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142 zystischen Erkrankung und mit deren Verlauf. In Auswertung des Fragebogens fiel auf, daß

bleibende Funktionsverluste der sensiblen Qualitäten im Innervationsgebiet des N. alveolaris inf.

unabhängig von der Art der knöchernen Rekonstruktion nur selten als dauerhaft störend beurteilt wurden.

Patienten mit HDBM Patienten ohne HDBM 0

20 40 60 80 100

keine Beschwerden geringe Beschwerden

Abb. 65: Subjektive Beschwerdebeurteilung von Patienten mit knöchernen zystischen Läsionen des Unterkiefers nach Zystektomie und Defektrekonstruktion mit (nA = 50) und ohne HDBM (nA =40)

In der Gruppe der Implantation eines demineralisierten Knochenmatrix-Granulates waren 92 % aller Patienten zufrieden. 8 % äußerten sich ambivalent, ohne ihren Zustand deskriptiv als unzufrieden zu werten. In der Vergleichsgruppe der ohne HDBM behandelten Patienten waren 2,5 % wegen

dauerhafter Funktionseinschränkungen des orofazialen Systems unzufrieden, 5 % waren

unentschieden und 92,5 % waren mit dem Verlauf des Krankheitsgeschehens zufrieden. Signifikante Unterschiede beider Gruppen ergaben sich nicht (Abb. 66).

Patienten mit HDBM Patienten ohne HDBM 0

20 40 60 80 100

zufrieden indifferent unzufrieden

Abb. 66: Zufriedenheitsbeurteilung von Patienten mit knöchernen zystischen Läsionen des Unterkiefers nach Zystektomie und Defektrekonstruktion mit (nA = 50) und ohne HDBM (nA =40)

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7.4 Diskussion 7.4.1 Methodenkritik

Klinische Parameter für die Evaluierung der knöchernen Regeneration nach der Rekonstruktion von zystischen Läsionen des Unterkiefers sind nur begrenzt zu finden. In der Praxis haben sich

Verlaufsbeobachtungen mit der Beurteilung von Ästhetik und Funktion des orofazialen Systems genauso bewährt wie bildgebende Verfahren (Röntgen, Skelettszintigraphie). Zusätzlich spiegelt die subjektive, individuelle Einschätzung durch den Patienten den Erfolg einer Behandlung wider.

Patienten mit zystischen knöchernen Läsionen des Unterkiefers stellen eine relativ homogene nosologische Entität dar. Doch spiegelt die Anwendung eines ausgewählten Knochenersatzmaterials zum einen nur die Eignung für eine anatomisch definierte Region wider. Der Einsatz

demineralisierter Knochenmatrix zum Knochenersatz ist auch in anderen Regionen und bei anderen Krankheitsbildern indiziert.

Eine deskriptive Darstellung verbalisierter Befindlichkeiten des Patienten muß immer subkjektiv gefärbt bleiben und ist zum einen auf die Reflexion der Erkrankung durch den Patienten angewiesen, als auch auf die Exaktheit und Breite der Beschreibung. Der Versuch der semiquantitativen Analyse der Befindlichkeiten muß somit eine eingeschränkte Wertung des Knochenersatzmaterials HDBM besitzen. Es scheint jedoch unerläßlich, diesen Parameter der Behandlung in die Analyse mit aufzunehmen.

Röntgendarstellungen stellen standardisierbare und reproduzierbare diagnostische Hilfsmittel dar, die bezüglich Größenausdehnung knöcherner Defekte Verläufe charakterisieren können.

Ausdehnungen stellen Volumina dar, die jedoch a priori nicht aus zweidimensionalen Darstellungen gefolgert werden können. Aus diesem Grunde wurde mit der Annahme eines dreidimensionalen Verlaufes der knöchernen Regeneration die sagittale Flächenerfassung des Defektes als Maß für die Größenausdehnung gewertet. Computertomografische, quasidreidimensionale Darstellungen könnten diese Verallgemeinerung ausräumen, doch stellt die CT-Diagnostik keine klinisch relevante Basis-Diagnostik dar und wird auch perspektivisch speziellen Fragestellungen vorbehalten bleiben.

Die Transluzenz des Knochens als Maß für seine mineralische Dichte gibt Auskunft über den Einbau von Ca-P-Verbindungen im Rahmen der Regeneration nach der Implantation von

Knochenersatzmaterialien. Die Ungenauigkeit der Methode besteht in der nicht zu jedem Zeitpunkt gleichartigen Belichtung von Röntgenaufnahmen, d.h. in der exakten Reproduzierbarkeit. Die Durchlichtbeurteilung mit der Messung der Lichtausbeute und die fachspezifische

Röntgenbeurteilung durch unabhängige Radiologen beinhaltet somit die gleiche

Irrtumswahrscheinlichkeit wie alle klinisch üblichen radiologischen Befundungen. Gleiches gilt für Grenzzonen zwischen Lagerknochen oder Zystenwand und Implantatmaterial oder Zystenhohlraum.

Die gewählten Parameter orientieren sich an der klinisch relevanten Verlaufsbeobachtung und spiegeln begrenzt die Dynamik der Knochenregeneration wider. Sie können kein Maß für die Validierung histologischer und metabolischer Knochenumbauvorgänge sein.

Referenzen der Anwendung demineralisierter humaner Knochenmatrix als Knochenersatzmaterial finden sich unter den Gesichtspunkten dieser Studie nicht.

7.4.2 Diskussion der Ergebnisse

Urist konnte bereits 1965 nachweisen, daß bei ortho- und heterotoper Implantation demineralisierter Knochenmatrices eine Osteoinduktion möglich ist (Urist 1965). Eine vollständige oder teilweise Entkalkung der Knochenmatrix erlaubt eine Diffusion knochenbildender Proteinkomplexe mit anschließender Anreicherung reagibler Zellpools und Einleitung zellulärer Differenzierungsprozesse (Nogami u. Urist 1975). Die Demineralisation ist an das Vorhandensein eines sauren Milieus gebunden, so daß heute einheitlich alle osteoinduktiven Knochenimplantate einer partiellen oder

vollständigen Demineralisation mit 0,5 - 0,6 mol/l Salzsäure unterzogen werden (Reddi u.

Huggins 1972).

Knochenmatrix ist ein Pool knochenbildender Proteine (BMP), unlöslicher nichtkollagener Proteine, Osteogenin, Kollagen und Glykosaminoglykanen, deren Sequenzierung in der jüngeren Zeit versucht und zum Teil gelingen konnte (Terheyden et al. 1997). Nicht alle diese Bestandteile wirken

osteoinduktiv.

Wegen immunologischer Unverträglichkeiten werden in der klinischen Anwendung allogene, nicht xenogene Implantate verwendet.

Wegen der letztendlich nicht vollständig auszuschließenden Übertragbarkeit viraler Infektionen besteht in der wissenschaftlichen Forschung ein Trend zur rekombinanten Herstellung einzelner knochenbildender Proteine (Wissenschaftlicher Beirat BÄK 1996, Terheyden et al. 1997, Kübler et al. 1998). Allogene Knochenimplantate zählen in Deutschland zu den Arzneimitteln gemäß §3 Ziff. 3 des Arzneimittelgesetzes.

In der klinischen Anwendung sind der Validierung knöcherner Umbauprozesse nach der

Rekonstruktion von Knochendefekten durch Knochenersatzmaterialien ethische und forensische Grenzen gesetzt. Die Entnahme von Gewebeproben ohne medizinische Indikation ist ebensowenig zulässig wie die Durchführung engmaschiger bildgebender Verfahren wegen strahlenhygienischer (Röntgen, CT, Skelettszintigraphie) Limitierungen (Peinsipp 1988).

Insgesamt wurden 165 Patienten in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie/ Plastische Operationen des Universitätsklinikums Charité Berlin im Zeitraum von 1989 – 1999 wegen derartiger Knochendefekte operiert. 14 Patienten mit zystischen Läsionen wurden von der Studie

ausgeschlossen, da sie entweder mit anderen Knochenersatzmaterialien behandelt wurden, andere operative Verfahren als die Zystektomie angewendet werden mußten oder wegen des Auftretens von Rezidiven die knöcherne Regeneration nicht beurteilbar war. Aus diesem Grunde wurden 151 Patienten zu einer ambulanten Verlaufskontrolle gebeten, um nach einem standardisierten Frage- und Untersuchungsbogen klinische und radiologische Parameter objektivieren zu können und die subjektive Befindlichkeit zur Bewertung des Behandlungserfolges zu erfassen. 61 Patienten leisteten einer Aufforderung zur ambulanten Nachkontrolle nicht Folge bzw. waren wegen unbekannten Wohnortes nicht mehr ermittelbar, so daß insgesamt 90 Patienten in die Auswertung einbezogen wurden. Patienten, die in der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraumes operiert wurden, konnten wegen eines kürzeren Nachbeobachtungszeitraumes nicht vollständig in die Auswertung einbezogen werden. Die statistische Analyse berücksichtigt diese Tatsache und vermittelt deshalb eine

Vergleichbarkeit der differenten Gruppen, die zum einen nach erfolgter Zystektomie durch Implantation einer humanen demineralisierten Knochenmatrix (HDBM) rekonstruiert wurden, zum anderen die knöchernen Hohlräume der körpereigenen spontanen Regeneration überlassen wurden.

Bezüglich der Alters- und Geschlechtsverteilung knöcherner zystischer Läsionen des Unterkiefers entspricht das analysierte Patientengut anderen Studien (Soost et al. 1999). Männer sind mit durchschnittlich 60 % häufiger betroffen als Frauen. Der Altersdurchschnitt lag bei 42 Jahren.

Die Lokalisation der Knochendefekte wird weitgehend geprägt von einem hohen Anteil von odontogenen Keratozysten, die mit 33,3 % die größte nosologische Entität in der Gesamtanalyse beider Gruppen bilden. So ist auch eine überwiegende Lokalisation in den Regionen des seitlichen Corpus mandibularis, dem Angulus mandibularis und dem Ramus mandibularis zu werten, in denen Keratozysten hauptsächlich auftreten (Nakamura 1995). Die nosologische Verteilung ist für das gewählte Patientengut repräsentativ und entspricht mit der genannten Präferenz zugunsten der Keratozysten nicht dem internationalen Schrifttum (Soost et al. 1999).

Eine Bewertung des unterschiedlichen Heilungsverlaufes nach Anwendung des operativen

Verfahrens der Zystektomie ergibt eine Abweichung von den von Partsch inaugurierten Indikationen zur Zystostomie oder Zystektomie in Abhängigkeit von der Größe der knöchernen Läsion. Auch Ausdehnungen über ein kritisches Maß hinaus wurden der Zystektomie unterzogen und ohne Knochenersatz sowie mit Implantation von HDBM rekonstruiert. Die Gruppe der mit HDBM operierten Patienten muß insofern als selektioniert betrachtet werden, daß nach den Erfahrungen der klinischen Anwendung in der Mehrzahl größere Zysten mit dem genannten

Knochenersatzmaterial versorgt wurden. Unter Betrachtung einer retrospektiven Bewertung votiert

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