berücksichtigung des

Laserfokusdurchmessers dspot, der Vorschubgeschwindigkeit vfeed und -strecke lfeed

berechnet:

, ∙ (4-5)

∙ (4-6)

Bild 4-5: Übersicht der untersuchten Bearbeitungskenngrößen

(43)

Methoden und Versuchseinrichtungen 37

Weiterhin wurde für die Bewertung der LCM-Fertigungsqualität der hergestellten Mikrogesenke (3D-Abtrag) neben der Geometrie (Dimension, Formtreue, Kantenradius) und der Topografie (Oberflächenrauheit) auch das Gefüge (chemische Zusammensetzung) untersucht.

4.5 Mess- und Auswertemethoden

4.5.1 Bestimmung der Hintergrundätzraten

Zur Bestimmung der Hintergrundätzrate des Schnellarbeitsstahls HS10-4-3-10 wurden kleine Würfel mit der Seitenlänge von 6 mm mittels Funkenerosion hergestellt und in Bechergläsern, gefüllt mit Phosphorsäure, über eine, zwei, drei und 24 Stunden platziert. Die erfolgte spontane chemische Materialauflösung wurde durch die Massendifferenz spezifiziert. Die Proben wurden vor (m1) und nach (m2) dem Ätzen mit einer Waage von

„Schimadzu“ (AUW 120D) gewogen. Es wurde ein gleichmäßiger Flächenabtrag angenommen. Mithilfe der DIN 50905 wurde die Abtragsrate (Vw) bestimmt. Da die

korrodierte Fläche und das Gewicht des Würfels in der Säure bekannt sind, lässt sich der flächenbezogene Massenverlust ΔmA definieren.

∆ (4-7)

Die Fläche des Würfels A wurde dabei nur mit fünf Flächen berechnet, da bei dem Versuch der Würfel mit einer Fläche auf dem Becherglas auflag. Hier wurde kein Abtrag angenommen. In Abhängigkeit der Wechselwirkungszeit tinter zwischen Probe und Säure

wurde die flächenbezogene Massenverlustrate (ϑ) bestimmt:

∙ (4-8)

Anschließend wurde mit der Dichte ρ die Abtragsgeschwindigkeit (Vw) berechnet:

∙ ∙ (4-9)

4.5.2 Hochgeschwindigkeits-Schattenaufnahmen der Wechselwirkungszone

Um die Wechselwirkungszone bzw. die Grenzfläche zwischen Werkstück, Elektrolyt und Laserstrahl während des LCM-Abtragsprozesses mit hinreichender zeitlicher und räumlicher Auflösung visualisieren zu können, kam eine Hochgeschwindigkeitskamera Phantom VEO 410L der Firma Vision Research Inc. zum Einsatz. Diese bietet eine maximale Bildrate von 1 MHz und ist mit einem 12X Zoomobjektiv von Navitar ausgestattet, das einen Bildausschnitt von < 2 mm² ermöglicht. Als Beleuchtungsquelle wurde das System Cavilux HF von Cavitar eingesetzt. Dieses besteht aus einem gepulsten Diodenlaser der Wellenlänge 810 nm, einer Aufweitungsoptik zum gleichmäßigen Ausleuchten des Interessenbereichs und einem Bandpassfilter (Zentralwellenlänge 810 nm). Der Filter wurde vor dem Kameraobjektiv installiert, um nur die Beleuchtungswellenlänge zu transmittieren und alle anderen Strahlungen des Prozesses

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